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X E 14/15

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 22.6.2015, X E 14/15 Nichtanforderung einer Vollmacht beim Auftreten eines Rechtsanwalts keine unrichtige Sachbehandlung Tenor Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs -Kostenstelle- vom ... wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Tatbestand I. Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Schuldnerin (S). S hatte im Jahr 2010 vor dem Finanzgericht (FG) Klage gegen sie betreffende Steuerbescheide erhoben. Im Jahr 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S eröffnet und der Kostenschuldner zum Insolvenzverwalter bestellt. Er nahm das --durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst unterbrochene-- Klageverfahren auf.

Das FG wies die Klage ab. Hiergegen erhob ein Rechtsanwalt (R) "namens und im Auftrag" des Kostenschuldners fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde und fügte das finanzgerichtliche Urteil in Kopie bei. Weil R die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründete, verwarf der Bundesfinanzhof (BFH) das Rechtsmittel mit Beschluss vom 5. November 2014 X B 83/14 als unzulässig und legte dem Kostenschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.

Mit seiner Erinnerung macht der Kostenschuldner geltend, er habe weder einen Auftrag noch eine Vollmacht zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde erteilt. Zur Prüfung des Sachverhalts und der ggf. hieraus gegen den als vollmachtlosen Vertreter aufgetretenen R folgenden Konsequenzen hat er Akteneinsicht beantragt, die gewährt wurde. Anschließend hat er mitgeteilt, bei einem Aktenstudium sei unschwer zu erkennen, dass R im gesamten Verfahren ausschließlich S, nicht aber ihn (den Kostenschuldner) vertreten habe.

Die Vertreterin der Staatskasse ist der Erinnerung entgegengetreten.

Entscheidungsgründe II. Die Erinnerung ist unbegründet.

1. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl I 2013, 2586) durch den Einzelrichter.

2. Die Kosten schuldet gemäß § 29 Nr. 1 GKG u.a. derjenige, dem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt sind. Dies ist im vorliegenden Fall der Kostenschuldner, da ihm der BFH in dem unanfechtbaren Beschluss vom 5. November 2014 X B 83/14 die Kosten des Verfahrens auferlegt hat.

Soweit der Kostenschuldner sinngemäß Einwendungen gegen die inhaltliche Richtigkeit dieser Kostengrundentscheidung erhebt, ist dies im Verfahren der Erinnerung unbeachtlich. Denn in diesem Verfahren können nur Einwendungen geltend gemacht werden, die ihre Grundlage im Kostenrecht haben. Sowohl der Kostenbeamte als auch der über die Erinnerung entscheidende Spruchkörper sind an die gerichtliche Kostengrundentscheidung gebunden (BFH-Beschluss vom 7. September 2010 VI E 3/10, BFH/NV 2010, 2294, m.w.N.).

3. Eine --vom Kostenschuldner ohnehin nicht ausdrücklich, sondern allenfalls sinngemäß geltend gemachte-- unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG liegt ebenfalls nicht vor.

a) Nach der genannten Vorschrift werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Dies bewirkt nach ständiger Rechtsprechung indes nicht, dass rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zugrunde liegen, im Verfahren der Erinnerung nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden können. Ausnahmen hiervon kommen nur bei erkennbaren Versehen des Gerichts oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften in Betracht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2005 X E 2/05, BFH/NV 2006, 326, m.w.N.). Dafür ist hier nichts ersichtlich.

b) Die unterbliebene Anforderung einer auf R lautenden Vollmacht des Kostenschuldners durch den BFH im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde stellte keine unrichtige Sachbehandlung dar.

aa) Gemäß § 62 Abs. 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat das Gericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter eine in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichnete Person oder Gesellschaft --z.B. ein Rechtsanwalt-- auftritt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Gerichte die Vollmacht beim Auftreten u.a. eines Rechtsanwalts nicht eigens anfordern brauchen; nach der ständigen Rechtsprechung des BFH _dürfen_ sie dies sogar noch nicht einmal, wenn nicht aufgrund konkreter Anhaltspunkte begründete Zweifel an der Bevollmächtigung bestehen (BFH-Urteil vom 11. Februar 2003 VII R 18/02, BFHE 201, 409, BStBl II 2003, 606).

bb) Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist R --ein Rechtsanwalt-- "namens und im Auftrag" des Kostenschuldners aufgetreten. Konkrete Anhaltspunkte für das Fehlen einer Bevollmächtigung waren aus den im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätzen nicht ersichtlich; insbesondere ist R nicht etwa für S, sondern ausdrücklich für den Kostenschuldner aufgetreten. Vor diesem Hintergrund war der BFH jedenfalls nicht verpflichtet --möglicherweise war es ihm sogar verwehrt--, eine Vollmacht anzufordern. Die Kostengrundentscheidung konnte daher so ergehen, wie sie ergangen ist.

Allein der Umstand, dass nach Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens durch den Insolvenzverwalter der bisherige Prozessbevollmächtigte des Schuldners nunmehr als Prozessbevollmächtigter des Insolvenzverwalters auftritt, ist nicht so ungewöhnlich, dass das Gericht stets zur Anforderung einer Vollmacht verpflichtet wäre (vgl. auch die Zusammenstellung der Rechtsprechung zu Fällen, in denen aufgrund begründeter Zweifel an der Bevollmächtigung ausnahmsweise eine Vollmacht anzufordern ist, bei Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 62 Rz 103). Im Gegenteil ist dem erkennenden Gericht eine Vielzahl von Verfahren bekannt, in denen der frühere Prozessbevollmächtigte des Schuldners das Verfahren für den Insolvenzverwalter fortgeführt hat. Ein solches Vorgehen wird den Beteiligten in vielen Fällen zur Vermeidung der zeitaufwändigen Einarbeitung eines neuen Prozessbevollmächtigten in ein komplexes Verfahren als sachgerecht erscheinen.

In der bisherigen Rechtsprechung ist, wenn der frühere Prozessbevollmächtigte des Schuldners nunmehr für den Insolvenzverwalter auftritt, die ausdrückliche Anforderung einer Vollmacht nur dann für sachgerecht gehalten worden, wenn zusätzlich erkennbar ist, dass tatsächlich nicht der Prozessbevollmächtigte, sondern der Schuldner selbst das Verfahren in erheblichem Umfang führt (vgl. BFH-Beschluss vom 6. März 2013 X B 14/13, BFH/NV 2013, 956, Rz 38 ff.). Dies ist vorliegend indes nicht der Fall.

cc) Sollte der Kostenschuldner den R tatsächlich weder beauftragt noch bevollmächtigt haben, wären etwaige Ansprüche des Kostenschuldners gegen R --wie der Kostenschuldner selbst anführt-- auf dem Zivilrechtswege geltend zu machen.

4. Es kann offenbleiben, welche kostenrechtlichen Folgen zu ziehen sein könnten, wenn ein Rechtsanwalt für eine dritte Person ohne jeglichen vorherigen Kontakt in schikanöser Absicht kostenträchtige gerichtliche Verfahren anhängig macht, und das Gericht --ohne die Schikaneabsicht erkennen zu können-- die Kosten derjenigen dritten Person auferlegt, die vom auftretenden Rechtsanwalt wahrheitswidrig als "Mandant" bezeichnet wird. Ein derartiger Sachverhalt ist vom Kostenschuldner vorliegend nicht einmal ansatzweise dargelegt worden.

5. Einwendungen gegen die Höhe der angesetzten Kosten sind weder vom Kostenschuldner geltend gemacht noch von Amts wegen ersichtlich.

6. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

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