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V ZR 2/24

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES V ZR 2/24 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:101025UVZR2.24.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richter Dr. Göbel, Dr. Hamdorf und Dr. Malik und die Richterin Dr. Grau für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten zu 3 und 4 wird das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Dezember 2023 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 3 und 4 entschieden worden ist.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 12. März 2019 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Parteien sind Mitglieder einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Im Jahr 2011 veranlassten die Beklagten zu 3 und 4 (im Folgenden: Beklagten) ohne Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer die Entfernung einer tragenden Innenwand in ihrer Wohnung.

Mit der im Jahr 2018 erhobenen Klage nimmt die Klägerin - soweit noch von Interesse - die Beklagten auf Wiederherstellung der Wand in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat der Klage auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Klägerin auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) für prozessführungsbefugt. In der Sache bestehe ein nicht verjährter Anspruch auf Wiederherstellung der zum Gemeinschaftseigentum gehörenden tragenden Innenwand aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn nach dem hier anwendbaren Wohnungseigentumsgesetz in der ab dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung bedürften bauliche Veränderungen stets eines gestattenden Beschlusses der Wohnungseigentümer gemäß § 20 Abs. 1 WEG, an dem es fehle. Dem Beseitigungsanspruch könne ein eventueller Anspruch auf Gestattung nicht nach Treu und Glauben entgegengehalten werden, auch wenn - wie hier - zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststehe, dass Nachteile durch den Eingriff in die tragende Wand ausgeschlossen seien.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht von der fortbestehenden Prozessführungsbefugnis der Klägerin aus. Zwar können Ansprüche einzelner Wohnungseigentümer auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB seit Inkrafttreten des WEMoG am 1. Dezember 2020 gemäß § 9a Abs. 2 WEG nur noch von der GdWE geltend gemacht werden; der zuvor nach § 15 Abs. 3 WEG aF daneben bestehende Anspruch ist entfallen. War das Verfahren - wie hier - bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängig, besteht die nach altem Recht mangels Vergemeinschaftung gegebene Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers aber über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG fort, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs über einen entgegenstehenden Willen der GdWE zur Kenntnis gebracht wird (vgl. Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, NJW-RR 2021, 1170 Rn. 12). Eine solche Äußerung ist hier nicht erfolgt.

2. Als rechtsfehlerhaft zu beanstanden ist indes die Bejahung des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Rechtswidrigkeit einer baulichen Veränderung, die zur Entstehung eines Beseitigungsanspruchs führt, beurteilt sich, wie der Senat allerdings ausdrücklich erst nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, nach dem Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung, wenn die bauliche Veränderung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2025 - V ZR 29/24, ZWE 2025, 367 Rn. 10; Urteil vom 21. März 2025 - V ZR 1/24, NJW-RR 2025, 586 Rn. 8, 33). So liegt es hier; die in Rede stehende Wand ist bereits 2011 entfernt worden.

3. Das Urteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO).

a) Die Entfernung der tragenden Wand ist eine bauliche Veränderung, die sich, wie vorstehend ausgeführt (Rn. 6), nicht nach § 20 Abs. 1 WEG, sondern noch nach § 22 Abs. 1 WEG aF beurteilt. Danach müssen alle Wohnungseigentümer, denen über das bei einem gedeihlichen Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus Nachteile i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG aF erwachsen, zustimmen. An einer solchen Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer fehlt es; eine nachträgliche Gestattung, die die Revision nunmehr unter Vorlage des Protokolls einer Eigentümerversammlung vom 24. Juli 2024 behauptet, kann in der Revisionsinstanz grundsätzlich - und so auch hier - nicht berücksichtigt werden (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

b) Beurteilt sich die bauliche Veränderung nach dem bis zum 30. November 2020 anwendbaren Recht, kann der Störer dem Beseitigungsverlangen aber nach § 242 BGB einen nach Maßgabe von § 22 Abs. 1 WEG aF gegebenen Gestattungsanspruch entgegenhalten (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2025 - V ZR 29/24, ZWE 2025, 367 Rn. 27).

aa) Ein solcher Gestattungsanspruch besteht, wenn kein Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG aF gegeben ist. Es kommt mithin darauf an, ob nicht ganz unerhebliche konkrete und objektive Beeinträchtigungen vorliegen, was sich danach beurteilt, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann.

(1) Wie auch das Berufungsgericht zutreffend erkennt, sind nach der ständigen Senatsrechtsprechung Durchbrüche einer tragenden Wand nicht ohne weiteres als in diesem Sinne beeinträchtigend einzuordnen. Ob andere Wohnungseigentümer durch derartige Eingriffe in die bauliche Substanz des Gemeinschaftseigentums beeinträchtigt werden, hängt vielmehr von einer tatrichterlichen Würdigung der Umstände des Einzelfalls ab. Hierbei kann eine Rolle spielen, ob der Eingriff nach sachkundiger Planung und statischer Berechnung durch ein Fachunternehmen nach den Regeln der Baukunst erfolgt ist oder ob - eventuell auch nachträglich - die Standsicherheit nachgewiesen werden kann. Entscheidend ist insoweit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2025 - V ZR 29/24, ZWE 2025, 367 Rn. 27, 29; Urteil vom 21. März 2025 - V ZR 1/24, NJW-RR 2025, 586 Rn. 38 mwN).

(2) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich zwar, dass vor Entfernung der tragenden Wand eine ausreichende statische Berechnung fehlte. Darauf kommt es aber nicht an, wenn sich die anderen Wohnungseigentümer durch die bereits erfolgte Entfernung der Wand trotz fehlender oder - wie hier - unzureichender statischer Berechnung nach der Verkehrsanschauung nicht

(mehr) beeinträchtigt fühlen können. In diesem Zusammenhang prüft und bejaht das Berufungsgericht - ohne dass dies Rechtsfehler erkennen ließe - der Sache nach einen Gestattungsanspruch, weil Beeinträchtigungen ausgeschlossen sind; denn das Gebäude ist aufgrund der durchgeführten Abfangmaßnahmen standsicher, und Brandschutzvorschriften sind eingehalten.

bb) Unter diesen Voraussetzungen besteht ein Gestattungsanspruch der Beklagten, den sie nach dem bis zum 30. November 2020 geltenden Recht dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß § 242 BGB entgegenhalten können.

III.

1. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden amtsgerichtlichen Urteils. Wie vorstehend ausgeführt (Rn. 12), besteht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Gestattungsanspruch nach Maßgabe von § 22 Abs. 1 WEG aF, weil es an einem Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG aF fehlt. Diesen Gestattungsanspruch können die Beklagten dem Beseitigungsverlangen gemäß § 242 BGB entgegenhalten. Weitere Feststellungen sind in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten und auch nicht erforderlich. Auf die Frage der Verjährung des Beseitigungsanspruchs kommt es nach alledem nicht an.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO (Berufungsverfahren) und § 91 Abs. 1 ZPO (Revisionsverfahren).

Brückner Malik Göbel Grau Hamdorf Vorinstanzen:

AG Ratingen, Entscheidung vom 12.03.2019 - 11 C 142/18 LG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.12.2023 - 25 S 38/19 - Verkündet am: 10. Oktober 2025 Langendörfer-Kunz, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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