• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

XII ZB 334/17

BUNDESGERICHTSHOF XII ZB 334/17 BESCHLUSS vom 7. Februar 2018 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja FamFG §§ 68 Abs. 3 Satz 2, 319 Abs. 1, 321 Abs. 1 Satz 1 In einem Unterbringungsverfahren ersetzt die Bekanntgabe des Sachverständigengutachtens an den Verfahrenspfleger oder an den Betreuer nicht die notwendige Bekanntgabe an den Betroffenen persönlich (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - XII ZB 516/16 - FamRZ 2017, 911).

BGH, Beschluss vom 7. Februar 2018 - XII ZB 334/17 - LG Stralsund AG Greifswald ECLI:DE:BGH:2018:070218BXIIZB334.17.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 14. Juni 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Gründe:

I.

Der Betroffene wendet sich gegen die Genehmigung seiner Unterbringung.

In der Zeit vom Juli 2016 bis März 2017 befand sich der Betroffene in Strafhaft. Nach seiner Haftentlassung war er zunächst vorläufig in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht. Auf Antrag seiner Betreuerin hat das Amtsgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 10. Mai 2017 dessen Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik bis längstens 10. Mai 2018 genehmigt.

Die von der Verfahrenspflegerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Das Landgericht hat die fälschlicherweise als sofortige Beschwerde bezeichnete Beschwerde zurückgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die formellen Voraussetzungen der Genehmigung der Unterbringung seien erfüllt. Die vor einer Unterbringungsmaßnahme notwendige förmliche Beweisaufnahme habe stattgefunden. Zwar gehöre zur Wahrung der Anhörungspflicht, dass der Betroffene vor der Anhörung Gelegenheit habe, „schriftlich Einblick in das fachärztliche Gutachten zu nehmen“. Hier sei die vorhergehende Übersendung des Gutachtens vor der Anhörung ausweislich des Akteninhalts an die Betreuerin und an die Verfahrenspflegerin erfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass keiner der Empfänger mit dem Betroffenen über das Gutachten gesprochen habe, lägen nicht vor. Von einer erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen sei abgesehen worden, weil dieser in erster Instanz mehrfach angehört worden sei und von einer erneuten Anhörung keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien.

Die Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen sei auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Beschwerdegerichts verfahrensfehlerhaft ergangen sind.

a) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass dem Betroffenen das eingeholte Sachverständigengutachten nicht persönlich bekanntgegeben wurde.

aa) Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Grundlage einer Entscheidung in der Hauptsache setzt gemäß § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Insoweit ist das Gutachten mit seinem vollen Wortlaut im Hinblick auf die Verfahrensfähigkeit des Betroffenen (§ 316 FamFG) grundsätzlich auch ihm persönlich zur Verfügung zu stellen. Davon kann nur unter den Voraussetzungen des § 325 Abs. 1 FamFG abgesehen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 8. März 2017 - XII ZB 516/16 - FamRZ 2017, 911 Rn. 5 mwN).

bb) Diesen Anforderungen wird das vorliegende Verfahren nicht gerecht.

Aus der Gerichtsakte lässt sich nicht ersehen, dass der Inhalt des Gutachtens dem Betroffenen in vollem Umfang bekannt gegeben worden ist. Auch das Beschwerdegericht geht davon aus, dass das Sachverständigengutachten nur an die Betreuerin und die Verfahrenspflegerin, nicht aber an den Betroffenen selbst, übersandt worden ist.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ersetzt die Bekanntgabe des Gutachtens an die Verfahrenspflegerin eine Bekanntgabe an den Betroffenen nicht, denn der Verfahrenspfleger ist - anders als ein Verfahrensbevollmächtigter - nicht Vertreter des Betroffenen im Verfahren (Senatsbeschlüsse vom 8. März 2017 - XII ZB 516/16 - FamRZ 2017, 911 Rn. 7 und vom 11. Februar 2015 - XII ZB 48/14 - FamRZ 2015, 918 Rn. 6 mwN). Durch eine Bekanntgabe an den Verfahrenspfleger kann allenfalls dann ein notwendiges Mindestmaß rechtlichen Gehörs sichergestellt werden, wenn das Betreuungsgericht von der vollständigen schriftlichen Bekanntgabe eines Gutachtens an den Betroffenen entsprechend § 325 Abs. 1 FamFG (vgl. auch § 288 Abs. 1 FamFG)

absieht, weil zu besorgen ist, dass die Bekanntgabe die Gesundheit des Betroffenen schädigen oder zumindest ernsthaft gefährden werde, und die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 - XII ZB 43/11 FamRZ 2011, 1289 Rn. 8 mwN). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Insbesondere enthält das Sachverständigengutachten keinen Hinweis darauf, dass der Betroffene durch dessen Bekanntgabe Gesundheitsnachteile entsprechend § 325 Abs. 1 FamFG zu befürchten hätte.

Ebenso wenig konnte die erforderliche persönliche Bekanntgabe an den Betroffenen durch die Übersendung des Gutachtens an die Betreuerin ersetzt werden. Selbst wenn die Betreuerin mit dem Betroffenen über das Gutachten gesprochen hätte, wie das Beschwerdegericht ohne entsprechende Feststellungen unterstellt, genügte dies allein nicht, um dem Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör gerecht zu werden (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 183/17 - FamRZ 2017, 1715 Rn. 6).

b) Ebenfalls mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht nicht von einer erneuten Anhörung des Betroffenen habe absehen dürfen.

aa) Nach § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor einer Unterbringungsmaßnahme persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Diese Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Zwar räumt § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG auch in einem Unterbringungsverfahren dem Beschwerdegericht die Möglichkeit ein, von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Anhörung bereits im ersten Rechtszug ohne Verletzung von zwingenden Verfahrensvorschriften vorgenommen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - XII ZB 358/16 - FamRZ 2017, 996 Rn. 6 mwN).

bb) Gemessen daran durfte das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall nicht von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG absehen. Die Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht litt an einem wesentlichen Verfahrensmangel, weil dem Betroffenen das eingeholte Sachverständigengutachten nicht rechtzeitig vor dem Anhörungstermin überlassen wurde. Das Beschwerdegericht hätte diesen Mangel durch die Übersendung des Sachverständigengutachtens an den Betroffenen und dessen anschließende erneute Anhörung beheben müssen.

3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die fehlerhaften Verfahrenshandlungen nicht selbst nachholen und die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose Schilling Günter Botur Krüger Vorinstanzen: AG Greifswald, Entscheidung vom 10.05.2017 - 6 XVII 12/15 LG Stralsund, Entscheidung vom 14.06.2017 - 1 T 42/17 -

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in XII ZB 334/17

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
3 68 FamFG
3 325 FamFG
1 37 FamFG
1 74 FamFG
1 288 FamFG
1 316 FamFG
1 319 FamFG

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 37 FamFG
3 68 FamFG
1 74 FamFG
1 288 FamFG
1 316 FamFG
1 319 FamFG
3 325 FamFG

Original von XII ZB 334/17

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von XII ZB 334/17

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum