10 W (pat) 36/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 36/12
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die deutsche Patentanmeldung 103 42 942.5 (Wiedereinsetzung)
hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 6. August 2013 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und den Richter Prof. Dr. Dr. Ensthaler beschlossen:
Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.
BPatG 152 08.05 Gründe I.
Am 17. September 2003 meldete der Anmelder eine Erfindung mit der Bezeichnung „Hochwasserschutzwand“ beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zum Patent an. Die Anmeldung erhielt das Aktenzeichen 103 42 942.5-25. Am 14. April 2005 erschien die Offenlegungsschrift 103 42 942 A1.
Am 18. Dezember 2006 zahlte der Anmelder 70 € für die 4. Jahresgebühr der Anmeldung ein; eine weitere Zahlung erfolgte nicht. Im DPMA wurde daraufhin die Anmeldung als zurückgenommen behandelt und der Betrag von 70 € wurde an den Anmelder zurückerstattet.
Mit einem beim DPMA am 25. Januar 2012 eingegangenen Schreiben beantragte der Anmelder Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr. Zur Begründung gab er an, ihm sei die Löschung trotz Zahlung der Gebühr nicht mitgeteilt worden, so dass er auch nicht habe reagieren können. Er habe die Einzahlung am 15. Oktober 2007 mit Abzug von 10 € zurückerhalten.
Das DPMA teilte dem Anmelder durch Bescheid vom 11. April 2012 mit, dass sein Wiedereinsetzungsantrag voraussichtlich als unzulässig anzusehen sei. Zur Begründung wird in dem Bescheid u. a. ausgeführt, dass der Antrag nach Ablauf der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG gestellt worden und daher unzulässig sei. Auch habe der Anmelder nicht dargelegt, durch welche Umstände er an einer fristgerechten Zahlung gehindert gewesen sei.
Der Anmelder erwiderte auf diesen Bescheid mit Schreiben vom 20. April 2012, beim DPMA eingegangen am 24. April 2012. Darin rügte er die Verletzung des Gleichheitsprinzips, weil er bei der Rückbuchung der 60 € keine Hinweise seitens des Patentamts erhalten habe, anders als ein Herr F…, der nach Löschung seines Schutzrechts die gleiche Erfindung unter anderem Namen angemeldet habe. Diesem Schreiben waren Ablichtungen von Mitteilungen des Europäischen Patentamts an die patentanwaltlichen Vertreter des Herrn F… beigefügt. Diese Mitteilungen betreffen europäische Patentameldungen und beinhalten eine Gebührenmitteilung sowie die Feststellung eines Rechtsverlusts wegen nicht rechtzeitiger Zahlung der Anmelde-, Benennungs- und Prüfungsgebühr.
Schließlich hat das DPMA den Wiedereinsetzungsantrag durch Beschluss der Prüfungsstelle 25 vom 3. August 2012 aus den Gründen des Bescheids vom 11. April 2012 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt,
- den angefochtenen Beschluss aufzuheben, - Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr zu gewähren und - die Kosten dem DPMA aufzuerlegen.
Zur Begründung seiner Beschwerde stellt der Anmelder darauf ab, dass er vom DPMA keine Benachrichtigung betreffend die Zahlung mit Versäumniszuschlag erhalten habe. Auch sei er nicht über das Erlöschen des Patents informiert worden. Erst im Oktober 2007 habe er die eingezahlte Jahresgebühr zurückerhalten. Da durch seien Fristen verstrichen, was Herrn F… die Möglichkeit gegeben ha be, ein eigenes Gebrauchsmuster anzumelden. Darin liege ein Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die beantragte Wiedereinsetzung wurde vom Patentamt zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Anmelder hatte zur Aufrechterhaltung seiner Patentanmeldung Jahresgebühren nach Maßgabe des Patentkostengesetzes zu entrichten. Ausgehend vom Anmeldetag 17. September 2003 war die Gebühr für das 4. Jahr in Höhe von 70 € (Nr. 312 040 des Gebührenverzeichnisses, Anhang zu § 2 Abs. 2 PatKostG) am 30. September 2006 fällig geworden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PatKostG). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG hätte die Gebühr ohne Zuschlag bis zum 30. November 2006 entrichtet werden können. Nachdem dies nicht geschehen ist, wäre eine Nachentrichtung mit einem Verspätungszuschlag in Höhe von 50 € bis zum Montag, den 2. April 2007 möglich gewesen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG, § 222 Abs. 2 ZPO).
Da der Anmelder in der Nachfrist nur die Gebühr in Höhe von 70 €, nicht aber den Verspätungszuschlag entrichtet hat, war die Anmeldung kraft Gesetzes (§ 58 Abs. 3 PatG) als zurückgenommen anzusehen.
2. Dies gilt unabhängig davon, dass der Anmelder nach seinen Darlegungen vom Patentamt nicht über den drohenden Rechtsverlust und die Notwendigkeit der Zahlung eines Verspätungszuschlags informiert wurde. Seit Geltung des Patentkostengesetzes (in Kraft seit 1. Januar 2002) sieht das Gesetz keine derartigen obligatorischen Mitteilungen mehr vor. Soweit das Patentamt heute noch Hinweise verschickt, handelt es sich dabei um eine reine Serviceleistung, auf die kein Rechtsanspruch besteht (weshalb die Hinweise auch nicht förmlich zugestellt werden und daher ihr Zugang beim Empfänger nicht nachweisbar ist). Dem Anmelder bzw. Patentinhaber wird vom deutschen Gesetzgeber abverlangt, dass er sich (ggf. mit Hilfe von allgemeinen Hinweisen des Patentamts) selbst um die Einhaltung von Gebührenzahlungsfristen kümmert. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anmelder bzw. Patentinhaber anwaltlich vertreten ist oder nicht.
Ebenso ist im Gesetz nicht vorgesehen, den Anmelder bzw. Patentinhaber über den Verlust seines Schutzrechts gesondert zu informieren. Hat dieser eine Gebühr unvollständig oder zu spät entrichtet, so erfährt er dies spätestens dadurch, dass ihm der gezahlte Gebührenbetrag rückerstattet wird.
Da diese Regeln gleichermaßen für alle Inhaber von deutschen Patentanmeldungen bzw. Patenten gelten, kann darin kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot gesehen werden. Soweit sich der Anmelder in seinem Schreiben vom 20. April 2012 auf Hinweise bezogen hat, die in Anmeldeverfahren des Europäischen Patentamts ergangen sind, kann hieraus ebenfalls keine Ungleichbehandlung abgeleitet werden. Die Verwaltungspraxis in anderen Patentbehörden ist kein Maßstab für das Deutsche Patent- und Markenamt, das sich an den in Deutschland gültigen Vorschriften zu orientieren hat.
3. Wie in dem angefochtenen Beschluss und dem dort in Bezug genommenen Bescheid vom 11. April 2012 zutreffend ausgeführt ist, ist der am 25. Januar 2012 (d. h. fast fünf Jahre nach Ablauf der Gebührenzahlungsfrist) beim Patentamt eingegangene Wiedereinsetzungsantrag unzulässig, weil ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden kann (§ 123 Abs. 2 Satz 4 PatG).
4. Dem Patentamt ist auch darin zuzustimmen, dass der Wiedereinsetzungsantrag auch ohne Berücksichtigung der Jahresausschlussfrist keinen Erfolg hätte, weil der Anmelder keine Umstände dargelegt hat, aus denen sich sein fehlendes Verschulden an der Versäumung der Gebührenzahlungsfrist ergeben könnte.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des Anmelders auf die kommentarlose Rückerstattung des Betrags in Höhe von 60 € seitens des Patentamts am 15. Oktober 2007, weil zu diesem Zeitpunkt die Zahlungsfrist schon längst abgelaufen war. Immerhin hätte ihn diese Rückzahlung veranlassen können, sich beim Patentamt nach dem Grund hierfür zu erkundigen und dann – noch vor Ablauf der Jahresausschlussfrist – einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen. Dieser Antrag hätte innerhalb von zwei Monaten gestellt und begründet werden müssen; außerdem hätte innerhalb derselben Frist die versäumte Handlung (d. h. die Entrichtung des Verspätungszuschlags) nachgeholt werden müssen (§ 123 Abs. 2 PatG). Ohne Beachtung dieser gesetzlichen Vorgaben war somit der Wiedereinsetzungsantrag auch in der Sache ohne Aussicht auf Erfolg.
5. Nicht nachvollziehbar erscheint der Hinweis des Anmelders auf einen angeblichen Zusammenhang zwischen dem Verlust seiner Anmeldung und den späteren An meldungen des Herrn F…. Da die vorliegende Anmeldung als Offenlegungs schrift veröffentlicht wurde und somit zum Stand der Technik zählt, ist bei jeder anderen Patentanmeldung, die nach dem Tag der Offenlegung erfolgt, zu prüfen, ob diese durch die vorliegende Anmeldung neuheitsschädlich vorweg genommen oder nahegelegt wird.
6. Da die Beschwerde somit ohne Erfolg bleibt, besteht kein Grund für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr. Ebenso sind keine Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, dem Patentamt die Kosten aufzuerlegen.
Rauch Püschel Ensthaler Hu