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11 W (pat) 16/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/12 Verkündet am 15. September 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

betreffend das Patent 10 2004 035 119 BPatG 154 05.11 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Kruppa, Dipl.-Ing. Fetterroll und Dipl.-Ing. Wiegele beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 13 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2011 aufgehoben.

2. Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten: - gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - Beschreibung gemäß Patentschrift mit der Maßgabe zu Hilfsantrag 1, dass in Absatz 27 vor dem Wort Ausführungsbeispiel die Worte nicht patentgemäßen eingefügt werden, - Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.

Gründe I.

Auf die am 20. Juli 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents 10 2004 035 119 mit der Bezeichnung

“Zerstäubungseinrichtung für Abgasnachbehandlungsvorrichtungen von Dieselmotoren" am 15. März 2007 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent sind zwei Einsprüche erhoben worden, worauf die Patentabteilung 1.13 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent durch Beschluss vom 3. Februar 2011 beschränkt aufrechterhalten hat. Sie hat sinngemäß ausgeführt, dass die beschränkt aufrechterhaltene Fassung des Patents klar sei, den beanspruchten Gegenstand so deutlich und vollständig offenbare, dass er ausführbar sei, und dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik patentfähig sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden B… GmbH. Sie ver tritt die Auffassung, dass die Zerstäubereinrichtung in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung gemäß Patentanspruch 1 nicht ausführbar offenbart sei (§ 21 (1) Nr. 2 PatG), unzulässig erweitert sei (§ 21 (1) Nr. 4 PatG) und die beanspruchten Gegenstände darüber hinaus weder neu seien noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhten (§ 21 (1) Nr. 1 i. V. m. § 3 bzw. 4 PatG).

Zur Stützung ihres Vorbringens bezieht sich die Beschwerdeführerin auf folgende Druckschriften:

D1 DE 39 01 032 C1 D2 DE 24 59 790 A1 D3 DE 83 06 612 U1 D4 DE 100 47 512 A1 D5 US 5,968,464 A D6 US 6,203,770 B1 D7 DE 29 00 847 A1 D8 DE 103 32 114 A1 D9 Bosch Kraftfahrtechnisches Taschenbuch, 22. Auflage, Düsseldorf: VDI-Verlag, 1995, ISBN 3-18-419122-2, Bauer Horst, Robert Bosch GmbH, Seiten 524 bis 529.

D10 DE 198 15 775 A1.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 13 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2011 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt,

die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: - Patentansprüche 1 bis 14, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1 bis 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - Beschreibung gemäß Patentschrift mit der Maßgabe zu Hilfsantrag 1, dass in Absatz 27 vor dem Wort Ausführungsbeispiel die Worte nicht patentgemäßen eingefügt werden, mit der Maßgabe zu Hilfsantrag 2, dass zusätzlich in Absatz 8 der Beschreibung vor dem Wort Ausführungsform die Worte nicht patentgemäße eingefügt werden und das Wort erfindungsgemäßen gestrichen wird, - Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

„Zerstäubereinrichtung einer Abgasnachbehandlungsvorrichtung von Dieselmotoren, mit einem Gehäuse, das mit wenigstens einer Zuleitung (2) für eine zu zerstäubende Harnstoff-Wasser-Lösung, und mindestens einer Düsenöffnung (29) versehen ist, wobei im Zuführweg von der Zuleitung (2) zur Düsenöffnung (29) im Gehäuse (1) ein Vorspannventil (9) liegt, das einen Schließkörper (13) aufweist, der in der Schließstellung mit einem Ventilsitz (25) zusammenwirkt, und das bei einem vorgegebenen Druck der Harnstoff-Wasser-Lösung öffnet, wobei im Bereich zwischen dem Ventilsitz (25) und der Düsenöffnung (29) eine Wirbelkammer (27) für die Harnstoff-Wasser-Lösung angeordnet ist, in welche radial zur Achse des Vorspannventils (9) angeordnete Verbindungskanäle die Harnstoff-Wasser-Lösung führen.“

Hieran schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 14 an.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet (Änderungen gegenüber der Fassung gemäß Hauptantrag durch Streichen oder Fettschrift hervorgehoben):

„Zerstäubereinrichtung einer Abgasnachbehandlungsvorrichtung von Dieselmotoren, mit einem Gehäuse, das mit wenigstens einer Zuleitung (2) für eine zu zerstäubende Harnstoff-Wasser-Lösung, und mindestens einer Düsenöffnung (29) versehen ist, wobei im Zuführweg von der Zuleitung (2) zur Düsenöffnung (29) im Gehäuse (1) ein Vorspannventil (9) liegt, das einen Schließkörper (13) aufweist, der in der Schließstellung mit einem Ventilsitz (25) zusammenwirkt, und das bei einem vorgegebenen Druck der Harnstoff-Wasser-Lösung öffnet, wobei - im Bereich zwischen dem Ventilsitz (25) und der Düsenöffnung (29) eine Wirbelkammer (27) für die Harnstoff-Wasser-Lösung angeordnet ist, in welche radial zur Achse des Vorspannventils (9) angeordnete Verbindungskanäle die Harnstoff-Wasser-Lösung führen, - der Ventilsitz (25) unter Federkraft am Schließkörper (13) anliegt, und - der Schließkörper (13) ortsfest im Gehäuse (1) angeordnet ist.“

Hieran schließen sich Ansprüche 2 bis 9 an.

Zu den jeweils nachgeordneten Ansprüchen, dem Hilfsantrag 2 und wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur insoweit unbegründet als sie zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents führt.

1. Das angegriffene Patent bezieht sich auf eine Zerstäubungseinrichtung für Abgasnachbehandlungsvorrichtungen von Dieselmotoren (vgl. Abs. [0001] der Patentschrift).

In der Patentschrift wird ausgeführt, es sei bekannt, in den Abgasstrom von Dieselmotoren ein Abgasnachbehandlungsmedium, vorzugsweise eine 32,5 %ige Harnstoff-Wasser-Lösung, über eine Zerstäubungseinrichtung einzubringen. Das Medium werde von einer Pumpe aus einem Tank gefördert und einem Einspritzventil zugeführt, das an den Abgasstrang des Dieselmotors angebaut sei. Das Zerstäubevermögen der Einspritzventile sei sehr beschränkt, so dass eine ausreichende Vermischung von Abgas und Abgasnachbehandlungsmedium nicht direkt erreicht werde. Es sei vielmehr notwendig, wenigstens ein Wirbelblech vor dem Katalysator des Fahrzeuges einzusetzen. Dieses Wirbelblech führe aber zu einem höheren Abgasgegendruck und damit zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch. Die Pumpe, Sensoren, das Einspritzventil und weitere Bauteile der Abgasnachbehandlungsvorrichtung seien räumlich voneinander getrennt, so dass der Einbau in das Kraftfahrzeug aufwendig und kostspielig sei. Die Einspritzventile, die in der Regel magnetbetätigt seien, seien einer hohen thermischen Beanspruchung ausgesetzt. Es seien darum zusätzliche Kühlmaßnahmen erforderlich, wodurch der konstruktive Aufwand erhöht werde. An das Einspritzventil müssten elektrische Leitungen herangeführt werden, die ebenfalls einer erheblichen thermischen Beanspruchung an der Abgasanlage des Kraftfahrzeuges ausgesetzt seien. Der massebehaftete Magnet des Einspritzventiles müsse von der Abgasanlage aufgenommen werden, so dass das Auspuffrohr des Kraftfahrzeuges entsprechend örtlich verstärkt werden müsste. Zudem würden an die Einspritzventile hohe Ansprüche in Bezug auf Funktion und Beständigkeit gestellt, was zu einem erhöhten Preis solcher Einspritzventile führe (vgl. Abs. [0002]).

Die zu lösende Aufgabe soll darin bestehen, eine gattungsgemäße Zerstäubungseinrichtung so auszubilden, dass sie bei konstruktiv einfacher Ausbildung kostengünstig hergestellt und montiert werden könne. (vgl. Abs. [0003] der Patentschrift).

2. Der mit der Lösung dieses Problems betraute Fachmann ist ein Absolvent einer Universität der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik, der mit der Entwicklung und Konstruktion von Zerstäubungsvorrichtungen für Flüssigkeiten betraut ist.

3. Zum Hauptantrag Der Patentanspruch 1 in der nach dem Hauptantrag geltenden Fassung geht über den Inhalt der ursprünglich am Anmeldetag eingereichten Anmeldung hinaus (§ 21, Abs. 1 Nr. 4).

a) Einige Begriffe des Streitpatents bedürfen einer näheren Erläuterung.

Das Streitpatent spricht in einer ersten Ausführungsform von (nicht dargestellten) Querbohrungen, die in eine Wirbelkammer führen (vgl. Abs. [0015]), in einer zweiten Ausführungsform von Verbindungskanälen, die eine Bohrung 43 mit der Wirbelkammer verbinden (vgl. Abs. [0022] und Fig. 2), sowie in einer dritten Ausführungsform von Radialbohrungen 52 in die Wirbelkammer (vgl. Abs. [0031], [0032] und Fig. 3). In Übereinstimmung mit der Beschreibung sind in Figur 1 keine Querbohrungen dargestellt. Nach der Beschreibung (vgl. Abs. [0022]) sind die Verbindungskanäle in Figur 2 ebenfalls nicht dargestellt. Allerdings ist der Bereich um die Wirbelkammer in der Trennebene unterhalb des Ventilkörperteils 38 in einem in der Figur 2 nicht näher bezeichneten, zu dem Abschlussstück 49 mit der Düsenöffnung 29 identisch in der Figur 3 dargestellten Bauteil abweichend skizziert.

Unter einer „Bohrung“, die zwei Räume miteinander verbinden soll, versteht der Fachmann einen Durchbruch in einem Bauteil, auch Bohrloch genannt, der eine ununterbrochene Mantelfläche aufweist und durch Bohren, in der Regel durch rotierende Werkzeuge, hergestellt ist.

Mit dem Begriff „Kanal“ verbindet der Fachmann die Vorstellung an eine Ausnehmung in einem Bauteil, die auch an der Oberfläche des Bauteils liegen kann und deren Mantelfläche daher unterbrochen sein kann, z. B. Rinne, Nut o. dgl. Das Einbringen des Kanals in das Bauteil kann durch verschiedenste Herstellungsverfahren erreicht werden.

Die Bohrungen bzw. Kanäle dienen dem Transport einer Harnstoff-Wasser-Lösung in eine im Strömungsweg vor einer Düsenöffnung angeordneten Wirbelkammer. Die Lösung soll unter Druck zerstäubt werden (Ventil öffnet bei einem vorgegebenen Druck). Dies erfordert bei einem offenen Kanal im Gegensatz zu einer Bohrung ein weiteres Bauteil zum Verschließen des Kanals, da sonst der Druck in der Harnstoff-Wasser-Lösung nicht aufrechtzuerhalten ist. Die Funktion des Transportes der Lösung zu der Wirbelkammer lässt daher nicht den Rückschluss zu, dass Kanal und Bohrung dasselbe sind.

In den Figuren sind weder die zur Wirbelkammer führenden Quer- oder Radialbohrungen noch die Verbindungskanäle sichtbar dargestellt, so dass sich daraus Lage oder Form der Verbindung zu der jeweiligen Wirbelkammer 27 auch nicht ergeben kann.

Da auch sonst jedweder Hinweis fehlt, dass mit den Begriffen Querbohrung, Verbindungskanal und Radialbohrung eine körperlich gleich gestaltete Verbindung zu der Wirbelkammer zu verstehen ist, muss der Fachmann davon ausgehen, dass tatsächlich mit jeder Ausführungsform etwas anderes gemeint ist. Die genannten Begriffe sind demnach nicht als Synonyme anzusehen.

b) Hiervon ausgehend geht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung sowie den des Patents in der erteilten Fassung hinaus (§ 21, Abs. 1 Nr. 4 und § 22 Abs. 1 PatG).

Weder aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen noch aus der erteilten Fassung des Patents gehen radiale Verbindungskanäle hervor.

Verbindungskanäle, welche die Harnstoff-Wasser-Lösung in die Wirbelkammer 27 führen, sind nur aus dem Absatz [0022] im Zusammenhang mit einer im Streitpatent anhand der Figur 2 dargestellten Ausführungsform bekannt. Dort jedoch nur dergestalt, dass sie die axialen Bohrungen 43 mit der Wirbelkammer 27 verbin- den. Dass diese Kanäle auch radial in die Wirbelkammer münden sollen, ist nicht offenbart.

Strömungswege, welche die Harnstoff-Wasser-Lösung radial in die Wirbelkammer 27 führen, sind lediglich im Zusammenhang mit einer Ausführungsform nach Fig. 3 offenbart und zwar in der Ausgestaltung als Radialbohrungen 52 (vgl. Abs. [0031] und [0032]), über welche die Harnstoff-Wasser-Lösung von einem Ringraum 26 in die Wirbelkammer 27 geführt wird.

Die Beschreibung des Streitpatents lenkt die Überlegungen des Fachmanns in eine andere Richtung, nämlich dass die Verbindungskanäle in der Wirbelkammer tangential münden. Auf die unterschiedliche Darstellung in den Figuren wurde unter Punkt a) hingewiesen. In Zusammenhang mit der Figur 2 wird das Ventilkörperteil 38 auch als Drallplatte bezeichnet. In der Beschreibung ist nicht genau ausgeführt, wo und wie das strömende Medium mit einem Drall versehen werden soll, zumal Beschreibung und Figur mit Widersprüchen bzgl. Anordnung der Wirbelkammer 27 behaftet sind. Aus fachmännischer Sicht muss die Wirbelkammer 27, anders als in Abs. [0020] beschrieben, unmittelbar vor der Düsenöffnung 29 entsprechend den beiden anderen Ausführungsformen und der Figur 2 angeordnet sein. Der Begriff Drallplatte impliziert, dass in dem Bauteil Strömungswege vorgesehen sind, die der Strömung einen Drall, d. h. der Geschwindigkeit auch eine Tangentialkomponente vor der Zerstäuberdüsenöffnung aufprägen. Dies erfolgt im Zusammenhang mit einer Druckzerstäubung grundsätzlich auf dem (unmittelbaren) Weg zur Wirbelkammer. Voraussetzung zur Entstehung von Drall ist eine tangentiale Zufuhr der Lösung zur Wirbelkammer.

Im Gegensatz dazu kann über Radialbohrungen kein Drall erzeugt werden.

Da sich Verbindungskanäle nicht unter Bohrungen subsumieren lassen und radial geführte Verbindungskanäle nicht genannt werden, geht der gemäß Patentan- spruch 1 des Hauptantrags definierte Gegenstand über den Offenbarungsgehalt der Patentschrift sowie der ursprünglichen Anmeldung hinaus.

4. Zum Hilfsantrag 1 Das Patent erweist sich in der Fassung nach Hilfsantrag 1 bestandsfähig.

a) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet in gegliederter Fassung:

a Zerstäubereinrichtung einer Abgasnachbehandlungsvorrichtung von Dieselmotoren,

b mit einem Gehäuse, c das mit wenigstens einer Zuleitung (2) für eine zu zerstäubende Harnstoff-Wasser-Lösung, und mindestens einer Düsenöffnung (29) versehen ist, d wobei im Zuführweg von der Zuleitung (2) zur Düsenöffnung (29) im Gehäuse (1) ein Vorspannventil (9) liegt, e das einen Schließkörper (13) aufweist, der in der Schließstellung mit einem Ventilsitz (25) zusammenwirkt, und f das bei einem vorgegebenen Druck der Harnstoff-Wasser-Lösung öffnet, g wobei im Bereich zwischen dem Ventilsitz (25) und der Düsenöffnung (29) eine Wirbelkammer (27) für die HarnstoffWasser-Lösung angeordnet ist, h der Ventilsitz (25) unter Federkraft am Schließkörper (13) anliegt, und i der Schließkörper (13) ortsfest im Gehäuse (1) angeordnet ist.

b) Die Fassung des Patents nach Hilfsantrag 1 ist zulässig.

Patentanspruch 1 stellt im Wesentlichen eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1, 2, 8, 10 und 16 dar. Diese finden ihre Stütze in den entsprechenden Patentansprüchen der Anmeldungsunterlagen. Das zu zerstäubende Abgasnachbehandlungsmedium ist auf eine Harnstoff-Wasser-Lösung beschränkt worden. Dies geht aus der erteilten Fassung des Anspruchs i. V. m. der Beschreibung hervor (vgl. z. B. Abs. [0011], [0024], [0025]). Die sich anschließenden Unteransprüche 2 bis 9 entsprechen den ursprünglichen und erteilten Unteransprüchen 3, 4, 9 sowie 11 bis 15. Die Beschreibung ist durch die Aufnahme der Wörter „nicht erfindungsgemäßen“ in der Art eines Disclaimers an die geltende Fassung der Patentansprüche angepasst worden und entspricht bis auf redaktionelle Änderungen während des Prüfungsverfahrens der am Anmeldetag eingereichten Fassung.

Das Patentgesetz kennt für das Einspruchsbeschwerdeverfahren keine Bestimmung, die dem Stellen von Anträgen durch die Beteiligten bis zum Schließen der mündlichen Verhandlung entgegensteht.

Es trifft zu, dass in der nach Hilfsantrag 1 geltenden Fassung gegenüber der von der Patentabteilung beschränkt aufrechterhaltenen Fassung im Zusammenhang mit der Wirbelkammer die Angabe „in welche quer zur Achse des Vorspannventils angeordnete Verbindungskanäle die Harnstoff-Wasser-Lösung führen“ gestrichen wurde. Jedoch hat die Patentinhaberin die Zurückweisung der Beschwerde auch im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (Anschlussbeschwerde) und einer Änderung beantragt. Dem hätte die Beschwerdeführerin ohne weiteres durch Rücknahme der Beschwerde entgegentreten können.

c) Der unzweifelhaft gewerblich anwendbare Gegenstand des Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Neuheit des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 ist schon deshalb gegeben, da aus keiner der eingangs genannten Druckschriften eine Zerstäubungseinrichtung bekannt ist, die einen Ventilsitz aufweist, der unter Federkraft am Schließkörper anliegt (Merkmal h).

Die Druckschrift D8 ist nachveröffentlichter Stand der Technik im Sinne des § 3 Abs. 2 PatG und ist daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen (§ 4 Satz 2 PatG).

Als ein geeigneter Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit kann die Druckschrift D5 angesehen werden.

Aus der Druckschrift D5 ist eine Zerstäubereinrichtung einer Abgasnachbehandlungsvorrichtung von Dieselmotoren bekannt (Fig. 3; Merkmal a). Die Zerstäubereinrichtung weist auch ein Gehäuse auf (Fig. 2; Merkmal b), das mit wenigstens einer Zuleitung 52 für eine zu zerstäubende Harnstoff-Wasser-Lösung (Sp. 6, Z. 13 bis 16) und mindestens einer Düsenöffnung (Fig. 2) versehen ist (Merkmal c). Im Zuführweg von der Zuleitung 52 zur Düsenöffnung ist im Gehäuse ein Vorspannventil (vgl. Sp. 6, Z. 52 bis 54) angeordnet (Merkmal d), das einen Schließkörper 61 aufweist, der in der Schließstellung mit einem Ventilsitz (Fig. 2) zusammenwirkt (Merkmal e), und das bei einem vorgegebenen Druck des Abgasnachbehandlungsmediums öffnet (vgl. Sp. 6, Z. 52 bis 54; Merkmal f).

Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand des streitigen Patentgegenstands gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag durch die folgenden Merkmale:

g wobei im Bereich zwischen dem Ventilsitz und der Düsenöffnung eine Wirbelkammer für die Harnstoff-Wasser-Lösung angeordnet ist,

h der Ventilsitz unter Federkraft am Schließkörper anliegt, und i der Schließkörper ortsfest im Gehäuse angeordnet ist.

Die Weiterbildung der aus der Druckschrift D5 bekannten Zerstäubereinrichtung, so dass sie auch diese Merkmale aufweist, ergibt sich, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Die Zusammenschau der aus der Druckschrift D5 bekannten Zerstäubereinrichtung mit dem aus der Druckschrift D10 bekannten Einspritzventil führt nicht zum Patentgegenstand. Aus der Druckschrift D10 ist es zwar bekannt, im Bereich zwischen dem Ventilsitz (Ventilsitzelement 26) und der Düsenöffnung (zentrale Auslassöffnung 30) eine Wirbelkammer (Drallkammer 68) für Flüssigkeiten jeglicher Art (Sp. 2, Z. 1 und 2) anzuordnen, nicht offenbart ist jedoch, den Ventilsitz (Ventilsitzelement 26) unter Federkraft am Schließkörper (Ventilnadel 20) anliegen zu lassen und die Ventilnadel (20) ortsfest im Gehäuse anzuordnen (Merkmale h und i).

Der Gegenstand der Druckschrift D6 entspricht im Wesentlichen dem der Druckschrift D5 und kann daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit keinen zusätzlichen Beitrag leisten.

Auch die Druckschrift D2 liefert keine Hinweise, eine Zerstäubereinrichtung mit den Merkmalen h und i zu versehen. Lediglich eine Wirbelkammer 30 ist stromauf der Düsenöffnung 26 vorgesehen. Dies geht jedoch nicht über das aus der Druckschrift D10 Bekannte hinaus.

Die Gegenstände aller anderen im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen noch weiter ab. Insbesondere sind aus ihnen keine Zerstäubereinrichtungen bekannt, deren Ventilsitz unter Federkraft am Schließkörper anliegt und der Schließkörper ortsfest im Gehäuse angeordnet ist (Merkmale h und i). Da sie auch keine Anregungen oder Hinweise enthalten, von dem dort stets vorhandenen Prinzip eines ortsfesten Ventilsitzes und eines (z. B. durch Federkraft) am Ventilsitz anliegenden Schließkörper abzuweichen, können sie der Patentfähigkeit des Gegen- stands gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1, auch in der Zusammenschau mit den Offenbarungsgehalten der anderen Druckschriften oder untereinander nicht entgegenstehen.

Aufgrund des nicht vorhanden Vorbilds und der fehlenden Anregung gelangt der Fachmann nicht ohne eigenes erfinderisches Zutun zum vollständigen Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.

Zu einer anderen Beurteilung gibt auch der Einwand der Beschwerdeführerin, dass es sich bei den Merkmalen h und i lediglich um eine kinematische Umkehr handele, keinen Anlass. Das Abweichen von dem verwendeten Konstruktionsprinzip und seine Umkehr bedeutet nämlich eine jeweils vollständige Neukonstruktion. Jedenfalls hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt, warum der Fachmann ohne Notwendigkeit und ohne Kenntnis des Streitpatents von dem im gesamten vorliegenden Stand der Technik verwendeten Aufbauprinzip einer Zerstäubereinrichtung hätte abweichen sollen, um zu der beanspruchten Lösung zu gelangen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 erweist sich somit als patentfähig. Die Unteransprüche 2 bis 9 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Zerstäubereinrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1, und ihre Gegenstände sind daher zusammen mit dem geltenden Patentanspruch 1 patentfähig.

Ein Eingehen auf Hilfsantrag 2 erübrigt sich bei dieser Sachlage.

III.

Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Höchst Kruppa Fetterroll Wiegele Bb

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