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6 StR 44/23

BUNDESGERICHTSHOF StR 44/23 BESCHLUSS vom 22. Februar 2023 in der Strafsache gegen

1. 2.

wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.

ECLI:DE:BGH:2023:220223B6STR44.23.0 Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Februar 2023 beschlossen:

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 14. Oktober 2022 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass sie der besonders schweren räuberischen Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit besonders schwerem Raub, sowie des besonders schweren Raubes in zwei Fällen schuldig sind; b) hinsichtlich des Angeklagten W. im Maßregelausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten W. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. Der Angeklagte S.

hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten bzw. acht Jahren und acht Monaten verurteilt, Einziehungsentscheidungen getroffen und die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nebst einem Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten W. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg

(§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie ebenso unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO wie die gleichfalls auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten S.

.

1. Die Schuldsprüche halten in den Fällen 1, 3 und 4 rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen entnahm der Angeklagte W. Bargeld aus der Kasse einer Spielothek, die ein Mitarbeiter entriegelt hatte,

nachdem ihn der Angeklagte S.

unter Vorhalt einer geladenen Schusswaffe zur Herausgabe von Geld aufgefordert hatte (Fall 1). Anlässlich eines weiteren Überfalls auf eine Tankstelle forderte der Angeklagte S.

erneut unter Vorhalt einer geladenen Schusswaffe die Herausgabe von Geld, woraufhin eine Mitarbeiterin die Schublade mit Bargeld auf den Tresen stellte, die er leerte. Der Angeklagte W. wartete im Fahrzeug (Fall 3). Nachdem beide Angeklagten einen Getränkemarkt betreten hatten, forderte der Angeklagte S.

unter Vorhalt einer geladenen Schusswaffe Geld und Zigaretten, die ihm übergeben wurden. Zudem entnahm der Angeklagte aus einem Regal weitere Zigarettenschachteln (Fall 4).

b) Die Wertung des Landgerichts, in allen Fällen liege eine Vermögensverfügung vor, begegnet in den Fällen 1 und 3 durchgreifenden Bedenken.

aa) Die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem äußeren Erscheinungsbild des vermögensschädigenden Verhaltens des Verletzten. Wird dieser gezwungen, die Wegnahme der Sache durch den Täter selbst zu dulden, so liegt Raub vor; wird er dagegen zur Vornahme einer vermögensschädigenden Handlung, mithin einer Weggabe, genötigt, so ist – sofern eine Absicht rechtswidriger Bereicherung gegeben ist – eine räuberische Erpressung anzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 2009 – 3 StR 372/09; vom 12. August 2021 – 3 StR 474/20).

bb) Davon ausgehend liegt weder im Fall 1 noch im Fall 3 eine Vermögensverfügung seitens des Verletzten vor. Das mit Waffeneinsatz erzwungene Verhalten der Mitarbeiter hat nur zu einer Gewahrsamslockerung, nicht aber zu einer Gewahrsamsübertragung geführt (vgl. zur Entriegelung einer Kasse BGH, Beschluss vom 3. Juli 2013 – 4 StR 186/13). Es hat lediglich die Möglichkeit zur anschließenden Wegnahme eröffnet, aber noch keinen neuen Gewahrsam der Angeklagten begründet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 476/10; NStZ-RR 2011, 80; vom 24. April 2018 – 5 StR 606/17).

c) Zudem ist im Fall 4 im Hinblick auf die seitens des Angeklagten W. entnommenen Zigaretten tateinheitlich der Tatbestand des schweren Raubes verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2021 – 6 StR 15/21; Beschluss vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 476/10, aaO; MüKoStGB/Sander, 4. Aufl., § 249 Rn. 43).

2. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Das Verschlechterungsverbot nach § 358 Abs. 2 StPO wird durch die Schuldspruchänderung nicht verletzt; dieses schließt das Risiko einer Verschärfung des Schuldspruchs nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. September 2015 – 2 StR 71/15; vom 27. Juli 2010 – 4 StR 165/10; vom 18. Februar 2020 – 3 StR 430/19). § 265 StPO steht dem ebenfalls nicht entgegen, weil die im Wesentlichen geständigen Angeklagten sich nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Auf den Strafausspruch hat die Schuldspruchänderung wegen des unveränderten Unrechtsgehalts und gleichbleibender Strafrahmen keinen Einfluss.

3. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten W. in einer Entziehungsanstalt bedarf der Aufhebung. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:

„Nach den Feststellungen des Landgerichts begann der 43-jährige Angeklagte in der 7./8. Klasse mit dem Konsum von Haschisch. Ab dem 18. Lebensjahr konsumierte er auch andere Betäubungsmittel, im Alter von 22 Jahren erstmals Heroin. Er hat bereits stationäre Therapiemaßnahmen durchlaufen (UA S. 4). Die zur Aburteilung gelangten Taten beging er, um sich Geldmittel für den Betäubungsmittelerwerb zu verschaffen (UA S. 5).

Angesichts dieser ungünstigen Ausgangsbedingungen, die gegen einen mehr als nur kurzfristigen Behandlungserfolg sprechen, sind allein das beim Angeklagten vorhandene Problembewusstsein und seine Abstinenzmotivation (UA S. 28) nicht geeignet, eine konkrete Erfolgsaussicht der angeordneten Maßregel im Sinne des § 64 Satz 2 StGB zu begründen (vgl. BGH, […] Beschluss vom 26. Februar 2014 – 4 StR 577/13 –, juris Rdnr. 14).(…) Die Strafkammer wäre insoweit gehalten gewesen, das Risiko eines Scheiterns der Behandlung – als mehr oder weniger hoch bzw. gering – konkret zu gewichten, um die Behandlungsaussichten nachvollziehbar zu bewerten. Dabei wären neben den von ihr erkannten prognosegünstigen Faktoren – Problembewusstsein und Abstinenzmotivation des Angeklagten – auch die prognoseungünstigen Faktoren in Gestalt seiner langjährigen Drogenabhängigkeit und seiner Therapieversuche in die Beurteilung einzubeziehen gewesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. April 2015 – 4 StR 92/15 –, NStZ 2015, 571, 572; und vom 3. Ju-ni 2020 – 2 StR 428/19 –, NStZ-RR 2020, 338). Zudem wäre es erforderlich gewesen, Einzelheiten zu den vom Angeklagten absolvierten stationären Therapiemaßnahmen – namentlich zu deren Anzahl und Anlass, ob diese abgeschlossen oder abgebrochen wurden und wie lange der Angeklagte im Anschluss daran abstinent geblieben ist – mitzuteilen. Von alledem hat das Landgericht abgesehen und sich stattdessen auf den unzutreffenden Hinweis beschränkt, dass Anhaltspunkte für ein Therapieversagen nicht bekannt seien.“

Dem schließt sich der Senat an. Die Frage der Unterbringung bedarf daher – wieder unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) – neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Aufhebung der Maßregel entzieht zugleich der Anordnung des Vorwegvollzugs die Grundlage.

Sander Feilcke Wenske Fritsche von Schmettau Vorinstanz: Landgericht Braunschweig, 14.10.2022 - 4 KLs 303 Js 1539/22 (17/22)

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