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III ZR 311/11

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES III ZR 311/11 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 6. Dezember 2012 Bott Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. November 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Anlageberatung im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Medienfonds auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger und seine Ehefrau sind seit 1990 geschäftlich und privat Kunden der Sparkasse D.

, seit 2000 auch Kunden der Beklagten, einer

%igen Tochter der Sparkasse D. .

Der Kläger zeichnete nach Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 3. Dezember 2003 eine Beteiligung an der A.

GmbH & Co. KG, einem geschlossenen Medienfonds, in Höhe eines Nennwertes von 100.000 € zuzüglich 5.000 € Agio. Die Einzelheiten des Beratungsgesprächs sowie der Zeitpunkt der Übergabe des Fondsprospekts sind zwischen den Parteien streitig. Der Medienfonds sah eine Beendigung der Gesellschaft zum 31. Dezember 2010 vor. Es war eine Mindesteinlage von 25.000 € zu erbringen, davon 60 % der Zeichnungssumme nebst dem Agio in bar. Hinsichtlich der weiteren 40 % war eine Finanzierung durch die Fondsgesellschaft vorgesehen.

Der Kläger zahlte eine Einlage in Höhe von 60.000 € sowie 5.000 € Agio. Die Beklagte erhielt für die Vermittlung der Fondsbeteiligung eine Provision in Höhe von 8 % der Kommanditbeteiligung des Klägers. Während des Beratungsgesprächs verhandelten der Kläger und seine Ehefrau über die Höhe des Agio mit dem Mitarbeiter der Beklagten. Die Ehefrau des Klägers erhielt auf eine von ihr gestellte Rechnung eine Vermittlungsprovision über 2.500 € von der Beklagten.

Der Kläger macht verschiedene Mängel der Beratung durch die Beklagte geltend. Unter anderem beruft er sich auf eine nicht erfolgte Aufklärung über die Provision, die die Beklagte für die Vermittlung der Anlage erhielt.

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, 58.000 € nebst Zinsen an den Kläger zu zahlen. Es hat festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger gezeichneten Beteiligung resultieren, insbesondere von etwaigen Nachschuss- und Nachhaftungspflichten. Die Verurteilung ist Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligung erfolgt. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der Beteiligung in Verzug befindet. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.

Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Berufung mit Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet erachtet, weil die Beklagte nicht über die ihr für die Vermittlung der Anlage zugeflossenen Provisionen aufgeklärt habe. Hierzu sei sie verpflichtet gewesen, da sie sich nicht als freier bankenunabhängiger Anlageberater darstelle. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen auf sein Urteil vom 13. Oktober 2011 (34 U 53/10 = III ZR 307/11, siehe dazu Senatsurteil vom heutigen Tag) Bezug genommen. Dort hat es ausgeführt:

Mit der Auslagerung der Anlageberatung aus dem Geschäftsbereich der Sparkasse D.

auf die Beklagte möge zwar eine gesellschaftsrechtliche Ausgliederung vollzogen worden sein. Dies mache die Beratungsgesellschaft jedoch nicht automatisch zu einem freien Anlageberater. Vielmehr komme es darauf an, ob die Beratungsgesellschaft sich aus der Sicht des Kunden nach außen als von der Bank nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch im Übrigen als von dieser im Unternehmensverbund unabhängigen Berater darstelle.

Dies treffe auf die Beklagte nicht zu. Vielmehr nutze die Beklagte den Umstand,

dass die Sparkasse ihre Alleingesellschafterin sei, dafür, um ihr besonderes Näheverhältnis zu dieser zu demonstrieren, und zwar nicht zuletzt durch den Gebrauch des unverkennbaren Firmenlogos der Sparkasse. Sie übernehme damit auch durch die von ihr selbst vorgelegte sogenannte "Image-Broschüre" das sogenannte Corporate-Identity-Konzept der Sparkasse. Indem sie mit deren Erfahrungen und deren Referenzen werbe, mache sie sich bewusst deren Vertrauensvorsprung zunutze, und zwar vor allem gegenüber langjährigen Kunden wie dem Kläger. Die vermeintlich klare Grenze zwischen der Sparkasse einerseits und der Beklagten andererseits verschwimme für den Kunden, wenn sich die Beklagte zur technischen Abwicklung der Sparkasse bediene und dort die Kundenkonten gegen Zahlung eines Entgelts unterhalten würden. Bei den an die Beklagte geflossenen Zahlungen der Kapitalsuchenden handele es sich auch um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, über die der Kläger nicht aufgeklärt worden sei.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lassen sich Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte nicht begründen.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen einer unterbliebenen Aufklärung über Provision oder Rückvergütung wegen des gezeichneten Fonds zu. Eine solche Pflicht bestand für die Beklagte nicht.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist ein freier nicht bankmäßig gebundener Anlageberater nicht verpflichtet, den Anleger ungefragt über den Umstand und die Höhe einer Provision aufzuklären. Für den Anleger liegt es bei einer Beratung durch einen freien Anlageberater auf der Hand, dass dieser von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung als solcher sein Geld verdienen muss, kann berechtigterweise nicht angenommen werden, dass er diese Leistung insgesamt kostenlos erbringt. Sind ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt für den Anleger klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen bezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Unter diesen Umständen besteht regelmäßig kein schützenswertes Vertrauen des Anlegers darauf, dass der Anlageberater keine Leistungen des Kapitalsuchenden erhält; vielmehr sind dem Anleger sowohl die Provisionsvergütung des Beraters durch den Kapitalsuchenden als auch der damit (möglicherweise) verbundene Interessenkonflikt bewusst. Soweit es um die genaue Höhe der dem Anlageberater zukommenden Provision geht, ist es bei gebotener Abwägung der gegenüberstehenden Interessen der Vertragsparteien Sache des Anlegers dem generell das Provisionsinteresse des Beraters bekannt ist -, dieserhalb bei den Anlageberatern nachzufragen (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, NJW 2012, 2952 Rn. 12 mwN).

b) Ein selbständiges Unternehmen der "Finanzgruppe" einer Sparkasse, das als 100 %ige Tochtergesellschaft (GmbH) der Sparkasse hauptsächlich auf dem Gebiet der Anlageberatung tätig ist, ist hinsichtlich der Verpflichtung, seine Kunden ungefragt über die von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wie ein freier Anlageberater zu behandeln (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2012 aaO Rn. 14). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise kann ein Anleger, der sich durch einen solchen Anlageberater über Anlagemöglichkeiten beraten lässt, nicht berechtigterweise annehmen, der Anlageberater würde diese Leistung kostenlos erbringen. Dabei ist in den Vordergrund zu stellen, dass es sich in diesen Fällen bei den Beratern um selbständige juristische Personen handelt, die selbst kein Kreditinstitut sind und keine "klassischen" Bankgeschäfte betreiben. Sie sind, ungeachtet des Umstands, dass sie zur "Finanzgruppe der Sparkasse" gehören und ihre Kunden im Wesentlichen aus dem Kundenstamm der Sparkasse gewinnen, ein eigenständiges Unternehmen, zu dessen Haupttätigkeit - nicht anders als bei sogenannten "freien" Anlageberatern - die Beratung bei der Geldanlage gehört. Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise ist einem Anleger auch bei einer solchen Anlageberatung bewusst, dass der Berater Provision seitens der Kapitalsuchenden erhält, zumal er seitens des Anlegers keine Vergütung für die Anlageberatung selbst, die Verwaltung von Konten oder sonstige Dienstleistungen erhält. Ein Anleger hat damit auch bei der Beratung durch eine "Sparkassen-Tochter" kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass dieser kein Geld seitens des Kapitalsuchenden für die Vermittlung des jeweiligen Anlageprodukts erhält (Senatsurteil aaO).

c) Die Umstände im vorliegenden Fall geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Auch hier ist ein Agio offen ausgewiesen worden. Über dessen Reduzierung ist zwischen den Parteien verhandelt worden. Dem Kläger war auch bekannt, dass die Beklagte eine selbständige juristische Person ist, die jedenfalls von ihm keine Zahlung für die Anlageberatung erhielt. Die Beklagte ist deshalb als "freier" Anlageberater anzusehen, der über die von ihm erhaltenen Rückvergütungen und Provisionszahlungen nicht aufklären brauchte. Insofern kann sich aus einer unterbliebenen Aufklärung kein Schadensersatzanspruch für den Kläger ergeben.

d) Soweit der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht, die Beklagte habe ihn "aktiv" über die Gesamthöhe der ihr zufließenden Provision getäuscht, ist ihm nicht zu folgen. Allein aus dem Umstand, dass die Parteien über die Reduzierung des Agios verhandelt haben, ergab sich kein hinreichender Anhalt für die Annahme, der Beklagten komme im Erfolgsfalle allenfalls eine Provision in Höhe des Agios zu. Die Revisionserwiderung zeigt im Übrigen auch keinen Sachvortrag des Klägers auf, wonach er selbst aus dem Verhalten der Beklagten einen solchen Schluss gezogen habe.

2. Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich mit den weiter geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen und den Einwendungen der Beklagten auseinanderzusetzen haben, wozu Stellung zu nehmen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keinen Anlass hat.

Schlick Herrmann Wöstmann Hucke Seiters Vorinstanzen: LG Dortmund, Entscheidung vom 23.02.2011 - 2 O 518/09 OLG Hamm, Entscheidung vom 22.11.2011 - I-34 U 49/11 -

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