III ZR 81/21
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES III ZR 81/21 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 14. April 2022 Anker Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2022:140422UIIIZR81.21.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2022 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter Dr. Remmert, die Richterin Dr. Arend sowie die Richter Dr. Kessen und Dr. Herr für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 27. Mai 2021 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen Tatbestand Der Kläger macht Vergütungsansprüche aus einem Vertrag über Sicherheitsdienstleistungen geltend.
Auf das Angebot des Klägers vom 7. Januar 2016, das auf der Grundlage unter anderem der - vom Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen verwendeten - Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Ausführung von Überwachungsleistungen (EVB Bewachung) erstellt wurde, beauftragte der Beklagte den Kläger am 26. August 2016 - zunächst für die Zeit vom 1. April 2016 bis zum 31. Dezember 2017 - mit Sicherheitsdienstleistungen im Hinblick auf eine Liegenschaft in C.
. Der mehrfach verlängerte Vertrag lief am 31. Dezember 2020 aus.
Die vom Beklagten geschuldeten Stundensätze wurden gemäß Nummer 3.1 EVB Bewachung während der Vertragslaufzeit zum 1. März 2018 und 1. Januar 2019 entsprechend der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns angepasst. Nummern 3.1 und 3.2 EVB Bewachung lauten wie folgt:
"3. Vergütung/Lohngleitklausel 3.1. Der vertraglich vereinbarte Preis ist ausschließlich der Umsatzsteuer für das erste Vertragsjahr ein fester Preis. Nach Ablauf von 12 Monaten können ausschließlich Mindestlohnänderungen nach dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) geltend gemacht werden. Diese Regelungen umfassen: - die Änderungen des allgemeinen Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 MiLoG, - die Änderungen eines festgesetzten Branchenmindestlohns oder eines allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages nach § 1 Abs. 3 MiLoG oder - die Änderungen eines tariflichen Mindestlohns, der unter die Übergangsregelung des § 24 MiLoG fällt. Die Anpassung der Vergütung erfolgt nach der Lohngleitklausel gemäß Ziffer 3.3. Weitere Preisänderungen innerhalb der Gesamtlaufzeit des Vertrages sind nicht zulässig. 3.2. Berechtigt verlangte Vergütungserhöhungen treten im Folgemonat nach Anzeige der Änderung durch den Auftragnehmer in Kraft, jedoch frühestens zu dem Zeitpunkt, zu dem die neuen Löhne gemäß Ziffer 3.1 gelten." Am 20. Juni 2019 erklärte der Beklagte den Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen vom 13. November 2018 für allgemeinverbindlich und veröffentlichte die AIIgemeinverbindlichkeitserklärung am 22. Juli 2019 im Bundesanzeiger. Durch den Tarifvertrag wurde der Mindesttariflohn auf 10 € pro Stunde heraufgesetzt zuzüglich einer weiteren Erhöhung um 0,50 € pro Stunde für waffentragende Sicherheitsleute. Auch der Kläger ist von diesem Tarifvertrag erfasst.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2019 forderte er von dem Beklagten, die vertraglich geschuldeten Stundenlöhne rückwirkend zum 7. März 2019 anzuheben. Nachdem der Beklagte dies zurückgewiesen hatte, stellte ihm der Kläger für die Monate August bis November 2019 den Differenzbetrag von 7.695,49 € zwischen der bisherigen und der für allgemeinverbindlich erklärten tariflichen Entlohnung in Rechnung.
Der Kläger vertritt die Auffassung, er könne aufgrund Nummer 3.1 EVB Bewachung eine Anpassung der vertraglich geschuldeten Vergütung gemäß dem Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen vom
13. November 2018 verlangen.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 7.695,49 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage wegen weitergehender vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen.
Entscheidungsgründe 6 Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe dem Kläger zu Unrecht eine Mehrvergütung von 7.695,49 € zugesprochen. Es habe zunächst zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen, unter denen Ziffer 3 EVB Bewachung eine Anpassung der vom Beklagten geschuldeten Vergütung ermögliche, nicht vorlägen. Dem Anpassungsverlangen des Klägers liege keine Änderung des allgemeinen Mindestlohns zugrunde, welcher nach Ziffer 3.1 Satz 3,
Spiegelstrich 1 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 2 MiLoG eine Erhöhung der Vergütung für die vom Kläger erbrachten Bewachungsdienstleistungen rechtfertigen könne. Ziffer 3.1 Satz 3, Spiegelstrich 2 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG sowie § 5 Abs. 1 TVG, § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 5 und § 6 Abs. 2 AEntG sei nicht einschlägig, da von diesen Regelungen lediglich Tarifverträge für das Bauhauptoder das Baunebengewerbe erfasst seien. Ziffer 3.1 Satz 3, Spiegelstrich 2 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 MiLoG und § 3a AÜG sei nicht anwendbar,
da weder eine Rechtsverordnung vorliege noch bundesweite tarifliche Mindeststundenentgelte im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung festgelegt worden seien. Auch Ziffer 3.1 Satz 3, Spiegelstrich 2 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 MiLoG aF sowie § 3 Satz 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 4 und § 5 Nr. 1 AEntG vermöge das Begehren des Klägers nicht zu tragen, da es sich bei dem Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen vom 13. November 2018 nicht um einen bundesweiten Tarifvertrag handele. Ebenso wenig finde das Anpassungsbegehren des Klägers eine Grundlage in Ziffer 3.1 Satz 3, Spiegelstrich EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 MiLoG sowie § 3 Satz 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 5 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 AEntG, da für das Bewachungsgewerbe keine Rechtsverordnung erlassen worden sei. Schließlich vermöge auch Ziffer 3.1 Satz 3, Spiegelstrich 3 EVB Bewachung eine Vergütungsanpassung nicht zu rechtfertigen, da die in Bezug genommene Übergangsregelung in § 24 MiLoG mit Ablauf des 31. Dezember 2017 außer Kraft getreten sei.
Dieses Ergebnis lasse sich auch nicht unter Anwendung der Auslegungsgrundsätze von Allgemeinen Geschäftsbedingungen "korrigieren". Bei den EVB Bewachung handele es sich zwar um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff BGB. Ziffer 3.1 EVB Bewachung stelle aber unmissverständlich klar, dass über die dort genannten Fälle hinaus keine weiteren Preisänderungen zulässig seien und nach Ablauf von zwölf Monaten ausschließlich Mindestlohnänderungen nach dem Mindestlohngesetz geltend gemacht werden könnten. Der "typische Vertragspartner" habe sich aufgrund der unmissverständlichen Formulierung der EVB Bewachung darüber im Klaren sein müssen, dass nur bei Mindestlohnänderungen nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 MiLoG eine Vergütungsanpassung möglich sein würde. Der am 20. Juni 2019 für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen vom 13. November 2018 falle nicht unter diese Vorschrift. Auch die Regel über die Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB sei angesichts der abschließenden Ausnahmeregelung unter Ziffer 3 EVB Bewachung unanwendbar.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf die von ihm begehrte erhöhte Vergütung.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass nach dem Wortlaut von Nummer 3.1 EVB Bewachung die dort in Satz 3 bestimmten Voraussetzungen einer Anpassung der zwischen den Parteien vereinbarten Vergütung nicht vorliegen.
a) Dies gilt zunächst für eine Anpassung der Vergütung nach Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 1 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 2 MiLoG (in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 [BGBl. I S. 1348]; künftig MiLoG aF), nach Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 MiLoG aF und § 3a AÜG und nach Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 3 EVB Bewachung i.V.m. § 24 MiLoG aF. Die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts werden von der Revision nicht angegriffen.
b) Eine Anpassung der Vergütung folgt auch im Übrigen nicht aus dem Wortlaut von Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 MiLoG aF. Mindestlohnänderungen nach dem in dieser Vorschrift in Bezug genommenen Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und den auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen liegen für den hier betroffenen Zeitraum nicht vor.
Nach § 3 Satz 1 AEntG (i.d.F. von Art. 2 des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11. Juli 2019 [BGBl. I S. 1066, 1073]; künftig AEntG aF) finden die Rechtsnormen eines bundesweiten Tarifvertrages unter den Voraussetzungen der §§ 4 bis 6 AEntG auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im räumlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zwingend Anwendung, wenn dieser als Tarifvertrag nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG (i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11. August 2014 aaO; künftig ebenfalls AEntG aF) für allgemeinverbindlich erklärt ist oder eine Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a AEntG (i.d.F. des Gesetzes vom 11. August 2014 aaO) vorliegt. Bei dem Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen vom 13. November 2018, auf den der Kläger sich beruft, handelt es sich indes - wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt - bereits nicht um einen bundesweiten Vertrag im Sinne von § 3 Satz 1 AEntG aF. Zudem handelt es sich bei dem vorgenannten Tarifvertrag - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat - nicht um einen solchen, hinsichtlich dessen eine Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a AEntG aF erlassen wurde.
c) Eine Anpassung der Vergütung folgt entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus dem Wortlaut von Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF. Ein - in § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF genannter - auf der Grundlage von § 5 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 sowie §§ 5 und 6 Abs. 2 AEntG aF liegt nicht vor.
aa) Tarifverträge im Sinne des - in § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF in Bezug genommenen - § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF sind solche des Bauhaupt- und Baunebengewerbes, nicht hingegen solche für Sicherheitsdienstleistungen. Letztere werden in § 4 Abs. 1 Nr. 4 AEntG aF genannt. Diese Norm wird indes in § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF nicht in Bezug genommen.
bb) Die - ebenfalls in § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF in Bezug genommene Vorschrift des § 5 AEntG aF bestimmt, welche Regelungen Gegenstand eines Tarifvertrages sein können. Hierdurch wird der durch § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF auf Tarifverträge des Bauhaupt- und Baunebengewerbes beschränkte sachliche Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF nicht erweitert.
cc) Gleiches gilt für die in § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF in Bezug genommene Norm des § 6 Abs. 2 AEntG (i.d.F. des Gesetzes vom 11. Juli 2019 aaO), die allein Tarifverträge nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF und damit ebenfalls nur solche des Bauhaupt- und Baunebengewerbes betrifft.
Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, von den Regelungen des § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF sowie der § 5 Abs. 1 TVG, § 4 Abs. 1 Nr. 1, §§ 5, 6 Abs. 2 AEntG (letztere i.d.F. des Gesetzes vom 11. Juli 2019 aaO) würden lediglich Tarifverträge für das Bauhaupt- oder das Baunebengewerbe erfasst, trifft dies nach alledem zu (so auch Greiner in BeckOK Arbeitsrecht, § 1 MiLoG Rn. 83 [01.12.2021]; Däubler in Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 4. Aufl., § 1 MiLoG [aF] Rn. 27).
2. Eine Auslegung von Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung führt zu keinem anderen Ergebnis.
a) Nach den zutreffenden, von den Parteien im Revisionsverfahren nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei den EVB Bewachung um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen (stRspr; zB Senat, Urteil vom 5. November 2020 - III ZR 156/19, WM 2022, 481 Rn. 13 mwN). Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist dabei in erster Linie ihr Wortlaut (Senat aaO mwN). Verständnismöglichkeiten, die theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und nicht ernstlich in Betracht kommen, bleiben außer Betracht (Senat aaO mwN). Die Auslegung inländischer Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in der Revisionsinstanz uneingeschränkt nachprüfbar (stRspr; zB Senat aaO mwN; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 305c Rn. 20).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung entgegen der Auffassung der Revision nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch ein (nicht bundesweit geltender) für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen zu einer Vergütungsanpassung führt. Denn eine solche Auslegung lässt bereits der eindeutige Wortlaut der vorgenannten Klausel, der nach den vorstehenden Ausführungen den Ansatzpunkt für die gebotene objektive Auslegung bildet, nicht zu. Er ist - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - unmissverständlich in dem Sinne, dass er nur eine tarifliche Mindestlohnänderung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF iVm § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF, also eine solche im Bauhaupt- oder Baunebengewerbe, betrifft.
aa) Soweit die Revision meint, bei einem solchen Verständnis von Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung verbleibe für die dortige Bezugnahme auf § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG kein Anwendungsbereich, trifft dies nicht zu. Zwar betreffen - wie ausgeführt - auf der Grundlage von § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF nicht Sicherheitsdienstleistungen, sondern das Bauhaupt- und Baunebengewerbe. Den Vertragsparteien stand es jedoch frei, eine Vergütungsanpassung nicht an Erhöhungen des tariflichen Mindestlohns in dem - vorliegend betroffenen - Bereich der Sicherheitsdienstleistungen zu koppeln, sondern stattdessen an Erhöhungen des tariflichen Mindestlohns in einem anderen Bereich wie dem Bauhaupt- und Baunebengewerbe. In diesem Fall liefe die Bezugnahme auf § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF in Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung nicht leer.
bb) Selbst wenn indes - entgegen den vorstehenden Ausführungen - die Bezugnahme auf § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF in Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung inhaltsleer wäre, führte dies zu keinen Zweifeln bei der Auslegung der Klausel. Insbesondere ist der Anwendungsbereich der Unklarheitenregel im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB nicht eröffnet. Voraussetzung hierfür ist, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (Senat, Urteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310 Rn. 14; BGH, Urteil vom 14. Juni 2017 - IV ZR 161/16, NJW-RR 2017, 992 Rn. 12; Grüneberg/Grüneberg aaO § 305c Rn. 15; jew. mwN). Bei einem eindeutigen Wortlaut einer Klausel ist für eine Auslegung kein Raum (MüKo/Basedow, BGB, 8. Aufl., § 305c Rn. 45; Bonin in BeckOGK/BGB, § 305c Fn. 432 [01.12.2021]; H. Schmidt in BeckOK/BGB, § 305c Rn. 46 [01.02.2022]; jew. mwN).
Vorliegend bestünden zwar erhebliche Zweifel daran, ob eine sich - wie nicht (s.o.) - aus ihrem Wortlaut ergebende Inhaltsleere der Klausel von dem Beklagten als Klauselverwender und den Parteien bei Vertragsschluss gewollt gewesen wäre. Indes ist in Anbetracht des eindeutigen und unmissverständlichen Wortlauts der Klausel, der über die Bezugnahme auf § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG ausschließlich die dort genannten Tarifverträge für das Bauhaupt- und Baunebengewerbe im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF betrifft, keine andere als die vom Berufungsgericht vorgenommene, am Wortlaut orientierte Auslegung rechtlich vertretbar. Dies gilt insbesondere für eine Auslegung dahingehend, dass von Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung alle für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge erfasst werden, das heißt auch solche für Sicherheitsdienstleistungen. Letztere werden in § 4 Abs. 1 Nr. 4 AEntG aF aufgeführt.
Angesichts der ausdrücklichen und nicht zu übersehenden Nennung ausschließlich von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF, nicht hingegen von § 4 Abs. 1 Nr. 4 AEntG aF in der - in Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung in Bezug genommenen - Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF ist eine solche Auslegung nicht möglich. Die Klausel weist bei objektiver Auslegung einen klaren und einheitlichen Inhalt auf. Für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB verbleibt mithin kein Raum (vgl. Grüneberg/Grüneberg aaO mwN).
3. Ein anderes Ergebnis kann auch nicht mittels einer ergänzenden Vertragsauslegung gewonnen werden.
a) Die Revision befürwortet eine ergänzende Vertragsauslegung, sofern die Preisanpassung aufgrund eines nur für den Geltungsbereich eines Bundeslandes für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags für Sicherheitsdienstleistungen im Rahmen des Wortlauts und der Auslegung von Nummer 3 EVB Bewachung nicht zu berücksichtigen sein sollte. Dabei übersieht sie, dass Nummer 3.1 Satz 3 EVB Bewachung, soweit dort (in Spiegelstrich 2) - im Wege der Bezugnahme auf § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG - auf für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge verwiesen wird, keine Einschränkung auf bundesweite Tarifverträge enthält, sondern dort auch nur für ein Bundesland geltende, für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge erfasst werden.
b) Die Frage einer ergänzenden Vertragsauslegung stellt sich dagegen im Hinblick darauf, dass von dem Verweis in Nummer 3.1 Satz 3 Spiegelstrich 2 EVB Bewachung auf § 1 Abs. 3 Satz 2 MiLoG aF - wie ausgeführt - Tarifverträge für Sicherheitsdienstleistungen nicht erfasst werden.
aa) Auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist grundsätzlich eine ergänzende Auslegung möglich (BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 Rn. 34; Grüneberg/Grüneberg aaO § 305c Rn. 17; jew. mwN). Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertrag unter Zugrundelegung des Regelungskonzepts der Parteien eine Lücke aufweist, die geschlossen werden muss, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen (zB BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 aaO Rn. 35; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 157 Rn. 3; jew. mwN). Dabei ist allerdings der Parteiwille zu beachten. Eine ergänzende Vertragsauslegung ist daher ausgeschlossen, wenn die Parteien über den (scheinbar) regelungsbedürftigen Punkt bewusst eine abschließende Regelung getroffen haben (BGH, Urteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84, NJW 1985, 1835, 1836; Grüneberg/Ellenberger aaO Rn. 8; Wendtland in BeckOK/BGB, § 157 Rn. 37 [01.02.2022]; jew. mwN).
bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung mit dem vorgenannten Inhalt nicht gegeben.
Auf der Grundlage der von den Parteien in Nummer 3.1 Satz 3 EVB Bewachung getroffenen Vereinbarung kann bereits nicht festgestellt werden, dass das dort niedergelegte Regelungskonzept eine Lücke aufweist. In der Klausel werden mehrere Tatbestände aufgezählt, die einen Anspruch des Klägers auf Anpassung der vom Beklagten geschuldeten Vergütung begründen. Neben diesen Tatbeständen sind zwar weitere denkbar, die in der Klausel nicht genannt werden, so etwa auch eine Erhöhung des Mindestlohns nach einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen. Allein die fehlende Einbeziehung dieses oder anderer Tatbestände in Nummer 3.1 Satz 3 EVB Bewachung bedeutet jedoch nicht, dass insofern eine (ergänzungsbedürftige) Lücke vorliegt. Vielmehr kommt auch in Betracht, dass die Parteien bewusst auf eine solche Einbeziehung verzichten und etwa statt auf eine Erhöhung des tariflichen Mindestlohns für Sicherheitsdienstleistungen auf eine Erhöhung des tariflichen Mindestlohns in einer anderen Branche - wie dem Bauhaupt- und Baunebengewerbe im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF - abstellen wollten.
Zudem haben die Parteien bewusst eine abschließende Regelung getroffen. Nummer 3.1 Satz 5 EVB Bewachung bestimmt, dass weitere Preisänderungen innerhalb der Gesamtlaufzeit des Vertrages nicht zulässig sind. Damit haben die Parteien in Kenntnis dessen, dass es jenseits der von ihnen ausdrücklich genannten auch weitere Sachverhalte gibt, an die eine Vergütungsanpassung anknüpfen könnte, solche als Anpassungsgrund ausgeschlossen und den Kreis der Anpassungsgründe abschließend geregelt. Diesem Regelungskonzept würde es widersprechen, wenn den in Nummer 3.1 Satz 3 EVB Bewachung aufgezählten Anpassungstatbeständen im Wege der ergänzenden Auslegung ein weiterer hinzugefügt würde, der in dem Wortlaut der Klausel keine Grundlage findet.
4. Der Kläger kann eine Vergütungsanpassung auch nicht gemäß § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage verlangen.
Insoweit kann nach den vorstehenden Ausführungen und auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die Berücksichtigung eines Mindestlohns, der in einem Sicherheitsdienstleistungen betreffenden, für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag bestimmt ist, Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags geworden ist. Dementsprechend kann auch nicht die schwerwiegende Störung einer solchen Geschäftsgrundlage festgestellt werden. Darüber hinaus sind die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung und damit die Geschäftsgrundlage (vgl. BGH, Urteile vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 18 und vom 15. April 2016 - V ZR 42/15, NJW 2016, 3100 Rn. 10; jew. mwN) noch nicht schwerwiegend gestört, wenn - wie von der Revision geltend gemacht einer Vertragspartei, hier dem Kläger durch die Erhöhung des tariflichen Mindestlohns für Sicherheitsdienstleistungen, bei der Erbringung der von ihm geschuldeten Leistung Mehrkosten von etwas mehr als 10 % entstehen (vgl. im Einzelnen zur Äquivalenzstörung Grüneberg/Grüneberg aaO § 313 Rn. 25, 19, 31 f mwN).
Offenbleiben kann daher, ob - wie das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen - schon Nummer 3.1 Satz 5 EVB Bewachung, wonach weitere Preisänderungen innerhalb der Gesamtlaufzeit des Vertrages nicht zulässig sind, einer Vergütungsanpassung nach 313 Abs. 1 BGB entgegensteht.
5. Schließlich kann der Kläger eine Vergütungsanpassung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) verlangen.
Zwar trifft es zu, dass der Beklagte mit der Erklärung des Tarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen vom 13. November 2018 für allgemeinverbindlich eine Ursache für die höheren Lohnkosten des Klägers gesetzt hat, der an diesen Tarifvertrag infolge der Allgemeinverbindlichkeitserklärung gebunden ist. Allein der Umstand, dass der Beklagte durch seine Tätigkeit als öffentlich-rechtliche Körperschaft auf vielfältige Art und Weise - etwa auch im Rahmen der Landesgesetzgebung - Kostenerhöhungen im Bereich seiner privatwirtschaftlichen Vertragspartner verursachen kann, begründet jedoch noch nicht eine auf Treu und Glauben beruhende Verpflichtung, einer solchen Kostenerhöhung durch eine entsprechende Anpassung der von ihm im Rahmen der jeweiligen Vertragsverhältnisse geschuldeten Vergütung Rechnung zu tragen. Das gilt auch, soweit der Beklagte gemäß § 5 Abs. 1, 6 und 7 TVG einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt, weil dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint.
Herrmann Remmert Arend Kessen Herr Vorinstanzen: LG Dresden, Entscheidung vom 11.12.2020 - 4 O 1334/20 OLG Dresden, Entscheidung vom 27.05.2021 - 10 U 37/21 -