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VIa ZR 119/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 119/21 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 20. November 2023 Bachmann Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2023:201123UVIAZR119.21.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2023 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges als Vorsitzende, die Richterin Möhring, die Richter Dr. Götz, Dr. Rensen und die Richterin Dr. Vogt-Beheim für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. Juli 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufungsanträge zu 1 und zu 2 betreffend eine deliktische Schädigung des Klägers durch das Inverkehrbringen des erworbenen Fahrzeugs zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb im September 2016 von der Beklagten einen Mercedes S 350 d zu einem Kaufpreis von 74.500 €. Das Fahrzeug verfügt nach dem Vortrag des Klägers über diverse Abschalteinrichtungen, unter anderem ein Thermofenster sowie eine Steuerung des SCR-Katalysators in Form des Wechsels zwischen zwei Betriebsarten.

Der Kläger hat die Beklagte wegen der behaupteten fehlerhaften Übereinstimmungsbescheinigung unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung, einer kaufrechtlichen Garantie sowie einer deliktischen Schädigung in Anspruch genommen. Er hat zuletzt die Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs sowie Zug um Zug gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung (Berufungsantrag zu 1), die Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Ersatz über den Antrag zu 1 hinausgehender Schäden aufgrund der Manipulation des Fahrzeugs (Berufungsantrag zu 2) sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Berufungsantrag zu 3) begehrt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge zu 1 und zu 2 weiter, soweit er sie auf eine deliktische Schädigung durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs stützt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

Es fehlten Anhaltspunkte für ein sittenwidriges vorsätzliches Verhalten der Beklagten im Sinne der §§ 826, 31 BGB. Dabei könne dahinstehen, ob es sich beim Thermofenster und der Steuerung des SCR-Katalysators mittels zweier Betriebsarten um unzulässige Abschalteinrichtungen handele, weil sie im Grundsatz im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiteten wie auf dem Prüfstand. Hinsichtlich der weiteren genannten Abschalteinrichtungen bestünden schon keine Anhaltspunkte für ihr Vorhandensein in dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV scheitere daran, dass es sich bei den Vorschriften der EG-FGV nicht um Gesetze zum Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts von Fahrzeugerwerbern handele.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 29 bis 32, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Das Berufungsurteil ist daher im tenorierten Umfang aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Das Berufungsgericht hat keine tragfähigen Feststellungen getroffen, auf deren Grundlage eine deliktische Haftung der Beklagten wegen einer jedenfalls fahrlässigen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verneint werden könnte. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259) die erforderlichen Feststellungen zu der - bislang offen gelassenen - Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EGFGV zu treffen haben.

Menges Rensen Möhring Vogt-Beheim Götz Vorinstanzen: LG Magdeburg, Entscheidung vom 25.02.2021 - 10 O 960/20 OLG Naumburg, Entscheidung vom 07.07.2021 - 5 U 41/21 -

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