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VII B 104/13

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 9.2.2015, VII B 104/13 Unterbrechung des Finanzgerichtsprozesses des auf Duldung der Zwangsvollstreckung Inanspruchgenommenen infolge der Eröffnung eines "Bankruptcy-Verfahrens" gegen den Steuerschuldner sowie hinreichende Bezeichnung des angefochtenen Urteils gemäß § 116 Abs. 2 Satz 2 FGO Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13. März 2013 10 K 2692/12 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand I. Die Beschwerde wendet sich gegen ein Urteil, mit dem die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen einen Duldungsbescheid abgewiesen worden ist.

Das Finanzgericht (FG) hat geurteilt, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) habe zu Recht die Klägerin wegen der Steuerschulden ihres Lebensgefährten in Anspruch genommen. Die Übertragung von Bezugsrechten seiner Lebensversicherungen sei im Streitfall gemäß § 4 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) anfechtbar gewesen.

Die Klägerin meint, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Außerdem beruhe das Urteil auf einem Verfahrensfehler, weil es zu einem Zeitpunkt ergangen sei, in dem das Verfahren gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG kraft Gesetzes unterbrochen gewesen sei. Das Court Office at … Court habe ausweislich der "Bankruptcy Order" vom 19. Dezember 2012 aufgrund eines Eigenantrags des Lebensgefährten der Klägerin ein Insolvenzverfahren nach englischem Recht über dessen Vermögen eröffnet, das erst im Dezember 2013 --nach Ergehen des finanzgerichtlichen Urteils aufgrund der mündlichen Verhandlung in der Sitzung vom 13. März 2013-- beendet worden sei.

Das FA hält die Nichtzulassungsbeschwerde für unzulässig.

Entscheidungsgründe II. Die Sache wird wegen eines Verfahrensfehlers an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Beschwerde ist --anders als das FA meint-- nicht unzulässig, weil in ihr das angefochtene Urteil nicht mit dem richtigen Aktenzeichen bezeichnet wurde.

Gemäß § 116 Abs. 2 Satz 2 FGO muss die Beschwerde das angefochtene Urteil bezeichnen. Dies erfordert konkrete Angaben, die es ermöglichen, die angefochtene gerichtliche Entscheidung ohne jeden Zweifel zu identifizieren. Zu fordern ist daher grundsätzlich die Angabe des FG, des Entscheidungsdatums sowie des Aktenzeichens. Ausreichend ist, wenn sich diese Angaben aus einer der Beschwerdeschrift beigefügten Abschrift der angefochtenen Entscheidung entnehmen lassen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. August 1991 1 BvR 630/91, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 3140; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Januar 2005 VII B 217/04, BFH/NV 2005, 1107). Wenn aufgrund der sonstigen erkennbaren Umstände für Gericht und Prozessgegner deutlich wird, welche Entscheidung angefochten werden soll, schadet hiernach nicht nur eine unvollständige, sondern auch eine fehlerhafte Bezeichnung nicht. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Rechtsmittelführer in der Beschwerdeschrift auf die beigefügte Kopie der angefochtenen Entscheidung verweist (vgl. BVerfG-Beschluss in NJW 1991, 3140).

Im Streitfall hat die Klägerin innerhalb der Frist für die Einlegung des Rechtsmittels (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO) den Verfahrensgegenstand insofern benannt, als sie FG, Klägerin und FA, Art der Entscheidung ("Urteil") und Entscheidungsdatum zutreffend benannt sowie das angegriffene Urteil in Telefax-Kopie beigefügt hat. Die Beschwerdeschrift enthält mit dem Satz _"Eine Abschrift des Urteils ist beigefügt."_ auch eine ausdrückliche Bezugnahme auf das in Kopie beiliegende Urteil. Bei der Angabe des unzutreffenden Aktenzeichens, das ein im Vorjahr geführtes Beschlussverfahren betraf, handelt es sich um ein offensichtliches Versehen im Sinne eines Verschreibens o.Ä., das unter den genannten Umständen keine Zweifel daran begründen konnte, dass die Beschwerde das kurz zuvor ergangene FG-Urteil --und nicht den Beschluss eines Verfahrens über Aussetzung der Vollziehung aus dem Vorjahr-- zum Gegenstand hat.

2. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil während der Dauer der Unterbrechung des Ausgangsverfahrens eine mündliche Verhandlung nicht hätte durchgeführt und ein Urteil nicht hätte ergehen dürfen. Auf die (fehlende) Kenntnis des FG von den die Unterbrechung hervorrufenden Umständen kommt es dabei nicht an.

Wie bereits mit Senatsentscheidung vom 29. März 1994 VII R 120/92 (BFHE 174, 295, BStBl II 1995, 225) entschieden, wird mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Schuldners das Verfahren über den Anfechtungsanspruch auch dann gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG (§ 13 Abs. 2 Satz 1 AnfG a.F.) unterbrochen, wenn die Finanzbehörde ihre Rechte nach dem AnfG durch Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 der Abgabenordung geltend gemacht hat. Dies gilt auch für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bzw. eines entsprechenden Verfahrens in einem anderen Staat der Europäischen Union, wie hier des "Bankruptcy-Verfahrens" in England und Wales, auf das die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren --EuInsVO-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 160/1) anwendbar ist. Gemäß Art. 15 EuInsVO gilt für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen anhängigen Rechtsstreit über einen Gegenstand oder ein Recht der Masse ausschließlich das Recht des Mitgliedsstaats, in dem der Rechtsstreit anhängig ist, hier also § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG. Entsprechend regelt auch § 352 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO), dass ein Rechtsstreit, der zur Zeit der Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anhängig ist und die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen wird.

Das Gericht darf in einem unterbrochenen Verfahren keine Prozesshandlungen vornehmen. Ein dennoch erlassenes Urteil ist ohne rechtliche Wirkung. Der Anfechtungsgegner kann in diesem Fall die Unwirksamkeit des Urteils --ggf. auch während der Unterbrechung des Verfahrens und vor Abschluss des Konkursverfahrens-- im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision geltend machen (vgl. bereits Senatsentscheidung in BFHE 174, 295, BStBl II 1995, 225); es ist klarstellend aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Dies gilt auch im vorliegenden Verfahren. Es ist unstreitig und ergibt sich auch aus den vorgelegten Unterlagen, dass über den Duldungsbescheid verhandelt und entschieden wurde, während über das Vermögen des Lebensgefährten der Klägerin ein Insolvenzverfahren nach englischem Recht durchgeführt wurde. Nach den dargestellten Grundsätzen war das Verfahren über den Anfechtungsanspruch gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG i.V.m. Art. 15 EuInsVO und § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Lebensgefährten der Klägerin unterbrochen. Das dennoch ergangene Urteil ist klarstellend aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

3. Dem FG wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).

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