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4 Ni 41/12 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 41/12 (EP) (Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am 3. Juni 2014

…

In der Patentnichtigkeitssache

…

BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 0 884 034 (DE 598 07 695)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 03. Juni 2014 durch den Vorsitzenden Richter Engels sowie die Richterin Kopacek, die Richter Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller, Dipl.-Ing. Veit und Dipl.-Ing. Univ. Schmidt-Bilkenroth für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 0 884 034 wird im Umfang der Patentansprüche 1 bis 7, 10 und 11 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 884 034 (Streitpatent), das am 17. April 1998 unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Gebrauchsmusters 297 07 416 U vom 24. April 1997 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 598 07 695 geführt. Es betrifft einen federelastischen Fußeinsatz für einen Kunstfuß mit zumindest einer Blattfeder und umfasst 13 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 bis 7 sowie 10 und 11 angegriffen sind.

Patentanspruch 1 lautet:

Wegen der weiteren angegriffenen rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 sowie der auf Patentanspruch 4 rückbezogenen Ansprüche 10 und 11 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 884 034 B1 Bezug genommen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage greift die Klägerin das Streitpatent in Bezug auf die Ansprüche 1 bis 7, 10 und 11 mit den Nichtigkeitsgründen der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung, der mangelnden Ausführbarkeit und der fehlenden Patentfähigkeit an. Sie beruft sich auf folgende Schriften: D1 WO 95/08967 A1 D2 US 5 387 246 D3 DE 42 05 900 A1 D4 US 5 217 500 D5 US 4 959 073 D6 DE 1 208 559 A D7 deutsche Übersetzung der D1 D8 deutsche Übersetzung der D4 D9 US 5 549 711 (Patentschrift zur Prio-Anmeldung der D1) D11 DE 88 04 228 U1 D13 US 5 258 039 Insbesondere macht die Klägerin geltend, der Begriff „momentenstarr“ sei dem Durchschnittsfachmann nicht aufgrund seines allgemeinen Fachwissens bekannt. Es sei der Offenbarung des Streitpatents nicht zu entnehmen, wie eine im Patentanspruch 1 geforderte momentenstarre Ausbildung erreicht werden könne und genau beschaffen sei. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht neu gegenüber der D1, der D2, der D3 und der D4. Er beanspruche auch eine einstückige Ausbildung, die aus mehreren Blattfederelementen bestehen könne, wie sie auch die D1 zeige. Bei der D1 sei außerdem jedenfalls eine Momentenstarre im Hinblick auf ein Verdrehen um die Fußlängsachse ausgeschlossen. Die D1 zeige mit dem Verfüllmaterial auch einen Abstandshalter. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei zudem nicht erfinderisch gegenüber einer Kombination der D5 und der D6 und gegenüber der D2. Die angegriffenen Unteransprüche enthielten nichts gesondert Patentbegründendes. Auch nach den von der Beklagten mit den Hilfsanträgen 1 bis 9 jeweilig verteidigten Fassungen, die bereits wegen der enthaltenen unzulässigen Erweiterungen i.S.v. Art. 123 Abs. 2 EPÜ unzulässig seien, sei kein patentfähiger Gegenstand begründet.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 884 034 B1 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 bis 7, 10 und 11 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Patent mit den Hilfsanträgen 1 bis 9 aus dem Schriftsatz vom 07.04.2014 verteidigt wird, mit den in der mündlichen Verhandlung am 03.06.2014 zu Protokoll gegebenen Änderungen.

Die Patentinhaberin ist der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents sei sowohl nach dem in der ursprünglich erteilten Fassung des Hauptantrags als auch nach den zulässigen Hilfsanträgen 1 bis 9 für patentfähig zu erachten. Auch die Ausführbarkeit des Patentgegenstandes sei gegeben. Für den Fachmann sei es kein Problem, eine momentenstarre Verbindung zwischen zwei Blattfederelementen zu erzeugen. Derartige Verbindungen seien ihm bekannt. Der Patentanspruch 1 des Streitpatents sei neu gegenüber der D1, da Unterschiede sowohl in der Funktion als auch in der Konstruktion bestünden. Insbesondere seien in der D1 keine Blattfederelemente im Sinne des Streitpatents zu sehen. Die D1 sei insgesamt auf die Verformung der ganzen Struktur angelegt, während diese beim Streitpatent für den Bereich der Verbindungsstellen gelehrt werde.

Durch das Auffüllen mit dem Verfüllmaterial weise die D1 nicht das Merkmal 5 auf, da kein lichter Abstand iSd Streitpatents bestehe. Der Gegenstand der D2 betreffe keinen federelastischen Fußeinsatz für einen Kunstfuß, sondern sei ausschließlich für die Anpassung an eine Skibindung vorgesehen und weise auch noch weitere Unterschiede zum Streitpatent auf. Auch die D3 zeige nicht alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents. Die D4 betreffe keinen federelastischen Fußeinsatz, sondern einen sog. Pylon. Der Fachmann habe auch keinerlei Veranlassung, die D5 mit der D6 zu kombinieren.

Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet. Auf den Hinweis vom 27.02.2014 wird Bezug genommen (Bl. 188 ff. d.A.).

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 03.06.2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe Die zulässige Klage, mit der die in Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 IntPatÜG, Art.138 Absatz 1 lit. a), b) und c) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Art. 56 EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit, der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht werden, erweist sich als begründet. Dies führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents im antragsgemäßen Umfang.

I.

1. Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung betrifft das Streitpatent einen federelastischen Fußeinsatz für einen Kunstfuß mit zumindest einer Blattfeder (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0001]).

Wie in der Beschreibungseinleitung weiter ausgeführt ist, sind im Stand der Technik federelastische Fußeinsätze mit Blattfedern bekannt. Die dort eingesetzten Blattfedern, die aus Carboncomposit, aus Titan oder anderen geeigneten Materialen gefertigt sein könnten, seien einer außerordentlich hohen Belastung ausgesetzt. Die funktionell erforderliche Verformung führe zu hohen Spannungen, zu deren Aufnahme die Dauerfestigkeit der verwendeten Blattfedern häufig nicht ausreiche (vgl. Abs. [0002]).

2. Die Patentschrift bezeichnet es in Abs. [0003] als Aufgabe der Erfindung, die Strukturfestigkeit der in federelastischen Fußeinsätzen verwendeten Blattfedern zu erhöhen.

3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 vor (Merkmalsgliederung hinzugefügt):

M1 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, M2 mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), M3 wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, M4 die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B)

miteinander verbunden sind und M5 zwischen diesen beiden Endbereichen einen lichten Abstand (7)

voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass M6 die Verbindung in zumindest einem der beiden Endbereiche (A, B)

momentenstarr ausgebildet ist.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 1 (Merkmalsgliederung hinzugefügt, Änderungen in Fettdruck) verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, M2 mit zumindest einer Blattfeder (2, 3),

M3 M4 M5‘ M6a wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B) miteinander verbunden sind und zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet ist.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 M2 M3 M4 M5‘

M6a M7 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B) miteinander verbunden sind und zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet ist und eine Blattfeder (3) aus zwei Blattfederelementen (9, 10) besteht, die angenähert parallel zueinander verlaufen.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 3 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, M2 mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), M3 wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, M4 die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B)

miteinander verbunden sind und M5‘

M6a M6b M7‘

zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet ist, die eine Blattfeder (3) als Vorfußfeder ausgebildet ist und aus zwei Blattfederelementen (9, 10) besteht, die angenähert parallel zueinander verlaufen.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 4 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 M2 M3 M4 M5‘

M6a M8 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B) miteinander verbunden sind und zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet und zumindest in einem der beiden Endbereiche (A, B) zwischen den beiden Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) ein Abstandshalter (8) vorgesehen ist.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 5 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, M2 mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), M3 wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, M4 die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B)

miteinander verbunden sind und M5‘ M6a M8a zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet und in beiden Endbereichen (A, B) zwischen den beiden Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) jeweils ein Abstandshalter (8) vorgesehen ist.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 6 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 M2 M3 M4 M5‘

M6a M7 M8a Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B) miteinander verbunden sind und zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet, eine Blattfeder (3) aus zwei Blattfederelementen (9, 10) besteht, die angenähert parallel zueinander verlaufen und in beiden Endbereichen (A, B) zwischen den beiden Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) jeweils ein Abstandshalter (8) vorgesehen ist.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 7 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, M2 mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), M3 wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht,

M4 M5‘ M6a M6b M7‘ M8a die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B) miteinander verbunden sind und zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet ist, die eine Blattfeder (3) als Vorfußfeder ausgebildet ist und aus zwei Blattfederelementen (9, 10) besteht, die angenähert parallel zueinander verlaufen und in beiden Endbereichen (A, B) zwischen den beiden Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) jeweils ein Abstandshalter (8) vorgesehen ist.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 8 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 M2 M3 M4 M5‘

M6a M6b M7‘

M9 Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B) miteinander verbunden sind und zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet ist, die eine Blattfeder (3) als Vorfußfeder ausgebildet ist und aus zwei Blattfederelementen (9, 10) besteht, die angenähert parallel zueinander verlaufen und eine C-förmig ausgebildete Fersenfeder (2) mit ihrem oberen Schenkel unter dem hinteren Endbereich (B) der Vorfußfeder (3) verbunden ist.

Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 9 verteidigten Fassung lautet gegliedert:

M1 M2 M3 M4 M5‘

M6a M6b M7‘

M9 M8a Federelastischer Fußeinsatz für einen Kunstfuß, mit zumindest einer Blattfeder (2, 3), wobei die zumindest eine Blattfeder (2, 3) aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) besteht, die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (A, B) miteinander verbunden sind und zwischen den beiden Endbereichen (A, B) einen lichten Abstand (7) voneinander aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung in beiden Endbereichen (A, B) momentenstarr ausgebildet ist, die eine Blattfeder (3) als Vorfußfeder ausgebildet ist und aus zwei Blattfederelementen (9, 10) besteht, die angenähert parallel zueinander verlaufen und eine C-förmig ausgebildete Fersenfeder (2) mit ihrem oberen Schenkel unter dem hinteren Endbereich (B) der Vorfußfeder (3) verbunden ist und in beiden Endbereichen (A, B) zwischen den beiden Blattfederelementen (5, 6; 9, 10) jeweils ein Abstandshalter (8) vorgesehen ist.

Bezüglich der jeweiligen Unteransprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

4. Als zuständigen, zur objektiven Problemlösung berufenen Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Medizintechnik mit Berufserfahrung in der Entwicklung von Bein- bzw. Fußprothesen.

5. Nach dessen maßgeblichem Verständnis und einer am Gesamtzusammenhang orientierenden Betrachtung (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 18. November 2010, Xa ZR 149/07, GRUR 2011, 129 – Fentanyl-TTS; Urt. v. 3. Juni 2004, X ZR 82/03 = GRUR 2004, 845 – Drehzahlermittlung, m. w. N.) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs ist und welchen technischen Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt (BGH, Urt. v. 12. März 2002, X ZR 168/00 = GRUR 2002, 515, 517 – Schneidmesser I, m. w. N.). Der Senat legt danach den geltenden Patentansprüchen folgendes Verständnis zu Grunde:

Merkmal M1: der Begriff „federelastisch“ ist im Streitpatent nicht näher definiert. Als Feder werden in der Technik allgemein Bauteile bezeichnet, die unter Belastung nachgeben und nach Entlastung in die ursprüngliche Gestalt zurückkehren, sich also elastisch rückstellend verhalten (http://de.wikipedia.org/wiki/Feder_(Technik)). In diesem Sinne ist der Begriff „federelastisch“ als elastisch wie eine Feder, bspw. eine Biegefeder, auszulegen. Kunstfüße sind Prothesen für Patienten, bei denen der Fuß oder Teile des Beins amputiert sind. Die Zweckangabe „für einen Kunstfuß“ sagt aus, dass der federelastische Fußeinsatz für einen Kunstfuß geeignet ausgebildet sein muss (zu Zweckangaben siehe z.B.: Senat, Urt. v. 20.11.2012, 4 Ni 36/10).

Merkmale M2-M4: Blattfedern sind Biegefedern, die meist aus einem flachen rechteckigen Blatt, bspw. aus Federstahl oder anderen elastischen Werkstoffen, bestehen. Oft werden mehrere gleich breite Blätter (Federlagen) mit verschiedenen Längen und Vorspannungen verwendet, die übereinander zu einem Federpaket geschichtet sind, das durch einen gemeinsamen Herzbolzen und Federklemmen zusammengehalten wird (http://de.wikipedia.org/wiki/Feder_(Technik) Blattfeder). Die Streitpatentschrift unterscheidet zwischen der Blattfeder 2 als Vorfußfeder, wie sie Figur 3 zeigt, und der Blattfeder 3, einer C-förmig ausgebildeten Fersenfeder wie sie insbesondere Figur 2 zeigt. Die in M3 und M4 genannten Blattfederelemente bilden ein solches Federpaket, dessen Elemente an ihrem jeweiligen Ende miteinander verbunden sind. Dabei umfasst die Lehre des Streitpatents nach Anspruch 1 auch eine einstückige Ausbildung des Federpakets.

Unter der Angabe „parallel geschaltet“ in M3 ist zu verstehen, dass die Blattfederelemente an mindestens zwei getrennten Stellen aneinander anliegen oder miteinander verbunden sind. Die Art der Verbindung ist im Merkmal M4 nicht näher definiert. Es ist insbesondere keine Festlegung auf eine völlig starre Verbindung oder unmittelbare Verbindung angegeben. Merkmal M5: die Blattfederelemente sollen abgesehen von ihren jeweiligen miteinander verbundenen Enden einen lichten Abstand voneinander aufweisen. Als lichter Abstand wird gewöhnlich der Abstand zwischen zwei Gegenständen mit einem dazwischen liegendem freien Raum angesehen (bspw. der Abstand der gegenüberliegenden Wände in einem Schacht). Nach dem Verständnis des Streitpatents kann dieser lichte Bereich jedoch auch von einem Druckpuffer 11 ausgefüllt sein (vgl. Anspruch 3, Fig. 3, Abs. [0008]).

Merkmal M6/M6a: der Begriff „momentenstarr“ ist im Patent nicht näher definiert. Gemäß der Patentbeschreibung (Abs. [0016]) sollen die in Figur 3 gezeigten Blattfederelemente 9, 10 der Vorfußfeder 3 in ihren beiden Endbereichen A, B momentenstarr miteinander verbunden sein. Die Art dieser Verbindung ist im Patent nicht näher erläutert (vgl. die Ausführungen zum Merkmal M4). Bei der in der Figur 3 gezeigten Ausführungsform sind die Blattfederelemente 9, 10 bspw. im hinteren Endbereich B über einen Abstandshalter 8 miteinander verbunden,

während die Elemente im vorderen Endbereich A unmittelbar miteinander verbunden sind. Den genauen Aufbau der Verbindung lässt das Patent offen.

Der beanspruchte federelastische Fußeinsatz soll die im Patent angegebene Aufgabe lösen, die Strukturfestigkeit der in federelastischen Fußeinsätzen verwendeten Blattfedern zu erhöhen. Hierzu ist u.a. vorgesehen, dass die Verbindung der Blattfederelemente in zumindest einem der beiden Endbereiche momentenstarr ausgebildet ist. Ein solcher federelastischer Fußeinsatz muss sich an den allgemein bekannten anatomischen Gegebenheiten orientieren und dabei den orthopädischen Erfordernissen gerecht werden. Für einen stabilen Stand eines Patienten ist bspw. eine ausreichende Steifigkeit und Stabilität des Fußeinsatzes erforderlich. Eine weiche Abrollbewegung hingegen erfordert eine gewisse Elastizität.

Unter Berücksichtigung dieser dem Fachmann allgemein bekannten Anforderungen ist der Begriff „momentenstarr“ aus Sicht des Fachmanns so zu verstehen, dass die Verbindung geeignet ist, Drehmomente in die Richtungen zu übertragen, auf die es funktional ankommt. Bspw. muss über die jeweilige Verbindungsstelle der beiden Blattfederelemente 9, 10 ein Drehmoment zumindest in vertikaler Richtung übertragen werden können, um eine federelastische Abrollbewegung des Fußes eines Patienten zu ermöglichen. Dazu ist es nicht erforderlich, dass die Blattfederelemente völlig starr miteinander verbunden sind.

Merkmal M7/M7‘: ein angenähert paralleler Verlauf von Blattfederelementen ist im Patent für die Elemente 5, 6 der C-Feder 2 beschrieben (Abs. [0015] iVm. Fig. 2). Die in Figur 2 gezeigte C-Feder 2 weist in beiden Endbereichen A, B jeweils einen Abstandshalter 8 auf, so dass sich im dazwischen liegenden Bereich ein nahezu gleichbleibender lichter Abstand 7 zwischen den Federelementen ergibt. Daraus resultiert ein angenähert paralleler Verlauf der beiden Federelemente 5, 6.

Die in der Figur 3 gezeigte Vorfußfeder 3 hingegen setzt sich aus zwei parallel geschalteten Blattfederelementen 9, 10 zusammen, die lediglich nebeneinander angeordnet sind und einen lichten Abstand 7 voneinander aufweisen, nicht aber angenähert parallel verlaufen. In diesen lichten Abstand ist ein Druckpuffer 11 eingesetzt. Wie der Figur 3 zu entnehmen ist, ergibt sich dadurch über den Verlauf der Federelemente 9, 10 ein deutlich variierender Abstand 7 derselben und somit kein angenähert paralleler Verlauf der Blattfederelemente.

Merkmal M8/M8a: gemäß den Merkmalen M8/M8a kann in einem oder beiden Endbereichen zwischen den Blattfederelementen ein Abstandshalter 8 vorgesehen sein. Durch die daraus resultierende Beabstandung der Blattfederelemente ergibt sich zwischen den Endbereichen ein lichter Abstand 7 der Federelemente. Den genauen Aufbau der in den Endbereichen vorgesehenen Abstandshalter 8 lässt das Streitpatent offen.

Merkmal M9: gemäß diesem Merkmal soll die C-förmig ausgebildete Fersenfeder 2 mit ihrem oberen Schenkel unter dem hinteren Endbereich der Vorfußfeder verbunden sein. Diese Ausgestaltung ist in den Figuren 3 und 4 gezeigt. Nach den Angaben im Streitpatent (Abs. [0016]) kann hierzu die Fersenfeder 2 mit ihrem oberen Schenkel unter dem hinteren Endbereich B der Vorfußfeder 3 mit dieser bspw. verschraubt sein. Als oberer Schenkel ist hierbei der obere Kreisbogen der Fersenfeder bezeichnet.

II.

Die Klage erweist sich als begründet, da die angegriffenen Patentansprüche weder in der nach Hauptantrag verteidigten Fassung Bestand haben noch in den jeweiligen nach den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen, soweit diese überhaupt auf einer zulässigen Änderung beruhen und deshalb der Prüfung auf Patentfähigkeit zugänglich sind.

1. Die Erfindung ist im Streitpatent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann; der auf diesen Nichtigkeitsgrund abstellende Angriff der Klägerin nach Art. II § 6 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ ist deshalb unbegründet. Ständiger Rechtsprechung folgend ist eine Lehre ausführbar, wenn sie in ihrer Gesamtheit aufgrund der Angaben in den Patentunterlagen und mit den Fachkenntnissen am Anmeldetag ohne eigenes erfinderisches Zutun des Fachmannes so verwirklicht werden kann, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird. (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 34 Rdn. 355, 357, 358 und 394, Busse, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 273, 278, 292 und 293, BGH GRUR 2001, 813, 818 li. Sp. - „Taxol“, BGH GRUR 2010, 901 Tz 31 – Polymerisierbare Zementmischung m. w. N.).

In Ihrem Klageschriftsatz macht die Klägerin geltend, dass der Fachmann dem Streitpatent nicht entnehmen könne, wie die im Merkmal M6 genannte momentenstarre Verbindung der Blattfederelemente zu realisieren sei. Der Begriff „momentenstarr“ sei dem Fachmann nicht bekannt. Auch dem Streitpatent sei nicht zu entnehmen, wie eine momentenstarre Ausbildung der Verbindung der Blattfederelemente erreicht werden könne und wie diese genau beschaffen sei.

Der Begriff „momentenstarr“ ist im Streitpatent zwar nicht näher erläutert. Gemäß der vorstehenden Auslegung dieses Begriffes (vgl. unter I. 5., Merkmal M6/M6a) ist der Begriff „momentenstarr“ aus Sicht des Fachmanns jedoch so zu verstehen, dass die Verbindung geeignet ist, Drehmomente in die Richtungen zu übertragen, auf die es funktional ankommt. Um bspw. eine federelastische Abrollbewegung des Fußes eines Patienten zu ermöglichen, ist es daher erforderlich, dass über mindestens eine Verbindungsstelle der beiden Blattfederelemente 9, 10 ein Drehmoment zumindest in vertikaler Richtung übertragen werden kann. Dies kann bspw. durch eine Verbindung der Blattfederelemente in ihrem Endbereich mittels Verschrauben, Vernieten, Verkleben oder Verschweißen erreicht werden. Auch eine einstückige Ausgestaltung der Blattfederelemente genügt diesem Erfordernis. Für den Fachmann sind daher keine unzumutbaren Schwierigkeiten zu erkennen, die ihn an einer Ausführung der Erfindung hindern könnten.

2. Der Nichtigkeitsangriff der Klägerin erweist sich jedoch insoweit als begründet als sich die nach dem Hauptantrag und den zulässigen Hilfsanträgen 1, 4 und 5 verteidigte Lehre nach Patentanspruch 1 nicht als patentfähig erweist, Art. II § 6 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, während die Fassungen nach den Hilfsanträgen 2, 3 und 6 bis 9 sich bereits als unzulässig erweisen.

2.1. Fehlende Neuheit von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1, 4 und 5 Der federelastische Fußeinsatz in der erteilten Fassung des Anspruchs 1 (Hauptantrag) ist nicht neu in Anbetracht der Druckschrift D1, Art. 54 EPÜ. Dies gilt auch für die Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1, 4 und 5, die zwar zulässig sind, deren Gegenstände aber aus der Druckschrift D1 bekannt sind.

Die Gegenstände der Ansprüche 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) und in der Fassung der Hilfsanträge 1 und 4 umfassen den Gegenstand des enger gefassten Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5. Da letzterer, wie nachfolgend ausgeführt, nicht neu in Anbetracht der Druckschrift D1 ist, gilt dies auch für die Gegenstände der weiter gefassten Ansprüche 1 in der erteilten Fassung und in der Fassung der Hilfsanträge 1 und 4.

2.1.1. Die Druckschrift D1 zeigt einen federelastischen Fußeinsatz für einen Kunstfuß („… prosthetic foot and … a keel disposed within a foamed foot shaped elastomer cover …“; S. 1, erster Abs.; „… prosthetic foot keel … formed as a unitary structure from a material having elastic properties.”; S. 5 drittletzter Abs.; Fig. 1-9) [= Merkmal M1], mit zumindest einer Blattfeder, wobei die zumindest eine Blattfeder aus zumindest zwei parallel geschalteten Blattfederelementen besteht (Fig. 1 u. 3, S. 5 vorletzter und letzter Abs.: „… a plurality of precurved thin bending walls or members 22-1, 22-2, 22-3 and 22-4 …“) [= Merkmale M2 und M3], die nebeneinander angeordnet und in ihren beiden Endbereichen (sole plate 24; transition wall 32 / vertical gusset wall 29) miteinander verbunden sind und zwischen diesen/den beiden Endbereichen einen lichten Abstand (slots 20) voneinander aufweisen („… precurved bending wall members 22-1 through 22-4 separated or gapped by the slots 20. These bending members are anchored at their fore and aft ends and are initially separated or spaced by slots 20 …“; S. 7 zweiter Abs.) [= Merkmale M4 und M5/M5‘].

2.1.2. Nach Ansicht der Beklagten handelt es sich bei den in der D1 gezeigten Biegewänden bzw. –elementen (22-1 bis 22-4) nicht um einzelne Blattfederelemente im Sinne des Streitpatents, die am Ende miteinander verbunden sind, um eine höhere Strukturfestigkeit zu erzeugen. Dem kann der Senat nicht folgen. Gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 ist der beanspruchte Fußeinsatz nicht zwingend auf eine mehrteilige Ausführungsform beschränkt. Die Lehre des Streitpatents umfasst vielmehr auch eine einstückige Ausgestaltung wie in der D1 gezeigt. Dass die Biegewände/-elemente des Fußeinsatzes der D1 ebenso eine Federwirkung ausüben wie eine Blattfeder, hat auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten. 2.1.3. Nach dem Merkmal M6/M6a soll die Verbindung der Blattfederelemente in zumindest einem bzw. in beiden Endbereichen der Federelemente momentenstarr ausgebildet sein. Gemäß der an den funktionalen Erfordernissen des beanspruchten Fußeinsatzes orientierten Auslegung dieses im Streitpatent nicht näher definierten Begriffes soll eine momentenstarre Verbindung im Sinne des Streitpatents Drehmomente in die Richtungen übertragen können, auf die es funktional ankommt. Für eine federelastische Abrollbewegung des Fußes ist bspw.

eine Drehmomentenübertragung zumindest in vertikaler Richtung erforderlich (vgl. die obigen Ausführungen zu I. 5.).

Eine momentenstarre Verbindung im vorstehenden Sinne ist auch bei den Biegewänden/-elementen (bending walls or members 22-1 - 22-4) des Fußeinsatzes der D1 gegeben. Denn diese sind durch die einstückige Ausgestaltung des Fußeinsatzes („… prosthetic foot keel … formed as a unitary structure …”; S. 5 drittletzter Abs) in ihren beiden Endbereichen über die jeweils angrenzende Sohlenplatte (sole plate 24) bzw. Übergangswand zum Gelenkteil (transition wall 32; ankle portion 12) starr miteinander verbunden [= Merkmal M6/M6a].

Der Einwand der Beklagten, dass durch die in den Figuren 6A bis 6F der D1 gezeigte Verbiegung der Sohlenplatte (sole plate 24) bei Belastung eine Relativbewegung an den Verbindungsstellen der Biegewände/Biegestege (22-1 22-4) entstehe und damit keine Momentenstarre vorliege, kann den Senat nicht überzeugen. Wie vorstehend ausgeführt, soll eine momentenstarre Verbindung im Sinne des Streitpatents Drehmomente in die Richtungen übertragen können, auf die es funktional ankommt. Bei einer Abrollbewegung des Fußes, wie sie in den Figuren 6A bis 6F der D1 gezeigt ist, wird auch bei einer elastischen Verformung bzw. Verbiegung der Sohlenplatte (24) des Fußeinsatzes ein Drehmoment zumindest in vertikaler Richtung übertragen. Ansonsten wäre eine elastische Abrollbewegung gar nicht möglich. Darüber hinaus liegt bei dem Fußeinsatz aus der D1 aufgrund der einstückigen Ausführungsform auch eine momentenstarre Verbindung in Bezug auf ein Verdrehen um die Fußlängsachse vor. Andernfalls wäre ein stabiler Stand ohne seitliches Abknicken mit der bekannten Fußprothese nicht möglich. Die D1 beschreibt auch die Verwendung verschiedener Materialien mit unterschiedlichem Elastizitätsgrad für den Fußeinsatz, wie bspw. Aluminium, Titan oder Stahl (S. 9 vorletzter Abs.). Auch die Anzahl der Biegewände/Biegestege kann je nach erforderlicher Steifigkeit des Fußeinsatzes variiert werden (S. 10 zweiter Abs.). Im Übrigen ist auch die in den Figuren 3 bis 6 des Streitpatents gezeigte flächige Verbindung der Federelemente 9, 10 über einen Abstandshalter 8 nicht völlig starr, sondern, abhängig vom verwendeten Material, bei Belastung mehr oder weniger in sich verbiegbar.

2.1.4. Schließlich zeigt die D1 auch das Merkmal M8/M8a, wonach zumindest in einem bzw. in beiden Endbereichen zwischen den beiden Blattfederelementen jeweils ein Abstandshalter vorgesehen sein soll.

Die Funktion eines Abstandshalters erfüllen bei der D1 bereits die Verbindungsstege (in den nachfolgend gezeigten Ausschnitten aus der Fig. 1 grau gekennzeichnet) der Biegewände/-elemente (22-1 - 22-4) an der Sohle (sole plate 24) bzw. an der Übergangswand (transition wall 32). Denn diese Verbindungsstege halten die Biegewände/-elemente auf einen vorbestimmten Abstand zueinander.

Der Endbereich der Biegewände/-elemente (22-1 - 22-4) ist jedoch nicht punktuell zu sehen und nicht nur auf das Ende der Biegeelemente beschränkt. Als Endbereiche sind bei dem Fußeinsatz der D1 auch die Bereiche zwischen den Biegewänden (22-1 - 22-4) anzusehen, die sich unmittelbar an diese Verbindungstege an der Sohle (sole plate 24) bzw. an der Übergangswand (transition wall 32) anschließen. Durch die in der D1 (vgl. ab S. 9 letzter Abs.) beschriebene Verfüllung dieser Bereiche (slots 20) zwischen den Biegewänden/elementen (22-1 - 22-4) sind ebenfalls Abstandshalter im Sinne des Streitpatents gebildet [= Merkmal M8/M8a].

Der Ansicht der Beklagten, dass die in der D1 (vgl. ab S. 9 letzter Abs.) beschriebene Verfüllung der Bereiche (slots 20) zwischen den Biegewänden/elementen (bending wall members 22-1 - 22-4) keinen Abstandshalter im Endbereich darstelle, kann der Senat nicht folgen. Wie bereits ausgeführt, ist der Endbereich der Biegewände nicht punktuell zu sehen und nicht nur auf das Ende der Biegeelemente beschränkt. Des Weiteren lässt auch das Streitpatent offen, wie der beanspruchte Abstandshalter aufgebaut sein soll. Auch über dessen Dimensionierung oder sonstige Eigenschaften sagt das Patent nichts aus. So ist sowohl ein gesondertes Bauteil für den Abstandshalter als auch eine mit den Biegewänden und dem übrigen Fußeinsatz einstückig ausgebildete Ausführungsform von den Anspruchsmerkmalen mit umfasst.

Der weitere Einwand der Beklagten, dass durch das Auffüllen mit Verfüllmaterial nicht mehr das Merkmal M5/M5‘ bei dem Fußeinsatz der D1 gegeben sei, da kein lichter Abstand mehr besteht, kann nicht durchgreifen. Wie auf S. 10 zweiter Abs. der D1 angegeben, ist auch eine nur teilweise Verfüllung der Bereiche zwischen den Biegeelementen möglich („… only portions oft he slots 20 … may be provided with foam filler …“). Im Übrigen ist der lichte Abstand im Sinne des Streitpatents auch bei einer vollständigen Verfüllung der Zwischenbereiche gegeben, da auch beim Streitpatentgegenstand der lichte Abstand zwischen den Federelementen 9, 10 mit einem Druckpuffer 11 ausgefüllt sein kann (vgl. Figur 3 mit Beschreibung).

Somit sind alle Merkmale des in den Ansprüchen 1 in der erteilten Fassung sowie in den Fassungen der Hilfsanträge 1, 4 und 5 beanspruchten federelastischen Fußeinsatzes aus der Druckschrift D1 bekannt.

2.2. Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2, 3 und 6 bis 9

2.2.1. Die nach den Hilfsanträgen 2, 3 und 6 bis 9 verteidigten jeweiligen Fassungen des Streitpatents erweisen sich im Hinblick auf die darin enthaltenen unzulässigen Erweiterungen des Inhalts der Anmeldung bereits als unzulässig geändert und sind deshalb einem Patentschutz nicht zugänglich.

Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung gehört im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung i.S.v. § 123 Abs. 2 EPÜ vorliegt, nur das, was der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen „unmittelbar und eindeutig“ als zur angemeldeten Erfindung gehörig zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann (BGH, Urt. v. 16. Dezember 2008, X ZR 89/07 = GRUR 2009, 382, 384 – Rdn. 25 – Olanzapin; Urt. v. 8. Juli 2010, Xa ZR 124/07 = GRUR 2010, 910, 914 – Rdn. 46 – Fälschungssicheres Dokument). Hierbei ist das Erfordernis der identischen Offenbarung in einer Weise anzuwenden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet (BGH Urt. v. 11.2.2014, X ZR 107/12 = GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal).

2.2.1.1. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 Gemäß Merkmal M7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 soll eine Blattfeder (3) aus zwei Blattfederelementen (9, 10) bestehen, die angenähert parallel zueinander verlaufen. Ein angenähert paralleler Verlauf der Blattfederelemente ist ursprünglich nur für die C-Feder 2 offenbart (vgl. Offenlegungsschrift EP 884 034 A2: Sp. 3 Z. 54-57), nicht jedoch für die Vorfußfeder 3. Bezüglich der Vorfußfeder 3 ist in den ursprünglichen Unterlagen (EP 884 034 A2) lediglich angegeben, dass deren zwei Blattfederelemente 9, 10 parallel geschaltet und nebeneinander angeordnet sind (Sp. 4 Z. 10-14). Eine Parallelschaltung von Blattfederelementen liegt dann vor, wenn diese an mindestens zwei getrennten Stellen aneinander anliegen oder miteinander verbunden sind, was nicht mit „angenähert parallel zueinander verlaufen“ gleichzusetzen ist (siehe bereits unter I 5 zu Merkmal M7/M7‘). Auch aus den Figuren des Streitpatents kann entgegen der Meinung der Beklagten kein angenähert paralleler Verlauf der Federelemente 9, 10 der Vorfußfeder 3 abgeleitet werden. In den lichten Abstand zwischen den Federelementen der Vorfußfeder ist ein Druckpuffer 11 eingesetzt. Wie bspw. der Figur 3 zu entnehmen ist, ergibt sich dadurch über den Verlauf der Federelemente 9, 10 ein deutlich variierender Abstand 7 derselben und somit eben kein angenähert paralleler Verlauf der Blattfederelemente. Da sich das Merkmal M7 aber gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 auch auf die Vorfußfeder 3 als eine der von Merkmal M2 umfassten Blattfedern beziehen kann (siehe I V zu Merkmal e m2-M4), liegt insoweit eine unzulässige Erweiterung vor.

2.2.1.2. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 Im Merkmal M6b des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist explizit angegeben, dass die eine Blattfeder (3) als Vorfußfeder ausgebildet ist. Gemäß dem nachfolgenden Merkmal M7‘ soll diese Blattfeder aus zwei Blattfederelementen (9, 10) bestehen, die angenähert parallel zueinander verlaufen. Dies ist jedoch - wie bereits zum Hilfsantrag 2 ausgeführt - nur für die C-Feder 2 ursprünglich offenbart (EP 884 034 A2: Sp. 3 Z. 54-57), nicht jedoch für die Vorfußfeder 3. Insoweit liegt eine unzulässige Erweiterung vor.

2.2.1.3 Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 Bezüglich des Merkmals M7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 stellt sich dieselbe Problematik wie in Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2. Auch hier kann sich das Merkmal M7 auf die Vorfußfeder 3 als eine der Blattfedern beziehen, was ursprünglich nicht offenbart ist.

2.2.1.4 Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 7 bis 9 Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 7 bis 9 weisen ebenso wie der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 die Merkmale M6b und M7‘ auf, wonach die eine Blattfeder (3) als Vorfußfeder ausgebildet sein soll und aus zwei Blattfederelementen (9, 10)

bestehen soll, die angenähert parallel zueinander verlaufen. Dies ist jedoch nur für die C-Feder 2 ursprünglich offenbart (EP 884 034 A2: Sp. 3 Z. 54-57), nicht jedoch für die Vorfußfeder 3. Insoweit liegt eine unzulässige Erweiterung vor.

2.2.2. Fehlende Patentfähigkeit von Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2, 3 und 6 bis 9 Im Übrigen wäre auch – falls man von der Zulässigkeit der Patentansprüche nach den Hilfsanträgen 2, 3 und 6 bis 9 ausgehen würde – der Gegenstand des jeweiligen Anspruchs 1 nicht patentfähig, da die Merkmale des von allen Hilfsanträgen am engsten gefassten Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 9 ebenfalls aus der Druckschrift D1 bekannt sind.

Wie bereits vorstehend ausgeführt (vgl. die Ausführungen unter 2.1.), sind die Merkmale M1 bis M4, M5‘, M6a und M8a aus der Druckschrift D1 bekannt. Auch die weiteren Merkmale M6b, M7‘ und M9 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 9 wären ebenfalls aus der D1 sind.

So bilden die Blattfederelemente (bending walls or members 22-1 - 22-4) des aus der D1 bekannten Fußeinsatzes für einen Kunstfuß (prosthetic foot keel 10, Fig. 1 u. 3 mit Beschr.) ebenfalls eine Vorfußfeder (forefoot portion 16) [= Merkmal M6b]. Die Anzahl der Federelemente dieser Vorfußfeder ist variabel („… an alternative embodiment may provide for a greater or fewer number of bending members 22 depending upon the stiffness and flexure requirements …“; S. 10 zweiter Abs.). Mindestens zwei Federelemente sind für die vorgegebene Funktion erforderlich („At least one such bending member is required together with an underlying keel structure to limit its bending beyond some preselected curvature …“; S. 10 zweiter Abs.). Wie den Figuren 1 und 3 zu entnehmen ist, verlaufen die Federelemente (22) auch angenähert parallel zueinander [= Merkmal M7‘]. Schließlich zeigt die D1 auch eine C-förmig ausgebildete Fersenfeder, die mit ihrem oberen Schenkel unter dem hinteren Endbereich der Vorfußfeder mit dieser verbunden ist („… a heel structure or portion 14‘ formed with multiple bending members [100-1 – 1004] that extend from the rear extent of the ankle portion 12’ in relative large radius arcs … and joined with a heel bottom plate 105 …”; S. 10 dritter Abs., Fig. 8) [= Merkmal M9].

2.3. Weitere Patentansprüche nach Haupt- und Hilfsanträgen Auch die weiteren angegriffenen, in den Fassungen nach Haupt- und Hilfsanträgen enthaltenen abhängigen Patentansprüche, zu welchen die Beklagte erklärt hat, diese nicht isoliert verteidigen zu wollen und welche bereits deshalb keiner Sachprüfung bedürfen (siehe Senat Urteil v. 12.3.2013, 4 Ni 13/11 – Dichtungsring), rechtfertigen keine abweichende Bewertung: Denn weder hat die Beklagte geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, dass die zusätzlichen Merkmale dieser Unteransprüche zu einer anderen Beurteilung im Hinblick auf deren Patentfähigkeit führen. Deshalb war das Streitpatent auch insoweit für nichtig zu erklären (BGH GRUR 2012, 149, 156 (Rn. 96) – Sensoranordnung).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 709 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Engels Kopacek Dr. Müller an der Unterschrift aufgrund Urlaub gehindert.

Veit Schmidt-Bilkenroth an der Unterschrift aufgrund Urlaub gehindert.

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