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17 W (pat) 5/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 5/12 Verkündet am 26. Februar 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2004 017 661.2 - 53 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154 05.11 Gründe:

I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 5. April 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:

„Verfahren und Vorrichtung zur Bedatung elektronischer Steuergeräte“

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Lehre des Hauptanspruchs auf ein Programm für eine Datenverarbeitungsanlage als solches gerichtet und damit dem Patentschutz nicht zugänglich sei. Es könne nicht anerkannt werden, dass durch mindestens eine verfahrensbestimmende Anweisung des Patentanspruchs 1 ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst werde.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Zur mündlichen Verhandlung ist sie, wie angekündigt, nicht erschienen. Sie stellt schriftlich (sinngemäß) den Antrag,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent mit den vorliegenden (d.h. den ursprünglichen) Unterlagen zu erteilen, und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

Im Beschwerdeschriftsatz führt sie aus, warum sie die Begründung des Zurückweisungsbeschlusses für rechtlich und sachlich unzutreffend, und die rechtlichen Ausführungen der Prüfungsstelle für im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BGHs stehend hält. Sie erläutert ihre Auffassung, dass die Erfindung mit technischen Mitteln ein konkretes technisches Problem löse, nämlich den benötigten Speicherbedarf der Recheneinheit zu reduzieren.

Zu ihrem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr trägt sie vor, dass die Prüfungsstelle die Zurückweisung mit neuen Argumenten begründet habe, zu denen sich die Anmelderin nicht habe äußern können, und die darüber hinaus rechtlich und sachlich unzutreffend seien. Dieses Verhalten stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Anmelderin dar, welche ursächlich für die Beschwerde gewesen sei.

Der geltende (ursprüngliche) Patentanspruch 1 lautet, hier mit einer Gliederung versehen:

1. Verfahren zur Bedatung elektronischer Steuergeräte für eine Anwendung,

(a) wobei die Anwendung mindestens eine Eigenschaft aufweist

(b) und Software des Steuergeräts von dieser Eigenschaft abhängig ist,

dadurch gekennzeichnet,

(c) dass die Software gemäß mindestens einer Konfigurationsregel ausgerechnet und/oder zusammengesetzt wird,

(d) wobei die Konfigurationsregel mindestens abhängig von der Eigenschaft ist,

(e) und die ausgerechnete und/oder zusammengesetzte Software an das Steuergerät und/oder die Anwendung übertragen wird.

Zum nebengeordneten, auf eine entsprechende Vorrichtung gerichteten Patentanspruch 16 sowie den Unteransprüchen 2 bis 15 und 17 bis 28 wird auf die Akte bzw. auf die Offenlegungsschrift verwiesen.

Gemäß Absatz [0007] der Anmeldung soll der Erfindung das technische Problem zugrundeliegen, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu schaffen, durch welche eine Handhabbarkeit der Variantenvielfalt an Steuergeräte-Software weiter verbessert wird.

II.

Die Beschwerde ist rechtzeitig eingegangen und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft elektronische Steuergeräte, wie sie insbesondere in Kraftfahrzeugen verwendet werden, und das Aufspielen der Steuer-Software („Bedatung“). Durch eine flexible Ausbildung der Steuergeräte sind hohe Stückzahlen und eine kostengünstige Fertigung möglich. Die Anpassung eines solchen Steuergerätes an ein spezielles Einsatzgebiet geschieht durch die Steuer-Software, welche für das Steuergerät quasi „individuell“ zusammengestellt, in einem Speicher betriebsfertig hinterlegt und vor Inbetriebnahme an das Steuergerät übertragen und dort einprogrammiert wird (siehe Offenlegungsschrift insbesondere Absätze [0001] bis [0004]).

Die Programmiereinheit, welche diese Arbeit leistet, müsse nach den Angaben in der Anmeldung zu diesem Zweck mit einem Datenspeicher ausgebildet sein, auf welchem alle möglichen Varianten von Steuergeräte-Software abgespeichert seien. Für ein Bordnetzsteuergerät eines Fahrzeugs seien beispielsweise in Abhängigkeit von der Fahrzeug-Ausstattung bis zu 1,5 Millionen unterschiedliche Software-Varianten denkbar (siehe Absätze [0005] / [0006]).

Um zu vermeiden, dass all diese verschiedenen Software-Varianten einzeln abgespeichert sein müssen, und um die Variantenvielfalt an Steuergeräte-Software besser handhaben zu können, schlägt die Anmeldung vor, dass die Software für eine spezielle Anwendung eines Steuergerätes jeweils ausgerechnet und/oder zusammengesetzt wird, und zwar gemäß (mindestens) einer Konfigurationsregel, welche von (mindestens) einer Eigenschaft der Anwendung abhängig ist.

Wenn somit nicht alle möglichen Software-Varianten komplett abgespeichert werden, sondern nur die einzelnen Bestandteile der Software, und die Software daraus, wie aus dem Baukasten, für jeden Fall spezifisch zusammengestellt wird, wird im Datenspeicher der Programmiereinheit wesentlich weniger Speicherplatz benötigt.

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, die Handhabbarkeit der Variantenvielfalt an Steuergeräte-Software weiter zu verbessern, sieht der Senat einen Informatiker oder Programmierer für Fertigungsanlagen an, der im Bereich der automatischen Initialisierung und Programmierung von Steuergeräten mehrjährige Berufserfahrung besitzt.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ergab sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Deshalb kann dahinstehen, ob der Patentanspruch 1 auf ein Programm für eine Datenverarbeitungsanlage „als solches“ gerichtet und damit dem Patentschutz nicht zugänglich ist – für diese Sichtweise spricht, dass den beanspruchten Maßnahmen keine „auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse“ (BGH GRUR 2000, 498 – Logikverifikation) zugrundeliegen, sondern darin nur Maßnahmen der Datenverarbeitung zu sehen sind (vgl. BGH GRUR 2011, 610 – Webseitenanzeige) –, oder ob die beanspruchte Lehre, wie die Anmelderin nachvollziehbar aufzeigt, „Rücksicht auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage“ nimmt, so dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2010, 613 – Dynamische Dokumentengenerierung) nicht als Programm für Datenverarbeitungsanlagen vom Patentschutz ausgeschlossen werden kann.

2.1 Die Anmeldung geht von der in Absatz [0005] der Offenlegungsschrift selbstgenannten Druckschrift D1 DE 101 07 263 A1 aus. Diese beschreibt ein Verfahren zur Programmierung von Fahrzeug-Steuergeräten im Sinne der vorliegenden Anmeldung. Um eine fahrzeugtypische Programmierung solcher Steuergeräte während der Produktion eines Fahrzeugs zu ermöglichen (siehe Absatz [0004]), empfängt eine externe Programmiereinheit eine Kennung, anhand welcher die fahrzeugtypische Steuergeräte-Software bestimmt und zum Fahrzeug gesendet wird, um damit das Steuergerät zu programmieren (Absatz [0005] – Merkmale (a), (b) und (e)). Über die Herkunft der SteuergeräteSoftware ist in Absatz [0020] Spalte 5 obere Hälfte vermerkt: „Die Recheneinheit 106 erfragt in der Datenbank 108 die … benötigten Steuerprogramme. In der Datenbank 108 sind alle Steuerprogramme für die unterschiedlichen Typen … gespeichert.“ Dass die Steuergeräte-Software für ein bestimmtes Steuergerät jeweils ausgerechnet oder zusammengesetzt würde, lässt sich D1 nicht entnehmen. Damit zeigt sich hier das der Anmeldung zugrundeliegende Problem, dass ein sehr großer Datenspeicher erforderlich ist, um alle möglichen Varianten von Steuergeräte-Software zu speichern.

2.2 Aus der Recherche nach § 43 PatG ist noch folgende Druckschrift bekannt:

D2 US 6 247 128 B1 D2 befasst sich mit dem Problem der Software-Ausrüstung von neuen Computern. Bekannt sei es hiernach, ein Disk Image der auszuliefernden Software für die Festplatte vorzuhalten und dieses auf einen neuen Computer zu überspielen. Nachteilig dabei sei u. a., dass auch eine nur kleine Konfigurationsänderung die Erstellung eines kompletten neuen Disk Images erforderlich mache, und dass für das Bereithalten aller kompletter Images, bei denen doch viele Daten übereinstimmten, erheblicher Speicherplatz benötigt werde (siehe Spalte 2 Zeile 27 bis 37). D2 schlägt daher ein „Smart Configuration“-Verfahren vor, bei dem die benötigte Software jeweils anhand von Konfigurationsregeln zusammengesetzt wird, wobei diese Regeln z. B. die Hardware-Ausstattung oder die Käuferwünsche berücksichtigen (siehe insbesondere Spalte 4 Zeile 49 bis Spalte 5 Zeile 17).

Damit nimmt D2 alle Merkmale des Patentanspruchs 1 vorweg, mit dem einzigen Unterschied, dass D2 nicht die Bedatung von Steuergeräten, sondern von neuen PCs als Ziel hat.

2.3 Der Fachmann, der entsprechend der Lehre der Druckschrift D1 eine Bedatung von Fahrzeug-Steuergeräten vornimmt, würde recht bald auf das Problem stoßen, dass der erforderliche Speicherplatz mit jeder neuen Fahrzeug-Variante zunimmt. Wenn er sich aber mit diesem Problem näher befasst, stößt er auf die dasselbe Fachgebiet betreffende Druckschrift D2 und wird auf die dort beschriebene Lehre für die Bedatung von neuen PCs zurückgreifen, d. h. die bereitzustellende Software abhängig von den Eigenschaften der jeweiligen Anwendung durch ein System von Konfigurations-Regeln, welche z. B. die Hardware-Ausstattung oder die Wünsche der Käufer des Kraftfahrzeugs berücksichtigen, jeweils automatisch zusammenstellen lassen. Damit gelangt er aber ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.

3. Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die übrigen Ansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.

III.

Die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt nicht in Betracht.

Die Prüfungsstelle hatte im Erstbescheid als Mangel geltend gemacht, es werde Schutz für ein Programm für eine Datenverarbeitungsanlage als solches beansprucht. Genau dazu hat die Anmelderin in ihrer Eingabe vom 10. November 2011 Stellung genommen. Der Zurückweisungsbeschluss stützt sich auf keinen anderen Grund.

Dass die Prüfungsstelle zusätzlich auf die einzelnen Argumente der Anmelderin eingegangen ist, ohne ihr eine Möglichkeit zur erneuten Stellungnahme zu geben, stellt demgegenüber keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Das „Recht auf Gehör“ erfordert nicht, dass jeder Teilaspekt bis zum Ende ausdiskutiert werden muss. Sollte die Argumentation der Prüfungsstelle fehlerhaft sein, kann sie auf dem Beschwerdeweg überprüft werden. Entscheidend ist, dass die Anmelderin nicht mit einer neuen – anderen – Begründung überrascht werden darf, zu der sie keine Stellung nehmen konnte. Das ist im vorliegenden Fall aber nicht geschehen.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Me

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