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III ZB 3/25

BUNDESGERICHTSHOF III ZB 3/25 BESCHLUSS vom 31. Juli 2025 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:310725BIIIZB3.25.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter Dr. Remmert, die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher sowie den Richter Liepin beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 21. Januar 2025 - 3 S 145/24 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die klagende Gemeinde nimmt als Verpächterin die Beklagte als Pächterin auf Räumung und Herausgabe eines Grundstücks in Anspruch.

Die Klägerin schloss mit dem verstorbenen Ehemann der Beklagten am 23. Oktober 2001 auf unbefristete Zeit einen Pachtvertrag über die private Nutzung des Grundstücks als Kleingarten zu einer Jahrespacht von 66,98 €. In § 8 des Vertrags wird dem Pächter bei einem Verkauf der Pachtfläche ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Auf dem Grundstück befindet sich ein von der Beklagten zu Wohnzwecken genutztes Bauwerk mit einer Wohnfläche von ca. 65 m2. Die Klägerin kündigte den Pachtvertrag mit Schreiben vom 30. Juni 2021 gegenüber der Beklagten zum 31. Dezember 2021 und mit weiterem Schreiben vom 25. Januar 2024.

Das Amtsgericht hat die Beklagte - gestützt auf die Kündigung der Klägerin vom 25. Januar 2024 - antragsgemäß verurteilt. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 500 € festgesetzt. Es hat ausgeführt, der Wert der Beschwer bemesse sich gemäß § 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahrespachtzins, wenn das Ende des streitigen Pachtverhältnisses - wie vorliegend - weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar sei. Die Frage des Vorhandenseins des Erholungsbauwerks sei in diesem Zusammenhang ohne Belang, da weder eine Verurteilung zu einer etwaigen Räumung noch ein Schadenersatzanspruch im Hinblick auf den Verlust des Bauwerks im Streit stehe. Die Ausübung eines Vorkaufsrechts der Beklagten oder die Wirksamkeit der Vereinbarung im Hinblick auf ein ausgeübtes Vorkaufsrecht sei nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung gewesen.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begehrt.

II.

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte und auch den Form- und Fristerfordernissen genügende Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Denn die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

1. Das Berufungsgericht hat weder den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch der Beklagten auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), welcher den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung vorgesehenen Instanz in unzumutbarer und aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren, noch den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es für die Ermittlung des Beschwerdewerts auf § 9 ZPO abgestellt und hiernach den dreieinhalbfachen Jahrespachtzins zugrunde gelegt hat.

a) Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses - wie hier weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, ist nach der Rechtsprechung des Senats im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrags der Pacht oder Miete entsprechend anzuwenden (Senat, Beschlüsse vom 28. September 2023 - III ZB 93/22, NJW-RR 2024, 75 Rn. 6; vom 25. Mai 2023 - III ZB 106/22, BeckRS 2023, 15483 Rn 7; vom 29. November 2018 - III ZR 222/18, NZM 2019, 292 Rn 5; vom

18. Mai 2017 - III ZR 525/16, NJW-RR 2017, 911 Rn. 7 und vom 26. November 2015 - III ZB 84/15, NJW-RR 2016, 506 Rn. 6; jew. mwN).

b) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass bei der Beschwer auch der Nutzungswert des sich auf dem Pachtgrundstück befindlichen, zu Wohnzwecken genutzten Gebäudes berücksichtigt werden müsse.

aa) Bei der Berechnung der Beschwer ist allein auf die vereinbarte tatsächliche Pacht abzustellen. Ein etwaiger höherer objektiver Nutzungswert oder eine höhere am Markt zu erzielende fiktive Pacht ist für die Beurteilung ohne Bedeutung (vgl. Senat, Beschluss vom 28. September 2023, aaO Rn. 9 mwN; entsprechend zur Beschwer bei Mietverhältnissen vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2020 - VIII ZR 16/19, WuM 2020, 298 Rn. 3; vom 17. Januar 2017 - VIII ZR 178/16, WuM 2017, 162 Rn. 4 und vom 11. Februar 2014 - VIII ZR 214/13, WuM 2014, 219 Rn. 2). Der vereinbarte Jahrespachtzins beträgt hier 66,98 €, so dass der dreieinhalbfache Wert mit 234,43 € zu beziffern ist.

bb) Etwas anders gilt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb, weil das auf dem Pachtgrundstück befindliche Gebäude in ihrem Eigentum steht oder weil die Klägerin, wie die Beklagte meint, durch das im Pachtvertrag vereinbarte Vorkaufsrecht einen besonderen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Weiternutzung des Gebäudes gesetzt hat.

(1) Für die Bewertung der Rechtsmittelbeschwer ist allein der rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung maßgebend (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014 aaO). Eine rechtskraftfähige Entscheidung hat das Amtsgericht aber nur im Hinblick auf die Räumung und Herausgabe des Grundstücks getroffen. Der Beschwerdewert richtet sich diesbezüglich allein nach § 8 ZPO,

weil (nur) das Fortbestehen des Pachtverhältnisses streitig ist. Der (Ver kehrs-)Wert des auf dem Grundstück stehenden Gebäudes bleibt für die Beschwer daher ohne Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2004 - XII ZR 110/02, NJW-RR 2005, 224). Insoweit wird § 6 ZPO durch die speziellere Regelung des § 8 ZPO verdrängt (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Januar 1997 - III ZR 206/96, juris Rn. 2; BGH, Beschlüsse vom 12. April 2018 - V ZR 230/17, juris Rn. 5 und vom 22. Januar 2013 - VIII ZR 104/12, NJW-RR 2013, 718 Rn. 8; Stein/Loyal, ZPO, 24. Aufl., § 8 Rn. 1).

Das Eigentum der Beklagten an dem auf dem Pachtgrundstück befindlichen Gebäude ist dagegen nicht streitgegenständlich und zwischen den Parteien auch nicht streitig (anders im Fall BGH, Beschluss vom 12. April 2018, aaO Rn. 7). Dementsprechend werden, wenn allein der Streit über den Fortbestand des Pachtverhältnisses Gegenstand des Rechtsstreits ist, (unstreitig) im Eigentum des Pächters stehende und von diesem genutzte Gebäude und Einrichtungen bei der Bemessung der Rechtsmittelbeschwer nicht berücksichtigt (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Mai 2023, aaO Rn. 2, 8: vom Kläger angebrachte Einrichtungen; BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2004, aaO: keine Berücksichtigung des Verkehrswerts des Gebäudes). Die fehlende Möglichkeit der weiteren Nutzung des in seinem Eigentum stehenden Gebäudes des Pächters ist ebenso eine - nicht streitgegenständliche - Nebenfolge der (streitgegenständlichen) Herausgabe des Pachtgrundstücks wie der Kostenaufwand des Pächters, der ihm durch die Erfüllung der Räumungspflicht entsteht. Wie auch der Kostenaufwand (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 25. Mai 2023, aaO Rn. 8 und vom 26. November 2015, aaO Rn. 10) ist sie für die Beschwer des beklagten Pächters ohne Bedeutung.

Anders würde es sich nur verhalten, wenn die Beklagte - im Rahmen einer objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) - sowohl zur Herausgabe des Grundstücks als auch zur Herausgabe von Bauwerken oder Einrichtungen verurteilt worden wäre (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 25. Mai 2023, aaO Rn. 9). Dies ist vorliegend indes nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird sie durch die Pflicht zur Räumung auch nicht "faktisch" im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG enteignet. Vielmehr verbleibt das auf dem Pachtgrundstück befindliche Gebäude in ihrem Eigentum. Dem trägt der Pachtvertrag dadurch Rechnung, dass er bei einer Kündigung durch die Klägerin in § 7 Abs. 2 Satz 2 eine Entschädigung der Beklagten vorsieht, falls das Eigentum auf die Klägerin übertragen wird (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 des Pachtvertrages für den Fall der Kündigung durch die Beklagte). Diese - auf dem Grundstück befindliche Einrichtungen des Pächters gesondert betreffende Regelung stützt für den vorliegenden Fall die Annahme, dass Grundstück und Gebäude getrennt zu betrachten sind und für den von der Klägerin geltend gemachten, das Pachtgrundstück betreffenden Anspruch allein die für das Grundstück vereinbarte Pacht wertbestimmend ist.

(2) Auch das in § 8 des Pachtvertrags für den Fall des Verkaufs der Pachtfläche vereinbarte Vorkaufsrecht der Beklagten hat, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, - unabhängig von der Wirksamkeit der Vereinbarung - keinen Einfluss auf die Bestimmung der Rechtsmittelbeschwer. Nach Auffassung der Beklagten wurde hinsichtlich der (Weiter-)Nutzung des Gebäudes durch das im Pachtvertrag vereinbarte Vorkaufsrecht ein besonderer Vertrauenstatbestand gesetzt. Die (Weiter-)Nutzung des Gebäudes ist indes - wie ausgeführt - nicht streitgegenständlich und damit nicht maßgeblich für die Beschwer der Beklagten.

2. Einer Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts bedarf es entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob der Nutzungswert eines auf einem Pachtgrundstück durch den Pächter errichteten Gebäudes beim Beschwerdewert der Verurteilung zur Räumung des Grundstücks zumindest für den Fall mit zu berücksichtigen ist, dass ein besonderer Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die dauerhafte Weiternutzung des Gebäudes gesetzt wurde, ist nicht klärungsbedürftig. Ihre Verneinung ergibt sich ohne weiteres aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der sich, wenn zwischen den Parteien nur der Fortbestand des Pachtverhältnisses streitig ist, der Beschwerdewert allein nach § 8 ZPO richtet (s.o. zu 1 b bb (1)).

Herrmann Remmert Vorinstanzen: AG Döbeln Zweigstelle Hainichen, Entscheidung vom 20.06.2024 - 3 C 42/24 LG Chemnitz, Entscheidung vom 21.01.2025 - 3 S 145/24 -

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