Paragraphen in 17 W (pat) 8/13
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 8/13 Verkündet am 15. Oktober 2015
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2005 030 663.2 - 53 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder sowie der Richter Dipl.-Ing. Baumgardt und Dipl.-Phys. Dr. Forkel beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154 05.11 Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung, welche die Priorität einer Voranmeldung in den USA vom 30. Juli 2004 in Anspruch nimmt, wurde am 30. Juni 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:
„System und Verfahren zum Betreiben von Lastausgleichselementen für Mehrfachinstanzanwendungen“.
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 6. Juli 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Lehre des Hauptanspruchs gemäß Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei; denn das beanspruchte System unterscheide sich vom Gegenstand der Druckschrift D4 nur durch ein Merkmal, das aber keinen Anteil an der angestrebten Problemlösung habe, und das dem Fachmann darüber hinaus grundsätzlich bekannt sei. Der Hauptanspruch des Hilfsantrags 1 enthalte einen ursprünglich nicht offenbarten Begriff und sei bereits deswegen nicht gewährbar; der Hauptanspruch des Hilfsantrags 2 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie reicht ein abgeändertes Patentbegehren ein und führt aus, dass die nunmehr beanspruchten Gegenstände durch den Stand der Technik nicht vorweggenommen und auch nicht nahegelegt würden.
Die Anmelderin stellt den Antrag,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 und 2 vom 14. Oktober 2015, Patentansprüche 2 bis 4, 6 bis 24 vom 7. November 2013 mit anzupassender Nummerierung der Ansprüche,
noch anzupassender Beschreibung Seiten 1, 1a vom 28. Februar 2007, Beschreibung Seiten 2 bis 12 und 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4, jeweils vom 30. Juni 2005.
Der geltende Patentanspruch 1 (hier mit neuer Gliederung und Markierung einer redaktionellen Korrektur in Merkmal (B)) lautet:
(1.) System zum Betreiben von Lastausgleichselementen für Mehrfachinstanzanwendungen, das folgende Merkmale umfasst:
(A) eine Mehrzahl von Clusterknoten (210) zum Ausführen von Anwendungen,
(B) wobei Leistungsüberwachungseinrichtungen jeweils an den Clusterknoten die Leistungen der Anwendungen an den Clusterknoten analysieren und, um Leistungsdaten zu erhalten,
(C) wobei zumindest ein Teilsatz der Mehrzahl von Clusterknoten mehrere Anwendungen ausführt
(D) und jeweilige Arbeitslastverwalter zum Zuweisen von Ressourcen zwischen den Anwendungen des jeweiligen Clusterknotens ansprechend auf diese Leistungsdaten, die von den Leistungsüberwachungseinrichtungen des jeweiligen Clusterknotens an die Arbeitslastverwalter kommuniziert werden, umfasst,
(E) wobei die Ausführung einer Anwendung als Instanzen der Anwendung auf mehrere Clusterknoten (210) verteilt ist;
(F) eine Mehrzahl von Lastausgleichselementen (201) zum Verteilen von Anwendungstransaktionen für die Anwendungen zwischen der Mehrzahl von Clusterknoten basierend auf Clusterknotengewichten und zum Ausgleichen der Last an den Clusterknoten,
(G) wobei die einem der Lastausgleichselemente (201) zugeordneten Clusterknoten ein Anwendungscluster bilden, das für Clienten (140) als ein Einzelsystem erscheint,
(H) wobei unterschiedliche Lastausgleichselemente die Anwendungstransaktionen für unterschiedliche Anwendungen verteilen, wobei eine Anwendung genau einem Lastausgleichselement zugeordnet ist; und
(J) einen Konfigurationsprozess (240), der die unterschiedlichen Arbeitslastverwalter abfragt, um Leistungsdaten bezogen auf die verschiedenen Anwendungen zu erhalten und die Leistungsdaten zu analysieren, wobei der Konfigurationsprozess mit der Mehrzahl von Lastausgleichselementen kommuniziert, und die Mehrzahl von Lastausgleichselementen ansprechend auf die Analyse dynamisch konfiguriert,
(K) wobei der Konfigurationsprozess (240) ansprechend auf die Analyse einen Satz von Clusterknotengewichten unter Verwendung der Leistungsdaten berechnet und an die Mehrzahl von Lastausgleichselementen (201) kommuniziert.
Bezüglich der übrigen anhängigen Patentansprüche 2 bis 4 und 6 bis 24 wird auf die Akte verwiesen.
Als Aufgabe ist in der Anmeldung, Absatz [0004], angegeben, ein System zum Betreiben von Lastausgleichselementen für Mehrfachinstanzanwendungen, ein Verfahren und ein computerlesbares Medium mit verbesserten Charakteristika zu schaffen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil das beanspruchte System zum Betreiben von Lastausgleichselementen für Mehrfachinstanzanwendungen nach Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).
1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft den Betrieb von Lastausgleichselementen in einem Rechnercluster für Mehrfachinstanzanwendungen.
Die Anmeldung geht aus von einem Rechnerverbund (Figur 1: Clusterknoten 110a bis 110f; Figur 2: 210a bis 210g) zur verteilten Verarbeitung von Anwendungstransaktionen für laufende Applikationen, hier für die Anwendungen „App a“ und „App b“, die von Clienten 140 über ein Netzwerk 130 in Auftrag gegeben werden (siehe insbesondere Absätze [0020] und [0021]). Der Begriff „Clusterknoten“ bezeichnet eine einzelne Rechnereinheit, d. h. einen Server-Computer; ein Clusterknoten kann auch mehrere CPUs 213 besitzen, siehe Figur 2. Der Rechnerverbund, d. h. das Cluster besteht aus mehreren dieser Clusterknoten, und es werden damit mehrere Applikationen (im Beispiel: „App a“ und „App b“) ausgeführt, wobei die Ausführung einer Anwendung in Form von Instanzen der Anwendung auf mehrere Clusterknoten verteilt wird („externe“ Lastverteilung - Merkmale (A), (C) und (E)).
An den Clusterknoten sind Leistungsüberwachungseinrichtungen vorgesehen, welche die Leistungen der Anwendungen an den Clusterknoten analysieren und daraus Daten über die Belastung bzw. den Grad der Ausnutzung des Knotens („Leistungsdaten“) erzeugen (Absatz [0022]). Ferner weisen die einzelnen Clusterknoten sog. „Arbeitslastverwalter“ auf, welche auf Basis der bereitgestellten Leistungsdaten den Anwendungen, die auf dem Clusterknoten bearbeitet werden, die Ressourcen des Clusterknotens zuweisen („interne“ Lastverteilung - Merkmale (B) und (D), siehe dazu insbesondere Absatz [0023] und die in Bezug genommene Patentanmeldung US 2003 / 37 092 A1).
Die „externe“ Lastverteilung erfolgt durch Lastausgleichselemente 201, welche die eingehenden Anwendungstransaktions-Aufträge verteilen und dabei die Belastung ausgleichen, indem sie den Clusterknoten zugeordnete Clusterknotengewichte verwenden (Merkmal (F)); für die Clients 140 ist dieser Mechanismus nicht erkennbar, für sie entsteht der Eindruck eines zugeordneten Einzelsystems (Merkmal (G)).
Die Clusterknotengewichte werden durch einen „Konfigurationsprozess 240“ ebenfalls aus den Leistungsdaten der Leistungsüberwachungseinrichtungen immer wieder („regelmäßig“) neu berechnet und an die Lastausgleichselemente kommuniziert, wo sie dann zur dynamischen (Um-)Konfiguration der Lastausgleichselemente dienen (siehe Absatz [0025] und Figur 3, Schritte 304 und 305 - Merkmale (J) und (K)).
Ferner sollen für die verschiedenen bearbeitbaren Anwendungen unterschiedliche Lastausgleichselemente vorgesehen sein, wobei eine Anwendung genau einem Lastausgleichselement zugeordnet ist (siehe Abs. [0021] / Figur 2 - Merkmal (H)).
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, die Ansteuerung von Lastausgleichselementen für Mehrfachinstanzanwendungen zu verbessern, ist hier ein Informatiker oder Programmierer mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung in der Systemprogrammierung von verteilten Rechnersystemen anzusehen.
2. Das System zum Betreiben von Lastausgleichselementen für Mehrfachinstanzanwendungen gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ergab sich für den Fachmann vor dem Prioritätszeitpunkt in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
2.1 Von besonderer Bedeutung hierfür sind die Druckschriften:
D4 PACIFICI, Giovanni et al.: Performance Management for Cluster Based Web Services. Veröffentlichung des IBM TJ Watson Research Center, 13. Mai 2003, S. 1 bis 17,
D7 SHEN, Kai et al.: Integrated Resource Management for Cluster-based Internet Services. In: ACM SIGOPS Operating Systems Review, 2002, 36. Jg., Nr. SI, S. 225-238,
D8 EP 1 385 091 A2.
Die hier als D4 bezeichnete Druckschrift wurde dem Senat in der mündlichen Verhandlung von der Anmelderin übergeben, entsprechend dem Exemplar, das in einer Anhörung mit der Prüfungsstelle diskutiert worden war. Sie stimmt nicht vollständig mit dem in der Elektronischen Schutzrechts-Akte des Deutschen Patent- und Markenamts als D4 gespeicherten Exemplar überein.
2.1.1 Druckschrift D4 beschreibt ein System zur dynamischen Zuweisung von Server-Ressourcen und zum Lastausgleich für Cluster-basierte Web Services (siehe Zusammenfassung). Gemäß Figur 1 soll das System Anfragen von ClientRechnern bearbeiten, wozu ein Cluster mit einer Anzahl von „Server Nodes“ bereitsteht, welche den „Clusterknoten“ der Anmeldung entsprechen. Die Lastverteilung auf die Server Nodes erfolgt über Gateways (siehe Kapitel 3.1 und Figur 1), die als „Lastausgleichselemente“ fungieren: sie klassifizieren die eingehenden Requests und weisen sie zur Bearbeitung den jeweiligen Server Nodes zu (siehe auch Figur 2 und zugehörige Beschreibung). Die Server Nodes sind in der Lage, unterschiedliche Anfragen der Clients zu beantworten (siehe Seite 3 Mitte: z. B. „Stock Utility Service“ mit den möglichen Operationen „getQuote()“ und „buyShares()“, welche unterschiedlichen Service-Klassen zugeordnet sind, aber prinzipiell von jedem Server bearbeitet werden können - vgl. auch Kapitel 3.1 drittletzter Absatz: „The dispatch handler distributes the requests among the available servers“). Insoweit zeigt D4 also ein anspruchsgemäßes System zum Betreiben von Lastausgleichselementen für Mehrfachinstanzanwendungen, mit den Merkmalen (A), (C), (E) und teilweise (F).
Ferner ist der in der D4 beschriebene „Global Resource Manager“ (Kapitel 3.2 / Figur 3) als „Konfigurationsprozess“ im Sinne der Anmeldung zu verstehen, welcher Leistungsdaten der Anwendungen an den Server Nodes analysiert (Figur 3: Server Utilization, Response Time, Offered Load / Seite 5 unten: „real time dynamic measurements“, „performance for a particular traffic class“) und einen Satz von Gewichten Ngs, wgc bestimmt, die an die Gateways kommuniziert werden, um diese neu zu konfigurieren („runs periodically and computes the resource allocation parameters“); diese Gewichte entsprechen den beanspruchten „Clusterknotengewichten“ (Merkmal (B), Rest von Merkmal (F), i. w. Merkmal (J), ferner Merkmal (K)). Für einen Client, der den Web Service anfordert, ist die Aufteilung der Bearbeitung nicht erkennbar, er richtet seine Anfrage an eine bestimmte Netzwerk-Adresse und erhält von dort eine Antwort - der Cluster aus Service Nodes erscheint nach außen als ein Einzelsystem. Damit ist auch Merkmal (G) erfüllt.
Jedoch zeigt D4 keine lokale Verteilung der Arbeitslast zwischen den Anwendungen eines Clusterknotens im Sinne von Merkmal (D) der Anmeldung. Ferner ist keine Zuordnung der Lastausgleichselemente (Gateways) zu bestimmten Anwendungen im Sinne von Merkmal (H) beschrieben.
2.1.2 Auch Druckschrift D7 beschreibt ein Resource Management für Clusterbasierte Internet-Services. Entsprechend Figur 1 und Figur 3 mit zugehöriger Beschreibung (Kapitel 2.1 und Abschnitt 3) besteht der Service Cluster aus mehreren Gruppen von „Sub-Clustern“ mit „server nodes“ bzw. „service nodes“, welche als die beanspruchten Clusterknoten verstanden werden können, und die ihrerseits mehrere Maschinen mit auch unterschiedlichen Fähigkeiten (Kapitel 2.1 letzter Absatz: large number of CPUs, fast I/O-channels) umfassen können. Gemäß Kapitel 3 / Figur 3 werden die ankommenden Requests zunächst unter den Service Nodes verteilt (“whenever a client is about to seek a service… it polls … service nodes to obtain the load information. Then it directs the service request to the node with the smallest number of active and queued requests.”). Dies entspricht der „externen“ Lastverteilung nach den Anspruchsmerkmalen (F), (J) und (K). Außerdem ist aber auch eine Lastverteilung innerhalb eines Service Nodes beschrieben, siehe Kapitel 4 „Node-level Service scheduling“. In Entsprechung zum Anspruchsmerkmal (D) finden sich hier „Arbeitslastverwalter zum Zuweisen von Ressourcen zwischen den mehreren Anwendungen des jeweiligen Clusterknotens“, siehe Figur 4, wobei die verschiedenen Service-Klassen als die mehreren Anwendungen verstanden werden können, und der Service Scheduler als der beanspruchte „Arbeitslastverwalter“ aufgefasst werden kann. Die Zuweisung („when resources become available, the scheduler picks a request for service“) erfolgt auf Basis von „Leistungsdaten“ (Figur 5: resource consumption, high aggregate service yield basierend auf “resource requirement of pending request”). Dabei wird auch eine „load information“ als Leistungsdaten direkt an den Service Nodes gemessen (Kapitel 3 Seite 229 links oben - Merkmal (B)). Insgesamt zeigt Druckschrift D7 somit im gegebenen Zusammenhang eine Lastverteilung auf Clusterknoten nach den Merkmalen (F), (J) und (K) und darüber hinaus eine Lastverteilung innerhalb der einzelnen Clusterknoten nach Merkmal (D), in beiden Fällen abhängig von Leistungsdaten aus Leistungsüberwachungseinrichtungen an den Clusterknoten (Merkmal (B)).
2.1.3 Die vorveröffentlichte Druckschrift D8 ist ein Familienmitglied der in der Anmeldung (Absatz [0023]) in Bezug genommenen US-Patentanmeldung betreffend Details von Leistungsüberwachung und Arbeitslastverwaltung. Sie beschreibt ebenfalls eine „zweistufige“ Lastverteilung (partition load manager PLM, work load manager WLM - siehe insbesondere Absätze [0010] und [0011]), wobei jeder lokale WLM „performance information“ (Leistungsdaten) von einem lokalen „performance monitor“ 23 (Leistungsüberwachungseinrichtung) erhält, siehe insbesondere die Absätze [0022] / [0023]. Die Leistungsdaten betreffen einzelne der verteilten Anwendungen (Absatz [0023]. Insoweit ist der D8 in noch detaillierterer Weise Ähnliches wie der D7 zu entnehmen.
2.2 Die in Druckschrift D4 nicht beschriebenen Merkmale (D) und (H) lagen im gegebenen Zusammenhang für den Fachmann nahe. Daher konnte dieser, ausgehend von Druckschrift D4, zu einem System mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelangen, ohne dass es einer erfinderischen Tätigkeit bedurft hätte.
2.2.1 Wie dargestellt, ist die aus Merkmal (D) resultierende „zweistufige“ Lastverteilung bereits in Druckschrift D7 beschrieben, und in der Druckschrift D8 der Anmelderin noch detaillierter erläutert. Nachdem D4 nicht weiter auf die einzelnen Server Nodes eingeht, musste sich der Fachmann bei der Verwirklichung der Lehre der D4 Gedanken zur konkreten Ausbildung dieser Server Nodes machen; dabei lag es für ihn nahe, auf die Lehre der D7 oder D8 zurückzugreifen und jetzt auch im Kontext der D4 eine „interne“ Lastverteilung vorzusehen, wie sie in D7 und D8 beschrieben ist. Das Merkmal (D) kann daher ausgehend von Druckschrift D4 das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen.
2.2.2 Auch Merkmal (H) kann der Anmelderin nicht weiterhelfen.
Merkmal (H) ist darauf gerichtet, dass „unterschiedliche Lastausgleichselemente die Anwendungstransaktionen für unterschiedliche Anwendungen verteilen, wobei eine Anwendung genau einem Lastausgleichselement zugeordnet ist“. Mit anderen Worten soll für jede Anwendung, die durch das Rechner-Cluster ausgeführt werden kann, genau ein eigenes Lastausgleichselement vorgesehen werden.
Der eigentliche Zweck dieser Maßnahme bleibt im Dunkeln und konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend geklärt werden. Letztlich sollen nach der Lehre der Anmeldung die auszuführenden Anwendungen anwendungsunabhängig auf alle verfügbaren Clusterknoten verteilt werden. Dies leistet jedoch bereits das System nach Druckschrift D4; dort erfolgt die Verteilung durch mehrere sich nicht unterscheidende, in Bezug auf die eingehenden Anfragen „gleichberechtigte“ Gateways (vgl. Seite 3 unten, letzter Absatz vor Kapitel 3.1: „In coping with higher loads, the system scales by having multiple gateways. An L4 switch distributes the incoming load across the gateways.“; Fig. 1). Statt dessen im Sinne von Merkmal (H) die Lastverteiler (Gateways) jeweils einer Anwendung fest zuzuordnen, hätte bei ungleicher Anfragen-Last allenfalls einen neuerlichen Engpass für die stärker nachgefragte Anwendung zur Folge, ohne dass aber ein Vorteil gegenüber den gleichberechtigten Gateways der D4 entsteht.
Weder die Inkaufnahme vorhersehbarer Nachteile noch die fachmännische Abwägung erkennbarer Vor- und Nachteile sind jedoch geeignet, um das Vorliegen einer erfinderische Tätigkeit zu begründen (vgl. BGH GRUR 96, 857 - Rauchgasklappe; BGH GRUR 2006, 930 - Mikrotom).
Nachdem ein besonderer, nachvollziehbarer technischer Grund für das Zuordnen von Anwendungen zu eigenen Lastausgleichselementen nicht vorgetragen wurde und auch nicht aus sich heraus erkennbar ist, kann der Senat die Maßnahme nach Merkmal (H) auch nicht als „gezielte Auswahl zum Erreichen eines bestimmten Ergebnisses“ bewerten (vgl. BGH GRUR 2008, 56 - Injizierbarer Mikroschaum, III.2.), sondern lediglich als eine beliebige oder eine aus ganz anderen, nicht-technischen Gründen (leichtere Abrechnung der Kosten pro Anwendung?) gewählte Maßnahme, die aus technischer Sicht „das Kriterium des Naheliegens“ erfüllt (BGH, ebenda) und daher keine erfinderische Tätigkeit erfordert.
2.3 Der dagegen gerichteten Argumentation der Anmelderin konnte nicht gefolgt werden.
2.3.1 Die Anmelderin hat zunächst ausgeführt, beim System der Druckschrift D4 werde nur eine einzige Anwendung bearbeitet, nicht mehrere unterschiedliche.
Hier muss aber berücksichtigt werden, dass der Begriff „Anwendung“ sehr breit und unscharf ist. Die Anmeldung selbst stellt nirgendwo klar, dass der Begriff irgendwie eingeschränkt verstanden werden müsste, oder was den Anwendungen „App a“ und „App b“ gemeinsam ist bzw. worin sie sich unterscheiden. Der Patentanspruch 1 ist nicht einmal auf „unterschiedliche“ Anwendungen gerichtet, er umfasst auch mehrere gleiche Anwendungen.
Druckschrift D4 sieht hingegen bereits vor, dass ein Server Node unterschiedliche Anfragen der Clients beantwortet (siehe Seite 3 Mitte: z. B. „Stock Utility Service“ mit den möglichen Operationen „getQuote()“ und „buyShares()“), welche zudem noch unterschiedlichen Service-Klassen (Premium oder Basic, siehe Abschnitt 3 Absatz 1) zugeordnet sein können. Diese unterschiedlichen Operationen oder unterschiedlichen Service-Klassen können bereits selbst als unterschiedliche Anwendungen verstanden werden, oder geben zumindest eine Anregung in dieser Richtung.
Ferner ist noch festzuhalten, dass beispielsweise im Kapitel 3 der D4 (Seite 3 Mitte) immer wieder von „web services“ (Plural) die Rede ist (z. B.: „… a set of server nodes on which we deploy the target web services“), also deutlich zum Ausdruck kommt, dass das beschriebene System für mehr als eine Anwendung vorgesehen ist.
2.3.2 Hinsichtlich Merkmal (H) hat die Anmelderin vorgetragen, durch die eindeutige Zuordnung einer Anwendung zu einem Lastausgleichselement werde sichergestellt, dass eine begonnene Transaktion auch abgeschlossen werden könne.
Diese Argumentation hat den Senat nicht überzeugt, sie erscheint nicht schlüssig. Gemäß Merkmal (F) sollen durch die Lastausgleichselemente Anwendungstransaktionen auf die Clusterknoten verteilt werden, nicht - wie es denkbar sein könnte - Teile solcher Transaktionen (vgl. auch Offenlegungsschrift Absatz [0015], Absatz [0021]). Die Clusterknoten führen die Transaktionen jeweils auf dort laufenden Instanzen der Anwendungen aus (Absatz [0021]). Der Fachmann geht hier ganz selbstverständlich davon aus, dass Transaktionen logische Einheiten darstellen, die in sich komplett sind und vollständig ausgeführt werden müssen, um einen konsistenten Systemzustand zu hinterlassen. Bereits daraus ergibt sich, dass eine begonnene Transaktion innerhalb „ihres“ Clusterknotens auch abgeschlossen werden muss und kann. Die Lastausgleichselemente sind in der Anmeldung lediglich als „Verteiler“ beschrieben, sie wählen für die von den Clienten erzeugten Anwendungstransaktionen einen Clusterknoten aus und reichen sie zur Bearbeitung dorthin weiter. Dass dies irgendeinen Einfluss auf die Transaktion hätte, ist in der Anmeldung nicht beschrieben; wenn die Transaktion aber unverändert weitergeleitet wird, hat es keine Bedeutung, über welches der Lastausgleichselemente dies erfolgt. Daher ist der sichere und konsistente Abschluss einer begonnenen Transaktion nach dem, was der Anmeldung entnehmbar ist, völlig unabhängig davon, welches Lastausgleichselement die Zuweisung zu einem bestimmten Clusterknoten durchführt, und ob dieses einer bestimmten Anwendung zugeordnet ist.
2.3.3 Schließlich hat die Anmelderin betreffend Merkmal (H) noch argumentiert, durch die Zuordnung nur einer Anwendung zu einem Lastausgleichselement könne der Lastausgleich einfacher gesteuert werden.
Auch dieses Argument hat der Senat für nicht schlüssig erachtet. Der gesamten Anmeldung ist in dieser Hinsicht nichts entnehmbar, die Zuordnung wird (insbesondere in Absatz [0021]) lediglich als solche beschrieben, jedoch ohne jede Begründung. Der beanspruchte Lastausgleich betrifft die Verteilung der Last auf eine Mehrzahl von Clusterknoten. Deren momentane Belastung wird gemessen und an den zentralen Konfigurationsprozess weitergeleitet, welcher daraus dynamisch neue Gewichte für die Clusterknoten bestimmt und diese zur Lastverteilung an die Lastausgleichselemente liefert. Dass die Zuordnung von Anwendungen zu jeweils einem Lastausgleichselement irgendeinen Einfluss auf diese Art des Lastausgleichs haben könnte, ist nicht nachvollziehbar.
3. Mit dem nicht gewährbaren Patentanspruch 1 fallen auch die übrigen Ansprüche, weil über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Dr. Forkel Fa
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
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