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V B 114/11

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 12.12.2012, V B 114/11 Keine Festsetzung unberechtigt ausgewiesener Umsatzsteuer ohne Prüfung der Rechnung Tatbestand I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war bis zur Veräußerung seiner Anteile am 18. Oktober 2004 und der anschließenden Einstellung des Gewerbebetriebes Geschäftsführer der N-GmbH. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) mit Bescheiden vom 14. Januar 2005 die Umsatzsteuer auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung fest. Nachdem das Amtsgericht C die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der N-GmbH mit Beschluss vom 13. Juni 2006 abgelehnt hatte, nahm das FA mit Bescheid vom 29. März 2007 den Kläger für rückständige Umsatzsteuer der Jahre 2000 bis 2004 nach § 69 i.V.m. §§ 34 und 35 der Abgabenordnung in Haftung.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte den Haftungsbescheid u.a. mit der Begründung, nach "den Feststellungen der Steuerfahndung in Tz 5. des Ermittlungsberichts vom 2. 11. 2006 (Bl. 86 der Finanzgerichtsakte 5 K 9315/07), denen der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist, hat dieser im Bericht im Einzelnen dargelegten Fällen Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erstellt, ohne die in den Rechnungen ausgeführten Leistungen tatsächlich erbracht zu haben" und der "weitere Einwand des Klägers, dass die fraglichen Rechnungen nicht alle Merkmale einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG aufweisen würden, ist unbeachtlich, weil dies gerade keine Voraussetzung für die Anwendung des § 14c ist (Bundesfinanzhof --BFH-- Urteil vom 17.2.2011 V R 39/09, Bundessteuerblatt – BStBl II 2011, 734)".

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde, mit der der Kläger Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend macht, führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 116 Abs. 6 FGO.

1. Zu Recht rügt der Kläger, das FG habe gegen die ihm nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO obliegende Sachaufklärungspflicht verstoßen.

a) Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Im finanzgerichtlichen Verfahren bilden die Akten bzw. der Akteninhalt eine wesentliche Entscheidungsgrundlage. Die beteiligte Behörde hat die den Streitfall betreffenden Akten vorzulegen (§ 71 Abs. 2 FGO). Zur Aufklärung des Sachverhalts kann das Gericht Akten und Urkunden anderer Behörden beiziehen und Auskünfte einholen (§§ 86, 79 Abs. 1 Nr. 3 und 4 FGO). Zwar hängen Umfang und Nachdruck der vom FG anzustellenden Ermittlungen grundsätzlich auch vom Vorbringen der Beteiligten ab; das Gericht braucht den Sachverhalt nicht "ins Blaue hinein" zu erforschen. Das Gericht muss aber von sich aus die Akten beiziehen, die Informationen für die Entscheidung des Rechtsstreits enthalten können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. April 1975 III R 159/72, BFHE 115, 527, 530, BStBl II 1975, 741; BFH-Beschluss vom 18. September 1989 IV B 3/89, BFH/NV 1990, 378).

b) Das FG hat bei der Prüfung der Frage, ob das FA zu Recht den Kläger für Umsatzsteuerschulden der GmbH nach § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der vor dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung (Streitjahre 2000 bis 2003) bzw. nach § 14c UStG in der ab 2004 geltenden Fassung (Streitjahr 2004) in Anspruch genommen hat, weil die GmbH Rechnungen über nicht von ihr erbrachte Leistungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer erstellt hat, den konkreten Inhalt der streitigen Rechnungen nicht selbst festgestellt, sondern sich insoweit allein auf die Feststellungen der Steuerfahndung gestützt. Zur Feststellung des genauen Inhalts der Rechnungen hätte jedenfalls Anlass bestanden, nachdem der Kläger --wie sich auch aus dem angefochtenen Urteil ergibt-- im finanzgerichtlichen Verfahren geltend gemacht hatte, die GmbH sei in Bezug auf diese Leistungen als Vermittlerin tätig geworden und es habe sich um Zahlungsanforderungen in Bezug auf diese Leistungen gehandelt; auch wiesen die Rechnungen nicht alle Merkmale einer Rechnung i.S. des § 14 UStG aus. Auch wenn --wie das FG unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 17. Februar 2011 V R 39/09 (BFHE 233, 94, BStBl II 2011, 734) zu Recht ausführt-- ein unberechtigter Steuerausweis i.S. des § 14c UStG nicht voraussetzt, dass die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgezählten Pflichtangaben aufweist, war die Feststellung des genauen Inhalts dieser Rechnungen durch das FG nicht obsolet.

c) Der Kläger hat diesen Verfahrensfehler, dass das FG die Akten, in denen sich nach dem Vortrag des Klägers die streitigen Rechnungen befinden, nicht beigezogen und den genauen Inhalt der Rechnungen nicht selbst festgestellt hat, ordnungsgemäß gerügt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass die Vorentscheidung bei Würdigung des gesamten Akteninhalts aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG anders ausgefallen wäre.

2. Das FG hat im Rubrum seines Urteils als Streitgegenstand "Haftung für Umsatzsteuer 2007" bezeichnet. Gegenstand des Verfahrens war jedoch --wie sich eindeutig aus Tatbestand und Entscheidungsgründen des Urteils ergibt-- der gegenüber dem Kläger erlassene Haftungsbescheid vom 29. März 2007 für Umsatzsteuerschulden der GmbH 2000 bis 2003 sowie für das 1. Vierteljahr 2004 und April 2004. Einer Berichtigung des Rubrums des angefochtenen Urteils des FG, die im Beschwerdeverfahren grundsätzlich dem BFH obliegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. Januar 2010 V B 99/09, BFH/NV 2010, 911; vom 24. Mai 2007 VII B 105/06, BFH/NV 2007, 1902), bedarf es nicht, weil das angefochtene Urteil aufgehoben wird.

3. Da das Urteil bereits aufgrund des Verfahrensfehlers keinen Bestand haben kann, bedarf es keines Eingehens auf das weitere Vorbringen des Klägers. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO, der auch für den Beschluss nach § 116 Abs. 6 FGO gilt, abgesehen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Oktober 2012 X B 22/12, juris; vom 23. September 2002 IV B 156/00, BFH/NV 2003, 191).

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