6 Ni 34/18 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 34/18 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
30. Oktober 2019 …
In der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BPatG:2019:301018U6Ni34.18EP.0 betreffend das europäische Patent 1 062 846 (DE 599 00 749)
hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Friehe und der Richter Dipl.-Ing. Müller, Jacobi, Dipl.-Ing. Matter sowie Dipl.-Phys. Univ. Dr. Haupt für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
I. Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des aufgrund der internationalen Anmeldung PCT/EP99/01499 vom 9. März 1999 (veröffentlicht als WO 99/46962 A1) auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 062 846 (Streitpatent).
Das Streitpatent, das am 9. März 2019 durch Zeitablauf erloschen ist, nimmt die Prioritäten aus den deutschen Gebrauchsmusteranmeldungen 298 04 089.1 vom 9. März 1998 und 299 03 904.8 vom 5. März 1999 in Anspruch. Es wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 599 00 749 geführt und trägt die Bezeichnung
„BEWEGUNGSSENSORGESTEUERTE LEUCHTENVORRICHTUNG“.
Es umfasst in der erteilten Fassung zehn Patentansprüche, die mit Nichtigkeitsklage vom 3. Juli 2018 in vollem Umfang angegriffen werden. Der angegriffene erteilte unabhängige Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:
Die Patentansprüche 2 bis 10 sind auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen. Im parallelen Patentverletzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (Az. 4a O 139/17) hat die hiesige Beklagte gegen die Klägerin aus dem Streitpatent eine Verletzung von Patentanspruch 1 geltend gemacht. Das Verfahren ist in der Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf anhängig (Az. 15 U 84/19). Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Streitpatent wegen des Nichtigkeitsgrundes der mangelnden Patentfähigkeit, und zwar wegen mangelnder Neuheit und wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit, für nichtig zu erklären sei. Dies stützt sie auf die folgenden Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen nach Klageschriftsatz), wobei sie die in Anspruch genommene Priorität aus der früheren Gebrauchsmusteranmeldung 298 04 089.1 U für unwirksam erachtet, und zwar wegen mangelnder Erfindungsidentität.
NK6 NK7 NK8 NK9 NK10 NK11 NK12 NK13 NK14 NK15 US 5 867 099 A GB 2 213 983 A DE 196 23 481 A1 WO 98/44467 A1 DE 196 01 489 A1 US 5 381 323 A DE 37 23 009 A1 US 5 068 767 A US 5 662 411 A Theiß, Erik: Beleuchtungstechnik, Gebäudetechnik; Band. 1, Neue Technologien der Innen- und Außenbeleuchtung, Oldenbourg Industrieverlag, München‚ 2000, Inhaltsverzeichnis sowie Seiten 77 bis 79 Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 062 846 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen eine der Fassungen des Streitpatents nach den Hilfsanträgen I bis III vom 16. September 2019 richtet.
Wegen des Wortlauts der Hilfsanträge I bis III vom 16. September 2019 wird auf die Akte verwiesen.
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung, zumindest in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen, für schutzfähig. Sie hält die in Anspruch genommene Priorität aus den deutschen Gebrauchsmusteranmeldungen 298 04 089.1 sowie 299 03 904.8 für wirksam.
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 19. August 2019 zugeleitet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig, insbesondere fehlt ihr wegen des anhängigen Patentverletzungsverfahrens nicht das Rechtsschutzbedürfnis, hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil der mit ihr geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 54 und 56 EPÜ gegenüber dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht besteht. Vielmehr erweist sich dieser gegenüber dem von der Klägerin in Bezug genommenen Stand der Technik als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
A.
I. Zum Gegenstand des Streitpatents
1. Hintergrund des Streitpatents sind Leuchten, die mit einem Bewegungsdetektor verbunden sind. Erkennt der Bewegungsdetektor in seinem Erfassungsbereich eine Bewegung, wird ein Leuchtmittel eingeschaltet. Wird keine Bewegung mehr erkannt, wird das Leuchtmittel wieder ausgeschaltet, wobei das Leuchtmittel in der Regel nicht sofort, sondern erst nach Ablauf einer meist einstellbaren Zeitdauer abgeschaltet wird. Der Bewegungsdetektor kann in einem separaten Gehäuse angeordnet sein. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist als bereits bekannt vorausgesetzt, einen Bewegungssensor in einem in eine Leuchtmittelfassung einsetzbaren Sockelgehäuse anzuordnen, wobei dieses Sockelgehäuse dann seinerseits eine Leuchtmittelfassung zum Einsetzen des Leuchtmittels aufweist (Absatz 0002 der Streitpatentschrift EP 1 062 846 B1).
Nach der Beschreibung eigne sich diese Technologie damit insbesondere für solche Leuchten, bei denen das Leuchtmittelgehäuse hinreichend Platz zum Ein- bzw. Zwischensetzen des Sockelgehäuses biete (Absatz 0003). Bei nur begrenztem Raum oberhalb des Leuchtmittelsockels könne es jedoch Umstände geben, die das Einfügen dieses bekannten Sockelgehäuses zwischen Sockel und Leuchtmittel nicht gestatten würden. Dies gelte insbesondere dann, wenn das Sockelgehäuse etwa aufgrund der notwendigen Elektronik oder Antenne Ausmaße annehme, die eine bestimmte Größe überschreiten (Absatz 0004).
2. Aufgabe der Erfindung sei nach der Beschreibung daher, eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung dahingehend zu verbessern, daß die Gesamtanordnung kompakter und insbesondere auch unter beengten Raumverhältnissen einsetzbar werde (Absatz 0005).
3. Gelöst werde diese Aufgabe durch eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit den im Patentanspruch 1 gemäß Streitpatentschrift genannten Merkmalen.
4. Patentanspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern:
(1) Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit einem
(2.1) auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehaltenen,
(2.2) mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden
(2) Leuchtmittel (14; 22), insbesondere einer Gasentladungslampe, und
(3) einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor (26; 32),
dadurch gekennzeichnet, dass
(4) der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul (26) gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik ist,
(5) das so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen ist, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist.
5. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als zuständigen Fachmann einen Diplom-Ingenieur (FH) bzw. Bachelor der Fachrichtung Elektrotechnik zugrunde, der den Aufbau elektrischer Leuchten optimiert und diesbezüglich über eine mehrjährige Berufserfahrung verfügt.
6. Der Fachmann versteht die Angaben im erteilten Patentanspruch 1 wie folgt:
6.1 Der Gegenstand des Streitpatents ist zwar als Leuchtenvorrichtung bezeichnet, da es sich bei dieser Bezeichnung aber weder um einen Fachbegriff, noch um eine umgangssprachliche Bezeichnung handelt, geht der Fachmann davon aus, dass damit nichts anderes als eine Leuchte gemeint ist.
Eine Leuchte umfasst außer den im Patentanspruch 1 aufgezählten Einzelheiten Befestigungssockel, Leuchtmittel, Bewegungssensor und Trägermodul beispielsweise auch elektrische Leitungen, ein Gehäuse oder den in den Absätzen 0015 sowie 0019 der Streitpatentschrift erwähnten Lampenschirm.
Für eine beschränkende Auslegung des Begriffes Leuchtenvorrichtung auf die im Patentanspruch 1 aufgezählten Einzelheiten geben weder dessen Wortlaut selbst noch andere Teile der Streitpatentschrift Anlass.
6.2 Bei dem Begriff Leuchtmittel (Merkmal 2) hat der Fachmann am Anmeldebzw. Prioritätstag vor allem an die fakultativ genannte Gasentladungslampe (Kompaktleuchtstofflampe oder Energiesparlampe) gedacht, außerdem aber auch an Glühlampen (umgangssprachlich Glühbirnen) und Halogenlampen. Leuchtdioden waren ebenfalls schon verbreitet, wobei es sich bereits abgezeichnet hat, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis diese auch für Beleuchtungszwecke einsetzbar sein würden.
6.3 Den Begriff Befestigungssockel (Merkmal 2.1) versteht der Fachmann nach Erkenntnis des Senats im Zusammenhang mit einem Leuchtmittel dahingehend, dass dieser einerseits zur Aufnahme sowie zur elektrischen Kontaktierung des lichtemittierenden Teils und andererseits zur elektrischen Kontaktierung mit der Spannungsversorgung und zur Befestigung dient. Beispielsweise wirkt der Befestigungssockel mit einer korrespondierenden Fassung, insbesondere einer Gewinde-, Bajonett- oder Steckbuchse zusammen, wobei Patentanspruch 1 keine Angaben enthält, die eine Konkretisierung auf eine bestimmte Buchsenform zur Folge hätten.
6.4 Ein Bewegungssensor (Merkmal 3) kann lediglich auf die Änderung bestimmter physikalischer Größen reagieren, die charakteristisch für die Bewegung eines Objekts im überwachten Bereich sind, aber an sich nicht schalten. Aufgrund der angegebenen Wirkung in Merkmal 3 liest der Fachmann jedoch mit, dass der Bewegungssensor mit einem Schalter gekoppelt ist, der seinerseits das Leuchtmittel ein- bzw. ausschaltet.
6.5 Der Bewegungssensor wird durch das Merkmal 4 auf einen Mikrowellensensor beschränkt. Anders als beispielsweise ein Infrarotsensor, der eine freie Sichtlinie zwischen Sensor und Objekt erfordert, erfasst ein Mikrowellensensor auch Bewegungen, die hinter optisch abdeckenden Bereichen stattfinden. Bei einem typischen Mikrowellenbewegungssenor, der im Bereich zwischen 2 und 20 GHz betrieben wird (Absatz 0015), ergibt sich unter der Annahme, dass die Mindestlänge der Antenne λ/4 betragen sollte, eine notwendige Länge von 3,7 mm bis 37 mm, die der Fachmann als erforderlichen Bauraum einplanen muss.
6.6 Den in Merkmal 2.2 genannten „lichten Zwischenraum“ versteht der Fachmann, dem die Begriffe „lichte Weite“ sowie „lichte Höhe“ geläufig sind, als Raumvolumen, das ihm zur Platzierung des Trägermoduls des Bewegungssensors zur Verfügung steht. Durch den Wortlaut des Merkmals 5 ist allerdings lediglich festgelegt, dass sich das Trägermodul mit einem Teilbereich in dem im Merkmal 2.2 genannten lichten Zwischenraum befinden muss, der Mikrowellensensor selbst könnte dagegen auch außerhalb davon angeordnet sein.
6.7 In Zusammenschau mit der Angabe, dass der lichte Zwischenraum durch die Außenwände des Leuchtmittels gebildet ist, geht der Fachmann davon aus, dass das Leuchtmittel aus mehreren Teilen bestehen kann, die jeweils ein oder mehrere Außenwände aufweisen können. Zudem legt der Fachmann die Bezugnahme auf die Außenwände in dem Sinne aus, dass sich der Zwischenraum nicht innerhalb des Leuchtmittels bzw. seiner Teile befindet, sondern außerhalb davon.
Auch die Defintion des Zwischenraumes in Absatz 0008, wonach als Zwischenräume sämtliche Raumbereiche zu verstehen sind, die innerhalb einer berührend um das Leuchtmittel gelegten, gedachten Schale liegen, steht diesem Verständnis nicht entgegen, vielmehr ergibt sich daraus, dass die Raumbereiche gemeint sind, die zwar innerhalb dieser um das Leuchtmittel gelegten, gedachten Schale liegen, aber außerhalb des Innenbereiches des Leuchtmittels.
II. Zum Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit hinsichtlich der erteilten Fassung Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 und damit auch die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 gelten gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend:
1. Der Inhalt der Druckschrift US 5 867 099 A [NK6] zählt nicht zum Stand der Technik, da diese im Prioritätsintervall, nämlich am 2. Februar 1999, veröffentlicht worden ist, und die vom Streitpatent in Anspruch genommene Priorität aus der Gebrauchsmusteranmeldung 298 04 089.1 [NK5a] vom 9. März 1998 wirksam ist, und daher der Prioritätstag nach Art. 89 EPÜ für die Anwendung des Art. 54 Abs. 2 EPÜ als Anmeldetag gilt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der Prioritätsanmeldung um dieselbe Erfindung wie beim Streitpatent (Art. 87 Abs. 1 EPÜ). Im Einzelnen entnimmt der Fachmann der Druckschrift NK5a eine
(1) Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung (Patentanspruch 1) mit einem
(2.1) auf einem Befestigungssockel 12 gehaltenen (Patentanspruch 1), (2.2) mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden (Seite 2, Absatz 2) (2) Leuchtmittel 14,
insbesondere einer Gasentladungslampe (Patentanspruch 1), und (3) einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels 14 als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor (Patentanspruch 1), dadurch gekennzeichnet, dass (4) der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul 16 gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne 16; und einer zugeordneten Sensorelektronik ist (Seite 4, letzter Absatz bis Seite 5, erster Absatz; Patentanspruch 1), (5) das so auf dem Befestigungssockel 12 vorgesehen ist, dass das Trägermodul 16 mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist (Seite 2, Absatz 2; Seite 4, letzter Absatz; Figur 1).
Für die Beurteilung der identischen Offenbarung von Prioritätsanmeldung und Nachanmeldung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung. Danach ist erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Prioritätsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann. Bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts sind auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zulässig. Dies gilt insbesondere dann, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2017 – X ZR 63/15, GRUR 2018, 175 – Digitales Buch, Rn. 30; BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – X ZR 107/12, GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal).
Wie der obige Merkmalsvergleich zeigt, handelt es sich bei der Prioritätsanmeldung um dieselbe Erfindung wie beim Streitpatent, so dass die Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 298 04 089.1 wirksam in Anspruch genommen worden ist.
2. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gilt gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als neu im Sinne des Art. 54 EPÜ.
2.1 Die Leuchtenvorrichtung gemäß der Druckschrift GB 2 213 983 A [NK7] geht hinsichtlich des Gegenstandes des erteilten Patentanspruchs 1 nicht über folgendes hinaus (vgl. Figur 1): Eine
(1) Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung (Seite 4, Zeilen 4-9) mit einem
(2.1) auf einem Befestigungssockel 12 gehaltenen, (2.2) mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels 12 begrenzenden (Seite 5, Zeilen 32-35) (2) Leuchtmittel 14, insbesondere einer Gasentladungslampe (Seite 5, Zeilen 18 und 19: compact fluorescent lamp the discharge vessel …) und (3) einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels (Seite 10, Zeile 35 bis Seite 11, Zeile 11) als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor 31 wobei (4)nicht der Bewegungssensor ein Infrarotsensor mit einer zugeordneten Sensorelektronik ist (Seite 4, Zeilen 4-10),
Abgesehen davon, dass in der Druckschrift NK7 kein Mikrowellensensor genannt ist, sondern ausschließlich ein Infrarotsensor, ist, anders als die Klägerin behauptet, durch die Figur 4 der Druckschrift NK7 zudem nicht offenbart, einen Sensor in einem durch die Außenwände eines Leuchtmittels gebildeten lichten Zwischenraum anzuordnen. Vielmehr ist gemäß Figur 4 der NK7 der dortige Sensor 62 innerhalb einer Leuchtstoffröhre angeordnet. Wollte man diese Anordnung auf die Kompaktleuchtstofflampe übertragen, die in der Figur 1 der NK7 dargestellt ist, würde der Fachmann den Sensor weiterhin innerhalb der Röhre anordnen und nicht außerhalb.
Auch die Aussage aus Seite 11, Zeilen 28 bis 29 der Druckschrift NK7, wonach bei der in der Figur 2 dargestellten Glühlampe der Bewegungssensor statt im Sockel auch im Glaskolben angeordnet sein könne, führt zu keiner anderen Einschätzung, da auch demnach der Sensor im Innenraum des Leuchtmittels angeordnet ist und nicht in einem durch die Außenwände gebildeten Zwischenraum. Ein Bereich, der als Zwischenraum im Sinne des Streitpatents zu betrachten sein könnte, ist im Übrigen zwar den Figuren 1 und 3 der Druckschrift NK7 zu entnehmen, nicht aber der dortigen Figur 2.
Somit unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 von der aus der Druckschrift NK7 bekannten bewegungssensorgesteuerten Leuchtenvorrichtung durch die Merkmale 4 und 5.
2.2 Die Leuchtenvorrichtung gemäß Druckschrift US 5 662 411 A [NK14] geht hinsichtlich des Gegenstandes des erteilten Patentanspruchs 1 nicht über folgendes hinaus: Eine
(1) Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung 20 (Titel: „motion activated light fixture“) mit einem
(2.1) (2)
auf einem Befestigungssockel 22 (Figuren 3A, 3B; Spalte 3, Zeile 40: „lamp sockets 22“) gehaltenen, Leuchtmittel (Spalte 3, Zeilen 35 bis 40: „illumination sources”), und
(3) einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor 24 (Spalte 3, Zeilen 51 bis 55; Spalte 4, Zeilen 1 und 2: „motion sensor component 24“),
wobei
(4)nicht der Bewegungssensor 24 ein auf einem Trägermodul (Spalte 3, Zeile bis Spalte 4, Zeile 3) gebildeter Infrarotsensor (Spalte 1, Zeilen 9 bis 26; Spalte 5, Zeilen 45 und 46) und einer zugeordneten Sensorelektronik (der Sensor allein kann nicht schalten, daher liest der Fachmann eine Sensorelektronik mit) ist,
(5)nicht das so auf einer Basisplatte 40 (Spalte 4, Zeilen 50 bis 54 i. V. m. Figur 4) vorgesehen ist, dass das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum zwischen zwei Leuchtmitteln aufgenommen ist (vgl. Figuren 3A oder 3B).
Die Betrachtungsweise der Klägerin, die beiden in den Figuren 3A sowie 3B dargestellten Leuchtmittel als ein einziges zu interpretieren, sowie die Basisplatte als Befestigungssockel im Sinne des Streitpatents, ist schon deshalb unbegründet, da es sich gemäß Streitpatent bei dem in den Merkmalen 2.1 und 5 genannten Befestigungssockel zweifelsfrei um dieselbe Baueinheit handelt, während die Druckschrift NK14 keinen Anlass gibt, in den Lampenfassungen 22 und der Basisplatte 40 insgesamt einen Befestigungssockel zu sehen.
Dazu kommt, dass der gemäß Druckschrift NK14 vorgesehene Bewegungssensor kein Mikrowellensensor ist, sondern ein Infrarotsensor.
Somit sind die Merkmale 4 und 5 aus den Druckschrift NK14 nicht bekannt, daher ist der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der aus der Druckschrift NK14 bekannten Leuchtenvorrichtung neu.
2.3 In der Druckschrift US 5 381 323 A [NK11] ist eine ähnliche Leuchtenvorrichtung offenbart wie in der Druckschrift NK14, wobei dieser Druckschrift nicht zu entnehmen ist, auf welchem physikalischen Prinzip der dortige Näherungssensor beruht. Zudem ist das Gehäuse 26 des Näherungssensors nicht zwischen den Lampenfassungen 16 und 17 angeordnet, sondern an einem zusätzlichen Tragarm 24, so dass der Inhalt der Druckschrift NK11 noch weiter von der Erfindung abliegt, als der der Druckschrift NK14.
Daher ist der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der aus der Druckschrift NK11 bekannten Leuchtenvorrichtung neu.
2.4 In der Druckschrift DE 37 23 009 A1 [NK12] ist eine Leuchtenanordnung mit mehreren auf einer Kreislinie angeordneten Leuchtmitteln 2 gezeigt, in deren Mitte ein Ultraschallsensor 5 angeordnet ist (vgl. Figuren 1a bzw. 1b).
Somit unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der aus der Druckschrift NK12 bekannten Leuchtenvorrichtung ebenfalls zumindest durch die Merkmale 4 und 5.
Gleiches gilt für die aus der Druckschrift US 5 087 767 [NK13] bekannte Leuchtenvorrichtung, bei der eine Vielzahl von Leuchtmitteln 70 sowie ein optischer Sensor 30 vorgesehen sind.
2.5 Auch aus den Druckschriften DE 196 23 481 A1 [NK8], WO 98/44467 A1 [NK9] sowie DE 196 01 489 A1 [NK10] sind zwar jeweils Leuchtenvorrichtungen mit Bewegungssensoren bekannt, in keiner davon ist jedoch gezeigt, dass der Sensor selbst bzw. ein Trägermodul, auf dem dieser angeordnet ist, in einem durch Außenwände des Leuchtmittels begrenzten lichten Zwischenraum oberhalb eines Befestigungssockels angeordnet wäre.
Auch die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass eine dieser Druckschriften alle im erteilten Patentanspruch 1 genannten Merkmale vorwegnehmen würde.
3. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gilt gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik nach Art. 56 EPÜ als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, da er sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt:
3.1 Ausgehend von der Druckschrift GB 2 213 983 A [NK7] mag der Fachmann noch in Betracht gezogen haben, statt eines Infrarotsensors einen Mikrowellensensor einzusetzen, wie er beispielsweise in der Druckschrift DE 196 23 481 A1 [NK8] für eine Leuchtensteuerungsvorrichtung vorgeschlagen ist (NK8, Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 8). Dies führt jedoch noch nicht zu einer Anordnung des in der Druckschrift NK8 in den Figuren 2 und 3 dargestellten und in Spalte 5, Zeilen 12 bis 32 beschriebenen Gerätes im lichten Zwischenraum eines Leuchtmittels, wie es in der Druckschrift NK7 beschrieben ist.
Vielmehr müsste entweder ausgehend von der Druckschrift NK7 das Leuchtmittel in der Anordnung seiner einzelnen Abschnitte gänzlich anders gestaltet werden, damit der für eine Standard-Unterputzdose vorgesehene Mikrowellensensor aus der Druckschrift NK8 Platz finden könnte oder ausgehend von der Druckschrift NK8 müsste der Aufbau des Mikrowellensensors neu gestaltet werden, damit er im Zwischenraum einer mehrfach gebogenen Energiesparlampe, wie sie in der Figur 1 der Druckschrift NK7 dargestellt ist, angeordnet werden könnte.
Zu einer derartigen Überlegung gibt weder die Druckschrift NK7 noch die Druckschrift NK8 Anlass, so dass der Fachmann hätte erfinderisch tätig werden müssen, um zu einer Kombination aus den Lehren der Druckschriften NK7 und NK8 zu gelangen.
3.2 Auch keine der weiteren von der Klägerin entgegengehaltenen Druckschriften regen den Fachmann dazu an, den bei einem Leuchtmittel vorhandenen lichten Zwischenraum zu nutzen, um dort zumindest einen Teil eines Mikrowellensensors bzw. dessen Trägermoduls unterzubringen.
Jedenfalls geben die Druckschriften NK11, NK12, NK13 oder NK14 hierzu keinen Anlass, da gemäß diesen Druckschriften der Sensor jeweils zwischen wenigstens zwei unterschiedlichen Leuchtmitteln angeordnet ist, die naturgemäß beliebig weit voneinander entfernt angeordnet sein können.
In den Druckschriften NK9 sowie NK10 ist jeweils der Stand der Technik wiedergegeben, der in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents als bekannt vorausgesetzt ist, wonach der Bewegungssensor benachbart außerhalb eines Leuchtmittels angeordnet ist, jedoch nicht in einem lichten Zwischenraum, der von Außenwänden dieses Leuchtmittels gebildet ist.
Dem Auszug aus dem Lehrbuch gemäß Druckschrift NK15 entnimmt der Fachmann lediglich Angaben über verschiedene Lampenfassungen und damit korrespondie- renden Lampensockeln. Hinsichtlich der erfindungsgemäßen Anordnung des Trägermoduls mit dem Mikrowellensensor, relativ zum Leuchtmittel, ist diese Druckschrift somit nicht relevant.
4. Die weiter angegriffenen Ansprüche 2 bis 10 des Streitpatents werden aufgrund ihrer Rückbeziehung von dem rechtsbeständigen Hauptanspruch getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedürfte.
III.
Da das Streitpatent in der erteilten Fassung Bestand hat, war die Nichtigkeitsklage abzuweisen, ohne dass es Ausführungen hinsichtlich der Hilfsanträge der Beklagten bedürfte.
B. Nebenentscheidungen Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
C. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss innerhalb eines Monats schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130) in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes (www.bundesgerichtshof.de/erv.html) übertragen werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Berufung vor Fristablauf eingeht.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet oder im Fall der elektronischen Einreichung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur versehen sein, die von einer internationalen Organisation auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes herausgegeben wird und sich zur Bearbeitung durch das jeweilige Gericht eignet. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Friehe Müller Jacobi Mater Dr. Haupt prö