8 W (pat) 63/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 63/12 Verkündet am 27. April 2017
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2005 033 205 …
BPatG 154 05.11 hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, Dr.-Ing. Dorfschmidt und Heimen beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 16 vom 19. April 2012 aufgehoben und das Patent mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 9 überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibungsseite 3, überreicht am 19. April 2012, mit der Maßgabe, dass Absatz 0016 gestrichen wird, im Übrigen wie beschränkt aufrechterhalten.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Das Patent 10 2005 033 205 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Verfahren zur auftragsbezogenen Änderung des Folienschlauchformats von einem Ausgangsformat zu einem Endformat sowie Blasfolienanlage, an der diese Änderung durchführbar ist“ ist am 13. Juli 2005 angemeldet worden. Mit Beschluss vom 19. Juli 2010 ist das Patent erteilt und am 2. Dezember 2010 ist die Erteilung veröffentlicht worden.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Wirkung vom 2. März 2011 Einspruch erhoben, mit dem der vollständige Widerruf beantragt wurde. Sie hat den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik bereits nicht mehr als neu angesehen. Mit Beschluss vom 19. April 2012 hat die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts das Streitpatent in der damals als Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung beschränkt aufrechterhalten. Ihrer Auffassung nach sei die Erfindung gemäß dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung nicht mehr neu, der Gegenstand in der beschränkt verteidigten Fassung sei gegenüber dem Stand der Technik jedoch sowohl neu als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom 29. August 2012. Sie führt in ihrer Beschwerdebegründung an, dass der Gegenstand nach Anspruch 1 auch in der beschränkten Fassung nicht patentfähig sei. Die Einsprechende stützt sich im Beschwerdeverfahren insgesamt auf folgende Druckschriften:
D1 EP 1 616 687 A1 D2 US 6 254 368 B1 D8 DE 27 21 609 C2 D13 EP 1 138 463 A2 D14 US 5 676 893 B1 D15 US 2002/0076459 A1.
Ihrer Auffassung nach sei auch der Gegenstand gemäß Anspruch 1 in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung sowohl gegenüber der nachveröffentlichten Druckschrift älteren Rechts der D1 als auch gegenüber dem vorveröffentlichten Dokument D8 nicht mehr neu. Darüber hinaus sei zumindest seine erfinderische Tätigkeit gegenüber der D8 nicht gegeben.
Die Patentinhaberin reicht in der mündlichen Verhandlung einen neuen Anspruchssatz mit geänderten Patentansprüchen 1 bis 9 ein, mit dem sie das Patent gemäß Hauptantrag weiter eingeschränkt verteidigt. Zudem reicht sie eine geänderte Beschreibungsseite 3 mit der Maßgabe ein, den Absatz [0016] zu streichen.
Der Patentanspruch 1 lautet:
„Verfahren bei dem eine auftragsbezogene Änderung des Folienschlauchformats von einem Ausgangsformat zu einem Endformat von Folienschläuchen (1), welche von Blasfolienanlagen (15) extrudiert werden, vorgenommen und durch eine Steuervorrichtung gesteuert wird, bei dem während der Formatumstellung die Lage des Frostbereiches (3) durch eine Einstellung der Leistung der Kühlgebläse (20, 23, 27) optimiert wird, bei dem in der Steuervorrichtung (31) physikalische Parameter des Ausgangs- und des Endformats des Folienschlauchs (1) abgelegt werden, wobei die Steuervorrichtung (31) diese physikalischen Parameter bei der Generierung von Steuersignalen berücksichtigt, und dass diese Steuersignale der Steuerung der Kühlgebläseleistung zugrunde liegen, dadurch gekennzeichnet, dass die physikalischen Parameter die Fläche der Folienblase (1) und der Extrudatdurchsatz pro Zeiteinheit und die Abzugsgeschwindigkeit der Folie sind und dass die Steuervorrichtung (31) aufgrund physikalischer Parameter des Ausgangs- und des Endformats physikalische Parameter der Zwischenformate ermittelt.“
Der nebengeordnete Patentanspruch 8 lautet:
„Blasfolienanlage (15), an welcher eine Einstellung der Formate von Folienschläuchen (1), welche von der Blasfolienanlage (15) extrudiert werden, von einem Anfangs- auf ein Endformat vornehmbar und durch eine Steuervorrichtung steuerbar ist und an welcher eine Einstellung der Leistung der Kühlgebläse (20, 23, 27) vornehmbar ist, wobei eine Steuervorrichtung (31) vorgesehen ist, in welcher physikalische Parameter des Ausgangs- und des Endformats des Folienschlauchs (1) ablegbar sind und mit welcher aufgrund dieser physikalischen Parameter Steuersignale generierbar sind, wobei mit den Steuersignalen zumindest ein Teil der Steuerung der Kühlgebläseleistung vornehmbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass mit der Steuervorrichtung (31) als physikalischen Parametern die Fläche der Folienblase (1) und der Extrudatdurchsatz pro Zeiteinheit und die Abzugsgeschwindigkeit der Folie berücksichtigt sind, dass zumindest eines der an der Kühlung der Folienblase (1) beteiligten Gebläse (20, 23, 27) klappenlos mit seiner Luftauslassöffnung verbunden ist und dass mit der Steuervorrichtung (31) aufgrund physikalischer Parameter des Ausgangs- und des Endformats physikalische Parameter der Zwischenformate ermittelbar sind.“
Die Einsprechende sieht auch die neuen Gegenstände gemäß den unabhängigen Ansprüchen 1 und 8 als nicht patentfähig an, da sowohl das Verfahren als auch die Blasfolienanlage zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
Hierbei sieht die Einsprechende die D8 als nächstliegenden Stand der Technik an, die allein, oder in Verbindung mit der Druckschrift D15, die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche nahelegen würden. Darüber hinaus sei in der Streitpatentschrift kein Unterschied zwischen Steuern und Regeln beschrieben. Somit wisse der Fachmann nicht, wie beide Begriffe abzugrenzen seien.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. April 2012 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hauptantrag, Beschreibungsseite 3, jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie beschränkt aufrechterhalten.
Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche sowohl neu seien als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Es sei zumindest in der vorliegenden, weiter beschränkten Fassung nun eindeutig, dass es sich bei dem Formatwechsel von einem Ausgangsformat zu einem Endformat um einen Steuerungsprozess handele, der aus dem Stand der Technik nicht nahegelegt sei. Der Fachmann verstünde zudem sehr wohl, was mit Steuern im Gegensatz zu Regeln zu verstehen sei.
Wegen der weiteren Patentansprüche des Hauptantrags sowie wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Einsprechenden ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§ 73 Abs. 2 PatG). In der Sache ist sie nur insoweit begründet, als sie zur (weiteren) Beschränkung des Patents führt. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 8 sind patentfähig (§§ 1 bis 5 PatG).
1. Als Fachmann ist vorliegend ein Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Kunststofftechnik anzusehen, der bereits mehrere Jahre Berufserfahrung aufweist und im Bereich der Konstruktion von Blasfolienanlagen tätig ist.
2. Das Streitpatent betrifft nach Anspruch 1 ein Verfahren zur Einstellung der Formate von Blasfolienschläuchen [0001].
Derartige Blasfolienschläuche werden kontinuierlich in großen Mengen in einer Art endlosem Extrusionsprozess erzeugt, wobei eine stabile Aufrechterhaltung des zum Teil mit großer Geschwindigkeit und großen Schlauch-Durchmessern verlaufenden Prozesses von grundsätzlicher Bedeutung ist. Einen besonderen Stellenwert in diesem Prozess stellt dabei der Verfestigungsbereich der Kunststoffschmelze in dem sich bildenden und sich erweiternden Schlauchkörper dar („Frostlinie“ bzw. „Frostbereich“ oder „Einfrierzone“), da eine Verschiebung dieses Bereiches sowohl zu weit nach unten in Richtung Extrusionsdüse als auch nach oben in Richtung des Kalibrierkorbes die Gefahr der Zerstörung des Schlauches nach sich ziehen kann.
Eine spezielle Herausforderung stellt – gemäß Streitpatentschrift – die Einstellung des Frostbereiches bei Formatwechseln dar [0008]. Hierbei könnten sich bedeutende physikalische Größen zwischen dem Ausgangs- und dem Endformat nennenswert ändern, so dass es schwer sei, die Lage des Frostbereichs in die gegebenenfalls neue Sollposition zu positionieren. Als Zielsetzung ergibt sich somit für das Streitpatent, den Formatwechsel möglichst stabil zu vollziehen und die Lage des Frostbereiches zu optimieren.
Das Streitpatent nach Anspruch 1 lautet in einer gegliederten Fassung:
1. Verfahren, bei dem eine auftragsbezogene Änderung des Folienschlauchformats von einem Ausgangsformat zu einem Endformat von Folienschläuchen (1), welche von Blasfolienanlagen (15) extrudiert werden, vorgenommen und durch eine Steuervorrichtung gesteuert wird,
1.1 bei dem während der Formatumstellung die Lage des Frostbereiches (3) durch eine Einstellung der Leistung der Kühlgebläse (20, 23, 27) optimiert wird,
1.2 bei dem in der Steuervorrichtung (31) physikalische Parameter des Ausgangs- und des Endformats des Folienschlauchs (1) abgelegt werden,
1.3 wobei die Steuervorrichtung (31) diese physikalischen Parameter bei der Generierung von Steuersignalen berücksichtigt,
1.4 und dass diese Steuersignale der Steuerung der Kühlgebläseleistung zugrunde liegen,
1.5 wobei die physikalischen Parameter die Fläche der Folienblase (1) und der Extrudatdurchsatz pro Zeiteinheit und die Abzugsgeschwindigkeit der Folie sind und
1.6 wobei die Steuervorrichtung (31) aufgrund physikalischer Parameter des Ausgangs- und des Endformats physikalische Parameter der Zwischenformate ermittelt.
Kennzeichnend für das Verfahren nach Anspruch 1 ist, dass die (auftragsbezogene) Änderung des Folienschlauchformats durch eine Steuervorrichtung – und somit explizit gesteuert – erfolgt. Ein „geregelter“ Prozess soll somit für den Prozess des Formatwechsels ausdrücklich unterbleiben. Dies ergibt sich schon aus den Merkmalen des Anspruchs 1 insgesamt, wobei auch die Auslegung durch die durch Streichung des Absatzes 16 der Patentschrift geänderte Beschreibung und die Zeichnung zu keinem anderen Verständnis des Anspruchs 1 führt.
Der übliche „stationäre“ Produktionsprozess des Folienblasformens findet durchaus in der großtechnologischen Produktion in aller Regel mittels geregelter Prozesse statt. Unter „Regeln“ versteht der Fachmann dabei – im Gegensatz zum Steuern – die ständige Einbeziehung von zumindest einer Mess- bzw. Regelgröße in einen Regelkreis, bei dem ein Soll-/Istwert-Vergleich stattfindet und durch den Regelvorgang eine Angleichung von Ist- und Sollwert vorgenommen wird. Die Zielsetzung des Streitpatents ist – unabhängig von der stationären Betriebsweise – während der Formatumstellung einen solchen Regelungsprozess auszuschließen und den Prozess in definierter Weise gesteuert ablaufen zu lassen.
Nach Merkmal 1.6 soll der Steuerungsprozess bei der Formatumstellung derart erfolgen, dass die Steuerungsvorrichtung aufgrund physikalischer Parameter des Ausgangs- und des Endformates physikalische Parameter der Zwischenformate ermittelt (berechnet), die dann gegebenenfalls während des Formatwechsels „angefahren“ werden. Als physikalische Größen sind dabei (in Kombination) die Fläche der Folienblase (Durchmesser der Blase), der Extrudatdurchsatz pro Zeiteinheit und die Abzugsgeschwindigkeit der Folie definiert (Merkmal 1.5). Die Steuersignale dienen hierbei der Steuerung der Kühlgebläseleistung, mittels der bei der Formatumstellung insbesondere die Lage des Frostbereiches (Einfrierbereiches) optimiert werden soll (Merkmal 1.1). Eine Rückkopplung mit beliebigen Messgrößen findet somit während des Steuerungsprozesses nicht statt.
3. Der Gegenstand des unstrittig zulässig eingeschränkten Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem Stand der Technik neu (§ 3 PatG), keines der vorliegenden Dokumente weist alle Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1 auf.
Die Druckschrift D1 (EP 1 616 687 A1) ist gegenüber der Anmeldung des Streitpatents nachveröffentlicht, jedoch mit älterem Recht auch für das Bestimmungsland Bundesrepublik Deutschland, so dass das Dokument lediglich im Hinblick auf Neuheit Berücksichtigung finden kann (Stand der Technik nach § 3, Abs. 2 PatG).
Die D1 offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Überwachung und Konstanthaltung der Produktionsbedingungen bei der Herstellung von Schlauchfolien (Beschreibungseinleitung, Patentansprüche 1 und 17). Dabei ist es die Zielsetzung der D1, die Temperatur der Schlauchfolienblase an mindestens zwei Punkten oder Umfangsbereichen in Produktionsrichtung nach dem Austritt aus dem Ringkanal des Extrusionswerkzeugs (oder alternativ entlang der Schlauchbildungszone, Patentanspruch 2) kontinuierlich oder in kurzen Zeitzyklen zu messen, um so mittels eines Prozessrechners geeignete Stell- bzw. Korrekturgrößen für „ausgewählte, die Prozesskonstanz in der Schlauchbildungszone (11) beeinflussende Anlagenparameter“ erzeugen zu können (Regelung; Patentanspruch 1). Damit ist bei der D1 alles auf eine Stabilisierung eines ausgewählten Prozesses im Sinne gewählter relevanter „auftragsspezifischer Einstelldaten“ ausgerichtet. Die auf den Absatz [0021] bezogene Ausführungsform des Anfahrens der Anlage mittels „relevanter auftragsspezifischer Einstelldaten“ bei einer späteren „Wiederholung des Auftrags“ betrifft nach fachlichem Verständnis eindeutig das Anfahren aus dem „Stillstand“. Dieses Anfahren muss prinzipiell zumindest zu Beginn rein gesteuert (oder alternativ manuell) erfolgen.
Ein Verfahren oder eine Vorrichtung zur „auftragsbezogenen Änderung des Folienschlauchformats von einem Ausgangsformat zu einem Endformat von Folienschläuchen“ (Merkmal 1) ist in D1 indes nicht beschrieben und ergibt sich für den Fachmann auch nicht implizit. Es ist aus der D1 gerade nicht entnehmbar, dass während des Betriebs von einem Produktionsformat auf ein anderes umgestellt werden kann, denn gemäß der Ausrichtung der technischen Lehre der D1 ist es das Ziel, die Prozessbedingungen zu überwachen und konstant zu halten. Damit sind auch alle weiteren Merkmale der Gegenstände der Patentansprüche 1 bzw. 8, die die physikalischen Parameter der Ausgangs- und Endformate betreffen, nicht bekannt.
Darüber hinaus sind diesbezüglich in D1 auch keine Steuerungsprozesse beschrieben, denn „…die systematische und kontinuierliche Überwachung der Stabilität der Schlauchbildungszone und der Lage der Einfriergrenze…“ ([0015]) soll aufgabengemäß „…in einem oder mehreren Stell- oder Regelkreisen oder kombinierten Stell/Regelkreisen…“ erfolgen, bei denen „…die Veränderung der Einfriergrenze indirekt über ein…Temperaturprofil ermittelt wird und bei auftretenden Änderungen dieses Temperaturprofils Prozessparameter… automatisch so angepasst werden, dass sich der alte Zustand des Temperaturprofils wieder einstellt…“ (dto.). Dies ist auch in seiner inhaltlichen Beschreibung zweifelsfrei ein regelungstechnischer Prozess.
Die seitens der Beschwerdeführerin ebenfalls maßgeblich herangezogene Druckschrift D8 (DE 27 21 609 C2) offenbart eine Regeleinrichtung für eine Anlage zur Herstellung von Kunststoffblasfolien. Die Zielsetzung der D8 besteht dabei darin, die Regeleinrichtung derart weiterzuentwickeln, dass sie „bei voll geregelter Arbeitsweise mit engen Toleranzen“ gefahren werden kann (Sp. 3, Z. 10 – 14). Hierzu werden verschiedene Regelkreise zusammen oder unabhängig voneinander in den Prozess einbezogen, die als Füllgrad-, Foliendicken-, Folienbreiten- und Korbhöhenregelkreis bezeichnet werden (Patentanspruch 1). Darüber hinaus betrachtet die D8 beim Herstellprozess verschiedene Betriebszustände, die sie als „Vorbereitung zum Anfahren, Anfahren, Normalbetrieb und Produktumstellung“ bezeichnet (Sp. 5, Z. 17 bis 20).
Das gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 relevante Verfahren zur auftragsbezogenen Änderung des Folienschlauchformats von einem Ausgangsprodukt zu einem Endprodukt entspricht somit der Betriebsweise der „Produktumstellung“ nach der D8, die speziell in Sp. 7 unter d) näher beschrieben ist. Hierbei werden verschiedene Formatumstellungen betrachtet, die allesamt mit unterschiedlichen Regelkreisen realisiert werden, wobei abhängig von Randbedingungen einzelne Regelkreise zu- und auch abgeschaltet werden. Bei den aufgeführten Prozessvarianten der Produktumstellung werden zumindest die beiden Regelkreise für die Foliendicke (21) und die Folienbreite (23) lediglich im Wechsel betrieben. Zudem bleibt „während der gesamten Produktumstellung… selbstverständlich der Korbhöhenregelkreis (25) im Eingriff…“ (Sp. 8, Z. 35 ff.). Damit beschreibt die D8 für die Betriebsweise der Produktumstellung von einem Ausgangs- zu einem Endformat explizit den kontinuierlichen Eingriff von mehreren Regelkreisen. Eine Formatumstellung, die rein steuerungsmäßig abläuft, wird in D8 nicht beschrieben, so dass alle Merkmale, die sich auf die Steuervorrichtung und die diesbezüglichen, aufgrund physikalischer Parameter ermittelten Steuersignale beziehen (Merkmale 1, 1.2 bis 1.6), nicht bekannt sind.
Das Dokument D2 (US 6 254 368 B1) beschreibt und zeigt eine Blasfolienanlage, bei der die Zielsetzung besteht, die sogenannte Frostlinie auf einem konstanten Niveau zu halten („it is desired that the position of the frost line (16) is maintained at a constant level“, Sp. 2, Z. 22 f.). Hierzu wird vorgeschlagen, nicht mehr nur manuelle Anpassungen vorzunehmen, sondern durch eine automatisierte Regelung des Kühlluftstroms und/oder des Extrudatdurchsatzes diese Frostlinie auf einem vordefinierten Niveau zu halten (Sp. 2, Z. 63 bis Sp. 3, Z. 11). Damit könne die Qualität beträchtlich erhöht werden, ohne dass eine manuelle Kontrolle erfolgen müsse. Die Regelung über die Bestimmung der Frostlinie als Messgröße („frost line level sensor“) ist in Sp. 3, Z. 53 ff. näher beschrieben.
Eine Formatänderung während des Folien-Herstellungsprozesses ist nicht offenbart, insofern ist der D2 auch keine Information hinsichtlich des Steuerungsprozesses bei einer solchen Änderung zu entnehmen.
Die seitens der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung noch herangezogene Druckschrift D15 (US 2002/0076459 A1) betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur automatisierten Steuerung bzw. Regelung der Korbgröße in einer Folienextrusionsanlage („Method and apparatus for automatic control of cage size in an extruded film production line“, Bezeichnung der D15). Dabei wird allerdings lediglich die Phase des Anfahrens eines extrudierten Folienschlauchs in einer Blasfolienextrusionsvorrichtung betrachtet („A system for starting up an extruded film tube in a blown film extrusion apparatus…“; Abstract sowie entsprechend auch im einzigen Patentanspruch).
Lediglich in den von der Einsprechenden verwiesenen Absätzen [0382] bis [0384] (innerhalb des Anhangs 1) ist von einer Formatänderung die Rede. Hierbei wird jedoch nur Bezug auf die Bildschirm-Aufnahmen der Figuren 48 bis 53 genommen, aus denen allerdings nicht zu entnehmen ist, wie eine derartige Formatänderung verfahrenstechnisch abläuft. Die D15 offenbart somit kein Verfahren mit einer Steuervorrichtung, wobei diese aufgrund physikalischer Parameter des Ausgangsund des Endformats physikalische Parameter der Zwischenformate ermittelt.
Die Druckschrift D13 (EP 1 138 463 A2) offenbart ein Verfahren zur Regelung des Durchmessers von Folienschläuchen während ihrer Herstellung in Folienblasanlagen (Bezeichnung der D13). Dabei soll die „Regelung des Durchmessers der herzustellenden Folienschläuche mittels Abstandsmessung durch Ultraschall-Sensoren“ erfolgen ([0024]). Sofern in D13 ein Formatwechsel in Form eines geänderten Folienschlauchdurchmessers beschrieben ist (z. B. [0010]), wird ein zusätzlicher Ultraschall-Sensor zur direkten oder indirekten Bestimmung des Durchmessers der Schlauchblase vorgesehen [0027], der dann über eine Steuerung den oder die „Ultraschall-Sensoren für die eigentliche Abstandsmessung zwischen Sensoren und dem Folienschlauch“ einstellt [0029]. Zielsetzung der D13 ist somit, in Abhängigkeit des Signals dieses zusätzlichen Sensors, „die Anpassung des Arbeitsfensters des ersten Ultraschall-Sensors (17) an den Solldurchmesser“ vorzunehmen (Kennzeichnungsteil des Patentanspruchs 1). Eine Steuervorrichtung, die aufgrund physikalischer Zwischenparameter des Ausgangs- und des Endformats physikalische Zwischenparameter ermittelt und diese bei der Steuerung der Kühlgebläseleistung zugrunde legt, ist in D13 nicht beschrieben.
Aus der Druckschrift D14 (US 5 676 893 B1) ist eine Regelung von Kühlluft eines kreisförmigen Extrudats – darunter auch von Blasfolien (Abstract) – offenbart, wobei die Kühlluftregelung in Bezug zur lokalen Dickenmessung erfolgt („…to relate thickness measurement to said respective [cooling flow] control device“, Patentanspruch 1). Auch ein potentieller Formatwechsel in Form von veränderten Produktabmessungen erfordert in der Regel eine kontinuierliche Veränderung des Belüftungsspalts („…changeover to new product dimensions usually requires continuous scanning and change of gap 62b…“, Sp. 13, Z. 56 ff.) und wird somit ebenfalls regelungstechnisch durchgeführt. Eine Steuervorrichtung, die aufgrund physikalischer Zwischenparameter des Ausgangs- und des Endformats physikalische Zwischenparameter ermittelt und diese bei der Steuerung der Kühlgebläseleistung zugrunde legt, ist auch in der D14 nicht beschrieben.
Alle weiteren in den Vorverfahren zum Stand der Technik genannten Druckschriften sind von der Einsprechenden im Beschwerdeverfahren nicht herangezogen worden und liegen zudem weiter ab. Sie können die Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 nicht infrage stellen.
4. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG), es ist durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.
Ein geeigneter und zwischen den Beteiligten auch als unstrittig angesehener Ausgangspunkt des Standes der Technik ist das Verfahren zur Herstellung von Extru- sions-Blasfolien nach Druckschrift D8, weil dieses auch den Betriebszustand des Formatwechsels umfasst.
Gemäß den in Kap. II. 3. gemachten Ausführungen zur D8 ist die Betriebsweise der Formatumstellung – dort als „Produktumstellung“ bezeichnet – ausdrücklich beschrieben. Die jeweils betrachteten Varianten der Produktumstellungen beinhalten für alle Fallstudien zumindest zwei aktive Regelkreise während des Umstellungsprozesses, so dass der Fachmann aus der D8 heraus keine Anregung entnehmen kann, von der Regelungspraxis abzuweichen. Sofern er in der Praxis mit Schwierigkeiten konfrontiert sein sollte, den Umstellungsprozess von einem Ausgangsformat zu einem Endformat stabil und sicher zu realisieren, so versucht er primär, die jeweiligen Regelkreise besser aufeinander abzustimmen. Er hat diesbezüglich die Möglichkeit, die Randbedingungen hinsichtlich der Sperrung oder der Freigabe verschiedener Regelkreise zu verändern. Zudem kann der Fachmann durch Veränderung der Regelparameter ebenfalls auf einen stabilen Prozess beim durchzuführenden Formatwechsel einwirken. Zu einer völligen Aufgabe des regelungstechnischen Betriebs hat der Fachmann dagegen keine Veranlassung. Sofern bei extremen Änderungen des Formats oder sonstigen unkonventionellen Ereignissen eine geregelte Betriebsweise nicht möglich sein sollte, so besteht als Sicherheitsmaßnahme immer noch die Möglichkeit, dass der erfahrene Betreiber die Anlage in manueller Steuerung in eine stationäre Betriebsstellung fährt.
Auch die Heranziehung der weiteren Dokumente – sofern hierfür überhaupt eine Veranlassung zugrunde gelegt werden könnte – führt den Fachmann nicht zum Verfahren nach Anspruch 1. Die noch in der mündlichen Verhandlung seitens der Einsprechenden herangezogene D15 betrifft das Anfahren bei der Blasfolienherstellung und somit eine andere, mit einem Formatwechsel nicht zu vergleichende Betriebsweise. Die Druckschrift offenbart lediglich im Anhang (Appendix 1) in den Absätzen [0362] und [0382] bis [0384] mit Verweis auf die Figuren 48 bis 53 (Bildschirmaufnahmen mit nicht näher erläuterten Kurvenverläufen) einige Format-
/Größenänderungen von Blasfolien, über deren Steuerung bzw. Regelung nichts näher ausgeführt ist. Der Absatz [0273], auf den die Einsprechende verweist, beschreibt keinen Formatwechsel, hier ist lediglich offenbart, dass frühere Prozessoder Einstelldaten genutzt werden sollen („…to utilize prior recorded operating conditions…“), wobei vor und nach dem Absatz jeweils vom Anfahrprozess („startup routine“, „startup operations“) die Rede ist. Auch der Verweis auf Absatz [0276] führt zu dem gleichen Ergebnis, dort ist durchgängig der Anfahrprozess beschrieben.
Die D15 beschreibt jeweils nicht, dass in einer Steuereinrichtung physikalische Parameter des Ausgangsformats und des Endformats des Folienschlauchs abgelegt werden und dass die Steuereinrichtung aufgrund spezifischer physikalischer Parameter dieser Ausgangs- und Endformate entsprechende physikalische Parameter von Zwischenformaten ermittelt, mit denen der Formatwechselprozess gesteuert wird (zumindest Merkmale 1.2 und 1.6). Eine solche Betriebsweise kann die D15 auch nicht nahelegen, da es für den Anfahrprozess die Anfangsformate nicht gibt und im Hinblick auf die kurz beschriebenen Formatwechsel ebenfalls keine derartige Steuereinrichtung offenbart ist.
Auch die Druckschrift D13 kann dieses nicht nahelegen. Grundsätzlich offenbart die D13 ein Verfahren zur Regelung des Durchmessers von Folienschläuchen, der über einen oder mehrere („üblicherweise drei“, [0049]) sogenannte „erste“ Ultraschall-Sensoren (17) gemessen wird. Da diese Sensoren üblicherweise „nicht sehr starr montiert“ seien, bestünde „die Gefahr, dass die Sensoren ihre exakte Ausrichtung“ verlören „und in der Folge Regelungsfehler“ auftreten würden [0023]. Die D13 sieht deshalb einen zusätzlichen Ultraschall-Sensor (18, gegebenenfalls 18a und 18b) vor, der entweder auf die Schlauchblase selbst oder einen Reflektor gerichtet ist (Objekt 21, [0048]). Eine Abstandsänderung dieses Sensors bewirkt eine Änderung der Eingangsgröße für die dazugehörige Sensorsteuerung (20), über die „die Verschiebung des Arbeitsfensters der Ultraschallsensoren (17)“ erfolgen soll [0045].
Die D13 sieht somit grundsätzlich nur die Steuerung des Arbeitsbereichs der für die Durchmesser-Regelung relevanten Ultraschallsensoren vor. Damit legt die D13 ausgehend von dem Verfahren nach D8 bereits nicht nahe, dass eine Änderung des Folienschlauchformats von einem Ausgangsformat zu einem Endformat durch eine Steuereinrichtung erfolgt – und nicht durch eine Regelung. Zudem kann der Fachmann auch aus D13 keine Anregung entnehmen, dass die Steuereinrichtung aufgrund physikalischer Parameter des Ausgangs- und des Endformats physikalische Parameter der Zwischenformate ermittelt, um mittels diesen das Endformat zu erreichen.
Gleiches gilt auch für das in der D14 beschriebene Verfahren, das gemäß den oben stehenden Ausführungen zur Neuheit ebenfalls geregelt stattfindet. Eine reine Steuerung des Formatwechsels – zudem über die Ermittlung von physikalischen Parametern der Zwischenformate aufgrund der physikalischen Parameter des Ausgangs- und des Endformats – ist aus D14 nicht nahegelegt.
Wie bereits unter Punkt II. 3. dargelegt, offenbart das Dokument D2 ein Verfahren zur Regelung eines „stationären“ Herstellungsprozesses von Blasfolien, um den Frostbereich auf einem vordefinierten Niveau konstant zu halten. Darüber hinaus beschreibt die D2 kein Verfahren zur Änderung des Formats bei der Herstellung von Folienschläuchen bei Blasfolienanlagen und gibt an keiner Stelle einen Hinweis auf die Durchführung einer derartigen Formatänderung. Insofern kann die D2 dem Fachmann keine Anregungen geben, ausgehend vom dem Verfahren nach D8 auf das Verfahren nach Anspruch 1 zu gelangen.
Alle weiteren Druckschriften wurden von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung nicht weiter herangezogen und liegen zudem weiter ab. Sie bringen hinsichtlich der Beurteilung der Patentfähigkeit keine neuen Gesichtspunkte. Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5. Der nebengeordnete Anspruch 8 ist auf eine entsprechende Blasfolienanlage gerichtet, mit der das Verfahren nach Anspruch 1 durchführbar ist. Darüber hinaus ist ein zusätzliches Merkmal enthalten, wonach zumindest eines der an der Kühlung der Folienblase (1) beteiligten Gebläse (20, 23, 27) klappenlos mit seiner Luftauslassöffnung verbunden ist. Der Patentanspruch 8 hat demzufolge im Wesentlichen nichts anderes als die Formulierung der in Patentanspruch 1 offenbarten Lehre in Form eines Vorrichtungsanspruchs zum Inhalt. Die Gesichtspunkte, die der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Patentanspruch 1 zugrunde liegen, gelten daher gleichermaßen zu Patentanspruch 8 (BGH GRUR 2009, 746, Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
6. Mit den bestandsfähigen nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 8 haben auch die auf diese rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7 sowie 9 Bestand, da ihre Gegenstände über selbstverständliche Maßnahmen hinausgehen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Zehendner Dr. Huber Dr. Dorfschmidt Heimen prö