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KVZ 14/19

BUNDESGERICHTSHOF KVZ 14/19 BESCHLUSS vom 8. Oktober 2019 in der Kartellverwaltungssache ECLI:DE:BGH:2019:081019BKVZ14.19.0 Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Prof. Dr. Kirchhoff sowie die Richterinnen Dr. Picker, Dr. Rombach und Dr. Linder beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. März 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Bundeskartellamts tragen die Antragstellerinnen.

Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 250.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Das Bundeskartellamt ermittelte wegen des Verdachts von Absprachen bei Produktion und Vertrieb von Asphaltmischgut unter anderem gegen die G.

GmbH (G. ) sowie gegen die M.

GmbH (M.

alt), deren Schwestergesellschaft O.

(O. ) und deren Muttergesellschaft, die Antragstellerin zu 1 (M. ). Die Antragstellerin zu 2

(MA.) ist Rechtsnachfolgerin der M. alt und der O. und ebenfalls eine Tochtergesellschaft der M. . Am 7. Dezember 2018 erließ das Bundeskartellamt einen Bußgeldbescheid gegen die geständige G. .

In einer dazu herausgegebenen Pressemitteilung vom 10. Dezember 2018 erwähnte das Amt eine Tatbeteiligung von Tochtergesellschaften der M. mit dem Hinweis, dass das Verfahren gegen eine bestehende M. Tochtergesellschaft mangels wirksamer Rechtsnachfolge, das Verfahren gegen M. aus Ermessensgründen eingestellt worden sei. In einer überarbeiteten Fassung vom 14. Dezember 2018 wurde eine Beteiligung der M. -Tochtergesellschaften an den Absprachen nicht mehr erwähnt. Stattdessen hieß es nunmehr, dass das Verfahren auch gegen die M. und die M. alt geführt worden sei; im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens gegen die Rechtsnachfolgerin der M. alt wegen der als "Wurstlücke" bekannt gewordenen Gesetzeslücke und die Ermessensentscheidung zur M. werde eine Klärung der Tatbeteiligung der M. Gruppe im Bußgeldverfahren nicht mehr erfolgen. Nach Erlass des angefochtenen Beschlusses veröffentlichte das Bundeskartellamt ferner einen Fallbericht, in dem bei der Wiedergabe des im Bußgeldbescheid gegenüber der G. festgestellten Sachverhalts die Tatbeteiligung der M. alt und der O. erwähnt wird.

Mit der Beschwerde haben die Antragsteller begehrt, dem Amt aufzugeben, aus dem Bußgeldbescheid Feststellungen über ihre oder ihrer Rechtsvorgänger Tatbeteiligung zu entfernen, keinen Fallbericht zu veröffentlichen, der sie oder ihre Rechtsvorgänger im Zusammenhang mit der Tat erwähnt, sowie die Pressemitteilung vom 14. Dezember 2018 durch eine Mitteilung zu ersetzen, aus der sich ergebe, dass M. und M. alt nicht tatbeteiligt gewesen seien.

Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor:

1. Die Frage, ob ein nach den Feststellungen des allein gegen einen Dritten ergangenen Bußgeldbescheids tatbeteiligtes Unternehmen im Bußgeldbescheid namentlich genannt werden darf, ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist vielmehr mit dem Beschwerdegericht zweifelsfrei zu bejahen, weil die Benennung der tatbeteiligten Unternehmen zur Konkretisierung der Tat, die dem verfolgten Unternehmen vorgeworfen wird, erforderlich ist. Es ist zur Wahrung der Abgrenzungsfunktion des Bußgeldbescheids bei einem Verstoß gegen das Kartellverbot des § 1 GWB geboten, dem Betroffenen im Bescheid mitzuteilen, mit welchen anderen Unternehmen er eine Vereinbarung getroffen oder eine Verhaltensweise abgestimmt haben soll. Soweit dazu dritte Tatbeteiligte genannt werden, gegen die sich das Verfahren nicht oder nicht mehr richtet, steht dies zur Unschuldsvermutung nicht in Widerspruch (vgl. BVerfG [Kammer], NJW 2009, 3569 [juris Rn. 5]; EGMR NJW 2015, 37 Rn. 64, 67).

Das Bundeskartellamt weist ferner zutreffend darauf hin, dass die Benennung der tatbeteiligten Unternehmen, auch soweit sie nicht verfolgt werden, für die sachliche Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidung im Bußgeldverfahren von Bedeutung ist. Denn die Kunden solcher Unternehmen können sich zwar nicht gegenüber diesen, wohl aber gegenüber dem oder den Adressaten des Bußgeldbescheids auf die Bindungswirkung des § 33b GWB berufen.

2. Ebenso wenig ist klärungsbedürftig, ob eine im Bußgeldbescheid festgestellte Tatbeteiligung im Fallbericht erwähnt werden darf. § 53 Abs. 5 GWB ermächtigt das Amt zu einer solchen Darstellung, bei der lediglich deutlich werden muss, dass sie gegenüber einem nicht oder nicht mehr verfolgten Unternehmen keine Rechtswirkung und keine Bindung entfaltet. Soweit Dritte im Bußgeldbescheid genannt werden, sind sie auch als an dem Verstoß beteiligte Unternehmen im Fallbericht zu erwähnen (§ 53 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GWB). Es besteht ein Gleichlauf zwischen den Tatbeteiligten laut Bußgeldbescheid und denjenigen laut Fallbericht.

Die Nennung tatbeteiligter, aber nicht bebußter Dritter im Fallbericht entspricht Sinn und Zweck des § 53 Abs. 5 GWB, dem Informationsbedürfnis möglicher Geschädigter Rechnung zu tragen, um ihre Ausgangsposition für Schadensersatzansprüche durch rasche Marktinformation zu verbessern (vgl. Regierungsentwurf eines 9. Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BT-Drucks. 18/10207, S. 82; vgl. § 53 Abs. 5 GWB Satz 2 Nr. 5 und 6 GWB). Die Nennung der nicht oder nicht mehr verfolgten, jedoch an der Kartellabsprache beteiligten Unternehmen erleichtert die Durchsetzung von Kartellschadensersatzansprüchen, weil die Kunden dieser Unternehmen das bebußte Unternehmen als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen können (§ 33d Abs. 1 GWB).

3. Der zur Pressemitteilung des Amtes gestellte Antrag wirft schon deshalb keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, weil er darauf gerichtet ist, dass M. und M. alt entgegen den Feststellungen im Bußgeldbescheid gegen G. und danach in unzutreffender Weise als nicht tatbeteiligte Unternehmen dargestellt werden sollen.

4. Schließlich stellt sich auch im Zusammenhang mit § 72 Abs. 2 GWB keine in einem Rechtsbeschwerdeverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage. Das Beschwerdegericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragstellerinnen die begehrte Einsicht in den Kurzbußgeldbescheid gegen G. auf diesem Wege schon deshalb nicht erreichen können, weil sich der Bescheid nicht bei den Gerichtsakten befindet. Das Verfahren nach § 72 Abs. 2 GWB ist allein für Bestandteile der Gerichtsakten eröffnet (vgl. etwa Lembach in Langen/Bunte, Deutsches Kartellrecht, 13. Aufl., § 72 Rn. 5; MünchKomm.GWB/Stockmann, 2. Aufl., § 72 Rn. 3, 5; K. Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 5. Aufl., § 72 Rn. 4).

5. Der Wert des Verfahrens wird in Übereinstimmung mit dem Beschwerdegericht auf 250.000 € festgesetzt. Die Antragstellerinnen haben vor dem Beschwerdegericht erklärt, sie könnten die ihnen aufgrund der Pressemitteilung und des Fallberichts drohenden kartellrechtlichen Schadensersatzforderungen nicht beziffern, so dass der Streitwert vom Beschwerdegericht zu schätzen sei. Diese Schadenersatzansprüche können im Hinblick auf Dauer, Umfang und Schwere der in Rede stehenden Kartellrechtsverstöße sowie die gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 33d Abs. 1 GWB jedenfalls erheblich sein. Zudem droht den Antragstellerinnen ein bis zu dreijähriger Ausschluss von den für die Hersteller von Asphaltmischgut wirtschaftlich bedeutenden öffentlichen Aufträgen (§ 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB). Hinzu kommen Beeinträchtigungen des privaten Neugeschäfts infolge der öffentlichen Bloßstellung als Kartellbeteiligter.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Anträge mit Fallbericht, Pressemitteilung und Kurzbußgeldbescheid drei unterschiedliche, wenn auch zueinander in Beziehung stehende Streitgegenstände betreffen. Schließlich kann auch ein hoher Aufwand für die Rechtsverfolgung bei offenem Verfahrensausgang ein erhebliches wirtschaftliches Interesse indizieren.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.

Meier-Beck Rombach Kirchhoff Linder Picker Vorinstanz: OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.03.2019 - VI-Kart 7/18 (V) -

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