AnwZ (Brfg) 2/25
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AnwZ (Brfg) 2/25 vom
22. April 2025 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ECLI:DE:BGH:2025:220425BANWZ.BRFG.2.25.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Guhling, den Richter Dr. Remmert, die Richterin Grüneberg sowie die Rechtsanwälte Dr. Lauer und Prof. Dr. Schmittmann am 22. April 2025 beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das am 12. Dezember 2024 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des 2. Senats des Thüringer Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist seit 2001 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 25. September 2023 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies sie mit Bescheid vom 5. März 2024 zurück. Die Klage gegen den Widerrufsbescheid vom 25. September 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2024 hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls ist nach der Rechtsprechung des Senats allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; vom 10. März 2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3 mwN und vom 12. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 60/17, juris Rn. 4).
a) Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Hs. 2 BRAO). Ein Rechtsanwalt, der in diesem Verzeichnis eingetragen ist, muss nach ständiger Senatsrechtsprechung zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und konkret darlegen sowie belegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind (z.B. Senat, Beschlüsse vom 30. Mai 2022 - AnwZ (Brfg) 6/22, juris Rn. 6 m.zahlr.w.N. und vom 27. September 2023 - AnwZ (Brfg) 18/23, NJW-RR 2023, 1609 Rn. 12).
Der Kläger hat sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2024 in Vermögensverfall befunden. Der Anwaltsgerichtshof hat dies zu Recht aus der gesetzlichen Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Hs. 2 BRAO hergeleitet, da im Hinblick auf den Kläger zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids Eintragungen in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis bestanden (S. 7 i.V.m. S. 5 des angefochtenen Urteils).
Der Kläger hat die aus der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis folgende Vermutung des Vermögensverfalls nicht widerlegt. Soweit er geltend macht, es habe eines konkreten Hinweises des Anwaltsgerichtshofs darauf bedurft, dass er, der Kläger, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht ausreichend dargelegt habe, werden hierdurch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründet. Ihm wurde bereits mit Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2022 ein konkreter Fragenkatalog zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie zu den gegen ihn bestehenden Forderungen vorgelegt. Daraus war für ihn - zumal als Rechtsanwalt - ohne weiteres erkennbar, welche konkreten Angaben er zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls zu tätigen hatte. Zudem wurde der Kläger seitens der Beklagten in ihrem Widerspruchsbescheid vom 5. März 2024 darauf hingewiesen, dass er - wie bisher noch nicht erfolgt - zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzulegen sowie zu belegen hat,
dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind. Dieses Erfordernis wird ebenfalls in der Entscheidung des Senats vom 27. September 2023 (aaO) ausgeführt, auf die der Anwaltsgerichtshof den Kläger mit der Terminladung hingewiesen hat.
Dem Kläger musste mithin vor Augen stehen, welche Angaben und Belege von ihm erwartet wurden. Dennoch hat er sie nach den von ihm nicht angegriffenen Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs nicht getätigt beziehungsweise vorgelegt.
b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen auch nicht, soweit der Anwaltsgerichtshof eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden angenommen hat (S. 9 f. des angefochtenen Urteils). Die vom - weiterhin als Einzelanwalt tätigen - Kläger ergriffenen Maßnahmen schließen eine solche Gefährdung nicht aus. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Anwaltsgerichtshofs Bezug genommen. Insbesondere wird durch den Hinweis des Klägers in seinem Vollmachtsformular auf eine fehlende Geldempfangsvollmacht nicht ausgeschlossen, dass Dritte Fremdgelder dennoch an ihn zahlen. Zudem kann der Kläger diese selbstauferlegte Beschränkung jederzeit wieder rückgängig machen.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Rechtslage ist eindeutig und nicht klärungsbedürftig.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Guhling Remmert Grüneberg Lauer Schmittmann Vorinstanz: AGH Jena, Entscheidung vom 12.12.2024 - AGH 2/24 -