7 W (pat) 50/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 50/14
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2008 036 917.9 wegen Wiedereinsetzung hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 13. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Kortge BPatG 152 08.05 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Anmelder haben am 5. August 2008 eine Erfindung mit der Bezeichnung „Verfahren zur Wandlung thermischer Energie in mechanische und weiter in elektrische Energie“ beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zur Patentierung eingereicht.
Die für die Anmeldung fällig gewordene vierte Jahresgebühr wurde von den Anmeldern erst im April 2013 entrichtet und daraufhin wegen verspäteter Zahlung vom DPMA zurückgezahlt. Am 27. August 2013 ging beim DPMA per Telefax ein Schreiben des Anmelders zu 1) vom 26. August 2013 ein, worin er um „Zurückversetzung in den alten Zustand“ bat. Die nicht rechtzeitige Einzahlung der Jahresgebühr sei ein Fehler der Anmelder gewesen. Zur Begründung könne er nur seine sehr umfangreiche Erkrankung anführen, die es ihm zeitweise nicht erlaubt habe, sein Tagesgeschäft zu erledigen. Zwischenzeitlich sei die Gebühr samt Verspätungszuschlag erneut eingezahlt worden. Zum Nachweis hierfür legte der Anmelder zu 1) einen vom 23. August 2013 datierten Überweisungsauftrag des Anmelders zu 2) vor. Die erneute Zahlung ging am 26. August 2013 beim DPMA ein.
Durch Zwischenbescheid der Prüfungsstelle 13 des DPMA wurde den Anmeldern mitgeteilt, dass der am 27. August 2013 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag unzulässig sei, weil er nicht innerhalb der in § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG genannten Jahresfrist gestellt worden sei. In Beantwortung dieses Zwischenbescheids verwies der Anmelder zu 1) - unter Beifügung von ärztlichen Bescheinigungen - nochmals auf seine schweren Vorerkrankungen, die seine Möglichkeiten zur Erledigung seiner normalen Tätigkeit wesentlich eingeschränkt hätten.
Schließlich wurde der Wiedereinsetzungsantrag durch Beschluss der Prüfungsstelle 13 des DPMA vom 22. Oktober 2013 aus den bereits im Zwischenbescheid genannten Gründen als unzulässig verworfen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Sie beantragen sinngemäß,
- den angefochtenen Beschluss vom 22. Oktober 2013 aufzuheben und
- Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der vierten Jahresgebühr nebst Verspätungszuschlag zu gewähren.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Anmelder hätten in der Vergangenheit eine Aufgabenteilung vorgenommen, die dann an der Erkrankung des Anmelders zu 1) gescheitert sei. Diese Erkrankung sei als „höhere Gewalt“ anzusehen und demgemäß von den beiden Anmeldern weder verschuldet noch beeinflussbar.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Patentamt hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der vierten Patentjahresgebühr nebst dem Verspätungszuschlag zu Recht als unzulässig verworfen.
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar statthaft. Die Anmelder haben die Frist zur Zahlung der vierten Jahresgebühr für ihre Anmeldung versäumt und dadurch einen gesetzlich festgelegten Rechtsnachteil erlitten. Die Jahresgebühr war - ausgehend vom Anmeldetag 5. August 2008 - am 31. August 2011 fällig geworden (§ 3 Abs. 2 PatKostG). Sie hätte bis zum 31. Oktober 2011 ohne Zuschlag und mit Verspätungszuschlag noch bis zum 29. Februar 2012 gezahlt werden können (§ 7 Abs. 1 PatKostG). Der Anmelder zu 2) hat die Gebühr in Höhe von 70,-- € und den Verspätungszuschlag in Höhe von 50,-- € jedoch erst im April bzw. August 2013 und damit verspätet eingezahlt. Daher gilt die Anmeldung kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. März 2012 als zurückgenommen (§ 58 Abs. 3 PatG).
2. Im Übrigen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung jedoch nicht zulässig, da er nicht vor Ablauf der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG gestellt worden ist.
Da die Frist für die Zahlung der vierten Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag am 29. Februar 2012 abgelaufen ist, hätte der Antrag auf Wiedereinsetzung demnach bis spätestens 28. Februar 2013 gestellt werden müssen. Tatsächlich wurde der Antrag jedoch erst am 27. August 2013 gestellt.
Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG, wonach ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden kann, hat absoluten Charakter. Sie verfolgt mit der Begrenzung der Möglichkeit der Wiedereinsetzung - wie die entsprechende Vorschrift in § 234 Abs. 3 ZPO - im Interesse der Rechtssicherheit den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Verfahren zu verhindern und deren rechtskräftigen Abschluss zu gewährleisten. Billigkeitsgründe können daher nicht berücksichtigt werden (vgl. BPatG BlPMZ 1996, 357, 358; Schulte/Schell, PatG mit EPÜ, 9. Aufl., § 123 Rn. 30).
Entgegen der Auffassung der Anmelder liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise auch noch nach Ablauf der Jahresfrist in Betracht kommende Wiedereinsetzung nicht vor.
Von der Einhaltung der Jahresfrist kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in § 234 Abs. 3 ZPO nur in bestimmten Ausnahmefällen abgesehen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ursache der Überschreitung der Jahresfrist nicht in der Sphäre der Partei lag, sondern allein dem Gericht zuzurechnen ist (BGH, Beschluss vom 30. August 2010 – X ZR 193/03, Mitt. 2011, 24 Rn. 18 - Crimpwerkzeug IV m. w. N.).
Ebenso kann im patentamtlichen Verfahren nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen von der Einhaltung der Jahresfrist abgesehen werden, und zwar insbesondere dann, wenn die Fristüberschreitung auf Umstände zurückzuführen ist, die der Sphäre des Patentamts zuzurechnen sind (vgl. für den Fall der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Jahresgebühr: Senatsbeschluss vom 26. Februar 2009 – 10 W (pat) 40/06, BPatGE 51, 197, 202 - Überwachungsvorrichtung; für den Fall der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr: Senatsbeschluss vom 10. Februar 2012 – 10 W (pat) 38/08, Mitt. 2012, 293 f. - Wäschespinne). Danach kann bei der verspäteten Zahlung der Jahresgebühr ein solcher Ausnahmefall anzunehmen sein, wenn das Patentamt den Patentinhaber nicht über die verspätete Gebührenzahlung und den drohenden Rechtsverlust informiert hat und ihn vor Ablauf der Jahresfrist auch nicht über das Erlöschen des Patents in Kenntnis gesetzt hat, was - nachdem das Gesetz hierfür keine förmliche Mitteilung an den Patentinhaber vorschreibt - entweder durch Veröffentlichung im Patentregister oder durch Rücküberweisung der verspätet gezahlten Gebühr geschehen kann (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2009 – 10 W (pat) 40/06, BPatGE 51, 197, 202 - Überwachungsvorrichtung).
Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Der Eintritt des Rechtsverlusts kann im vorliegenden Fall insbesondere nicht dem Patentamt angelastet werden. Ob die Nichteinhaltung der Jahresfrist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags ausnahmsweise auch dann unschädlich ist, wenn sie auf höherer Gewalt beruht, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn auf das Vorliegen einer höheren Gewalt können sich die Anmelder nicht berufen. Dies gilt auch dann,
wenn man - entsprechend dem Vortrag der Anmelder - davon ausgeht, dass der Anmelder zu 1) nach der internen Aufgabenverteilung für die Gebührenzahlung zuständig war und auf Grund schwerwiegender Krankheiten weder die Gebührenzahlungsfrist einhalten noch innerhalb eines Jahres nach deren Ablauf einen Wiedereinsetzungsantrag stellen konnte. Es wäre Aufgabe der Anmelder gewesen, in einer solchen Situation die Aufgaben anders zu verteilen bzw. auf geeignete Weise die rechtzeitige Gebührenzahlung bzw. Stellung des Wiedereinsetzungsantrags sicherzustellen. So hätte die Gebühr vom Anmelder zu 2) innerhalb der gesetzlichen Frist oder zumindest innerhalb der Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung gezahlt werden oder es hätte ein Dritter (z. B. ein Rechts- oder Patentanwalt) damit betraut werden können.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Kortge prö