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17 W (pat) 21/17

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 21/17 Verkündet am 2. Oktober 2018

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2015 205 299.0 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann ECLI:DE:BPatG:2018:021018B17Wpat21.17.0 beschlossen:

-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 24. März 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:

„Vorrichtungen, Verfahren und Computerprogramm zum Bereitstellen einer Information über ein mobiles Logistikziel“.

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06Q vom 23. Februar 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung führt die Prüfungsstelle aus, dass der damals geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sowie der damals geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 vom Patentschutz ausgeschlossen sei (§ 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4) und der damals geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Die Vertreter der Anmelderin stellten den Antrag,

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 – 17 vom 30.08.2018, Beschreibung Seiten 1 – 31 und 8 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 – 8, jeweils vom Anmeldetag.

Der geltende Patentanspruch 1 (hier mit einer denkbaren Gliederung versehen) lautet:

M1.1 Vorrichtung (10) für eine Zentralstelle, zum Bereitstellen einer Information über ein mobiles Logistikziel, welches einem Fahrzeug entspricht, für einen Logistikdienstleister,

M1.2 wobei die Information über das mobile Logistikziel Information über einen verifizierten geschätzten Standortbereich des mobilen Logistikziels umfasst,

umfassend M1.3 zumindest eine Schnittstelle (12), die ausgebildet ist, um über ein Netzwerk (300) zu kommunizieren; und M1.4 ein Kontrollmodul (14), das ausgebildet ist, um M1.4.1 Information über eine Fahrzeugidentifikation über die Schnittstelle (12) zu erhalten,

M1.4.2 Information über eine Logistikziel-Standortabfrage basierend auf der Information über die Fahrzeugidentifikation zu bestimmen,

M1.4.3 die Information über die Logistikziel-Standortabfrage über die Schnittstelle (12) bereitzustellen,

M1.4.4 Logistikziel-Standortinformation über die Schnittstelle (12) zu erhalten,

M1.4.5 Information über eine Lieferanfrage zu dem Logistikziel über die Schnittstelle (12) zu erhalten,

M1.4.6 einen geschätzten Standortbereich über das mobile Logistikziel basierend auf der Information über die Lieferanfrage zu bestimmen,

M1.4.7 eine Ziel-Überschneidung zwischen der Logistikziel-Standortinformation und dem geschätzten Standortbereich zu berechnen,

M1.4.8 M1.4.9 M1.4.10 M1.4.11 M1.4.11.1 M1.4.12 M1.4.13 den geschätzten Standortbereich basierend auf der Ziel-Überschneidung zu verifizieren, Information über den verifizierten geschätzten Standortbereich zu bestimmen, die Information über das mobile Logistikziel mit der Information über den verifizierten geschätzten Standortbereich über die zumindest eine Schnittstelle (12) dem Logistikdienstleister bereitzustellen., Information über eine Zugangsberechtigung über die zumindest eine Schnittstelle (12) zu erhalten, wobei die Zugangsberechtigung einem Zusteller zugeteilt ist, die Zugangsberechtigung basierend auf der Information über die Lieferanfrage zu verifizieren um eine Berechtigung eines Logistikdienstleisters für eine Logistikdienstleistung am Logistikziel zu verifizieren, und falls das Berechnen einer Ziel-Überschneidung zwischen der Logistikziel-Standortinformation und dem geschätzten Standortbereich keine Überschneidung ergibt, die Zugangsberechtigung zu invalidieren und/oder um über die zumindest eine Schnittstelle (12) ein Benachrichtigungssignal bereitzustellen.

Zu den Ansprüchen 2 bis 17 wird auf die Akte verwiesen.

Im Verfahren wurde folgender Stand der Technik genannt:

D1: Auto als Paketstation - Wenn der Postmann zweimal hupt. In: Süddeutsche Zeitung, Online-Ausgabe vom 20. Februar 2014, S. 1 – 3, http://www.sueddeutsche.de/auto/auto-als-paketstation-wenn-derpostmann-zweimal-hupt-1.1894146 D2: Volvo On Call mit neuen Funktionen. Online-Artikel, Autosieger.de, 17.07.2010, http://www.autosieger.de/article20397.html, S. 1 – 2 D3: DE 10 2012 014 362 A1 D4: DE 10 2012 223 304 A1 D5: DE 10 2005 057 799 A1 D6: US 2007/0257774 A1.

II.

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§§ 1 und 4 PatG), wobei bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit diejenigen Anweisungen, die die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln nicht bestimmen oder zumindest beeinflussen, nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BGH GRUR 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen; BGH GRUR 2013, 275 – Routenplanung).

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft gemäß Anspruch 1 eine Vorrichtung für eine Zentralstelle, zum Bereitstellen einer Information über ein mobiles Logistikziel (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0001]).

Gemäß der vorliegenden Anmeldung (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0002]) sei der Einkauf bei Versandhändlern, z. B. Online-Händlern, ungebrochen populär und das Bestellvolumen bei Versandhändlern steige stetig an. Die Kunden schätzten dabei die nichtzeitgebundene Verfügbarkeit des Angebots, um etwa nach Ladenschluss noch Einkäufe tätigen zu können, oder um sperrige Einkäufe von einem Lieferdienst liefern zu lassen.

Gleichzeitig stiegen dabei die Anforderungen an den Empfang der Ware, denn viele Kunden könnten tagsüber keine Pakete empfangen, und Paketstellen für den Empfang von Paketen hätten in vielen Fällen ebenfalls begrenzte Öffnungszeiten.

Eine Möglichkeit, diese Beschränkung zu umgehen, sei die Lieferung in ein mobiles Depot, etwa in den Kofferraum eines Fahrzeugs. Gleichzeitig stelle aber ein Zugriff auf ein Fahrzeug und eine Lokalisierung eines Fahrzeugs einen Eingriff in die Privatsphäre und das Eigentum des Empfängers dar.

Die Aufgabe der Anmeldung ist es, Informationen, etwa Standortinformationen, über ein mobiles Logistikziel, etwa ein Fahrzeug, bereitzustellen, wobei die Privatsphäre des Nutzers gegenüber dem Logistikdienstleister besser gewahrt bleibt (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0004]).

Zur Lösung dieser Aufgabe ist eine Vorrichtung für eine Zentralstelle vorgesehen, wobei die Zentralstelle bspw. als Server, als verteiltes Serversystem oder als zentrale Steuerungseinrichtung implementiert ist. Die Vorrichtung umfasst weiterhin eine Schnittstelle für die Kommunikation der Vorrichtung über ein Netzwerk und ein Kontrollmodul (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze [0043], [0044]). Das Kontrollmodul ermöglicht den Empfang von Informationen, wie z. B. eine Fahrzeugidentifikation, eine Standortinformation oder eine Information über eine Zugangsberechtigung, und berechnet aus diesen Informationen weitere Daten, wie z. B. eine geschätzte Standortinformation oder eine Ziel-Überschneidung (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze [0048], [0050], [0054]). Darüber hinaus überprüft das Kontrollmodul die Zugangsberechtigung und widerruft diese, falls die Berechnung ergibt, dass sich das Ziel-Fahrzeug nicht in dem vorab geschätzten Bereich befindet (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze [0054], [0092]).

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, die Bereitstellung von Informationen über ein mobiles Logistikziel unter Wahrung der Privatsphäre des Nutzers zu verbessern, ist ein Diplom-Ingenieur oder Informatiker mit Kenntnissen in der Entwicklung von Fahrzeug-Telematiksystemen im Team mit einem Wirtschaftsingenieur aus dem Bereich der Logistik anzusehen.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da dessen zu berücksichtigende Merkmale aus der Druckschrift D6 bekannt sind bzw. für den Fachmann naheliegen.

2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine beanspruchte Lehre nicht generell nach § 1 Abs. 3 / Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn zumindest ein Teilaspekt der Lehre ein technisches Problem bewältigt (BGH, a. a. O. – Wiedergabe topografischer Informationen, Leitsatz a). Jedoch sind bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH, a. a. O. – Wiedergabe topografischer Informationen, Leitsatz b). Dies gilt nicht nur für Verfahren, sondern gleichermaßen für Vorrichtungen (BGH, X ZB 11/17 m. w. N.).

Ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems liegt vor, wenn Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert werden bzw. wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (BGH GRUR 2011, 610 – Webseitenanzeige).

Weiterhin können beispielsweise Anweisungen zur Auswahl von Daten, deren technischer Aspekt sich auf die Anweisung beschränkt, hierzu Mittel der elektronischen Datenverarbeitung einzusetzen, bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden (BGH, a. a. O. – Routenplanung, Leitsatz a). Ebenfalls sind Anweisungen nicht berücksichtigungsfähig, die ausschließlich Aspekte betreffen, die nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 PatG von der Patentierung ausgenommen sind, zum Beispiel die Auswahl oder Verarbeitung von Daten, die Wiedergabe von Informationen, wirtschaftliche oder geschäftliche Tätigkeiten oder ästhetische Merkmale (BGH GRUR 2015, 983 – Flugzeugzustand m. w. N.).

Welches technische Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH GRUR 2005, 141 – Anbieten interaktiver Hilfe). Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu entwickeln (BGH GRUR 2010, 602 – Gelenkanordnung, Absatz 27).

Die tatsächliche Leistung einer Erfindung ist im Vergleich mit dem (nächstkommenden) Stand der Technik zu ermitteln, d. h. Ausgangspunkt sind diejenigen Merkmale, die über den nächstkommenden Stand der Technik hinausgehen; ob die anderen Merkmale zu einer technischen Problemlösung beitragen oder nicht, ist ohne Bedeutung, wenn sie bereits aus dem Stand der Technik bekannt sind.

2.2 Als nächstkommender Stand der Technik wird die Druckschrift D6 angesehen.

Die Druckschrift zeigt ein Verfahren für die Lieferung von Waren. Das Lieferziel kann dabei eine Wohnortadresse oder aber eine alternative Adresse wie z. B. der Standort eines Fahrzeugs sein. Die Waren werden vom Lieferdienst an den Standort des Fahrzeugs gebracht und bspw. in den Kofferraum, welcher durch eine Zugangsberechtigung oder durch eine Fernentriegelung freigegeben wird, gelegt (Abstract, Fig. 1, Absätze [0032], [0058], [0059]). Dabei wird dem Zustelldienst eine Nachricht mit der Zugangsberechtigung übermittelt (Absatz [0089]). Zusätzlich wird zur Erhöhung der Sicherheit bspw. die Zugangsberechtigung nur für einen bestimmten Zeitraum freigeschaltet oder die Zugangsberechtigung ist nur dann aktiviert, wenn sich der Zustelldienst in der Nähe des Fahrzeugs befindet, oder die Zugangsberechtigung ist nur für eine einmalige Freischaltung gültig (Absätze [0089]–[0090]).

2.3 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber der Druckschrift D6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wobei die Merkmale, welche nicht zu einer technischen Problemlösung beitragen, nicht zu berücksichtigen sind.

Aus der D6 ist eine Vorrichtung (Fig. 1) zu entnehmen, die einen zentralen Rechner („M110“) aufweist. Ein Kunde übermittelt („110“) von seinem Rechner („C120“) eine Bestellung an den zentralen Rechner („M110“). Gemeinsam mit der Bestellung gibt der Kunde als Lieferadresse den Standort seines Fahrzeugs an und der Händler bzw. dessen System kann der Bestellung diese Adresse zuweisen (Absätze [0058]–[0059]). Das System des Händlers gibt dem Logistikdienstleister („D100“) diesen Standort und bspw. Informationen zum Kunden oder zur Bestellung weiter (Absätze [0058]–[0059] – Merkmal M1.1).

Die Daten, die der Händler dem Logistikdienstleister weitergibt, können auch die Angabe eines ungefähren Standortes, wie bspw. eines Stadtteils (Absatz [0065]), zur Wahrung der Privatsphäre oder der Erhöhung der Flexibilität umfassen (teilweise Merkmal M1.2).

Weiterhin ist in der D6 eine Schnittstelle von dem zentralen Rechner zu dem Kunden, bspw. zur Kommunikation über das Internet, sowie eine Schnittstelle zu dem Lieferdienst (Fig. 1 „110“, „120“ und Absätze [0058]–[0059]) gezeigt (Merkmal M1.3).

In der D6 ist auch ein Kontrollmodul (Rechner bzw. Händlersystem) gezeigt (Fig. 1 „M110“, Absatz [0059] – Merkmal M1.4).

Das Händlersystem empfängt bei einer Bestellung durch einen Kunden die für die Abwicklung des Bestell- und Liefervorgangs notwendigen Daten. Diese Daten umfassen auch eine Information zur Identifikation des Lieferziels wie bspw. das Nummernschild (car plate) (Absätze [0020], [0058] – Merkmal M1.4.1).

Weiterhin umfassen diese Daten, die auch aus einer Händlerdatenbank ermittelt werden können, die Angabe einer Lieferadresse, wobei bei einer mobilen Lieferadresse der Zustelldienst hierüber informiert wird und seinerseits eine Anforderung für die Bereitstellung der aktualisierten Lieferadresse sendet, die dem Lieferdienst von einem sogenannten „ortsbasierten Dienst“ zur Verfügung gestellt wird (Absatz [0063] – teilweise Merkmale M1.4.2 bis M1.4.4).

Ebenso ist beschrieben, dass eine Information über eine Lieferanfrage, d. h. über die Bestellung und die Auslieferung einer Ware an den Logistikdienstleister übermittelt wird (Absatz [0059] – Merkmal M1.4.5).

Aus der D6 ist auch die Weitergabe eines ungefähren Standorts des Lieferziels, z. B. ein Stadtteil, zu entnehmen (Absatz [0065]). Die Lieferadresse und damit auch der ungefähre Standort kann in einer weiteren Ausgestaltung auch in einer Datenbank des Händlers gespeichert sein und aus dieser, basierend auf einer Bestellung eines Kunden, abgerufen werden (Absatz [0063] – teilweise Merkmal M1.4.6).

Ausgehend von dem ungefähren Standort des Lieferziels ist die schrittweise Bestimmung des aktuellen Standorts des Lieferziels (Absätze [0063]–[0065]) dargestellt. Dabei erhält der Lieferdienst bei einer Annäherung an den geschätzten Standort den konkreten aktuellen Standort des Lieferziels übermittelt, wodurch die Routenplanung angepasst wird, d. h. die Route wird innerhalb des ungefähren Bereichs nunmehr anhand der konkreten Zielpositionsdaten neu berechnet (Absätze [0063][0065] – teilweise Merkmale M1.4.7 bis M1.4.10).

Weiter ist in der D6 beschrieben, dass das Händlersystem den Lieferauftrag, welcher aus einer Adresse, den Kundendaten und einer Kontaktangabe für die Anforderung des Entsperrens, d. h. Daten für eine Zugangsberechtigung, besteht, an den Logistikdienstleister weitergibt (Absatz [0059]). Dabei ist auch erläutert, dass eine Zugangsberechtigung, d. h. die Authentisierungsinformation für den Zugang,

an den Lieferdienst weitergeleitet wird (Absatz [0081]). Diese Authentisierungsinformation wird auch an das Lieferziel weitergeleitet und bei der Lieferung erfolgt eine Prüfung dieser Daten um die Zugangsberechtigung zu prüfen (Absatz [0081]). Damit sind auch die Merkmale M1.4.11, M1.4.11.1 und M1.4.12 aus der D6 zu entnehmen.

Schließlich ist in der D6 ausgeführt, dass zur Erhöhung der Sicherheit die Zugangsberechtigung beschränkt werden kann. So ist bspw. die Beschränkung auf eine einmalige Verwendung der Zugangsberechtigung oder auch eine zeitliche bzw. örtliche Beschränkung beschrieben (Absatz [0089] – teilweise Merkmal M1.4.13).

2.3.1 Die Lehre der D6 weist demnach folgende Unterschiede zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 auf:

(i) eine Bestimmung, eine Bereitstellung und der Erhalt einer Information über die Logistikziel-Standortabfrage erfolgt nicht über den zentralen Rechner (restlicher Teil der Merkmale M1.4.2 bis M1.4.4);

(ii) die Information über das mobile Logistikziel umfasst keine Information über einen verifizierten geschätzten Standort (restlicher Teil von Merkmal M1.2), weiterhin erfolgt keine Bestimmung des geschätzten Standortbereichs basierend auf der Information über die Lieferanfrage (restlicher Teil von Merkmal M1.4.6) und es erfolgt auch keine Bestimmung, Berechnung und Verifizierung eines geschätzten Standortbereichs (restlicher Teil der Merkmale M1.4.7 bis M1.4.10);

(iii) ein Invalidieren der Zugangsberechtigung auf Basis der fehlenden Überschneidung einer geschätzten Standortinformation und einer Logistikziel-Standortinformation ist nicht enthalten (restlicher Teil von Merkmal M1.4.13).

Diese Unterschiede können jedoch das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen.

Zu (i): Aus der D6 ist die Ermittlung einer Lieferadresse und deren Weiterleitung an den Lieferdienst, sowie die Übergabe der Adresse eines (ortsbasierten) Dienstes, der eine Standortaktualisierung ermöglicht, zu entnehmen. Dabei werden die aktuellen Standortinformationen zwischen dem Lieferziel und dem ortsbasierten Dienst sowie zwischen dem ortsbasierten Dienst und dem Lieferdienst ausgetauscht (Absatz [0063]). Die Verwendung einer geänderten Topologie, wonach die Daten zwischen dem zentralen System und dem Lieferdienst ausgetauscht werden, ist bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen, da lediglich eine Verlagerung der Aufgaben von einem System auf ein anderes erfolgt. Denn der Gehalt dieses Schrittes erschöpft sich jedenfalls darin, bestimmte Operationen der Datenverarbeitung vom Client-Rechner auf den Server zu verlagern. Das ist nicht mehr als eine äußerlich-organisatorische Umverlagerung der Datenverarbeitung zwischen mehreren Netzwerkkomponenten. Selbst wenn diese mittelbar ermöglichen sollte einfacher ausgestattete Computer einzusetzen, wäre darin nur eine Maßnahme der Datenverarbeitung zu sehen und nicht die Lösung eines konkreten technischen Problems (vgl. BGH a. a. O. – Webseitenanzeige). Somit sind die Merkmale M1.4.2 bis M1.4.4 aus der D6 zu entnehmen, wobei nur die Elemente zu berücksichtigen sind, die der Lösung eines technischen Problems dienen.

Zu (ii): Die Aktualisierung des Zielstandorts, d. h. die Überprüfung des ungefähren Standorts und die Neuberechnung (Verifizierung) eines genauen Standorts geht aus der D6 (Absätze [0063]–[0065]) hervor. Die Verwendung eines geschätzten Standorts anstatt eines ungefähren Standorts dient dem geschäftlichen Zweck die organisatorische Aufgabe des Beladens der Lieferfahrzeuge zu optimieren und hat somit das vorrangige Ziel die Einsatzplanung der Lieferfahrzeuge zu verbessern. Die Berechnung und Weitergabe eines geschätzten Standorts dient somit dem geschäftlichen Zweck durch eine Optimierung der Einsatzplanung eine höhere Produktivität zu erzielen. Ein technisches Problem liegt demnach nicht vor. Damit sind die Merkmale M1.2, M1.4.6 und M1.4.7 bis M1.4.10 aus der D6 zu entnehmen, da deren technischer Bezug, d. h. die Übertragung eines ersten ungefähren Standorts und die anschließende Bestimmung des konkreten Standorts, beschrieben ist und der restliche Teil dieser Merkmale bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist.

Zu (iii): In der D6 sind mehrere Möglichkeiten zur Erhöhung der Sicherheit bei der Weitergabe einer Zugangsberechtigung an den Lieferdienst beschrieben. Eine dieser Ausgestaltungen umfasst die Einschränkung, wonach die Zugangsberechtigung, d. h. der Schlüssel, nur verwendet werden kann, wenn sich der Lieferdienst innerhalb einer vorgegebenen Entfernung von der aktuellen Lieferadresse befindet (Absatz [0089]). Ausgehend von dem Bestreben die Sicherheit zu erhöhen liegt es für den Fachmann nahe die örtlich begrenzte Zugangsberechtigung zu widerrufen, falls sich das Lieferziel nicht im Bereich des angegebenen Standorts befindet. Somit gelangt der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zu Merkmal M1.4.13.

2.3.2 Die dagegen gerichteten Ausführungen der Vertreter der Anmelderin führen zu keinem anderen Ergebnis.

Gemäß diesen Ausführungen sei der Kerngedanke der Anmeldung darin zu sehen, dass sich ein Paket bereits im Lieferfahrzeug befindet und der Lieferdienst bereits die Zugangsberechtigung erhalten hat. Diese Zugangsberechtigung würde widerrufen werden, wenn die Prüfung einer Ziel-Überschneidung ergibt, dass sich das Zielfahrzeug, d. h. die Lieferadresse, nicht im Bereich des geschätzten Standorts befindet.

Im Einzelnen führten die Vertreter der Anmelderin aus, dass a) die hierfür notwendige Übertragung der Zugangsberechtigung bereits vor der Auslieferung und deren Widerruf in Abhängigkeit von der Prüfung einer Ziel-Überschneidung der D6 nicht zu entnehmen sei; b) die D6 nicht die Verwendung eines geschätzten Standorts und dessen Verifizierung zeige; c) aus der D6 auch nicht zu entnehmen sei, dass die in der Anmeldung vorgeschlagene Weitergabe der Zugangsberechtigung durch eine zentrale Stelle die Sicherheit erhöht und darüber hinaus der Kunde die Entriegelung nicht selbst vornehmen muss und deshalb auch nicht ständig erreichbar sein muss.

Diese Ausführungen führen zu keiner anderen Beurteilung.

Zu a): Aus der D6 ist die Weitergabe einer Lieferinformation mit allen notwendigen Daten, wie z. B. Adresse und Zugangsberechtigung, zu entnehmen (Absatz [0059]). Diese Daten, welche auch aus einer Händlerdatenbank stammen können, werden bereits beim Eingang einer Bestellung an den Lieferdienst weitergegeben (Absätze [0059], [0063], [0089]). Weiter ist erläutert, dass die Zugangsberechtigung, d. h. der Schlüssel, nur verwendet werden kann, wenn sich der Lieferdienst innerhalb einer vorgegebenen Entfernung von der aktuellen Lieferadresse befindet (Absatz [0089]). Somit ist gezeigt, dass die Übergabe der Zugangsberechtigung an den Lieferdienst bereits bei der Erteilung des Lieferauftrags erfolgt. Die Erhöhung der Sicherheit durch den Widerruf der Zugangsberechtigung aufgrund der fehlenden Übereinstimmung der Zieladresse mit dem angegebenen Standort liegt, ausgehend von der Lehre der D6, für den Fachmann nahe.

Zu b): Die Verifizierung, d. h. die Überprüfung und Aktualisierung eines ungefähren Standorts, sowie die Neuberechnung eines genauen Standorts geht aus der D6 (Absätze [0063]–[0065]) hervor. Der Unterschied, wonach anstatt eines geschätzten Standorts ein ungefährer Standort als Basis für diese Verifizierung verwendet wird, dient der organisatorischen Aufgabe die Beladung der Lieferfahrzeuge zu optimieren. Dies betrifft jedoch ein geschäftliches und kein technisches Problem, weshalb dieser Unterschied bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist.

Zu c): Den Vertretern der Anmelderin ist insoweit zuzustimmen, als eine der in der D6 gezeigten Ausführungsformen beschreibt, dass der Kunde zum Zeitpunkt der Lieferung die Entriegelung z. B. mit einem Fernschlüssel selbst ausführt (Absatz [0083]). In einer weiteren Ausführungsform beschreibt die D6 die Verwendung eines Mobiltelefons mit dem der Kunde die Fernentriegelung durch das Senden einer Nachricht zum Entsperren ausführt (Absatz [0086]). Die Nachricht zum Entsperren kann der Kunde auch an den Lieferservice senden (Absatz [0088]). Der Lieferservice erhält somit einen Schlüssel zum Entriegeln des Schlosses (Absatz [0089]). Zur Erhöhung der Sicherheit kann der Schlüssel zusätzlich eine Beschränkung, wie bspw. eine Gültigkeit für einen bestimmten Zeitraum, eine Gültigkeit für einen örtlich begrenzten Bereich usw. aufweisen (Absatz [0089]). Der Kunde muss somit in dieser Ausführungsform die Entriegelung nicht mehr selbst vornehmen. Ob die Übertragung des Schlüssels an den Lieferservice dabei in zeitlicher Nähe des Auslieferungszeitpunkts oder schon im Vorfeld, bspw. bei der Übermittlung der Bestell- und Lieferdaten erfolgt, liegt im Griffbereich des Fachmanns. Aus der D6 entnimmt der Fachmann die Übertragung der Bestell- und Lieferdaten, des Standorts des Lieferziels und des Schlüssel an den Lieferservice (Absätze [0059], [0063]–[0066], [0088], [0089]). Weiterhin entnimmt er der D6, dass auch die Erhöhung der Sicherheit und die Verbesserung der Flexibilität (Absätze [0063],

[0089]) zu berücksichtigen ist. Damit ist bereits die Anregung gegeben z. B. eine Änderung des zeitlichen Ablaufs der gezeigten Verfahrensschritte oder eine Kombination der Verfahrensschritte in Betracht zu ziehen. Da die Übertragung des Schlüssels gemeinsam mit den Bestelldaten an den Lieferservice die Zahl der notwendigen Datentransfers verringert und gleichzeitig die technischen Probleme einer ständigen Empfangsbereitschaft des Kundengerätes (schlechter Empfang, Funkloch etc.). eliminiert, bot es sich für den Fachmann an, die gezeigten Verfahrensschritte der D6 abzuändern. Ein erfinderisches Zutun ist hierfür nicht notwendig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Zugangsberechtigung direkt von der zentralen Stelle verwaltet wird oder bspw. von dem Kunden an den Lieferservice gesendet wird, da dieser Aspekt lediglich eine andere Topologie voraussetzt. Dies ist bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit jedoch nicht zu berücksichtigen, da es nicht mehr als eine äußerlich-organisatorische Umverlagerung der Datenverarbeitung zwischen mehreren Netzwerkkomponenten betrifft (vgl. BGH a. a. O. – Webseitenanzeige).

3. Mit dem Anspruch 1 fallen auch die übrigen Ansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Fa

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