35 W (pat) 10/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 10/17
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Kostenentscheidung)
ECLI:DE:BPatG:2018:160418B35Wpat10.17.0 hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. April 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich, des Richters Eisenrauch und der Richterin Bayer beschlossen:
1. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird als unzulässig verworfen.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe I.
Die Antragsgegnerin war Inhaberin des nach Beschwerdeerhebung auf Herrn O… umgeschriebenen Gebrauchsmusters … (i. F.: Streitgebrauchsmuster). Das am 6. Juni 2012 angemeldete Streitgebrauchsmuster war am 15. Februar 2013 unter der Bezeichnung „… “ und mit den Schutzansprüchen 1 – 7 eingetragen worden. Gegen das Streitgebrauchsmuster hatte der Antragsteller mit Schriftsätzen vom 21. Juni 2013 und vom 16. Juli 2013 Löschungsantrag gestellt. Diese Schriftsätze sind der Antragsgegnerin ausweislich einer bei den patentamtlichen Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 18. September 2013 zugestellt worden. Nachdem die Antragsgegnerin dem Löschungsantrag innerhalb der Monatsfrist des § 17 Abs. 1 Satz 1 GebrMG nicht widersprochen hatte, hat die Gebrauchsmusterabteilung das Streitgebrauchsmuster ohne weitere Sachprüfung gelöscht.
Auf den mit Schriftsatz vom 7. Januar 2014 seitens des Antragstellers eingereichten Kostenantrag hat die Gebrauchsmusterabteilung der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 4. Mai 2017 die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Sie stützt diesen Beschluss auf §§ 17 Abs. 4 GebrMG, 84 Abs. 2 PatG, 91 Abs. 1 ZPO. Ausweislich einer weiteren, bei den patentamtlichen Akten befindlichen Postzustellungsurkunde ist eine Ausfertigung des letztgenannten Beschlusses am 9. Mai 2017 in den zur Wohnung der Antragsgegnerin gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt worden, nachdem eine Übergabe in der Wohnung nicht möglich gewesen sei.
Nachdem der Antragsteller Kostenfestsetzung beantragt hatte, teilte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 unter Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung der Gebrauchsmusterabteilung mit, dass sie keine Kostenentscheidung erhalten habe. Die Gebrauchsmusterabteilung hat der Antragsgegnerin daraufhin den Beschluss vom 4. Mai 2017 nochmals übersendet und sie im Übrigen auf den Beschwerdeweg verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2017, eingegangen am 25. Oktober 2017, legte die Antragsgegnerin Beschwerde gegen den Kostenbeschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 4. Mai 2017 ein. Als Begründung trug sie vor, den Beschluss, wie gegenüber der Gebrauchsmusterabteilung mitgeteilt, nicht erhalten zu haben. Außerdem stünden ihr und ihrem Ehemann ihrerseits Forderungen gegen den Antragsteller zu.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 4. Mai 2017 aufzuheben.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er schließt sich den Bedenken an, die der Senat in einem Hinweis vom 1. Dezember 2017 bezüglich der Erfolgsaussichten der Beschwerde der Antragsgegnerin mitgeteilt hatte.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist gem. §§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, 73 Abs. 2 Satz 1 PatG eingelegt worden ist.
1. Die Antragsgegnerin ist weiterhin am Verfahren beteiligt, auch wenn das Streitgebrauchsmuster nach Beschwerdeerhebung auf Herrn O… umgeschrieben wurde. Denn sie ist die Adressatin des angefochtenen Kostenbeschlusses der Gebrauchsmusterabteilung vom 4. Mai 2017 und nach diesem Beschluss Kostenschuldnerin, woran sich auch nach Umschreibung des Streitgebrauchsmusters nichts geändert hat.
2. Der angefochtene Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 4. Mai 2017 ist der Antragsgegnerin am 9. Mai 2017 zugestellt worden.
a) Für die Zustellung von Beschlüssen der Gebrauchsmusterabteilungen gelten gem. §§ 21 Abs. 1 GebrMG, 127 Abs. 1 PatG die Bestimmungen des VwZG mit den dort genannten Maßgaben. Die Übersendung mit Zustellungsurkunde ist daher eine zulässige Art der Zustellung des beschwerdegegenständlichen Beschlusses (§ 21 Abs. 1 GebrMG, § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2 VwZG).
b) Die Zustellungsurkunde vom 9. Mai 2017 ist geeignet, dafür den Beweis zu erbringen, dass die Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 9. Mai 2017 wirksam ausgeführt wurde.
Die o. g., sich ohne Zweifel auf den angefochtenen Beschluss beziehende Zustellungsurkunde ist auf dem entsprechenden Formular angefertigt worden (§ 21 Abs. 1 GebrMG, § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2 VwZG, § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie enthält die nach § 21 Abs. 1 GebrMG, § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2 VwZG, §§ 180, 182 Abs. 2 ZPO notwendigen Angaben, insbesondere, dass der als Zusteller tätige Postbedienstete das zuzustellende Schriftstück zu übergeben versucht hat und er dieses, nachdem die Übergabe in der Wohnung der Antragsgegnerin nicht möglich war, in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt hat. Die stellt eine zur Ausführung der Zustellung zulässige Verfahrensweise dar (§ 21 Abs. 1 GebrMG, § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2 VwZG, § 180 ZPO). Die vorgenannte Postzustellungsurkunde ist eine öffentliche Urkunde, die den vollen Beweis für die vorgenannten, eine wirksame Zustellung des angefochtenen Beschlusses begründenden Tatsachen erbringt (§ 21 Abs. 1 GebrMG, § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2 VwZG, §§ 182 Abs. 1 Satz 2, 418 Abs. 1 ZPO).
c) Die Antragsgegnerin hat zwar unter Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung erklärt, dass sie den angefochtenen Beschluss nicht erhalten habe. Zwar ist bei öffentlichen Urkunden der Beweis der Unrichtigkeit zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Für einen solchen Gegenbeweis genügt einfaches Bestreiten – selbst wenn es mit der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung einhergeht – jedoch nicht, sondern es sind substantiiert Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen ergibt (vgl. Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 418, Rn. 4). Derartige substantiierte Tatsachen hat die Antragsgegnerin aber nicht vorgetragen.
3. Da der angefochtene Beschluss nach den o. g. Ausführungen als am 9. Mai 2017 zugestellt zu erachten ist, war die Monatsfrist zur Einlegung der Beschwerde der Antragsgegnerin bei Beschwerdeeingang am 25. Oktober 2017 längst abgelaufen (§§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, 73 Abs. 2 Satz 1 PatG).
4. Der Antragsgegnerin kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Auch wenn der Beschwerdeschriftsatz der Antragsgegnerin zugleich als Antrag auf Wiedereinsetzung in die nach den o. g. Ausführungen versäumte Beschwerdefrist ausgelegt werden kann, enthält er keine substantiierten Angaben von Tatsachen, weswegen die Antragsgegnerin ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten (§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 PatG). Insbesondere genügt, wie ausgeführt, die bloße Behauptung, dass die Antragsgegnerin den angefochtenen Beschluss nicht erhalten habe, insoweit nicht, selbst wenn diese mit einer eidesstattlichen Versicherung einhergeht.
5. Nach alledem war der angefochtene Beschluss als unzulässig zu verwerfen (§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, § 79 Abs. 2 Satz 1 PatG), wobei der Antragsgegnerin gemäß §§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen waren. Der Senat konnte im vorliegenden Fall ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, § 79 Abs. 2 Satz 2 PatG).
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Metternich Eisenrauch Bayer Fa