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StB 27/22

BUNDESGERICHTSHOF StB 27/22 BESCHLUSS vom 4. Juli 2022 in dem Strafverfahren gegen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung u.a.

ECLI:DE:BGH:2022:040722BSTB27.22.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeklagten und seiner Verteidiger am 4. Juli 2022 gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:

1. Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 2022 wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte wurde am 16. Juli 2020 festgenommen und befindet sich seit dem Folgetag ununterbrochen in Untersuchungshaft aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 2020 (1 BGs 223/20), nunmehr in Verbindung mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 27. Mai 2022. An diesem Tag hat es den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in 57 Fällen, davon in 56 Fällen in Tateinheit mit Volksverhetzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, wobei es die Taten jeweils als besonders schwere Fälle nach § 129 Abs. 5 StGB bewertet hat. Zugleich hat es gemäß § 268b StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft aus den Gründen des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 2020 nach Maßgabe der Verurteilung beschlossen.

Zuvor hatte der Senat im besonderen Haftprüfungsverfahren mit Beschlüssen vom 9. Februar 2021 (AK 3/21) und vom 27. Mai 2021 (AK 34/21) jeweils die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet und am 12. Januar 2022 (StB 40/21) eine Haftbeschwerde des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Am 1. Juni 2022 hat der Angeklagte durch seine Verteidigerin gegen das Urteil Revision und gegen die Haftfortdauerentscheidung Beschwerde eingelegt. Er macht - wie bereits in vorangegangenen Schriftsätzen - geltend, dass er am sog. Messie-Syndrom erkrankt sei, weshalb er in seine Wohnung zu seinen Habseligkeiten zurückkehren wolle und nicht fliehen werde. Den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft hält er wegen des nahezu erreichten Halbstrafenzeitpunkts zudem für unverhältnismäßig.

Das Oberlandesgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 7. Juni 2022 nicht abgeholfen. In dieser Entscheidung hat es dargelegt, hinsichtlich welcher Taten der Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 4. Mai 2021 der Angeklagte verurteilt und hinsichtlich welcher aus prozessökonomischen Gründen nach § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO von der Verfolgung abgesehen worden ist.

II.

Die nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 306 Abs. 1 StPO) Beschwerde, die sich zutreffend gegen die zuletzt ergangene den Bestand des Haftbefehls betreffende Entscheidung richtet (s. etwa BGH, Beschluss vom 20. April 2022 - StB 15/22, juris Rn. 7 mwN), bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Angeklagte ist der ihm angelasteten Taten weiterhin dringend verdächtig im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO. Was den Sachverhalt betrifft, wird auf die Beschlüsse des Oberlandesgerichts vom 27. Mai und 7. Juni 2022 einschließlich der dort in Bezug genommenen Anklageschrift und Haftentscheidungen verwiesen. Für die Haftfrage ist ohne Bedeutung, dass die Strafverfolgung nach § 154 Abs. 1 und 2, § 154a Abs. 1 StPO beschränkt worden ist; denn die verbleibenden Tatvorwürfe rechtfertigen für sich genommen die Anordnung sowie den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Der dringende Tatverdacht, den der Angeklagte in seiner Haftbeschwerde nicht beanstandet, wird durch das verurteilende Erkenntnis hinreichend belegt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2022 - StB 18/22, juris Rn. 5 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass dieses einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhält, sind nicht vorgetragen und derzeit auch nicht sonst ersichtlich.

2. Es besteht weiterhin Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Die Würdigung sämtlicher Umstände macht es noch immer wahrscheinlicher, dass sich der Angeklagte im Fall der Freilassung dem Verfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung stellen werde. In die gebotene Würdigung aller Umstände ist einzustellen, dass er bei hypothetischer Rechtskraft seiner Verurteilung in dieser Sache mit einer weiteren Inhaftierung von gut zwei Jahren zu rechnen hätte. Insoweit ist die zu verbüßende Zeit maßgeblich, die nach Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB verbleibt, und eine mögliche Aussetzung des Strafrests zur Bewährung zu bedenken. Selbst bei dem Zwei-Drittel-Termin des § 57 Abs. 1 StGB handelt es sich jedoch nicht um eine starre Grenze, bei deren Erreichen der weitere Vollzug der Untersuchungshaft stets ausscheidet. Dem Erstgericht, das allein einen unmittelbaren Eindruck vom Angeklagten aus der Hauptverhandlung gewonnen hat, kommt bei der diesbezüglichen Einschätzung ein Beurteilungsspielraum zu (BGH, Beschluss vom 20. April 2022 - StB 16/22, juris Rn. 11 mwN).

Vorliegend hat das Oberlandesgericht nachvollziehbar dargelegt, dass und warum es eine Strafaussetzung für unverantwortbar hält: Der Angeklagte habe in der Hauptverhandlung bis zuletzt antisemitische Hetze betrieben und den Holocaust geleugnet. Noch in seinem letzten Wort habe er unter anderem wörtlich ausgeführt, dass Juden weltweit ausgerottet werden müssten. Vor diesem Hintergrund wird einer Aussetzung aller Voraussicht nach das Sicherungsinteresse der Allgemeinheit entgegenstehen (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB).

Die wiederholten staatsfeindlichen Äußerungen des Angeklagten, die sich in den abgeurteilten Straftaten und seinen zahlreichen Schreiben an den Senat finden, belegen zudem, dass er die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland und ihre Strafverfolgungsorgane zutiefst verachtet. Infolgedessen ist nicht zu erwarten, dass er bereit sein wird, Ladungen und Vollstreckungsmaßnahmen freiwillig Folge zu leisten.

Was die fluchthemmenden Umstände angeht, haben sich auch mit Blick auf das Vorbringen in der Haftbeschwerde keine entscheidungserheblichen Änderungen seit der Entscheidung des Senats vom 12. Januar 2022 ergeben. Die Sammelleidenschaft des Angeklagten hat ihn in der Vergangenheit ebenso wenig von Auslandsreisen abgehalten wie der Umstand, dass er langjähriger Sozialhilfeempfänger ist. Auf den Nichtabhilfebeschluss des Oberlandesgerichts wird insoweit ergänzend Bezug genommen.

Insgesamt kann der Zweck der Untersuchungshaft, wie bereits in den vorangegangenen Senatsbeschlüssen dargelegt, nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 StPO).

3. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach wie vor insbesondere mit Blick auf die zur Fluchtgefahr dargelegten Gründe nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der verhängten Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen ist nach der letzten Haftfortdauerentscheidung des Senats weiterhin ausreichend beachtet worden.

Schäfer Berg Anstötz

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