• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

XII ZB 474/11

BUNDESGERICHTSHOF XII ZB 474/11 BESCHLUSS vom 22. August 2012 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja BGB §§ 195, 199 Abs. 1, 214, 1836 e, 1902, 1908 i; FamFG §§ 168, 276, 292 Abs. 1 Der Verfahrenspfleger kann für den Betreuten nicht die Einrede der Verjährung erheben.

BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - XII ZB 474/11 - LG Duisburg AG Duisburg Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 29. August 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 4.418 €

Gründe:

I. 1 Der Beteiligte zu 2 wendet sich als Verfahrenspfleger gegen die Festsetzung von Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüchen gegen den Betreuten aus der Zeit bis einschließlich 2007. 2 In der Zeit vom 14. Januar 2003 bis zum 31. März 2011 wurden an die Betreuerin des Betroffenen Vergütung und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 13.967,45 € aus der Landeskasse gezahlt. 3 Mit Beschluss vom 21. Juli 2011 hat das Amtsgericht die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 9.962,45 € gemäß §§ 1908 i, 1836 e BGB aus dem Vermögen des Betreuten angeordnet. Die Beschwerde des Verfahrenspflegers, die dieser damit begründet hat, dass der über 5.544 € hinausgehende geltend gemachte Betrag von 4.418,45 € für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 verjährt sei, hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Verfahrenspfleger mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

1. Nach § 70 FamFG ist die Rechtsbeschwerde statthaft, weil das Landgericht sie zugelassen hat; der Senat ist gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG an die Zulassung gebunden. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

a) Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, der Rückforderungsanspruch bis einschließlich 2007 sei nicht verjährt. Zwar unterlägen die Regressforderungen nur noch der dreijährigen Regelverjährung. Doch sei insoweit die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 23 Abs. 2 EGBGB zu beachten. Danach beginne die dreijährige Verjährungsfrist erst am 1. Januar 2010.

b) Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Beschlüssen vom 25. Januar 2012 entschieden hat, verjähren die - gemäß § 1836 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Staatskasse übergegangenen - Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers aus § 1908 i Abs. 1 Satz 1 iVm §§ 1835, 1836 BGB in drei Jahren. Zugleich hat der Senat entschieden, dass die Mittellosigkeit des Betreuten im Sinne von § 1836 d BGB dem Verjährungsbeginn nicht entgegensteht und nicht zu einer Hemmung der Verjährung nach § 205 BGB führt. Schließlich findet die Übergangsregelung des Art. 229 § 23 EGBGB auf den Regressanspruch aus § 1836 e BGB keine Anwendung. Wegen der Begründung wird auf die Senatsbeschlüsse vom 25. Januar 2012 verwiesen (XII ZB 461/11 - FamRZ 2012, 627 und XII ZB 605/10 - BtPrax 2012, 118; zu dem auf die Staatskasse übergegangenen Aufwandsentschädigungsanspruch siehe Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 497/11 - FamRZ 2012, 629 [Leitsatz]).

3. Der Senat kann allerdings nicht gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG in der Sache abschließend entscheiden, weil die vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht den von ihm - ersichtlich gezogenen - Schluss zu rechtfertigen vermögen, wonach von einer wirksamen Erhebung der Verjährungseinrede auszugehen ist.

a) Der Verfahrenspfleger kann entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts für den Betreuten die Einrede der Verjährung nicht erheben.

aa) Gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht dem Betreuten einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betreuten erforderlich ist. Die vorrangige Aufgabe des Verfahrenspflegers besteht darin, gegenüber dem Gericht den Willen des Betreuten kundzutun und dessen aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf rechtliches Gehör zu verwirklichen (BT-Drucks. 15/2494 S. 41). Aus dieser Aufgabenstellung folgt, dass ein Verfahrenspfleger vor allem dann zu bestellen ist, wenn der Betreute nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen kundzutun bzw. einen freien Willen überhaupt noch zu bilden (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2011 - XII ZB 199/11 - FamRZ 2011, 1577 Rn. 7 f. mwN).

Wie seine Bezeichnung in § 276 FamFG zu erkennen gibt, hat der Verfahrenspfleger die rechtlichen Interessen des Betreuten im Verfahren wahrzunehmen bzw. zur Geltung zu bringen. Anders als der Betreuer in den jeweiligen Aufgabenkreisen gemäß § 1902 BGB ist er jedoch nicht (gesetzlicher) Vertreter des Betreuten (Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 27; MünchKommZPO/ Schmidt-Recla 3. Aufl. § 276 FamFG Rn. 3; Haußleiter/Heidebach FamFG § 276 Rn. 1; Hahne/Munzig/Bohnert BeckOK FamFG § 276 Rn. 8).

bb) Bei der Einrede der Verjährung handelt es sich um eine Einrede im materiellen Sinne (Wernecke JA 2004, 331; MünchKommBGB/Grothe 6. Aufl. § 214 Rn. 4). Sie ändert die materielle Rechtslage und weist damit einen rechtsgeschäftsähnlichen Charakter auf (BGHZ 184, 128 = FamRZ 2010, 887 Rn. 29 mwN; s. auch MünchKommBGB/Grothe 6. Aufl. § 214 Rn. 4; Peters/ Jacoby in Staudinger BGB [2009] § 214 Rn. 6). Deshalb kann die Einrede grundsätzlich nur der Schuldner bzw. sein gesetzlicher Vertreter erheben (vgl. BGHZ 131, 376 = NJW 1996, 1060, 1061).

cc) Dem steht nicht etwa der Umstand entgegen, dass auch der Streithelfer im Zivilprozess gemäß §§ 66, 67 ZPO für die Hauptpartei die Einrede der Verjährung erheben kann (s. dazu BGH Urteil vom 23. Oktober 1984 - III ZR 230/82 - VersR 1985, 80 f.; MünchKommZPO/Schultes 3. Aufl. § 67 Rn. 5; Musielak/Weth ZPO 9. Aufl. § 67 Rn. 6). Denn die Besonderheit beim Streithelfer besteht darin, dass er durch die zu treffende Entscheidung in seiner eigenen Rechtsstellung betroffen wird und der Gesetzgeber ihm deshalb in § 67 ZPO ausdrücklich die Befugnis eingeräumt hat, Angriffs- und Verteidigungsmittel, damit also auch materielle Einreden für die Hauptpartei geltend zu machen

(MünchKommZPO/Schultes 3. Aufl. § 67 Rn. 5; Musielak/Weth ZPO 9. Aufl. § 67 Rn. 6). Aus den gleichen Gründen kann auch der Bürge nach § 768 BGB die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen.

b) Feststellungen dazu, ob die Betreuerin des Betroffenen als seine gesetzliche Vertreterin für ihn die Einrede der Verjährung erhoben hat, finden sich in der angegriffenen Entscheidung indessen nicht. Zwar darf das Gericht nicht ohne weiteres auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede hinwirken (s. BGHZ 156, 269 = NJW 2004, 164). Nachdem sich aber der Verfahrenspfleger - wenn auch in nicht wirksamer Weise - bereits zugunsten des Betroffenen auf die Einrede der Verjährung berufen hat, hätte das Gericht weitere Feststellungen zur wirksamen Erhebung der Verjährungseinrede (etwa durch die Betreuerin) treffen müssen.

Dose Nedden-Boeger Klinkhammer Botur Vorinstanzen: AG Duisburg, Entscheidung vom 21.07.2011 - 13 XVII K 1268 LG Duisburg, Entscheidung vom 29.08.2011 - 12 T 148/11 - Schilling

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in XII ZB 474/11

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
5 1836 BGB
3 276 FamFG
2 23 EGBGB
2 229 EGBGB
2 70 FamFG
2 67 ZPO
1 205 BGB
1 768 BGB
1 1835 BGB
1 1902 BGB
1 1908 BGB
1 74 FamFG
1 103 GG
1 66 ZPO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 205 BGB
1 768 BGB
1 1835 BGB
5 1836 BGB
1 1902 BGB
1 1908 BGB
2 23 EGBGB
2 229 EGBGB
2 70 FamFG
1 74 FamFG
3 276 FamFG
1 103 GG
1 66 ZPO
2 67 ZPO

Original von XII ZB 474/11

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von XII ZB 474/11

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum