Paragraphen in X ZB 15/19
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
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2 | 103 | GG |
1 | 100 | PatG |
1 | 107 | PatG |
1 | 109 | PatG |
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2 | 103 | GG |
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 15/19 vom 24. August 2021 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren ECLI:DE:BGH:2021:240821BXZB15.19.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. August 2021 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, die Richter Hoffmann und Dr. Deichfuß sowie die Richterinnen Dr. Kober-Dehm und Dr. Marx beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 24. Juli 2019 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des am 21. Dezember angemeldeten deutschen Patents 10 2006 060 705 (Streitpatents), das einen Druckmaterialbehälter mit einer Kontaktanordnung zur Erfassung eines Kurzschlusses sowie dessen Verwendung betrifft. Patentanspruch 1, auf den 63 weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet wie folgt:
Ein Druckmaterialbehälter (100), der an einer Druckvorrichtung (1000) mit einem Druckkopf und einer Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen (410-490) abnehmbar angebracht werden kann, der Druckmaterialbehälter (100) umfassend: eine erste Einrichtung (203), die ein Speicher zum Speichern von Information in Bezug auf das Druckmaterial ist, das in dem Druckmaterialbehälter (100) enthalten ist; eine zweite Einrichtung (104), die durch eine höhere Spannung als die erste Einrichtung (203) betrieben wird; und eine Anschlussgruppe, die eine Vielzahl von ersten Anschlüssen (220, 230, 260, 270, 280), mindestens einen zweiten Anschluss (250, 290) und mindestens einen dritten Anschluss (210, 240) enthält, worin: die Vielzahl von ersten Anschlüssen (220, 230, 260, 270, 280), mit der ersten Einrichtung (203) verbunden sind und jeweils einen ersten Kontaktabschnitt (CP) zum Kontaktieren eines entsprechenden Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen (410-490) enthalten, der mindestens eine zweite Anschluss (250, 290) mit der zweiten Einrichtung (104) verbunden ist und einen zweiten Kontaktabschnitt (CP) zum Kontaktieren eines entsprechenden Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen (410-490) enthält, der mindestens eine dritte Anschluss (210, 240) der Erfassung eines Kurzschlusses zwischen dem mindestens einen zweiten Anschluss (250, 290) und dem mindestens einen dritten Anschluss (210, 240) dient und einen dritten Kontaktabschnitt (CP) zum Kontaktieren eines entsprechenden Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen (410-490) enthält, der mindestens eine zweite Kontaktabschnitt (CP), die Vielzahl der ersten Kontaktabschnitte (CP) und der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt (CP) so angeordnet sind, um zwei Zeilen zu bilden, und der mindestens eine zweite Kontaktabschnitt (CP) in einem Ende einer Zeile unter den zwei Zeilen angeordnet ist, wobei sich der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt (CP) benachbart zu dem mindestens einen zweiten Kontaktabschnitt (CP) befindet.
Die Rechtsbeschwerdegegnerin hat gegen das Streitpatent Einspruch erhoben und geltend gemacht, dessen Gegenstand sei nicht patentfähig. Das Patentamt hat das Streitpatent in beschränktem Umfang aufrechterhalten.
In der Beschwerdeinstanz hat die Patentinhaberin das Schutzrecht in der erteilten Fassung und zuletzt mit fünf Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt. Die Einsprechende hat ihren Antrag auf Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Patentgericht hat das Streitpatent in vollem Umfang widerrufen. Dagegen wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Einsprechende entgegentritt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil der nicht an eine Zulassung gebundene Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG geltend gemacht wird, und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das Patentgericht hat den Anspruch der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt.
1. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei dem Fachmann in allen verteidigten Fassungen durch die europäische Patentanmeldung 997 297 (E16) in Kombination mit der europäischen Patentanmeldung 1 155 864 (E12) nahegelegt.
E16 offenbare die Verwendung einer Tintenpatrone für eine Tinten-Druckvorrichtung mit einem Druckkopf. Die Tintenpatrone sei abnehmbar angebracht und weise eine Vielzahl von Anschlüssen auf, die in zwei Zeilen angeordnet seien. Einer der Anschlüsse könne genutzt werden, um die Leitfähigkeit zwischen zwei Kontaktabschnitten zu detektieren. Die Entgegenhaltung lehre zudem, zwei Anschlüsse zur Erfassung eines Kurzschlusses zu verwenden, der durch Tinte verursacht sei und zu einem Schaden führen könne.
Nach der Beschreibung von E16 gehöre eine Ausgestaltung mit einem piezoelektrischen Element zum allgemeinen Stand der Technik. Der Fachmann, der damit betraut sei, einen Druckmaterialbehälter mit mehreren Einrichtungen vorzusehen, habe demgemäß Veranlassung, E12 in Betracht zu ziehen. E12 offenbare einen Druckmaterialbehälter für eine Druckvorrichtung mit einem piezoelektrischen Element als zweite Einrichtung zur Erfassung des Resttintenpegels neben einem Speicher als erste Einrichtung. Eine Ausgestaltung mit einem piezoelektrischen Element zur Erfassung eines Kurzschlusses zwischen einem zweiten und einem dritten Anschluss werde dem Fachmann, der ausgehend von E12 die Erfassung eines Kurzschlusses verbessern möchte, durch E16 nahegelegt.
Der Fachmann erhalte durch E12 ferner die Anregung, eine Vielzahl von zweiten Anschlüssen vorzusehen und diese benachbart zu einem dritten Kontaktabschnitt anzuordnen. Die Anregung, die zweite Einrichtung mit einer höheren Spannung zu betreiben, die an das piezoelektrische Element angepasst sei, erhalte der Fachmann jedenfalls aus der US-amerikanischen Patentanmeldung 2004/0155913 (E13).
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
a) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Patentgericht sei gehalten gewesen, die Patentinhaberin schon vor der mündlichen Verhandlung auf seine Sichtweise hinzuweisen. Die Entgegenhaltung E16 sei von der Einsprechenden eher beiläufig in das Beschwerdeverfahren eingeführt worden. Das Patentgericht habe E16 auch nicht zum Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung gemacht. Bei rechtzeitigem Hinweis hätte die Patentinhaberin ihre Ausführungen zu E12 vertieft und dargelegt, dass dieser Entgegenhaltung keinerlei Offenbarungsgehalt für einen Druckmaterialbehälter mit einer zweiten Einrichtung zukomme und der Fachmann daher keine Veranlassung habe, über eine zweite Einrichtung eines Druckmittelbehälters nachzudenken, und dass die gegenteilige Auffassung des Patentgerichts von einem Fehlverständnis der Beschreibungseinleitung der E16 ausgehe.
Diese Rüge ist unbegründet.
aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht seine Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und auf seine sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit zu prüfen. Es darf ferner keine Erkenntnisse verwerten, zu denen sich die Verfahrensbeteiligten nicht äußern konnten (vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. November 2012 - X ZB 6/11, GRUR 2013, 318 Rn. 9 - Sorbitol).
Das Gericht muss den Verfahrensbeteiligten nicht mitteilen, wie es den die Grundlage seiner Entscheidung bildenden Sachverhalt voraussichtlich würdigen wird. Es reicht in der Regel aus, wenn die Sach- und Rechtslage erörtert und den Beteiligten dadurch aufgezeigt wird, welche Gesichtspunkte für die Entscheidung voraussichtlich von Bedeutung sein werden. Ein Hinweis kann lediglich geboten sein, wenn für die Beteiligten auch bei sorgfältiger Prozessführung nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen das Gericht seine Entscheidung stützen wird, und deshalb, weil diese Gesichtspunkte nicht angesprochen wurden, ein für die Entscheidung relevanter Sachvortrag unterbleibt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 15. September 2020 - X ZB 17/19, GRUR-RS 2020, 26406 Rn. 11 - Einschraubwerkzeug; Beschluss vom 26. August 2014 - X ZB 19/12, GRUR 2014, 1235 Rn. 11 - Kommunikationsrouter; Beschluss vom 25. Januar 2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792, 793 - Spiralbohrer).
bb) Nach diesen Grundsätzen begründet es keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Patentgericht nicht vorab darauf hingewiesen hat, dass es seine Entscheidung auf E16 zu stützen gedenkt.
(1) Ein Hinweis vor der mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich, weil die Patentinhaberin schon aufgrund des Vortrags der Einsprechenden damit rechnen musste, dass sich E16 als relevant erweisen kann.
Dem steht nicht entgegen, dass die Einsprechende E16 erst mit ihrem letzten Schriftsatz eingereicht und auf den Inhalt dieser Entgegenhaltung nicht in allen Einzelheiten eingegangen ist. Die Relevanz der Entgegenhaltung ergab sich im Streitfall daraus, dass ein anderer Senat des Patentgerichts den Gegenstand einer aus derselben Anmeldung wie das Streitpatent hervorgegangenen Teilanmeldung als ausgehend von E16 nahegelegt angesehen hat. Bei dieser Ausgangslage musste die Patentinhaberin E16 schon deshalb als potentiell auch für den Streitfall relevant ansehen, weil die Einsprechende geltend gemacht hat, der Gegenstand des Streitpatents stimme mit dem Gegenstand der zurückgewiesenen Anmeldung in den wesentlichen Punkten überein, weshalb die der anderen Beschwerdeentscheidung zugrundeliegende Argumentation auf den Streitfall übertragbar sei.
(2) In der mündlichen Verhandlung hat das Patentgericht den Anspruch der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör jedenfalls dadurch gewahrt, dass es auf E16 eingegangen ist.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann aus dem Umstand, dass das Protokoll der mündlichen Verhandlung hierüber keinen Aufschluss gibt, nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass E16 in der mündlichen Verhandlung unerwähnt geblieben ist. Jedenfalls aus der angefochtenen Entscheidung, die insoweit ebenfalls als Erkenntnisquelle heranzuziehen ist, ergibt sich, dass die Frage, ob der Gegenstand des Streitpatents durch E16 und E12 nahegelegt war, in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist.
Das Patentgericht legt in der angefochtenen Entscheidung nicht nur seine eigenen Gedankengänge dar. Es geht vielmehr auch auf Gegenargumente der Patentinhaberin hinsichtlich einer Kombination von E16 und E12 ein. Diese Argumente können nur in der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden sein, weil die Patentinhaberin, wie auch die Rechtsbeschwerde geltend macht, sich zu E16 schriftlich nicht geäußert hat.
Dass E16 in der mündlichen Verhandlung angesprochen wurde, ergibt sich darüber hinaus auch aus dem Umstand, dass die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung weitere Hilfsanträge gestellt hat, die diesem Angriffsmittel Rechnung tragen sollten.
b) Hinsichtlich der Entscheidung über die Hilfsanträge macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Einsprechende habe eine Kombination der Entgegenhaltungen E16 mit E12 und E13 nicht vorgetragen.
Diese Rüge ist unbegründet.
Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend darlegt, hat die Einsprechende sich bereits in der Beschwerdebegründung auf eine Kombination von E12 und E13 berufen. Aufgrund des späteren Vorbringens zu E16 musste die Patentinhaberin damit rechnen, dass das Patentgericht auch eine Kombination aller drei Entgegenhaltungen in Betracht zieht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
IV. Eine mündliche Verhandlung erachtet der Senat für nicht erforderlich (§ 107 Abs. 1 PatG).
Bacher Kober-Dehm Hoffmann Marx Deichfuß Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 24.07.2019 - 18 W(pat) 20/19 -
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