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V ZB 74/17

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 74/17 BESCHLUSS vom 20. September 2017 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2017:200917BVZB74.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Januar 2017 und der Beschluss des Landgerichts Hamburg - 29. Zivilkammer - vom 7. März 2017 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in den Rechtsmittelinstanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in den Rechtsmittelinstanzen werden der Freien Hansestadt Bremen auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein. Bei Polizeikontrollen und bei der Meldung als Asylsuchender machte er jeweils falsche Angaben zu seiner Identität und seinem Geburtsdatum. Mit Bescheid vom 12. September 2016 wies ihn die beteiligte Behörde aus und drohte ihm die Abschiebung an.

Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 17. Januar 2017 Abschiebungshaft bis zum 14. April 2017 angeordnet. Die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 7. März 2017 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Der Senat hat die Vollziehung der Sicherungshaft am 31. März 2017 einstweilen ausgesetzt. Der Betroffene, der nach erneuter Haftanordnung am 5. April 2017 nach Marokko abgeschoben worden ist, beantragt nunmehr, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen.

II.

Das Beschwerdegericht hält den Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 2 und 5 AufenthG für gegeben. Der Betroffene habe mehrfach über seine Identität getäuscht und diese Täuschung auch aufrecht erhalten, als seine Abschiebung bereits im Raum gestanden habe. Zudem habe er bei seiner Anhörung durch das Amtsgericht explizit erklärt, nicht nach Marokko zurückkehren zu wollen. Diese Erklärung sei im Zusammenhang mit der Verhandlung über den auf Sicherung seiner Abschiebung gerichteten Haftantrag nur so zu verstehen, dass er sich der Abschiebung nicht freiwillig stellen werde.

III.

Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Betroffene ist durch den die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts und die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts in seinen Rechten verletzt.

1. Es fehlt bereits an einem zulässigen Haftantrag.

a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - V ZB 192/13, juris Rn. 6 mwN; Beschluss vom 15. September 2016 - V ZB 30/16, juris Rn. 5; Beschluss vom 30. März 2017 - V ZB 128/16, NVwZ 2017, 1231 Rn. 6).

b) Dem wird der Haftantrag nicht gerecht.

aa) Die beteiligte Behörde hat die Erforderlichkeit der Haftzeit von drei Monaten damit begründet, dass die Abschiebung aufgrund vergangener Straftaten des Betroffenen durch Sicherheitskräfte begleitet werden müsse. Die Buchung eines begleiteten Fluges erfolge über die Bundespolizei in Koblenz und nehme „erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch“, da neben dem eigentlichen Flug auch die Flüge der Sicherheitsbegleiter durch die Bundespolizei organisiert werden müssten. Sobald das Flugdatum feststehe, müsse mit diesen Informationen das bereits zugesagte Passersatzpapier von der marokkanischen Botschaft beschafft werden, was einschließlich Antragstellung, dortiger Ausstellung und Zusendung des Papiers etwa drei bis vier weitere Wochen in Anspruch nehmen werde.

bb) Damit werden zwei der beantragten drei Haftmonate allein mit der Buchung eines begleiteten Fluges begründet, ohne dass die hierfür erforderlichen Schritte und deren jeweilige Dauer mitgeteilt werden. Diese allgemein gehaltenen Ausführungen sind vor dem Hintergrund, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG; näher Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, FGPrax 2012, 225 Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 67/13, juris Rn. 9), unzureichend (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 8/15, juris Rn. 7; Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, juris Rn. 14).

2. Dieser Fehler ist nicht geheilt worden.

a) Mängel des Haftantrages können behoben werden, indem die Behörde von sich aus oder auf richterlichen Hinweis ihre Darlegungen ergänzt und dadurch die Lücken in ihrem Haftantrag schließt oder indem der Haftrichter selbst die Voraussetzungen zur Durchführbarkeit der Ab- oder Zurückschiebung des Ausländers und zu der erforderlichen Haftdauer in seiner Entscheidung feststellt (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 21 ff.). Zwingende weitere Voraussetzung für eine Heilung ist in einem solchen Fall, dass der Betroffene zu den ergänzenden Angaben persönlich angehört wird (vgl. schon die Aussetzungsentscheidung des Senats im hiesigen Verfahren: Beschluss vom 31. März 2017 - V ZB 74/17, juris Rn. 3 mwN).

b) Vorliegend hat die beteiligte Behörde zwar im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgetragen, die Abschiebung sei für den 5. April 2017 vorgesehen und ein Flug bereits gebucht. Diese Angaben waren auch grundsätzlich ausreichend, um die Erforderlichkeit der verbleibenden Haftzeit zu belegen. Der Betroffene wurde hierzu aber durch das Beschwerdegericht nicht persönlich angehört.

-713 3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Stresemann Schmidt-Räntsch Haberkamp Hamdorf Kazele Vorinstanzen:

AG Hamburg, Entscheidung vom 17.01.2017 - 219g XIV 13/17 LG Hamburg, Entscheidung vom 07.03.2017 - 329 T 12/17 -

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