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X B 196/12

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 12.8.2013, X B 196/12 Rechtmäßigkeit eines Änderungsbescheids - Unbeachtlichkeit der Angabe einer unzutreffenden Änderungsvorschrift im Bescheid Tatbestand I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte die Einkommensteuer des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) für die Streitjahre 2000, 2001 und 2004 gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Am 5. Juni 2008 ergingen für eine Beteiligung an der X GbR, an welcher der Kläger beteiligt war, geänderte Bescheide über die gesonderten und einheitlichen Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen für diese Jahre. Das FA erhielt entsprechende Mitteilungen und erließ daraufhin am 1. Juni 2010 geänderte Einkommensteuerbescheide. Zu diesem Zeitpunkt war die reguläre Festsetzungsfrist für alle Jahre bereits abgelaufen. Als Änderungsvorschrift führte das FA § 164 Abs. 2 AO an. In den Erläuterungen wies es darauf hin, die Änderung ergebe sich aus dem jeweiligen Feststellungsbescheid vom 5. Juni 2008.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der Kläger hatte insoweit geltend gemacht, am 1. Juni 2010 sei eine Änderung gemäß § 164 Abs. 2 AO wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätte zwar eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfolgen können, hierauf habe das FA die Änderungsbescheide aber nicht gestützt. Eine Nachholung (ein Austausch der Änderungsnormen) sei inzwischen wegen Ablaufs der Zwei-Jahres-Frist gemäß § 171 Abs. 10 AO ausgeschlossen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Die von dem Kläger als grundsätzlich bedeutsam angesehene Rechtsfrage, ob ein Folgebescheid, der aufgrund einer unbestritten festsetzungsverjährten Änderungsvorschrift erlassen wurde, nachträglich auf eine Änderungsvorschrift (hier: § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) gestützt werden kann, obwohl diese im Zeitpunkt des Wechsels der Änderungsvorschrift ebenfalls festsetzungsverjährt war, ist nicht klärungsbedürftig.

a) An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es u.a. dann, wenn die in Rede stehende Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, welche eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (z.B. Senatsbeschluss vom 13. Juni 2007 X B 34/06, BFH/NV 2007, 1703).

b) Dies ist entgegen der Ansicht des Klägers vorliegend der Fall. Es entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein Änderungsbescheid selbst bei Angabe einer fehlerhaften Änderungsgrundlage rechtmäßig ist, falls er durch den Tatbestand einer anderen Änderungsvorschrift gedeckt ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6. August 1965 III 43/63 S, BFHE 83, 349, BStBl III 1965, 626; vom 12. Januar 1966 I 269/63, BFHE 85, 51, BStBl III 1966, 230; vom 25. November 1980 VIII R 32/77, BFHE 132, 425, BStBl II 1981, 419; vom 24. März 1981 VIII R 85/80, BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778; BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 1992 V B 60/91, BFH/NV 1992, 579; vom 16. August 1995 VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125). Nach dieser Rechtsprechung hat der Hinweis der Behörde auf die Änderungsvorschrift keine rechtliche Bedeutung (BFH-Urteile in BFHE 85, 51, BStBl III 1966, 230, und in BFHE 132, 425, BStBl II 1981, 419). Die falsche Bezeichnung sei unschädlich, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt materiell die Voraussetzungen für eine Änderung überhaupt vorgelegen hätten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778). Die Vorschrift, auf die das FA die Änderung stütze, sei nichts anderes als die rechtliche Begründung der vorgenommenen Änderung, die jederzeit durch eine andere rechtliche Begründung ausgewechselt werden könne (vgl. BFH-Urteile in BFHE 83, 349, BStBl III 1965, 626, unter II.; in BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778).

Dieser Rechtsprechung folgt auch der beschließende Senat (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 2010 X R 49/08, BFH/NV 2010, 2225, unter II.2.d), ohne dass die Notwendigkeit gesehen wird, sie --wie vom Kläger vorgeschlagen wurde-- teleologisch zu reduzieren. Hieran vermögen seine Einwände --wie aus den folgenden Ausführungen ersichtlich-- nichts zu ändern.

c) Nach der Rechtsprechung kommt es allein darauf an, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids die vorgenommene Änderung durch eine Änderungsmöglichkeit, nicht zwingend also durch die im Bescheid genannte Vorschrift, gedeckt war. Dies war vorliegend im Hinblick auf die noch laufende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO für die Änderungsnorm des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ersichtlich der Fall, was der Kläger auch nicht bestreitet.

d) Nicht erforderlich ist es dagegen, dass auch --wie der Kläger meint-- die genannte Änderungsvorschrift zu diesem Zeitpunkt "rein theoretisch anwendbar" war, mithin eine "entweder/oder Situation" vorlag. Im Übrigen erschließt sich dem Senat nicht, warum ein solches Nebeneinander von zwei "theoretisch anwendbaren" Änderungsvorschriften im Streitfall nicht zu bejahen sein soll. So waren die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre unstreitig unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt (§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO). Damit konnten sie, solange der Vorbehalt wirksam war, aufgehoben oder geändert werden (§ 164 Abs. 2 AO). "Theoretisch" war die Anwendung der Vorschrift somit durchaus denkbar. Dass das FA offenbar erst aufgrund des Einspruchs des Klägers erkannte, dass eine Änderung am Entfallen des Vorbehalts mit Ablauf der normalen vierjährigen Festsetzungsfrist (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO) scheiterte, weil § 171 Abs. 10 AO insoweit nicht anwendbar ist (§ 164 Abs. 4 Satz 2 AO), steht dem nicht entgegen. Die Wirksamkeit des Vorbehalts im Zeitpunkt der Änderung ist ebenso ein "normales" Tatbestandsmerkmal, über das die Behörde irren kann, wie bspw. das Vorliegen einer neuen Tatsache i.S. des § 173 AO in dem Verfahren in BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778.

e) Unerheblich ist weiter, dass im Zeitpunkt der "Auswechslung" der Änderungsnorm die nach § 171 Abs. 10 AO verlängerte Festsetzungsfrist mittlerweile ebenfalls abgelaufen war. Wie ausgeführt kommt es allein auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids an. Am 1. Juni 2010 lief die Frist zur Umsetzung der geänderten Grundlagenbescheide noch. Stellt sich die Nichtanwendbarkeit der zugrunde gelegten Änderungsnorm im Nachhinein heraus, wird die Änderung aber von einer anderen Norm erfasst, ist es unschädlich, wenn das FA die zutreffende Norm nicht bereits "im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes" geprüft hat. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die zunächst nicht geprüfte Norm "für den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes" als anwendbar erweist. Ist dies der Fall, kann die Behörde die unzutreffende Begründung der Änderungsbefugnis jederzeit durch Angabe der zutreffenden Änderungsnorm ersetzen.

2. Aus den gleichen Gründen ist die Revision nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen, da es sich bei dem Erfordernis einer Revisionsentscheidung zur Rechtsfortbildung um einen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung handelt (vgl. BFH-Beschluss vom 22. August 2011 III B 192/10, BFH/NV 2011, 2043).

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