• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

VIa ZR 584/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 584/22 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:230925UVIAZR584.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2025 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterin Möhring, die Richter Dr. Katzenstein, Dr. Ostwaldt und Dr. Tausch für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 7. April 2022 mit Ausnahme der Zurückweisung des Berufungsantrags zu II (Deliktszinsen) aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für die Revision wird auf bis 30.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. Er erwarb im Mai 2012 von dritter Seite einen von der Beklagten hergestellten, neuen BMW X3 xDrive20d, der mit einem Dieselmotor der Baureihe N47 (Schadstoffklasse Euro 5) ausgestattet ist.

Der Kläger hat die Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs (Berufungsantrag zu I), die Zahlung von Deliktszinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs (Berufungsantrag zu II), die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten (Berufungsantrag zu III) sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Berufungsantrag zu IV) begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 826 BGB zu. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass der Vortrag des Klägers zu den behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen eine Behauptung ins Blaue hinein darstelle. Das gelte auch hinsichtlich des Vortrags zu dem Thermofenster. Die Beklagte habe substantiiert vorgetragen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) das Thermofenster bei dem streitgegenständlichen Motortyp für zulässig erachtet habe. Dem sei der Kläger nicht ausreichend entgegengetreten. Seine den Wahrheitsgehalt der Auskünfte des KBA in Zweifel ziehenden Behauptungen erwiesen sich als willkürlich und seien wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich. Demnach enthalte der Vortrag des Klägers letztlich nur allgemeine Ausführungen zu (irgend)einem Thermofenster, ohne auf das streitgegenständliche Fahrzeug im Einzelnen einzugehen. Davon abgesehen reiche das Vorbringen des Klägers bereits nicht aus, um auf seiner Grundlage einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung anzunehmen.

Ebenso wenig bestehe ein Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV, weil es sich nicht um Schutzgesetze handele.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet allerdings keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine konkreten Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht in Betracht gezogen hat.

a) Wie der Senat nach Erlass des Zurückweisungsbeschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG)

Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27). Dem Kläger kann indes nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

b) Die angegriffene Entscheidung hat auch nicht deshalb Bestand, weil das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers zu den behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen bereits als Behauptung ins Blaue hinein angesehen hat. Nach den getroffenen Feststellungen ist in das Fahrzeug des Klägers unstreitig ein "Thermofenster" integriert. Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug messe mittels Sensoren die Außentemperatur. Liege diese in einem Temperaturbereich zwischen 20°C und 30°C, werde die Abgasrückführung optimal angesteuert und zu 100 % durchgeführt. Außerhalb dieses Temperaturbereichs werde die Abgasrückführung schrittweise reduziert und schließlich ganz ausgeschaltet, so dass die Grenzwerte für den Stickoxidausstoß überschritten würden.

Weitergehender Vortrag zum (bloßen, objektiven) Vorliegen einer Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in Gestalt eines unstreitig in das Fahrzeug eingebauten "Thermofensters", das zu einer Verringerung des Emissionskontrollsystems führt, kann nicht verlangt werden (vgl. BGH, Urteil VIa ZR 347/22, juris Rn. 14 f.).

Soweit das Berufungsgericht meint, der Kläger sei dem Vortrag der Beklagten, das KBA habe das "Thermofenster" bei dem streitgegenständlichen Motortyp für zulässig erachtet, nicht ausreichend entgegengetreten, verkennt es, dass den Kläger lediglich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung als solcher im Sinne der Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 trifft, während der Beklagten die Darlegungsund Beweislast dafür obliegt, dass eine festgestellte Abschalteinrichtung zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 53 f.). Vor diesem Hintergrund durfte sich der Kläger damit begnügen, die Richtigkeit der von der Beklagten beigebrachten Auskünfte des KBA in Zweifel zu ziehen.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Möhring Katzenstein Ostwaldt Tausch Vorinstanzen: LG Bamberg, Entscheidung vom 28.09.2021 - 24 O 68/21 OLG Bamberg, Entscheidung vom 07.04.2022 - 1 U 470/21 - Verkündet am: 23. September 2025 Sutter-Stumm, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in VIa ZR 584/22

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
5 823 BGB
2 826 BGB
2 563 ZPO
1 6 BGB
1 27 BGB
1 561 ZPO
1 562 ZPO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 6 BGB
1 27 BGB
5 823 BGB
2 826 BGB
1 561 ZPO
1 562 ZPO
2 563 ZPO

Original von VIa ZR 584/22

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von VIa ZR 584/22

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum