Paragraphen in 14 W (pat) 16/13
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph |
---|
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/13
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 103 53 792.9 …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richterin Dr. Proksch-Ledig, des Richters Schell und des Richters Dr. Jäger beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152 08.05 Gründe I.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18. Februar 2013 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 K des Deutschen Patent- und Markenamtes die Patentanmeldung 103 53 792.9 mit der Bezeichnung
„Heil- und Wundsalbe auf der Basis einer wässrigen Emulsion“
zurückgewiesen.
Dem Beschluss liegen die mit Schriftsatz vom 28. Januar 2013 eingereichten Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Haupt- und Hilfsantrag zugrunde. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 3 gemäß Hauptantrag lauten wie folgt:
„1. Heil- und Wundsalbe auf der Basis einer wässrigen Emulsion, bestehend aus 0,01-85 % Silikonen, 0,01-35 % hydrophober Emulator mit einem HLB Wert von 1 bis 7 und/oder 0,01-35 % eines Gemisches aus hydrophoben und hydrophilen Emulator mit einem HLB-Wert von 1 bis 14, 0,10-99 % biokompatibler Salzlösung, 0,01-40 % Dimethylsulfoxid und einer bekannten Salbengrundlage zur Behandlung oder Prophylaxe von Hauterkrankungen, die aufgrund pathogener Konzentrationen von reaktiven Sauerstoffintermediaten im Stoffwechsel von Tieren und Menschen entstehen.
3. Verwendung einer wässrigen Emulsion, bestehend aus 0,01-85 % Silikonen, 0,01-35 % hydrophober Emulator mit einem HLB Wert von 1 bis 7 und/oder 0,01-35 % eines Gemisches aus hydrophoben und hydrophilen Emulator mit einem HLB-Wert von 1 bis 14, 0,10-99 % biokompatibler Salzlösung, 0,01-40 % Dimethylsulfoxid und einer bekannten Salbengrundlage zur Herstellung einer Wund- und Heilsalbe zur Behandlung oder Prophylaxe von Krankheitsprozessen bei Hauterkrankungen, die im Zusammenhang mit pathogenen Konzentrationen von reaktiven Sauerstoffintermediaten im Stoffwechsel von Tieren und Menschen entstehen.“
In oben genanntem Beschluss ist im Wesentlichen ausgeführt, dass abgesehen davon, dass die vorliegenden Patentansprüche Unklarheiten aufwiesen, die Bereitstellung der Heil- und Wundsalbe gemäß den Patentansprüchen 1 nach Hauptund Hilfsantrag im Hinblick auf die Entgegenhaltungen
(1) WO 00/50 0 85 A2 (2) DE 101 13 284 A1 (3) GB 1 098 121 (4) WO 02/38160 A1 (5) US 3 711 602 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. In den Druckschriften (1) und (2) werde jeweils eine Silikonöl-Emulsion mit den anmeldungsgemäßen Merkmalen zur Behandlung von u. a. Neurodermitis, einer Erkrankung im Sinne der Anmeldung, offenbart. Die Ausgestaltung dieser Emulsionen als Salbe sei nahe liegend, nachdem zur Behandlung einer Neurodermitis eine Salbe die Applikationsform der Wahl sei. Auch im Hinblick auf eine Zusammenschau der Druckschriften (3) und (4) mangele es der erfinderischen Tätigkeit, da (3) eine DMSO (= Dimethylsulfoxid) als entzündungshemmenden Wirkstoff enthaltende Salbe angebe, die bei Ekzemen, Schnittverletzung, Verbrühungen und Druckgeschwüren eingesetzt werde und aus der Druckschrift (4) die topische Verwendung einer DimeticonCreme mit der gleichen Indikation bekannt sei. Eine Zusammenschau der Druckschriften (4) und (5) führe gleichfalls zum Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag, nachdem in der Druckschrift (5) eine Salbe offenbart werde, die einen entzündungshemmenden Wirkstoff zusammen mit DMSO als Penetrationsverstärker enthalte und Dimethicon als entzündungshemmender Wirkstoff in der Druckschrift (4) beschrieben sei.
In einer Zwischenverfügung war von Seiten des Senates noch auf die Druckschriften
(6) „Arzneiformenlehre“ (Hrsg.: Ursula Schöffling), 3. Aufl., 1998, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, S. 308 „Penetrationsalben“
(7) „Propädeutikum der Arzneiformenlehre – Galenik 1“, 2. Aufl., 2000, Springer-Verlag Berlin, S. 208 „Salbenpräparate“
hingewiesen worden.
Gegen den Beschluss der Prüfungsstelle A 61 K richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ihr Patentbegehren auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hauptantrag, der Patentansprüche 1 bis 7 gemäß 1. bis 3. Hilfsantrag sowie der Patentansprüche 1 bis 6 gemäß 4. und 5. Hilfsantrag, jeweils vom 18. April 2013, weiterverfolgt.
Die Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag entspricht der eingereichten Anspruchsfassung vom 18. Januar 2013.
Der Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut:
„Heil- und Wundsalbe auf der Basis einer bekannten Salbengrundlage und einer wässrigen Emulsion, wobei die wässrige Emulsion aus 0,01-85 % Silikonen, 0,01-35 % hydrophober Emulator mit einem HLB Wert von 1 bis 7 und/oder 0,01-35 % eines Gemisches aus hydrophoben und hydrophilen Emulator mit einem HLB-Wert von 1 bis 14, 0,10-99 % biokompatibler Salzlösung, 0,01-40 % Dimethylsulfoxid besteht, zur topischen Behandlung oder Prophylaxe von Hauterkrankungen, die aufgrund pathogener Konzentrationen von reaktiven Sauerstoffintermediaten im Stoffwechsel von Tieren und Menschen entstehen.“
Der Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag in sofern, als die Indikation mit folgendem Wortlaut angegeben wird:
„zur topischen Behandlung oder Prophylaxe von Krankheitsprozessen bei Hauterkrankungen, die im Zusammenhang mit pathogenen Konzentrationen von reaktiven Sauerstoffintermediaten im Stoffwechsel von Tieren und Menschen stehen.“
Im Patentanspruch 1 gemäß 3. Hilfsantrag wird im Unterschied zum Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag als Indikation
„zur tropischen Behandlung von oxidativem Stress bei Hauterkrankungen bei Tieren und Menschen.“
genannt.
Gemäß Patentanspruch 1 nach 4. Hilfsantrag erfolgt gegenüber dem Patentanspruch 1 nach 1. Hilfsantrag eine Beschränkung der Indikation durch die explizite Nennung definierter Krankheitsbilder. Dieser Passus hat folgenden Wortlaut:
„Verbrennungen 1. und 2. Grades, Verletzungen aufgrund stumpfer oder scharfer Gewalt, Neurodermitis, bakteriell infizierte Wunden, Psoriasis, Herpes Zoster, Exantheme, Ekzeme, Photosensibilität, Alterung der Haut, neoplastischen Erkrankungen der Haut, Pilzerkrankungen, proliferative und onkogene Erkrankungen der Haut, geriatrische Erkrankungen der Haut, Altersflecken.“
Im Patentanspruch 1 gemäß 5. Hilfsantrag ist die im Patentanspruch 1 gemäß 4. Hilfsantrag genannte Indikation „Neurodermitis“ gestrichen.
Zur Begründung ihrer Beschwerde verweist die Anmelderin auf die Druckschriften Anlage 1: Anlage 2:
Anlage 3: Anlage 4 Dolobene-Gel, Beipackzettel 1998 Rote Liste 2007 – Wirkstoffangabe zu DMSO (topisch), D 45; S. 232 (mit Verweis auf die Fachinformation Rheumabene, Januar 1996) Wikipedia – Lösungsmittel, Stand 3. April 2013 Auszug – Chemikalien-Lexikon D (http://www.omikron-online.de/cyberchem/cheminfo/ 0177-lex.htm)
Anlage 5:
Anlage 6:
Anlage 7: Anlage 8:
Bodylotion für trockene, feuchtigkeitsarme Haut (Hobbythek), www.jean-puetz-produkte.de Salben Grundrezept http://www.heilkräuter.de/salben/gr-salbe.htm Wikipedia zu „Dimethylsulfoxid“, Stand 3. April 2013 Nair, B., Int. J. Toxicol., 2003, 22 Suppl.2, S. 11 bis 35 und trägt im wesentlichen vor, dass in den Entgegenhaltungen (1) und (2) nicht nur der Hinweise fehle, die dort offenbarte Emulsion bei Neurodermitis auch lokal als Salbe zu applizieren, sondern der Fachmann dieses - wie die Anlagen 1 und 2 zeigten - wegen bestehender Vorbehalte der Fachwelt, DMSO und DMSO-haltige Cremen auf offene Wunden, kranke oder vorgeschädigte Haut aufzutragen, auch nicht in Erwägung gezogen hätte. In der Creme gemäß Dokument (3) wiederum fungiere DMSO nicht als aprotisch-dipolares Lösungsmittel. Im Zusammenhang damit verweist sie auf die Anlagen 3 und 4. Erst durch das anmeldungsgemäße Emulgieren mit DMSO nämlich würde der erforderliche Dipolcharakter von Silikonölen ausgebildet, um pathologische Sauerstoffverbindungen bzw. ungesättigte Sauerstoffintermediate abzubauen bzw. diese elektrostatisch zu puffern. Bei den Cremen gemäß dem Dokument (4) sei nun nicht ersichtlich, wann der entzündungshemmende Wirkstoff in die Creme eingearbeitet werde. Der Zeitpunkt der Zugabe sei aber entscheidend für das Zusammenwirken zweier Verbindungen in einer Emulsion. Denn, wie anhand der Anlagen 5 und 6 zu ersehen sei, fungiere eine Emulsion dann, wenn ein Wirkstoff in eine bereits bestehende stabile Emulsion eingearbeitet werde, nur als Wirkstoffträger ohne mit dem Wirkstoff in Wechselwirkung zu treten. Da es sich dabei um eine übliche Vorgehensweise bei der Herstellung von Cremen handelt, würde der Fachmann bei einer Zusammenschau der Dokumente (3) und (4) diesen üblichen Herstellungsweg wählen und DMSO in die fertige Dimeticon-haltige Creme einrühren. Bei dieser Vorgehensweise würde sich aber der vorliegend beschriebene synergistische Effekt von DMSO und Silikonöl nicht ausbilden, da der Dipol-Charakter des Dimeticon zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig ausgebildet und stabilisiert sei. Eine Zusammenschau der Dokumente (4) und (5) führe ebenfalls nicht zum anmeldungsgemäßen Gegenstand, da DMSO in (5) als Penetrationsverstärker genannt sei. Dimeticon werde, wie auch mit der Anlage 8 bestätigt werde, aufgrund seines hohen Molekulargewichtes aber nicht über die Haut absorbiert. Unter Bezugnahme auf die Druckschriften (6) und (7) führt sie darüber hinaus aus, dass DMSO vorliegend nicht als Penetrationsvermittler fungiere, sondern in Synergie mit den emulgierten Silikonen dazu führe, dass sich die Wirkung der Salbe direkt an der Hautoberfläche entfalte. Ferner ermögliche es die anmeldungssgemäße Heil- und Wundsalbe, aufgrund der mit DMSO emulgierten Silikonöle die Dosismenge weiterer zugesetzter Wirkstoffe gegenüber der üblichen Medikation bei gleichbleibender Wirkung zu reduzieren. Im Hinblick auf die Druckschrift (7) legt sie dar, dass die dort wiedergegebene allgemeine Lehre die Herstellung der beanspruchten Heil- und Wundsalbe nicht nahe legen könne, da dem Fachmann dazu das Wissen um die oberflächige Einsetzbarkeit der anmeldungsgemäßen Heilund Wundsalbe fehlen würde.
Die Anmelderin beantragt,
1) den Zurückweisungsbeschluss des deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. Februar 2013 aufzuheben und das Patent auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 7 vom 28. Januar 2013 (erneut eingereicht am 18. April 2013) zu erteilen,
2) hilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 7 jeweils gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 vom 18. April 2013,
3) weiter hilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 6 jeweils gemäß den Hilfsanträgen 4 und 5 vom 18. April 2013 zu erteilen.
Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2015 teilt sie mit, dass sie zum anberaumten Verhandlungstermin nicht erscheinen werde, und bittet um Entscheidung nach Aktenlage. Der Senat hat daraufhin den Verhandlungstermin aufgehoben.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der jeweils rückbezogenen Patentansprüche, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig; sie ist aber nicht begründet.
1. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern die Patentansprüche gemäß Hauptantrag bzw. die Patentansprüche gemäß 1. bis 5. Hilfsantrag formale Mängel aufweisen. Auch mag die jeweils beanspruchte Heil- und Wundsalbe neu sein. Die Heil- und Wundsalbe gemäß den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und 1. bis 5. Hilfsantrag beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2. Hauptantrag Der Anmeldung liegt unter Berücksichtigung des gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleisteten die objektive technische Aufgabe zu Grunde, eine verbesserte Heil- und Wundsalbe, die Silikone als Wirkstoff enthält, zur Behandlung von durch oxidativem Stress verursachten Entzündungsreaktionen im Zusammenhang mit Hauterkrankungen bereitzustellen (vgl. Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag sowie Offenlegungsschrift DE 103 53 792 A1 Beschreibung S. 3 Abs. [0020] und [0023]).
Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag mit der Bereitstellung einer Heil- und Wundsalbe auf der Grundlage einer Silikone und Dimethylsulfoxid enthaltenden Emulsion und einer bekannten Salbengrundlage.
Ausgangspunkt zum Auffinden einer Lösung des der Anmeldung zugrunde liegenden Problems stellt das Dokument (4) dar, denn diese betrifft die Behandlung von Entzündungen i. V. m. den gleichen Hauterkrankungen, wie sie auch in der vorliegenden Anmeldung angegeben werden (vgl. (4) S. 5 Z. 22 bis S. 6 Z. 5, S. 18 bis 20 Beispiele 8 bis 10 sowie Offenlegungsschrift, Patentanspruch 7 und Beschreibung S. 3, Abs. [0023] S. 4 bis 5 Ausführungsbeispiele a), b) d) bis h)). Als Wirkstoff mit entzündungshemmenden Eigenschaften enthält die gemäß der Druckschrift (4) zur Behandlung dieser Indikationen beschriebene Zusammensetzung Dimeticon – ein Silikonöl. Als geeignete Formulierung wird des weiteren die Zubereitung in Form einer topisch applizierbaren Salbe genannt (vgl. (4) Patentansprüche 1 bis 3 sowie Beschreibung S. 4 Z. 11 bis 25, S. 5 Z. 16 bis 18 sowie S. 6 Z. 17 bis 19). Dieses Dokument vermittelt dem Fachmann - einem Dermatologen, der mit einem pharmazeutischen Technologen mit Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung von Salben zusammenarbeitet - überdies Angaben zum Wirkmechanismus von Dimethicon. So ist den Beispielen 11 und 12 folgend im Rahmen von in vitro-Versuchen festgestellt worden, dass mit Dimeticon die Phagozytose durch Neutrophile stimuliert werden kann und eine PHA (= Phythämagglutinin) vermittelte mitogene Proliferation mononukleärer Leukozyten (= PBLMs) gehemmt werden kann. Somit erhält der Fachmann mit diesen Beispielen den Hinweis, dass diese Substanz in den Entzündungsprozess involvierte Mediatoren, in diesem Fall phagozytierende Zellen des unspezifischen Immunsystems, beeinflussen kann. Die Beispiele im Dokument (4) sind aber nicht auf in vitroVersuche beschränkt, vielmehr wird gemäß Beispiel 13 darüber hinaus gezeigt, dass Dimethicon auch im Tierversuch im Zusammenhang mit der topischen Behandlung einer allergischen Kontakt-Dermatitis (= Ekzem) eine entzündungshemmende Wirkung zeigt.
Davon ausgehend bedurfte es keiner Überlegung erfinderischer Art, zur Lösung der vorliegenden Aufgabe eine Salbe vorzuschlagen, die neben Silikonen, wie Dimeticon, zusätzlich Dimethylsulfoxid (= DMSO) enthält.
Dem Fachmann war nämlich in Verbindung mit Dimeticon aufgrund seines Fachwissens bekannt, dass es sich hierbei um eine höhermolekulare Verbindung handelt, die in der Fachwelt als eine Substanz erachtet wird, die nicht bzw. in nicht signifikantem Maße in die Haut eindringt (vgl. Anlage 8). Das Dokument (4) vermittelt dagegen die Lehre, dass Dimeticon nicht nur entzündungshemmend wirkt, sondern diese Wirkung unter Beteiligung des unspezifischen Immunsystems erfolgt und dieses auch in einem Tierversuch mit einer topisch applizierten Lösung beobachtet werden konnte. Dem Fachmann war gleichzeitig aufgrund seines Fachwissens, wie es z. B. mit dem Lehrbuch (6) repräsentiert wird, bekannt, dass die Hautabsorption von Wirkstoffen mit der Verwendung von Penetrationsvermittlern verbessert werden kann. Diese in Kenntnis der in der Druckschrift (4) angegebenen Versuchsergebnisse sodann auch zur Herstellung einer Silikone als Wirkstoff enthaltenden Salbe in Betracht zu ziehen und dabei den Fokus auf Dimethylsulfoxid zu richten, lag auf der Hand. Denn DMSO gilt - den Angaben im Lehrbuch (6) folgend - nicht nur als stärkster unter den bekannten Penetrationsvermittlern, sondern diese Substanz wird bereits in dieser Funktion insbesondere im Zusammenhang mit dem Präparat "Dolobene-Gel", dessen Wirkstoff Heparin hochpolymer ist, beschrieben (vgl. (6) S. 308 „Penetrationssalben“ sowie Anlage 1).
Die Anmelderin trägt im Wesentlichen vor, dass die geltend gemachten Eigenschaften im Herstellungsverfahren der beanspruchten Salbe begründet seien. Diesem Vortrag kann sich der Senat nicht anschließen. Zum einen wird mit der Darlegung der gemäß der Auffassung der Anmelderin erfolgenden molekularen Wechselwirkungen während des Emulgierens lediglich die anmeldungsgemäß angestrebte Wirkung theoretisch begründet (BGH GRUR 1994, 357 Ls. 3 - Muffelofen). Zum anderen enthält das Dokument keine anderen Ausführungen zum Herstellungsverfahren bzw. zu den einzelnen Komponenten als die allgemeinen Angaben, dass hydrophobe bzw. ambiphile, Wirkstoff enthaltende W/O bzw. W/O/W-Emulsionen mit den in den Patentansprüchen 1 und 2 sowie den auf S. 3 Abs. [0022] der Offenlegungsschrift genannten Merkmalen bereit- gestellt würden und diese in eine nicht weiter definierte Salbengrundlage eingearbeitet würden. Wirkstoffe aber werden - und dieses ist dem Grundwissen des Fachmannes zuzuordnen - üblicherweise abhängig von ihren physikalischchemischen Eigenschaften in gelöster, suspendierter oder emulgierter Form zur Herstellung von Salben eingesetzt (vgl. (7) S. 208). Somit handelt es sich auch bei dieser Vorgehensweise um zur Routinetätigkeit des Fachmannes zählende Maßnahmen im Zuge der Herstellung einer Wirkstoff enthaltenden Salbe.
Auch das Argument, die beanspruchte Heil- und Wundsalbe wirke nur äußerlich auf der Hautoberfläche, weshalb es sich bei dieser nicht um eine Penetrationssalbe handele, kann den Senat nicht überzeugen. Vorliegend handelt es sich um die Behandlung von Entzündungsprozessen im Zusammenhang mit Hauterkrankungen (vgl. Offenlegungsschrift Beschreibung S. 3 Abs. [0020] und [0023]). Entzündungsreaktionen beruhen aber stets - wie beispielsweise anhand des Dokumentes (4) zu ersehen ist - auf einer Reaktion des Immunsystems, d. h. unter Beteiligung des Stoffwechsels (vgl. (4) S. 2 Abs. 2 und S 20/21 Bsp. 11 und 12). Somit beruht auch die Heilwirkung entzündungshemmender Substanzen auf einer Beeinflussung des Immunsystems. Diese aber kann nur erfolgen, wenn auf die Haut applizierte Substanzen die Hautbarriere durchdringen. Damit übereinstimmend wird auch in den Anmeldungsunterlagen ausgeführt, dass die Wirkung der beanspruchten Heil- und Wundsalbe darauf beruhe, vorhandene bzw. entstehende pathologische Sauerstoffradikale solange zu binden bzw. zu neutralisieren, bis der Organismus durch seine eigenen Redoxsysteme die Integrität wieder hergestellt habe (vgl. Offenlegungsschrift S. 3 Abs. [0021]).
Der Verweis der Anmelderin auf vorteilhafte Wirkungen der Heil- und Wundsalbe kann gleichfalls nicht zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen. Denn diese sind vor dem vorstehend dargelegten Hintergrund als Folge eines durch den Stand der Technik nahegelegten Handelns anzusehen, die nicht dazu geeignet ist, die Patentfähigkeit zu begründen (vgl. BGH GRUR 2003, 693 – Hochdruckreiniger sowie BGH GRUR 2003, 317 - Sonnenschutzmittel).
Der Patentanspruch 1 ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.
3. 1. bis 5. Hilfsantrag Die mit diesen Hilfsanträgen beanspruchten Heil- und Wundsalben unterscheiden sich von den Heil- und Wundsalben gemäß Hauptantrag zum einen darin, dass die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 3 sämtlich insofern umformuliert worden sind, als das Merkmal "auf der Basis einer bekannte Salbengrundlage" nunmehr statt im Anschluss an die Bestandteile der wäßrigen Emulsion dem Merkmal "auf der Basis einer wässrigen Emulsion" voran gestellt worden ist. Darüber hinaus erfolgt schrittweise mit steigender Nummer der Hilfsanträge eine Präzisierung der zur Behandlung vorgesehenen Hauterkrankungen. Wie vorstehend dagelegt, werden die in der Anmeldung angegebenen und schließlich in den Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 4 und 5 so auch expressis verbis genannten Hauterkrankungen im Dokument (4) ebenfalls für eine Behandlung der dort beschriebenen, Dimethicon als Wirkstoff enthaltenden Salbe aufgeführt (vgl. (4) S. 5/6 übergreifender Absatz). Mit den Hilfsanträgen 1 bis 5 liegt daher kein anderer Sachverhalt vor, als er bereits im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hauprtantrag erörtert worden ist. Die mit Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dargelegten Ausführungen gelten daher sinngemäß auch für die Heil- und Wundsalbe gemäß 1. bis 5. Hilfsantrag.
Die Patentansprüche 1 nach den jeweiligen Hilfsanträgen bilden daher ebenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit keine geeignete Grundlage für eine Patenterteilung.
4. Die Patentansprüche 2 bis 7 gemäß Hauptantrag und 1. bis 3. Hilfsantrag bzw. 2 bis 6 gemäß 4. und 5. Hilfsantrag teilen jeweils das Schicksal des Patentanspruches 1, da über den Antrag der Anmelderin nicht in Teilen entschieden werden kann (vgl. BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
5. Für den Senat sind daher keine Gründe ersichtlich, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen könnten.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Maksymiw Proksch-Ledig Schell Jäger Me
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen