7 W (pat) 17/19
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 17/19
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung … (wegen Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr; hier: Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren) hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 24. März 2020 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr ECLI:DE:BPatG:2020:240320B7Wpat17.19.0 beschlossen:
Der mit Schreiben vom 20. September 2019 gestellte Antrag des Anmelders auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Der Anmelder begehrt Verfahrenskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens betreffend die Zurückweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr.
Am 3. April 2018 hat er unter dem Aktenzeichen … eine Erfindung mit der Bezeichnung: „… …“ zur Patentierung angemeldet und Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Mit zwei Bescheiden vom 17. April 2018 und vom 25. Juni 2018, von denen der zweite am 29. Juni 2018 zugestellt worden ist, hat die Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts den Anmelder zur Ergänzung seines Verfahrenskostenhilfeantrags aufgefordert. Dazu hat sie erläutert, dass der Anmelder mit einer Zurückweisung seines Antrags für den Fall zu rechnen habe, dass die näher bezeichneten, noch zu ergänzenden Unterlagen nicht binnen gesetzter Frist beim Patentamt eingingen.
Daraufhin hat der Anmelder am 9. Juli 2018 Nachweise zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, jedoch nicht die ebenfalls angeforderte Erfinderbenennung übersandt.
Mit der Begründung, dass die Bedürftigkeit aller Erfinder nicht nachgewiesen sei und angeforderte Unterlagen fehlten, hat die Patentabteilung 54 den Verfahrenskostenhilfeantrag durch Beschluss vom 29. August 2018 zurückgewiesen. Dieser am 30. August 2018 zur Post gegebene Beschluss ist dem Anmelder am 2. September 2018 durch Übergabeeinschreiben zusammen mit einer Belehrung über die Möglichkeit zugestellt worden, binnen eines Monats das Rechtsmittel der Beschwerde einzulegen.
Am 6. September 2018 hat der Anmelder beim Patentamt einen mit „Wichtiger Nachtrag“ überschriebenen, vom 1. März 2015 datierenden Auszug eines Eintrags auf der Internet-Kommunikationsplattform „Google (+)“ und ein mit dem Datum des 8. Juli 2018 unterzeichnetes Formular zur Erfinderbenennung eingereicht, in dem er sich als alleiniger Erfinder benannt hat.
Unter dem 14. Februar 2019 hat die Prüfungsstelle 1.1.1.a – GS 140 dem Anmelder mitgeteilt, dass seine Patentanmeldung wegen Nichtzahlung der Anmeldegebühr als zurückgenommen gelte und ihn auf die Möglichkeit hingewiesen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen.
In seiner Eingabe vom 6. März 2019, die beim Patentamt am 9. März 2019 eingegangen ist, hat der Anmelder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr mit dem Hinweis beantragt, die Erfinderbenennung habe er am 31. August 2018 nachgereicht; wegen monatelanger Hinderung habe er erst jetzt reagieren können.
Diese Eingabe hat die Prüfungsstelle 54 mit einer als Zwischenbescheid bezeichneten Mitteilung vom 17. Mai 2019 beantwortet. Darin hat die Prüfungsstelle die voraussichtliche Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags mit der Begründung angekündigt, der Anmelder habe weder dargelegt, durch welche Umstände er gehindert war, die Gebühr fristgerecht bis zum 2. Januar 2019 zu entrichten, noch diese Zahlung inzwischen nachgeholt. Die Mitteilung ist mit der Angabe
„Prüfungsstelle 54“ gezeichnet. Darunter ist das Dienstsiegel angebracht, gefolgt von dem Hinweis: „Dieses Dokument wurde elektronisch erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.“
Auf diese Mitteilung hat der Anmelder mit einer als „Beschwerde“ bezeichneten Eingabe vom 31. Mai 2019 reagiert, die beim Patentamt am 7. Juni 2019 eingegangen ist. Er hat erneut seine wirtschaftlichen Verhältnisse erläutert und erklärt, er habe im August 2018 und im Herbst 2018 mit mehreren Schreiben, die das Patentamt unbeantwortet gelassen habe, für eine längere Liste von Verfahren um Fristverlängerungen gebeten. Die Eingabe umfasst zwei Blatt Ausführungen zum Thema „fotovoltaische Paneele“.
Mit Beschluss vom 1. Juli 2019, der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und dem Anmelder nach erneutem Versand am 20. Juli 2019 per Übergabe-Einschreiben zugestellt worden ist, hat die Prüfungsstelle 54 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Prüfungsstelle auf den Zwischenbescheid vom 17. Mai 2019 Bezug genommen und ausgeführt, der Anmelder habe weder die versäumte Handlung nachgeholt, d. h. die Anmeldegebühr gezahlt, noch in seiner Eingabe vom 31. Mai 2019 Gründe dargelegt, weshalb die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr ohne sein Verschulden versäumt worden sei.
Eine Sachstandsanfrage des Anmelders vom 21. Juli 2019 hat das Patentamt unter dem Datum des 12. August 2019 beantwortet.
Mit Eingabe vom 23. August 2019 hat der Anmelder den Prüfungsantrag gestellt.
Anschließend hat er am 20. September 2019 unter Bezugnahme auf seine Eingabe vom 31. Mai 2019 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, er verlange, dass alle seine Eingaben dem Bundespatentgericht vollständig vorgelegt würden. Dazu hat er Unverständnis über die Ablehnung seines Verfahrenskostenhilfeantrags geäußert; ihm lägen keine Mängelbescheide vor. Auch verstehe er nicht, weshalb er im Mai 2019 einen Zwischenbescheid erhalten habe, mit dem ihm eine Zurückweisung erst angekündigt worden sei, wenn seine Anmeldung nun schon seit Januar 2019 als zurückgenommen gelte.
Die Prüfungsstelle 54 hat dem Anmelder in einer Mitteilung vom 4. November 2019 erneut das bisherige Vorgehen erläutert und die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle 54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Juli 2019 aufzuheben, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr zu gewähren und ihm Verfahrenskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen.
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Dem Antrag des Anmelders auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens kann nicht entsprochen werden, weil dieser Antrag verspätet gestellt wurde, ebenso wie seine Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle 54 vom 1. Juli 2019 verspätet eingelegt wurde und aus diesem Grunde keine Erfolgsaussichten hat (§§ 129, 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 114 ZPO).
1. Mit der Beschwerdeeinlegung ist gemäß § 2 Abs. 1 Patentkostengesetz (PatKostG) eine Gebühr in Höhe von 200,- EUR (Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 PatKostG) zu zahlen, und zwar innerhalb der einmonatigen, mit Zustellung des angefochtenen Beschlusses beginnenden Beschwerdefrist (§ 73 Abs. 2 Satz 1 PatG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG). Ein entsprechender Hinweis ist in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses vom 1. Juli 2019 enthalten. Zugunsten des Anmelders, der keine Beschwerdegebühr entrichtet, in seiner Eingabe vom 20. September 2019 jedoch auf frühere Ausführungen vom 31. Mai 2019 zu seiner Bedürftigkeit Bezug genommen hat, ist diese Eingabe in analoger Anwendung des § 130 BGB zugleich als Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren auszulegen.
2. Allerdings ist dieser im Schreiben vom 20. September 2019 enthaltene Verfahrenskostenhilfeantrag zu einem Zeitpunkt gestellt worden, zu dem die Beschwerdefrist und damit die Zahlungsfrist für die Beschwerdegebühr bereits abgelaufen war. Der Beschluss vom 1. Juli 2019 wurde am 17. Juli 2019 zur Post gegeben. Bei der Zustellung mittels Einschreiben durch Übergabe gilt das zuzustellende Dokument am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es – was hier nicht der Fall war - nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG). Zustelldatum ist damit der 20. Juli 2019. Die einmonatige Frist des § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG endete also am 20. August 2019, einem Dienstag, § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB, und war demzufolge längst verstrichen, als der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 20. September 2019 das Patentamt erreichte. Aufgrund seiner verspäteten Stellung konnte dieser Verfahrenskostenhilfeantrag den Lauf der Zahlungsfrist gemäß § 134 PatG nicht mehr hemmen; er läuft ins Leere und ist unzulässig. Schon aus diesem Grunde war daher der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zurückzuweisen.
3. Darüber hinaus ist der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe auch deshalb zurückzuweisen, weil die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die gegen den Beschluss der Prüfungsstelle 54 vom 1. Juli 2019 gerichtete Beschwerde vom 20. September 2019 ist bereits unzulässig, weil sie erst nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist des § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG beim Patentamt eingegangen ist (siehe die Ausführungen unter 2.) Eine Beschwerde, die nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt ist, muss als unzulässig verworfen werden (§ 79 Abs. 2 Satz 1 PatG), ohne dass eine Sachprüfung stattfinden kann.
III.
Da die vorliegende Beschwerde unzulässig ist, kommt es im Ergebnis nicht auf den Vortrag des Anmelders in seiner als „Beschwerde“ bezeichneten Eingabe vom 31. Mai 2019 an. Davon abgesehen hätte diese aber keinen Erfolg, denn die Mitteilung der Prüfungsstelle 54 vom 17. Mai 2019, gegen den sich der Anmelder in dieser Eingabe wendet, stellt keine beschwerdefähige Entscheidung im Sinne des § 73 Abs. 1 PatG dar.
Ein Beschluss i. S. d. § 73 Abs. 1 PatG ist eine Entscheidung, durch die eine abschließende Regelung erfolgt, die die Rechte eines Beteiligten berühren kann (vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., § 73 Rn. 27). Bereits hieran fehlt es hier, denn inhaltlich hat die Prüfungsstelle in ihrer Mitteilung vom 17. Mai 2019 ausdrücklich („Zwischenbescheid“) eine lediglich vorläufige Auffassung geäußert und eine abschließende Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag erst für die Zukunft angekündigt.
Hinzu kommt, dass die Mitteilung auch in formeller Hinsicht die in § 47 Abs. 1 PatG genannten Anforderungen an einen beschwerdefähigen Beschluss nicht erfüllt, weil sie vom zuständigen Entscheidungsträger weder eigenhändig unterschrieben, noch mit einer elektronischen Signatur nach § 5 Abs. 2 EAPatV versehen ist, sondern lediglich den in Maschinenschrift wiedergegebenen Namen einer Beamtin der Prüfungsstelle trägt (vgl. hierzu Senatsbeschluss v. 26. August 2013 - 10 W (pat) 25/12 – Formularmäßige Mitteilung II; Schulte/Rudloff-Schäffer, a. a. O., § 47 Rn. 7 ff.).
Da die Mitteilung der Prüfungsstelle 54 vom 17. Mai 2019 nicht als Beschluss anzusehen ist, stellt die Eingabe des Anmelders vom 31. Mai 2019 keine statthafte Beschwerde im Sinne des § 73 Abs. 1 PatG dar; einen Anspruch auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens vermag sie schon deshalb nicht zu begründen (§§ 129, 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 114 ZPO).
IV.
Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war somit zurückzuweisen. Über die Rechtsfolge, dass die vorliegende Beschwerde mangels Zahlung der Beschwerdegebühr als nicht eingelegt gilt, wird gesondert zu entscheiden sein.
Rauch Püschel Dr. Schnurr prö