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1 StR 347/22

BUNDESGERICHTSHOF StR 347/22 BESCHLUSS vom 18. Oktober 2022 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

ECLI:DE:BGH:2022:181022B1STR347.22.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 18. Oktober 2022 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 7. Juni 2022 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 108 Fällen, davon in Tateinheit mit Herstellung kinderpornographischer Inhalte in drei Fällen, und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Herstellung kinderpornographischer Inhalte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei einen Hang des Angeklagten festgestellt, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen. Ihre anschließende Würdigung, der Alkoholkonsum des Angeklagten sei neben der dominierenden „pädophile(n) Neigung als Nebenströmung“ (UA S. 22) „nicht von entscheidender Bedeutung“ für die Begehung der Missbrauchstaten, zudem sei sein Leistungsverhalten nicht beeinträchtigt gewesen und ihm sei „eine normale Lebensführung“ gelungen (UA S. 26 f.), lässt besorgen, dass sie von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.

a) Da die Unterbringung nach § 64 StGB eine den Angeklagten beschwerende Maßregel ist, müssen sämtliche Voraussetzungen einschließlich des symptomatischen Zusammenhangs zwischen Hang und Anlasstat sicher feststehen (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2022 – 6 StR 650/21 Rn. 6; vom 23. November 2021 – 2 StR 380/21 Rn. 7 und vom 15. Juli 2020 – 4 StR 89/20 Rn. 8; je mwN). Dabei muss der Hang nicht die alleinige Ursache für die Tatbegehung sein; es genügt, wenn er neben anderen Umständen zur Tat beigetragen hat (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 5. März 2022 – 3 StR 75/22 Rn. 7; vom 1. März 2022 – 4 StR 2/22 Rn. 4 und vom 10. Februar 2022 – 1 StR 396/21 Rn. 7; Urteil vom 13. April 2022 – 2 StR 310/21 Rn. 27; je mwN). Freilich gelten diese Maßstäbe auch bei Sexualdelikten, auch wenn diese eher selten als Anlasstaten festzustellen sein sollten (vgl. BGH, Beschluss vom

20. Dezember 2018 – 1 StR 600/18 Rn. 3 f.; Urteil vom 3. März 2000 – 2 StR 598/99, BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 3 je mwN).

b) Hier widerspricht das Ablehnen einer ausreichenden Mitursächlichkeit der strafzumessungsrechtlichen Erwägung, der Angeklagte sei bei Begehung der Taten – wenngleich nur nicht ausschließbar – ‚alkoholbedingt enthemmt‘ gewesen (UA S. 24). Da das Landgericht einen fehlerhaften Maßstab angelegt hat, ist nicht auszuschließen, dass es sich der gebotenen weiteren Aufklärung der Auswirkung des Hangs auf die Missbrauchstaten verschlossen hat. Denn der Angeklagte konsumierte spätestens seit seinem 13. Lebensjahr, mithin seit rund 27 Jahren, Alkohol in einem schädlichen Ausmaß. Jedenfalls zu Beginn des Tatzeitraums im Januar 2019 nahm er täglich hochprozentige Alkoholika, überwiegend Rum und Whiskey, zu sich, und zwar bis zu 1,4 Liter pro Tag (UA S. 4 f.). Damit hat sich die Prüfung einer andauernden und tatbegünstigenden Enthemmung infolge des schädlichen Alkoholkonsums aufgedrängt.

2. Da anhand der bisherigen Feststellungen die übrigen Voraussetzungen des § 64 StGB nicht sicher ausgeschlossen werden können, ist über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt – wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 StPO) – neu zu verhandeln und zu entscheiden. Das Verbot der Schlechterstellung steht dem nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).

Jäger Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer ist urlaubsbedingt gehindert zu unterschreiben.

Jäger Leplow Pernice Wimmer Vorinstanz: Landgericht Stuttgart, 07.06.2022 - 3 KLs 22 Js 121787/21

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