Paragraphen in 18 W (pat) 159/14
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 159/14 Verkündet am 6. Mai 2015
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 101 26 451.8-53 …
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2015 durch den Richter Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck als Vorsitzenden sowie den Richter Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und den Richter Dr.-Ing. Flaschke beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
BPatG 154 05.11 Gründe I.
Die am 31. Mai 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 101 26 451.8 mit der Bezeichnung
„Verfahren zum Aktivieren oder Deaktivieren von in einer Speicheranordnung eines Mikrorechner-Systems abgelegten Daten“
wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F mit Beschluss vom 25. Februar 2010 mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Verfahren nach dem (damals geltenden) Patentanspruch 1 für den Durchschnittsfachmann durch den bekannten Stand der Technik zumindest nahegelegt sei, wobei auf folgende Druckschrift verwiesen wurde:
D1: US 5 774 544 A.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Mit Schriftsatz vom 13. März 2015 hat der Senat die Druckschrift D4: DE 197 53 730 A1 ins Verfahren eingeführt und darauf hingewiesen, dass die Gegenstände der mit Schriftsatz vom 15. Juli 2010 neu eingereichten Ansprüche 1 und 9 nach Hauptund Hilfsantrag gegenüber Druckschrift D4 in Verbindung mit Druckschrift D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen dürften.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts vom 25. Februar 2010 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 - 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 und 2, eingegangen am 7. April 2015,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 Patentanspruch 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Seiten 1 - 17, - Figuren 1 - 3,
jeweils eingegangen am 31. Mai 2001.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
M1 „Verfahren zum Aktivieren oder Deaktivieren eines Prüfmechanismus (35, 36) eines in einer Speicheranordnung (32) abgelegten Steuerprogramms eines Mikrorechner-Systems (30), wobei das MikrorechnerSystem (30) als ein Steuergerät für ein Kraftfahrzeug zur Steuerung und/oder Regelung von Kraftfahrzeugfunktionen ausgebildet ist und M2 wobei ein Speicherbereich (34) der Speicheranordnung (32) vorgegeben ist, um eine mikrorechnerindividuelle Kennung (10) verschlüsselt oder eine Signatur (15) der mikrorechnerindividuellen Kennung (10) abzulegen, und M3 wobei ein Rechengerät (31) des Mikrorechner-Systems (30) bei einem Hochfahren des Mikrorechner-Systems (30) die Signatur (15) der Kennung (10) überprüft bzw. die Kennung (10) entschlüsselt,
gekennzeichnet durch die folgenden Verfahrensschritte:
M4 das Rechengerät (31) deaktiviert in dem Mikrorechner-System (30) den Prüfmechanismus (35, 36), falls die Überprüfung der Signatur (15) der in dem Speicherbereich (34) der Speicheranordnung (32) abgelegten Kennung (10) oder die Entschlüsselung der dort abgelegten Kennung (10) beim Hochfahren des Mikrorechner-Systems (30) erfolgreich ist, und M5 das Rechengerät (31) aktiviert in dem Mikrorechner-System (30) den Prüfmechanismus (35, 36), falls in dem Speicherbereich (34) der Speicheranordnung (32) keine Kennung (10) abgelegt ist oder falls die Überprüfung der Signatur (15) der dort abgelegten Kennung (10) oder die Entschlüsselung der dort abgelegten Kennung (10) beim Hochfahren des Mikrorechner-Systems (30) scheitert.“
Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 8 nach Hauptantrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:
M1* „Verfahren zum Umschalten eines Steuergeräts (30) für ein Kraftfahrzeug,
M2* wobei das Steuergerät zur Steuerung und/oder Regelung von Kraftfahrzeugfunktionen ausgebildet ist und eine Speicheranordnung (32) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass M3* durch Ablegen einer verschlüsselten mikrorechnerindividuelle Kennung (10) oder einer Signatur (15) der mikrorechnerindividuellen Kennung (10) in einem vorgebbaren Speicherbereich (34) der Speicheranordnung (32) das Steuergerät von einem Seriengerät in ein Applikationsgerät umgeschaltet wird.“
Wegen des abhängigen Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 1 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet (Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hervorgehoben):
M1* „Verfahren zum Umschalten eines Steuergeräts (30) für ein Kraftfahrzeug,
M2* wobei das Steuergerät zur Steuerung und/oder Regelung von Kraftfahrzeugfunktionen ausgebildet ist und eine Speicheranordnung (32) umfasst,
wobei dadurch gekennzeichnet, dass M3* durch Ablegen einer verschlüsselten mikrorechnerindividuelle Kennung (10) oder einer Signatur (15) der mikrorechnerindividuellen Kennung (10) in einem vorgebbaren Speicherbereich (34) der Speicheranordnung (32) das Steuergerät von einem Seriengerät in ein Applikationsgerät umgeschaltet wird,
M3a* wobei ein Rechengerät (31) des Steuergeräts (30) bei einem Hochfahren des Steuergeräts (30) die Signatur (15) der Kennung (10) überprüft bzw. die Kennung (10) entschlüsselt,
gekennzeichnet durch die folgenden Verfahrensschritte:
M4* das Rechengerät (31) deaktiviert in dem Steuergerät (30) einen Prüfmechanismus (35, 36), falls die Überprüfung der Signatur (15) der in dem Speicherbereich (34) der Speicheranordnung (32) abgelegten Kennung (10) oder die Entschlüsselung der dort abgelegten Kennung (10) beim Hochfahren des Steuergeräts (30) erfolgreich ist und schaltet das Steuergerät somit in einen Applikationsfall, und M5* das Rechengerät (31) aktiviert in dem Steuergerät (30) den Prüfmechanismus (35, 36), falls in dem Speicherbereich (34) der Speicheranordnung (32) keine Kennung (10) abgelegt ist oder falls die Überprüfung der Signatur (15) der dort abgelegten Kennung (10) oder die Entschlüsselung der dort abgelegten Kennung (10) beim Hochfahren des Steuergeräts (30) scheitert und schaltet das Steuergerät somit in einen Serienfall.“
Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass die geänderten Anspruchsfassungen zulässig seien, und dass die Gegenstände der Ansprüche neu seien und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Fragen der Zulässigkeit der Ansprüche nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2 sowie der Neuheit der Anspruchsgegenstände können somit dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1990 – X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 – Elastische Bandage).
1. Die Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zum Aktivieren oder Deaktivieren zumindest eines Teils von in einer Speicheranordnung eines Mikrorechner-Systems abgelegten Daten, insbesondere eines Teils eines dort abgelegten Programms (vgl. Abs. [0001] der Offenlegungsschrift). Aus dem Stand der Technik seien Verfahren zum Schutz eines in einer Speicheranordnung eines Mikrorechner-Systems abgelegten Programms vor einer Manipulation bekannt. Derartige Verfahren würden zur Verhinderung einer unbefugten Manipulation eines in einem Steuergerät eines Kraftfahrzeugs abgelegten Steuerprogramms eingesetzt. Das Steuerprogramm steuere oder regele bestimmte Funktionen in dem Kraftfahrzeug, bspw. eine Brennkraftmaschine, eine Fahrdynamikregelung, ein Antiblockiersystem (ABS) oder ein elektronisches Lenksystem (Steer-by-Wire). Aufgrund einer Manipulation des Steuerprogramms könne es zu einem Defekt der gesteuerten oder geregelten Einheit des Kraftfahrzeugs kommen. Deshalb sollte eine Manipulation des Steuerprogramms oder der Daten nach Möglichkeit verhindert werden, zumindest aber sollte die Manipulation im Nachhinein erkennbar sein, damit die Ursache eines Defekts einer gesteuerten oder geregelten Einheit festgestellt werden könne bzw. damit Gewährleistungsansprüche richtig zugeordnet werden könnten. Trotz der Gefahr einer Manipulation des Steuerprogramms durch unbefugte Personen, sei es nicht sinnvoll, den Zugriff auf die Speicheranordnung des Steuergeräts völlig zu verbieten. Um beispielsweise eine Neuprogrammierung des Steuergeräts vornehmen zu können, müsse es einem befugten Benutzerkreis möglich sein, auf die Speicheranordnung zuzugreifen. Bei Kraftfahrzeugsteuergeräten werde zwischen Seriengeräten und Applikationsgeräten unterschieden. Üblicherweise würden Steuergeräte nach der Fertigung als Seriengeräte ausgeliefert werden. Bei Seriengeräten seien Mechanismen zum Überprüfen einer Manipulation der in der Speicheranordnung des Steuergeräts abgelegten Daten aktiviert. Manipulierte Daten würden von diesen Prüfmechanismen üblicherweise erkannt und die Daten könnten gesperrt werden. Aus dem Stand der Technik seien verschiedene Prüfmechanismen bekannt. In bestimmten Situationen, insbesondere während der Entwicklungs- und Erprobungsphase der Steuergeräte, sei es erforderlich, die Prüfmechanismen zu deaktivieren, damit verschiedene Daten schnell und einfach in der Speicheranordnung abgelegt werden könnten. Ein Steuergerät mit deaktivierten Prüfmechanismen werde als ein Applikationsgerät bezeichnet. Bei aus dem Stand der Technik bekannten Steuergeräten könnte durch Beschreiben eines geheimen Speicherbereichs mit einem entsprechenden Eintrag von einem Serienfall in einen Applikationsfall umgeschaltet werden. Bei einem nachfolgenden Hochfahren des Steuergeräts werde der Eintrag in dem geheimen Speicherbereich überprüft und in Abhängigkeit von dem Eintrag zwischen einem Serienfall und einem Applikationsfall umgeschaltet, d. h. die Prüfmechanismen werden aktiviert bzw. deaktiviert. Wenn in dem geheimen Speicherbereich kein Eintrag vorhanden sei, werde von einem Serienfall ausgegangen und die Prüfmechanismen werden aktiviert. Der Umschaltvorgang von einem Serienfall in einen Applikationsfall durch Beschreiben des geheimen Speicherbereichs könne jedoch ausgelesen und dazu genutzt werden, weitere Steuergeräte in den Applikationsfall mit deaktivierten Prüfmechanismen umzuschalten bzw. zu manipulieren (vgl. Abs. [0003] - [0009] der Offenlegungsschrift).
Als Aufgabe wird in der geltenden Beschreibungseinleitung (S. 4, Z. 28 - 31) angegeben, im Falle einer Manipulation von in der Speicheranordnung abgelegten Daten durch unbefugte Dritte, eine Nutzung der manipulierten Daten sicher und effektiv zu unterbinden. Im Schriftsatz vom 9. April 2010 wird auf Seite 3, Zeilen 12 bis 15 sinngemäß angegeben, dass das technische Problem darin bestehe, das Zuschalten und Abschalten von Prüfmechanismen zu ermöglichen, dabei aber zu verhindern, dass dieses Zuschalten und Abschalten von Prüfmechanismen von Unbefugten missbräuchlich eingesetzt werden kann.
Als Fachmann, der mit der Lösung dieser Aufgabenstellung betraut ist, sieht der Senat einen Hochschulingenieur der Elektrotechnik oder Informationstechnik an, der über eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Motorsteuergeräten und in der Anwendung kryptografischer Verfahren verfügt.
Gelöst werden soll die Aufgabe durch ein Verfahren zum Aktivieren oder Deaktivieren eines Prüfmechanismus gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw. durch ein Verfahren zum Umschalten eines Steuergeräts für ein Kraftfahrzeug gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 bzw. Hilfsantrag 2.
Als Lösung ist gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag ein Verfahren vorgesehen, welches einen Prüfmechanismus aktiviert oder deaktiviert. Dieser als Manipulationserkennung zu verstehende Prüfmechanismus ist Teil des in einem als Steuergerät für ein Kraftfahrzeug ausgebildeten Mikrorechner-System gespeicherten Steuerprogramms (vgl. Abs. [0003], [0005] i. V. m. Abs. [0043] der Offenlegungsschrift). Der Prüfung, ob eine Manipulation vorliegt, geht eine erste Prüfung voraus, bei der geprüft wird, ob das Steuergerät des Kraftfahrzeuges als Seriengerät oder als Applikationsgerät arbeiten soll (vgl. Abs. [0013]). Hierzu wird beim Hochfahren des Steuergerätes eine im Speicherbereich der Speicheranordnung verschlüsselt abgelegte mikrorechnerindividuelle Kennung oder eine Signatur einer Kennung überprüft (Merkmale M2, M3). Anspruch 1 beschreibt die mikrorechnerindividuelle, verschlüsselte Kennung und die Signatur nicht näher und benennt kein Verschlüsselungsverfahren. Ist die Überprüfung der Signatur oder die Entschlüsselung der Kennung erfolgreich, liegt ein Applikationsgerät vor, und das als Mikroprozessor anzusehende Rechengerät deaktiviert den Prüfmechanismus (Merkmal M4). Scheitert die Überprüfung oder die Entschlüsselung bzw. ist im Speicher keine verschlüsselte Kennung abgelegt, liegt ein Seriengerät vor, und das Rechengerät aktiviert den Manipulationsschutz (Merkmal M5). Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. Hilfsantrag 2 gibt an, dass durch das Ablegen der verschlüsselten mikrorechnerindividuellen Kennung das Steuergerät von einem Seriengerät in ein Applikationsgerät umgeschaltet bzw. von einem Serienfall in einen Applikationsfall geschaltet wird (Merkmal M3* bzw. Merkmale M4* und M5*).
2. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht gegenüber dem Stand der Technik gemäß Druckschrift D4 in Verbindung mit Druckschrift D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Druckschrift D4, die als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist, offenbart ein Verfahren zum Aktivieren oder Deaktivieren eines Prüfmechanismus eines in einem Speicher 114 abgelegten Steuerprogramms eines Mikrorechner-Systems 100 (vgl. Fig. 1 i. V. m. Anspruch 1 und Anspruch 4 sowie Sp. 1, Z. 15 - 19, Sp. 2, Z. 26 - 35, Sp. 3, Z. 26 - 27 u. Z. 49 - 60). Das einen Mikrorechner bzw. einen Mikroprozessor 110 umfassende Mikrorechner-System 100 ist dabei als Steuergerät für ein Kraftfahrzeug zur Steuerung von Kraftfahrzeugfunktionen ausgebildet (vgl. Fig. 1 i. V. m. Sp. 2, Z. 1 - 12 u. 26 - 27; Merkmal M1). Innerhalb der Speicheranordnung des Steuergerätes ist ein Speicherbereich in Form der Speicherzelle 116 vorgegeben, um eine Kennung in Form von Werten abzulegen, die ein charakteristisches Merkmal zur Identifikation bzw. Freigabe eines Serien- oder Applikationsgerätes darstellen, wobei der konkrete Inhalt der Kennung bzw. deren Beschaffenheit offen bleibt (vgl. Fig. 1 und Sp. 2, Z. 26 - 27, Sp. 3, Z. 15 - 20 u. Z. 43 - 51, sowie Anspruch 1; teilweise Merkmal M2, ohne Nennung einer verschlüsselten mikrorechnerindividuellen Kennung oder einer Signatur derselben). Druck- schrift D4 gibt allerdings den Hinweis, dass die vorstehend genannten Werte – d. h. die Kennung bzw. der diesbezügliche Inhalt der Speicherzelle 116 für Anwender verborgen bleiben soll (vgl. Sp. 3, Brückenabs. zu Sp. 4). Die gespeicherte Kennung wird zu Beginn der Programmabarbeitung und vor der Ausführung anderer Programme, was für den Fachmann als Hochfahren des Mikrorechner-Systems zu verstehen ist, ausgelesen und überprüft (Sp. 3, Z. 37 - 43 i. V. m. Fig. 2, Rechenschritt 200 u. Anspruch 4). Dass diese Programmabarbeitung durch den Mikrorechner 110 – also das Rechengerät – des Mikrorechner-Systems 100 erfolgt, liest der Fachmann hierbei mit (vgl. Sp. 3, Z. 37 - 43 i. V. m. Fig. 1 u. Fig. 2; teilweise Merkmal M3, ohne Nennung, dass die Kennung entschlüsselt wird). Des Weiteren offenbart Druckschrift D4, dass das Rechengerät den Prüfmechanismus zur Manipulationserkennung in dem Mikrorechner-System deaktiviert, falls die Überprüfung der in der Speicherzelle 116 abgelegten Kennung beim Hochfahren des Mikrorechner-Systems erfolgreich ist und anzeigt, dass es sich um ein Applikationsgerät handelt (vgl. Fig. 2: Verzweigung 210 mit Entscheidung „J“ im Programmablaufplan, sowie Sp. 3, Z. 26 - 27 u. 45 - 47 u. Anspruch 4; teilweise Merkmal M4, es fehlt die Entschlüsselung der Kennung). Hingegen aktiviert das Rechengerät den Prüfmechanismus, falls die Überprüfung der in dem Speicherbereich abgelegten Kennung beim Hochfahren des Mikrorechner-Systems scheitert und anzeigt, dass es sich um ein Seriensteuergerät handelt (vgl. Fig. 2: Verzweigung 210 mit Entscheidung „N“ im Programmablaufplan, sowie Sp. 3, Z. 21 - 25 u. 49 - 51 u. Anspruch 4; teilweise Merkmal M5, es fehlt wiederum die Entschlüsselung der Kennung). Aus Druckschrift D4 sind daher mit Ausnahme eines Teils der Merkmale, die sich auf die Ausgestaltung der Kennung beziehen, sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 bekannt. Da in Druckschrift D4 – wie vorstehend ausgeführt – offen bleibt, was die Kennung zur Freigabe eines Serien- oder Applikationsgerätes konkret beinhaltet, hat der Fachmann hinreichend Veranlassung, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Kennung auszugestalten ist. Dabei ist der Fachmann stets aufgrund der Sicherheitsrelevanz bei Kraftfahrzeugen bestrebt, die Sicherung gegen eine Freigabe bzw. eine unbefugte Benutzung der Kennung zu verbessern (vgl. Sp. 3, Brückenabs. zu Sp. 4).
Eine Möglichkeit zur Gestaltung einer Kennung von Mikroprozessoren ist aus Druckschrift D1 bekannt. In dieser Druckschrift wird ein Verfahren beschrieben, mit dem eine Manipulation eines in einem Rechensystem verwendeten Mikroprozessors verhindert werden kann. Dabei wird dem Mikroprozessor eine mikrorechnerindividuelle Kennung in Form einer Seriennummer zugeordnet, die verschlüsselt in einem Speicherbereich der Speicheranordnung des Mikroprozessors abgelegt wird (encrypted serial number; vgl. Ansprüche 3 u. 9 sowie Sp. 3, Z. 36 - 39 u. Sp. 2, Z. 15 - 18; Merkmal M2). Zur Überprüfung, ob eine neue Anwendungssoftware freigegeben werden kann, wird die im Speicherbereich des Mikrorechners abgelegte verschlüsselte Kennung ausgelesen und entschlüsselt (Anspruch 9, insb. Z. 28 – 34; Merkmale M3, M4 u. M5 bzgl. Angaben zur Entschlüsselung). Durch die Authentifizierung einer serienmäßig hergestellten Software soll verhindert werden, dass eine Software auf einem Mikrorechner-System eingesetzt wird, die dafür nicht zugelassen ist. Wenn der Fachmann folglich bei der konkreten Ausgestaltung der Kennung zur Freigabe eines Serien- oder Applikationsgerätes bei einem Verfahren wie aus Druckschrift D4 bekannt auf die aus Druckschrift D1 bekannte, mikrorechnerindividuelle verschlüsselte Kennung zurückgreift, so gelangt er damit in naheliegender Weise zu dem Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag mitsamt den Merkmalen M3, M4 und M5.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist daher wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht gegenüber Druckschrift D4 i. V. m. Druckschrift D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Im Wesentlichen unterscheidet sich Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 von Anspruch 1 nach Hauptantrag darin, dass bei ersterem keine Prüfung aufgeführt wird, ob ein Applikationsgerät oder ein Seriengerät vorliegt. Ein Aktivieren oder Deaktivieren des Prüfmechanismus wird ebenfalls nicht genannt. Hingegen wird im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 aufgeführt, dass von einem Seriengerät in ein Applikationsgerät umgeschaltet wird.
Auch dieses Merkmal kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Wie zum Hauptantrag im Abschnitt II.2. ausgeführt, wird in Druckschrift D4 ein Steuergerät für ein Kraftfahrzeug beschrieben, welches zur Steuerung von Kraftfahrzeugfunktionen ausgebildet ist und eine Speicheranordnung umfasst (Merkmal M2*). Auch ergibt sich – wie vorstehend ausgeführt – aus Druckschrift D4 unter Anwendung der Lehre der Druckschrift D1, dass innerhalb der Speicheranordnung des Steuergerätes ein Speicherbereich vorgegeben ist, um eine verschlüsselte mikrorechnerindividuelle Kennung in Form von Werten abzulegen, die ein charakteristisches Merkmal zur Identifikation bzw. Freigabe eines Serien- oder Applikationsgerätes darstellen (teilweise Merkmal M3*; ohne Umschalten von einem Seriengerät in ein Applikationsgerät).
Druckschrift D4 beschreibt dabei nicht explizit ein Verfahren zum Umschalten eines Steuergerätes gemäß Merkmal M1*. Allerdings wird beschrieben, dass die Speicherzelle 116 des programmierbaren EEPROMs einen ersten Wert anzeigt, wenn ein Applikationsgerät vorliegt und einen zweiten Wert anzeigt, wenn ein Seriengerät vorliegt (vgl. Anspruch 1 sowie Sp. 2, Z. 26 - 31 i. V. m. Sp. 3, Z. 43 53). Wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung richtig ausführte, entnimmt der Fachmann Druckschrift D4 die Lehre, dass die Programmierung der Speicherzelle bei der Fertigung beim Steuergerätehersteller erfolgt, bevor das Steuergerät als Serien- oder Applikationsgerät an den Fahrzeughersteller ausgeliefert wird. Somit wird die Funktion des Steuergeräts je nach Inhalt der Speicherzelle vorab festgelegt (vgl. hierzu Sp. 1, Z. 36 - 48 u. Sp. 3, Z. 29 - 34). Der Fach- mann wird sich aber die Frage stellen, wie in der Entwicklungsphase eines Motorsteuergerätes oder bei Testprozessen eine Softwareaktualisierung möglich ist. Bezüglich dieser Frage entnimmt der Fachmann Druckschrift D4 den Hinweis, dass der Inhalt des elektrisch löschbaren Speichers nachträglich geändert werden kann (vgl. Sp. 3, Brückenabs. zu Sp. 4) und wird daher ohne Weiteres zu dem Schluss kommen, dass es damit zumindest für den Steuergerätehersteller möglich ist, den Inhalt der Speicherzelle durch Ablegen einer neuen Kennung zu überschreiben und damit die Funktion eines Steuergerätes neu festzulegen. Das Ablegen einer neuen Kennung in der Speicherzelle eines Seriengerätes bedeutet folglich nichts anderes, als dass von einem Seriengerät in ein Applikationsgerät umgeschaltet wird (Merkmale M1* u. M3*).
Das Argument der Beschwerdeführerin, dass Druckschrift D4 nicht berücksichtigen würde, dass nach der Fertigung zunächst alle Steuergeräte als Seriensteuergeräte ausgebildet sind und erst durch das Ablegen einer gültigen Kennung in Applikationsgeräte umgeschaltet werden, greift nicht. Denn eine solche Maßnahme ist nicht Gegenstand des Anspruchs.
Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist für den Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D4 in Verbindung mit Druckschrift D1 nahegelegt. Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist daher ebenfalls wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
4. Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht gegenüber Druckschrift D4 i. V. m. Druckschrift D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 darin, dass zusätzlich die Merkmale M3a*, M4* und M5* aufgenommen wurden, welche den Merkmalen M3, M4 und M5 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag entsprechen – mit der zusätzlichen Angabe, dass Merkmal M4* dem Applikationsfall und Merkmal M5* dem Serienfall zugeordnet wird. Eine solche Fallunterscheidung bzgl. Applikation und Serie ist aber auch bei dem aus Druckschrift D1 bekannten Verfahren vorgesehen, so dass dies auch keine erfinderische Tätigkeit begründen kann (vgl. Sp. 3, Z. 14 – 20; Merkmale M4* und M5*). Wie zum Hauptantrag und Hilfsantrag 1 in den Abschnitten II.2. und II.3. ausgeführt, sind die weiteren Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 aus Druckschrift D1 bekannt bzw. ergeben sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Druckschrift D1 mit Druckschrift D4 hinsichtlich der Verwendung einer mikrorechnerindividuellen verschlüsselten Kennung; vgl. die vorstehenden Ausführungen zum Hauptantrag bzw. zum Hilfsantrag 1, die hier in gleicher Weise gelten. Auch der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist daher nicht patentfähig.
5. Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsantrag 1 sind auch die jeweils auf diesen Anspruch rückbezogenen Unteransprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war und über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, GRUR 2007, 862, Abschnitt III. 3. a) aa) – Informationsübermittlungsverfahren II).
6. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsantrag 1 bzw. 2 nicht patentfähig sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Schwengelbeck Kruppa Dr. Otten-Dünnweber Dr. Flaschke Hu
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