• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

1 Ni 31/12

BUNDESPATENTGERICHT Ni 31/12 (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

25. Juni 2013 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das deutsche Patent 10 2005 057 934 hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2013 durch die Präsidentin Schmidt sowie die Richter Voit, Dipl.-Ing. Schlenk, Dr.-Ing. Baumgart und Dipl.-Ing. (Univ.) Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ausfelder für Recht erkannt:

I. Das Patent DE 10 2005 057 934 wird mit der Maßgabe teilweise für nichtig erklärt, dass sein Anspruch 10 folgende Fassung erhält:

Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen mittels angeformter oder befestigter Rahmen aus Flanschprofilen, die mittels zweiteiliger Eckwinkel miteinander verbunden werden, dadurch gekennzeichnet, dass der Eckwinkel (9) aus einem ersten Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) mit einem Schenkel (11) und einem Eckabschnitt (12) und einem zweiten Winkelteil (21) mit einem Schenkel (22) und einem Eckabschnitt (23) besteht und der zweite Winkelteil (21) in einer am Eckabschnitt (12) des ersten Winkelteils gebildeten Führung (14) eingeführt ist und der erste Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) den zweiten Winkelteil (21) in der Führung (14) an den Schmalseiten und an beiden Breitseiten hält.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 85 % und der Beklagte 15 %.

III. Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Patents DE 10 2005 057 934 (Streitpatent), das am 2. Dezember 2005 unter Inanspruchnahme der inneren Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 10 2005 045 757 angemeldet worden ist. Es betrifft ein „System für Klimatisierungskanäle und Eckwinkel“ und umfasst in der erteilten Fassung 10 Ansprüche, die allesamt angegriffen sind. Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 10 lauten in der erteilten Fassung wie folgt:

1. System für Klimatisierungskanäle aus aneinander gesetzten, im Querschnitt rechteckigen Kanalteilstücken (1) aus Blech, an deren beiden Enden (2) vorzugsweise L-förmige Flanschprofile (5, 5‘) insbesondere aus Blech angeformt oder befestigt sind, die an den Ecken (3) zum Verbinden der Kanalteilstücke (1) durch Eckwinkel (9) aus zwei Teilen (10, 21; 10‘, 21; 10‘‘, 21) aus Blech verbunden werden, von denen jeweils ein erster Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) mit seinem Schenkel (11; 29, 29‘) in eine Öffnung (6; 6‘‘) eines ersten Flanschprofils (5) einführbar ist und einen Eckabschnitt (12; 30; 12‘) mit einer Führung (14; 14‘; 14‘‘) für einen zweiten Winkelteil (21) mit einem Eckabschnitt (23) und einem Schenkel (22) aufweist, der entlang der Führung (14; 14‘; 14‘‘) in die Öffnung (6‘) eines zweiten, zum ersten benachbarten Flanschprofils (5‘) bis zum Überdecken der beiden Eckabschnitte (12, 23; 30, 23; 12‘, 23) der beiden Winkelteile (10, 21; 10‘, 21; 10‘‘, 21) einführbar und in dieser Lage sicherbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Führung (14; 14‘; 14‘‘) an dem ersten Winkelteil (10; 10‘;

10‘‘) den zweiten Winkelteil (21) an den Schmalseiten (25, 26) und an beiden Breitseiten (27, 28) hält.

10. Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen mittels angeformter oder befestigter Rahmen aus Flanschprofilen, die mittels zweiteiliger Eckwinkel miteinander verbunden werden, dadurch gekennzeichnet, dass der Eckwinkel (9) aus einem ersten Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) und einem zweiten Winkelteil (21) besteht und der erste Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) den zweiten Winkelteil (21) an den Schmalseiten und an beiden Breitseiten hält.

Wegen des Wortlauts der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf den Anspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9 wird auf die Streitpatentschrift DE 10 2005 057 934 B4 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, da er weder neu sei noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Systeme für Klimatisierungskanäle und Eckwinkel mit den Merkmalen des Streitpatentgegenstandes seien im Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt bereits bekannt gewesen. Hierfür beruft sie sich auf folgende Druckschriften:

JP 2001 35 59 06 (Übersetzung) sowie JP 2001 35 59 06 A als Originalschrift und Abstract EP 0 141 306 A1 DE 44 22 885 A1 EP 1 491 827 A1 DE 94 17 425 U1 US 5 423 576 A

(A1) (A1a) (A1b) (A2) (A3) (A4) (A16) (A17).

Die Klägerin beantragt,

das deutsche Patent DE 10 2005 057 934 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass Anspruch 10 folgende, um einen Zahlendreher (fett geschrieben) bereinigte Fassung erhält und die Klage im Übrigen abgewiesen wird:

Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen mittels angeformter oder befestigter Rahmen aus Flanschprofilen, die mittels zweiteiliger Eckwinkel miteinander verbunden werden, dadurch gekennzeichnet, dass der Eckwinkel (9) aus einem ersten Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) mit einem Schenkel (11) und einem Eckabschnitt (12) und einem zweiten Winkelteil (21) mit einem Schenkel (22) und einem Eckabschnitt (23) besteht und der zweite Winkelteil (21) in einer am Eckabschnitt (12) des ersten Winkelteils gebildeten Führung (14) eingeführt ist und der erste Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) den zweiten Winkelteil (21) in der Führung (14) an den Schmalseiten und an beiden Breitseiten hält.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Ansprüche 1 und 10 die Fassung nach einem der Hilfsanträge 1 bis 11, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013, erhalten und sich an Anspruch 1 der jeweiligen Fassung die Ansprüche 2 bis 9 der erteilten Fassung anschließen.

Wegen des Wortlauts der Hilfsanträge wird auf den Schriftsatz vom 6. Mai 2013 Bezug genommen (Bl. 179 ff., ins. Bl. 190 – 205 d. A.).

Entscheidungsgründe Die zulässige Klage ist nur insoweit begründet, als der Beklagte den Anspruch 10 des Streitpatents nur noch in einer zulässig beschränkten Fassung verteidigt. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten und des Anspruchs 10 in der verteidigten Fassung ist neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit, so dass der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit i. S. d. §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG nicht gegeben ist. Die Ansprüche 2 bis 9 der erteilten Fassung werden durch die Rückbeziehung auf Anspruch 1 mitgetragen.

Einer Entscheidung über die Hilfsanträge bedurfte es daher nicht.

I.

1. Die streitpatentgemäße Erfindung betrifft nach dem Anspruch 1 ein (Verbindungs-) „System für Klimatisierungskanäle und Eckwinkel“ (für angeformte Flanschprofile), während im selbstständig formulierten Anspruch 10, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 (Bl. 80 d. A.), ein „Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen“ beansprucht wird.

Klimatisierungskanäle kurz Klimakanäle oder Luftkanäle dienen zum Weiterleiten von Luft bei Klimaanlagen und bestehen in der Regel aus dünnen Blechwänden, die am Ende zur Versteifung umgefalzt und flanschförmig nach außen gebogen und in dieser Stellung bspw. durch Schweißen fixiert sind. An den Ecken eines bspw. im Querschnitt rechteckigen Kanals wäre aber durch das labile Verhalten der Kanäle keine ausreichende Abdichtung an der (Steck- oder Schraub-) Flanschverbindung zum nächsten Kanal gegeben. Deshalb wird durch zusätzliche, an jedem Flanschteil angebrachte „Eckwinkel“, auch Eckverbinder genannt, die in der Regel miteinander verschraubt werden, eine Versteifung dieser Stelle und damit eine Stabilitäts- und Dichtverbesserung der gesamten Flanschverbindung zwischen zwei Klimatisierungskanälen erzielt. Das nach dem Falzen und Fixieren der Flansche vorgenommene nachträgliche Einbringen oder Einführen von aus zwei Eckabschnitten bestehenden Eckwinkeln in die vorgefalzte BlechFlanschverbindung und die Ausbildung der jeweils zwei Eckabschnitte (=Winkelteile) bildet den Schwerpunkt des vorliegenden Streitpatents. Dies soll hier durch ein System für Klimatisierungskanäle nach Anspruch 1 sowie einen Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen nach Anspruch 10 vorgenommen werden, die in der nach Hauptantrag geltenden Fassung die folgenden Merkmale in gegliederter Form aufweisen:

1. System für Klimatisierungskanäle 1.1 aus aneinander gesetzten, im Querschnitt rechteckigen Kanalteilstücken (1) aus Blech, 1.2 an deren beiden Enden (2) vorzugsweise L-förmige Flanschprofile (5, 5‘) insbesondere aus Blech angeformt oder befestigt sind, 1.2.1 die an den Ecken (3) zum Verbinden der Kanalteilstücke (1) durch Eckwinkel (9) aus zwei Teilen (10, 21; 10‘, 21; 10‘‘, 21) aus Blech verbunden werden, 1.3 von denen jeweils ein erster Winkelteil (10, 10‘, 10‘‘) 1.3.1 mit seinem Schenkel (11; 29, 29‘) in eine Öffnung (6; 6‘‘) eines ersten Flanschprofils (5) einführbar ist und 1.3.2 einen Eckabschnitt (12; 30; 12‘) mit einer Führung (14; 14‘; 14‘‘) für einen zweiten Winkelteil (21) 1.4.1 mit einem Eckabschnitt (23) und einem Schenkel (22) aufweist, 1.5 der (Schenkel) 1.5.1 entlang der Führung (14; 14‘; 14‘‘) in die Öffnung (6‘) eines zweiten, zum ersten benachbarten Flanschprofils (5‘) bis zum Überdecken der beiden Eckabschnitte (12, 23; 30, 23; 12‘, 23) der beiden Winkelteile (10, 21; 10‘, 21; 10‘‘, 21) einführbar und

1.5.2 in dieser Lage sicherbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.6 die Führung (14; 14‘; 14‘‘) 1.6.1 an dem ersten Winkelteil (10; 10‘; 10‘‘) den zweiten Winkelteil (21) an den Schmalseiten (25, 26) und 1.6.2 an beiden Breitseiten (27, 28) hält.

10.1 Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen

10.2 mittels angeformter oder befestigter Rahmen aus Flanschprofilen,

10.3 die mittels zweiteiliger Eckwinkel miteinander verbunden werden,

dadurch gekennzeichnet, dass

10.4 der Eckwinkel (9) 10.5 aus einem ersten Winkelteil (10; 10‘; 10‘‘) mit einem Schenkel (11) und einem Eckabschnitt (12) und 10.6 einem zweiten Winkelteil (21) mit einem Schenkel (22) und einem Eckabschnitt (23) besteht und 10.7 der zweite Winkelteil (21) in einer am Eckabschnitt (12) des ersten Winkelteils gebildeten Führung (14) eingeführt ist und 10.8 der erste Winkelteil (10; 10‘; 10‘‘) den zweiten Winkelteil (21) in der Führung (14) 10.9 an den Schmalseiten und an 10.10 beiden Breitseiten hält.

Als Fachmann beschäftigt sich mit dem Gebiet des Streitpatents zum Anmeldezeitpunkt ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Konzeption und Konstruktion von fluidführenden Rohren, insbesondere für Belüftungsanlagen und deren Anwendung.

Dieser Fachmann versteht die einzelnen Merkmale des Anspruchs 1 wie folgt:

Klimatisierungskanäle sind fluiddichte bzw. fluidtransportierende Rohre, d. h. diese Rohre haben eine geschlossene, dichte Außenkontur und -Oberfläche und haben an den Stoßstellen (=Verbindungsstellen) Durchfluss, sind aber nach außen abgedichtet und müssen im Wesentlichen nur ihr Eigengewicht und den Fluiddruck aushalten.

Im Gegensatz dazu gibt es Konstruktionsrohre, die jedoch nicht fluiddicht sein müssen und daher auch keine geschlossene Oberfläche aufweisen müssen, sondern durchaus Durchbrüche und Bohrungen an der Oberfläche aufweisen können. Diese Rohre können und sollen äußere Kräfte übertragen (z. B. Stützsäulen, Rohrgerüst für Podeste oder Tribünen etc.). Der Übergang zu Profilträgern mit ähnlichen Aufgaben ist daher fließend.

Der streitige Anspruch 1 ist auf ein System, d. h. eine Einheit aus Klimakanal und Eckverbinder gerichtet (Merkmale 1 bis 1.2.1). Dabei besteht der Klimakanal aus einem fertigen Bauteil mit einem in Umfangsrichtung geschlossenen, rohrförmigen, im Ausführungsbeispiel rechteckigen Körper mit bereits angeformten Flanschen (=Flanschprofilen) mit geschlossenem Querschnitt (vgl. auch Abs. 0002, 0017 i. V. m. Fig. 1 der Streitpatentschrift (StrPS)). Das impliziert für die zugehörigen Eckverbinder zwingend, dass diese für ein nachträgliches Einsetzen in die am Klimakanal bereits angeformten, in ihrem Querschnitt geschlossenen Flanschprofile geeignet sein müssen (Merkmale 1.3 bis 1.3.1 und 1.5 bis 1.5.1). Für den Fachmann bedeutet das somit, dass die beiden Teile der Eckverbinder eine gerade, also keine winklige Ausbildung, haben müssen, da eine nachträgliche Montage eines winkligen Teils (wegen des anstehenden zweiten, über die gesamte Kan- tenlänge im Querschnitt geschlossenen Flanschprofiles) nicht möglich wäre. Darüber hinaus soll während des Eintreibens bzw. der Montage einer der beiden Teile des Eckverbinders an (im Querschnitt gesehen) allen vier Seiten im zweiten Eckverbinderteil geführt sein (Merkmale 1.6 bis 1.6.2).

In den Ausführungsbeispielen sind Maßnahmen zur Verbesserung der Handhabung beim Einführen und Eintreiben des zweiten Winkelteils bei der Montage für eine stabilere Lage und Zuordnung der Eckabschnitte der beiden Winkelteile zueinander vorgesehen, so dass eine Führung an dem ersten Winkelteil den zweiten Winkelteil an den Schmalseiten und an beiden Breitseiten hält. Dafür kommt insbesondere eine beidseitige Führung durch eine gabelförmige, nahezu brikettzangenförmige Gestaltung des ersten Winkelteils gemäß Fig. 2, Ziff. 14 und Anspruch 2 in Betracht. Man kann aber auch einen Randabschnitt des ersten Winkelteils zur Bildung einer Führungsnut zweifach abwinkeln und im Abstand gegenüberliegend mindestens eine Führungskralle anordnen (Ausführungsbeispiel nach Fig. 3 und Abs. 0021). Alternativ lässt sich die schlitzförmige Führung des ersten Winkelteils für den zweiten Winkelteil an beiden Schmalseiten und an beiden Breitseiten mit einem ersten Winkelteil in massiver Kunststoffausführung anstelle einer gabelförmigen Gestaltung realisieren, ebenfalls mit einem Loch zum Durchstecken einer Verbindungsschraube.

Das Gleiche gilt für die Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen nach Anspruch 10, in dem durch die Zweckangabe nach Merkmal 10.1 sowie Merkmal 10.2 i. V. m. der zugehörigen Beschreibung ebenfalls ein Bezug zur o. g. Ausbildung eines Luftkanals hergestellt wird.

II.

Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht angegriffene Fassung des mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 eingereichten Anspruchs 10 ist zulässig. Die vorgenommenen Beschränkungen (Merkmale 10.5 bis 10.8) sind dem Anspruch 1 sowie den Abs. 0005, 0019 und 0020 der Beschreibung entnehmbar.

III.

1. Die Gegenstände der Patentansprüchen 1 und 10 sind – unstreitig - neu. Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart ein System für Klimatisierungskanäle aus aneinandergesetzten, im Querschnitt rechteckigen Kanalteilstücken aus Blech mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 oder einen Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen, die einen angeformten oder befestigten Rahmen aus Flanschprofilen aufweisen, gemäß den Merkmalen des Anspruchs 10.

Die Eckverbinder nach dem den Stand der Technik bildenden EP 0 141 306 A1 (A2), der A4, Fig. 8 – 10 und der A17, Ausführungsbeispiel nach Fig. 4 sind nur an 3 Seiten geführt. Somit fehlen die Merkmale M1.6.1 bis M1.6.2 und M10.9 bis M10.10.

Die Schrift JP 2001 35 59 06 A (A1) zeigt und beschreibt zwar ein System für Klimatisierungskanäle und/oder Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen. Diese Luftkanäle werden jedoch aus plattenartigen, flachen Blechstücken mit schon angeformten Flanschen sowie bereits daran angebrachten Eckverbindern zum fertigen, geschlossenen Kanal zusammengefügt (Abs. 0009 und 0014, 0015 i. V. m. Fig. 2-11). Damit sind die Merkmale M1.1 bis M1.2 und M10.1 nicht erfüllt.

Die Gegenstände der Schriften A1, Ausführungsbeispiel nach Fig. 12 sowie A17, Ausführungsbeispiele nach Fig. 2, 3, 5 bis 8, 10 und 11 sind für den nachträglichen Einbau in bereits fertig geformte und mit Flanschen versehene Kanalteilstücke (Merkmale M1 bis M1.2 und M3 bis M3.2 sowie M10.1 bis M10.2) ungeeignet, da bei diesen Gegenständen noch ein Montagevorgang bzw. eine weitere Verformung an den Kanalteilstücken oder Flanschprofilen nach dem Anbringen und Befestigen der Eckverbinder notwendig ist, um diese bereits teilweise mit einer Ecke versehenen (L-förmigen) Verbinder endgültig zu fixieren und die Eckverbindung damit verwindungsfest und steif zu machen.

Auch die außen auf die Flanschkupplungsteile 30 montierten muffenartigen Eckteile des Ausführungsbeispiels nach der A17, Figur 9 beschreiben kein Verbindungssystem nach Anspruch 1 und keine Eckwinkel nach Anspruch 10, die in die Flanschprofile eingeschoben werden, sondern Eckverbindungen mit einem einteiligen Eckverbinder, der die Flanschprofile übergreift und damit verbindet (Merkmale 1.2.1, 1.3.1, 1.3.2 und 10.3, 10.7), vgl. A17, Sp. 7, Z. 45 – 59.

Ein System für Klimatisierungskanäle und/oder einen Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen entsprechend den Merkmalen M1 bis M1.2 und M10 bis M10.3 ist aus den Schriften A3 und A16 nicht bekannt. Dort werden vielmehr Montageelemente zur Installation von Armaturen und Leitungen bzw. ein klemmenförmiges Verbindungselement für im Wesentlichen rohrförmige Gegenstände aufgezeigt.

Somit sind die Gegenstände der Ansprüche 1 und 10 des Streitpatents neu.

2. Für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit können verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein (BPatG GRUR 2004, 317 – Programmartmitteilung) und es ist zu fragen, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen und es - abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür bedarf, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746, Tz. 20 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann insbesondere nicht schon deshalb als nahegelegt bewertet werden, weil lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von dem im Stand der Technik Bekannten zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen. Diese Wertung setzt vielmehr voraus, dass das Be- kannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen (BGH GRUR 2010, 407, Tz. 17 - einteilige Öse).

3. Die nächstkommende Vorrichtung nach der EP 0 141 306 A1 (A2) weist zwar die Merkmale 1 bis 1.6.1 bzw. 10.1 bis 10.9 auf, jedoch nicht das die Führung an beiden Breitseiten betreffende Merkmal 1.6.2 bzw. M10.10, wie zur Neuheit bereits ausgeführt.

Eine derartige allseitige Führung der Eckverbinder für Flansche bei Kanalteilstücken für Luftkanäle ist zwar aus der Schrift JP 2001 35 59 06 (Übersetzung A1) bekannt. Dabei werden jedoch die Luftkanäle aus plattenartigen flachen Blechstücken mit bereits angeformten Flanschen sowie an den Flanschen bereits angebrachten und fixierten z. B. angeschweißten Eckverbindern als letzter Arbeitsgang zum fertigen Kanal mit geschlossenem Profil zusammengefügt (Abs. 0009 und 0014, 0015 i. V. m. Fig. 2-11). Dies ist jedoch eine völlig andere Vorgehensweise als beim Gegenstand des Streitpatents und der A2. Denn dort werden bereits fertig geformte Luftkanäle mit rechteckigem Querschnitt und im Querschnitt geschlossener Oberfläche sowie bereits über die gesamte Kantenlänge fertig angebrachten/angeformten Flanschen nachträglich mit Eckverbindern versehen, die mit ihren Schenkeln in die zugehörigen Flanschprofile eingefügt werden, um die Stabilität zu erhöhen.

Aufgrund der völlig anderen Herstellung und der Montage der Klimatisierungskanäle nach der A1 waren für den Senat deshalb auch keine Anhaltspunkte oder Hinweise dafür erkennbar, ein einzelnes und aus dem technischen Zusammenhang gerissenes gegenständliche Merkmal (hier die allseitige Führung der beiden Winkelteile nach Merkmal 1.6.2) aus diesem völlig andersartigen System für Klimatisierungskanäle bspw. auf ein System oder auf Eckverbinder für Klimatisierungskanäle nach der Schrift A2 zu übertragen.

Auch eine von der Klägerin ausgeführte Kombination der Schriften A2 und A4 kann nicht zu den Gegenständen des Streitpatents gemäß den Ansprüchen 1 und 10 führen:

Bei der A2 werden zwar jeweils zweiteilige Eckwinkel, die zum Eintreiben in die fertig bearbeiteten Flansche geeignet sind, aufgezeigt. Auch wird in der A4 das zweite Winkelteil (first metal fitting 25, Fig. 8a bis 8c und Beschreibung, Abs. 0037) durch das erste Winkelteil (second metall fitting 26, Fig. 9a bis 9c und Beschreibung, Abs. 0038) geführt, jedoch findet hier, wie bei der A2, ebenfalls keine allseitige, sondern nur eine dreiseitige Führung beim Einschlagen statt (vgl. Fig. 10a bis 10c und Beschreibung, Abs. 0039).

Die in den Fig. 10b und 10c sichtbare, nachträglich umgebogene Lasche 41 (engaging claw, vgl. Abs. 0039, vorl. Satz und Abs. 0040) dient hier nur zum Arretieren der in die Flansche eingeschlagenen Winkel nach der Montage (vgl. „Thereafter“, Sp. 10, Z. 6), damit diese nicht wieder herausrutschen können, nicht aber zur Führung während der Montage.

Ein Hinweis oder eine Anregung, die Merkmale 1.6.2 und 10.10 (Führung an beiden Breitseiten) zur verbesserten Montage vorzusehen, ist dieser Schrift somit auch nicht entnehmbar, so dass eine Kombination der Schriften A2 und A4 den Fachmann ebenfalls nicht zur streitgegenständlichen Ausbildung führen kann.

Nun könnte der Fachmann zwar, indem man eine zangenförmige Ausbildung wie aus der A16, Fig. 1 bis 4, 6 und 8 bekannt als „Führung“ bezeichnet, die am zweiten Winkelelement angebracht ist, zu einer Vorrichtung gelangen, die so ähnlich aussieht wie das Ausführungsbeispiel nach Fig. 1 oder 2 der Streitpatentschrift.

Bei dieser Konstruktionsrohre betreffenden Vorrichtung gibt es jedoch zwei verschiedene Lagen der Verbindungsteile zueinander: In der Ersten, der sogenannten Loslage (Fig. 3, 8, 9) ist das erste Rohr 12 längsbeweglich von den backenartigen Zangen geführt bzw. in diese einlegbar.

Beim Einführen des zangenartigen Verbindungselements (11, 27, 29, 35) in das zweite Konstruktionsrohr 13 werden jedoch durch die zusammengepressten Schenkel (Befestigungsbereiche, z. B. Ziff. 17, 32, 38, 39) die backenartigen Zangen um das Rohr 12 fest geschlossen, so dass gerade keine Längsverschiebbarkeit des Rohres 12 in dieser zweiten Lage (Schließlage) möglich ist (vgl. S. 10, Abs. 3 und S. 12, Abs. 3). Eine Längsbewegung des Rohres 12 bei eingeschlagenem zangenartigen Verbindungselement ist bei derartigen Verbindungselementen, die bei Streben und Ständern, Gerüsten und dgl., verwendet werden, also bei Verbindern für Konstruktionsrohre, offensichtlich auch unerwünscht.

Somit ist aber auch eine Montage im Sinn des Streitpatents mit allseitiger Führung eines zweiten Eckwinkels während des Eintreibens durch den bereits montierten (eingeschlagenen) ersten Eckwinkel entsprechend den Merkmalen 1.5.1 und 10.7 nicht möglich. Irgendwelche Hinweise auf ein erfindungsgemäßes, dem Sinn der Schrift A16 sogar zuwiderlaufendes Montageverfahren wird der Fachmann dieser Konstruktionsrohre behandelnden, also auch gattungsfremden Schrift, deshalb nicht entnehmen und bspw. auf den Gegenstand der Schrift A2 übertragen können.

Die Merkmale 1.5 und 1.5.1 in Kombination mit 1.6 bis 1.6.2 sowie 10.7 bis 10.10 sind auch aus den weiteren im Verfahren befindlichen, aber in der mündlichen Verhandlung nicht wieder aufgegriffenen, Schriften A3 und A17 nicht bekannt. Auch erscheinen diese Merkmale bei einem derartigen System für Klimatisierungskanäle oder einen Eckwinkel zum Verbinden von Kanalteilstücken zu Luftkanälen dem Fachmann keinesfalls nahegelegt: Denn warum sollte dieser eine allseitige Führung mit einer aufwändigeren Fertigung der Einzelteile mit allen Problemen einer doppelten Führung bei der Montage (z. B. Verklemmen) trotz der be- reits vorhandenen dreiseitigen Führung der Eckwinkel ineinander und deren zusätzlicher vierseitigen Führung in den Flanschprofilen beim zugrundeliegenden Stand der Technik nach der A2 auf sich nehmen? Und selbst wenn der Fachmann, bspw. aus Stabilitätsgründen eine derartige Führung vorsähe, warum sollte er sie über die fertigungstechnisch sinnvollen drei Führungsflächen hinaus so ausbilden, dass beim Eintreiben der beiden Eckverbinderteile allein durch eine gegenseitige Führung sich eine definierte Lage der Eckverbinder zueinander einstellt, ohne dass vorherige Führungen an die vorgeformten Flanschprofile angebracht werden müssen?

Zur erfindungsgemäßen Ausgestaltungen nach den Merkmalen 1.5 und 1.5.1 in Kombination mit 1.6 bis 1.6.2 sowie 10.7 bis 10.10 gemäß Ansprüchen 1 und 10 des Hauptantrags, dass nämlich bei einem System zur Verbindung von Klimakanälen mithilfe von zweiteiligen Eckverbindern das zweite Winkelteil im ersten Winkelteil bei der (nachträglichen) Montage der Eckverbinder an den Schmalseiten und an den beiden Breitseiten allseitig geführt wird, finden sich in den Schriften A1 bis A4, A16 sowie A17 weder Hinweise noch Anregungen. Deshalb kann auch eine Kombination zweier beliebiger oder auch aller Schriften den Fachmann nicht zu dieser, die Erfindung tragenden Lösung führen. Vielmehr bedurfte es für den Fachmann erfinderischer Überlegungen, um zur Maßnahmenkombination gemäß den geltenden Ansprüchen 1 und 10 nach Hauptantrag zu kommen.

Die Patentansprüche 1 und 10 nach Hauptantrag sind aus den vorstehenden Gründen erfinderisch und somit rechtsbeständig.

4. Die Unteransprüche 2 bis 9 werden vom Anspruch 1 mitgetragen.

5. Aufgrund der Rechtsbeständigkeit der Patentansprüche 1 und 10 nach Hauptantrag kommen die mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013 gestellten Hilfsanträge 1 bis 11 nicht zum Tragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Schmidt Voit Schlenk Dr. Baumgart Ausfelder Pü

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in 1 Ni 31/12

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
1 21 PatG
1 22 PatG
1 84 PatG
1 99 PatG
1 92 ZPO
1 709 ZPO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 21 PatG
1 22 PatG
1 84 PatG
1 99 PatG
1 92 ZPO
1 709 ZPO

Original von 1 Ni 31/12

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von 1 Ni 31/12

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum