30 W (pat) 701/19
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 701/19
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Design … (hier: Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr) hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 20. Februar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Merzbach und der Richterin Akintche beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
ECLI:DE:BPatG:2020:200220B30Wpat701.19.0 Gründe I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr für das 6. bis 10. Schutzjahr.
Der Antragsteller ist Inhaber des eingetragenen Designs … mit dem Anmeldetag 5. November 2012 und dem Eintragungstag 22. März 2018.
Die Eintragungsurkunde ist dem Beschwerdeführer mit Schreiben der Designstelle des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 22. März 2018 übersandt worden. Mit Schreiben vom gleichen Tag hat die Designstelle den Antragsteller ferner darüber informiert, dass nach § 3 Abs. 2 Satz 2 PatKostG die Zahlungsfrist für die Aufrechterhaltungsgebühr erst am letzten Tag des Eintragungsmonats, also am 31. März 2018 beginnt, so dass die Aufrechterhaltungsgebühr für das 6. bis 10. Schutzjahr bis zum 31. Mai 2018 zu entrichten sei und zuzüglich Verspätungszuschlag noch bis zum 30. September 2018 gezahlt werden könne.
Hierauf hat der Antragsteller mit am 10. April 2018 beim DPMA eingegangenem Schreiben die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr beantragt. In der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er in dem Feld Sonstige Vermögenswerte „14 angemeldete Patente“ angegeben. Jedoch hat er deren Wert nicht beziffert.
Mit Bescheid vom 24. April 2018 hat die Designstelle den Antragsteller aufgefordert, seinen Vortrag zu den sonstigen Vermögenswerten zu konkretisieren. Er habe weder zu dem Wert noch zu der Verwertbarkeit bzw. seinen Verwertungsbemühungen hinsichtlich seiner vierzehn angemeldeten Patente konkret vorgetragen. Für den Fall, dass der Antragsteller seine Angaben nicht konkretisiere, kündigte die Designstelle die Zurückweisung des Verfahrenskostenhilfeantrags an.
Mit zwei übereinstimmenden Schreiben vom 3. und 7. August 2018 hat der Antragsteller erklärt, bei seinen Patenten handle es sich nicht um wirtschaftlich schätzbare Produkte, sondern um eine rhetorische Arbeit bzw. um ein registriertes philosophisches Lehrmittel, dessen Wert genauso wenig schätzbar sei wie beispielsweise die Atmung des Menschen oder der goldene Schnitt von Pythagoras in der Mathematik. Sinn seiner philosophischen Arbeit sei es selbstverständlich nicht, Geld zu verdienen. Seine Aufgabe als Idealist sehe er vielmehr darin, die Menschen über die Grundbedingungen des Lebens aufzuklären und zu verstehen, wozu Menschen geboren worden seien, unter keinen Umständen Geld zu investieren.
Mit Beschluss vom 13. November 2018 hat die Designstelle des DPMA den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr wegen Mutwilligkeit gemäß § 24 Satz 1 DesignG i. V. m. § 114 ZPO zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühren müsse insbesondere Berücksichtigung finden, ob die Schutzrechte, deren Aufrechterhaltung begehrt werde, verwertbar seien und ob der Antragsteller in der vergangenen Schutzperiode hinreichende Verwertungsbemühungen gezeigt habe. Dies habe der Antragsteller indes nicht hinreichend dargelegt und belegt. Vielmehr habe er selbst eingeräumt, dass er den Sinn seiner Arbeit nicht darin sehe, Geld zu verdienen, sondern seine philosophische Lehre zu verbreiten. Das Vorbringen des Antragstellers lasse damit erkennen, dass es ihm vornehmlich um die Dokumentation und Publikation seiner philosophischen Ansichten gehe und weniger um die wirtschaftliche Verwertung gewerbeorientierter Schutzrechte. Hierbei verkenne der Antragsteller, dass der Designschutz gewerbeorientiert sei und somit nicht das genuine Forum für den Schutz und die Verbreitung künstlicher und philosophischer Äußerungen sein könne. Da er keine gewerbliche Verwertung seiner Schutzrechte beabsichtige und es ihm vornehmlich um deren ideellen Wert gehe, sei der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe als mutwillig zu bewerten. Es könne nicht Aufgabe der Verfahrenskostenhilfe sein, die Aufrechterhaltung derartiger Designeintragungen, welche von Beginn an nicht zur gewerblichen Verwertung bestimmt gewesen seien und deren Verwendungszweck außerhalb des Designrechts liege, aus der Staatskasse zu finanzieren.
Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die kostenfreie Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 24, 23 Abs. 4 DesignG i. V. m. § 135 Abs. 3 PatG zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die Designstelle hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr zu Recht zurückgewiesen.
1. Dem Inhaber eines Designs kann auf Antrag gemäß § 24 Satz 1 und Satz 3 DesignG Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühren nach § 28 Abs. 1 Satz 1 DesignG gewährt werden. Bei der Entscheidung über die Bewilligung ist – wie in allen Fällen der Verfahrenskostenhilfe – § 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO muss die mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen. Der Rechtsbegriff der „Mutwilligkeit“ ist in § 114 Abs. 2 ZPO legaldefiniert. Die Rechtsverfolgung ist demnach „mutwillig“, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Bezogen auf den vorliegenden Fall der beantragten Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühren liegt Mutwilligkeit also vor, wenn eine verständige Person, die nicht bedürftig ist und daher die Kosten der Aufrechterhaltungsgebühr tragen könnte, in gleicher Situation die Aufrechterhaltung des Schutzes nicht betreiben und die Gebühren hierzu nicht zahlen würde (vgl. BPatG, Beschluss vom 10. Januar 2019, 30 W (pat) 708/18; für das Gebrauchsmusterrecht BPatG, Beschluss vom 11. Juni 2018, 35 W (pat) 1/18; BPatG, Beschluss vom 4. September 2008, 5 W (pat) 15/08; siehe ferner BPatGE 45, 49, 51 – Massenanmeldung; Eichmann/ Jestaedt/Fink/Meiser (EJFM), DesignG und GGV, 6. Auflage 2019, § 24 Rn. 4).
2. In Anwendung der dargelegten Grundsätze und nach den hier zur Bewertung vorliegenden Umständen scheidet eine weitere Aufrechterhaltung des Designs im Wege der Verfahrenskostenhilfe aus. Die Rechtswahrnehmung des Beschwerdeführers entspricht bei objektiver Betrachtung nicht der einer vermögenden Person in derselben Situation.
Das Ziel eines Designs als gewerblichem Schutzrecht ist in erster Linie dessen wirtschaftliche Verwertung. Schutzzweck der Gesetzgebung im Bereich des Designrechts ist die Förderung der Innovation bei der Entwicklung neuer Erzeugnisse und die Förderung der Investitionen für die Herstellung dieser Erzeugnisse (vgl. Erwägungsgrund 7 GGV; EJFM/Eichmann/Jaestaedt, a. a. O., A. Allgemeines zum Designrecht, Rn. 17; siehe auch EuGH GRUR 2009, 867, Rn. 78 – FEIA/Cul de Sac). Durch einen angemessenen Schutz des Designs soll eine angemessene Vergütung der Rechtsinhaber gewährleistet und ein zufriedenstellender Ertrag der erforderlichen Investitionen sichergestellt werden (vgl. m. w. N. EJFM, ebenda).
Da das verfahrensgegenständliche Design am 22. März 2018, mithin erst nach Ablauf der ersten fünfjährigen Schutzperiode eingetragen wurde, kommt es für die Prüfung der Mutwilligkeit nicht entscheidend auf die Frage an, ob der Beschwerdeführer bisher ernsthaft versucht hat, dieses Design wirtschaftlich zu verwerten. Allerdings wird sich ein nicht hilfsbedürftiger Designinhaber jedenfalls in der ersten Zeit nach Eintragung seines Schutzrechts zumindest um dessen Vermarktung bemühen. Dass der Beschwerdeführer dies überhaupt ernsthaft plant, lässt sich seinen Eingaben nicht entnehmen, im Gegenteil hat er sogar ausdrücklich erklärt, auf keinen Fall mit seinem „Patent“ Geld verdienen zu wollen. Soweit er im Übrigen in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als Vermögenswerte vierzehn angemeldete Patente angegeben hat, meint der Beschwerdeführer offensichtlich – nicht zuletzt mangels entsprechender Patent- oder anderer Schutzrechtsanmeldungen – seine bislang vierzehn teilweise eingetragenen und teilweise bereits gelöschten Designs.
Dass vom Beschwerdeführer bezüglich des verfahrensgegenständlichen Designs keine Verwertungsabsicht vorliegt und zudem vom Antragsteller auch bezüglich seiner übrigen Designs keine ernsthaften Verwertungsbemühungen vorgetragen oder Belege hierfür vorgelegt wurden, lässt den Schluss auf ein mutwilliges Verhalten im Sinne des § 114 ZPO zu. Im Rahmen der gebotenen Gesamtbewertung haben nämlich das bisherige Anmeldeverhalten und mangelnde Verwertungsbemühungen indizielle Bedeutung (vgl. EJFM/Kühne/Meiser, DesignG § 24 Rn. 4 a.E.). Hinzu tritt, dass der Beschwerdeführer seinen Designs offensichtlich selbst keinen wirtschaftlichen Wert zumisst. Während er in einem anderen Verfahren zur Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe den Wert der damals auf ihn eingetragenen 13 Designs noch mit „ca. … Euro“ beziffert hat, was einem Durchschnittswert von ca. … Euro je Design entspricht (vgl. hierzu bereits BPatG, Beschluss vom 5. Oktober 2017, 30 W (pat) 722/16), hat er vorliegend im Amtsverfahren ausdrücklich gebeten, den wirtschaftlichen Wert seiner bisherigen Arbeit – eine „rhetorische Arbeit“ bzw. „ein registriertes philosophisches Lehrmittel“, wie er sie bezeichnet – als nicht schätzbar zu behandeln. Mit diesem Vortrag übersieht der Antragsteller wiederum, dass der gewerbeorientierte Designschutz nicht das genuine Forum für die Verbreitung künstlerischer oder philosophischer Äußerungen ist, worauf sowohl die Designstelle wie auch Senat den Antragsteller bereits mehrfach hingewiesen hat (vgl. BPatG, Beschluss vom 10. Januar 2019, 30 W (pat) 708/18; Beschluss vom 10. August 2017, 30 W (pat) 705/17; siehe auch EJFM/Kühne/Meiser, DesignG § 3 Rn. 33). Auch besteht kein Bedürfnis, ein Design aus ideellen oder altruistischen Gründen aufrecht zu erhalten (vgl. für das Gebrauchsmusterrecht BPatG, Beschluss vom 4. September 2008, 5 W (pat) 15/08).
Angesichts dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein vermögender Designinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage weitere Mittel einsetzen würde, um das verfahrensgegenständliche Design aufrecht zu erhalten. Da der Antragsteller keinerlei konkrete Verwertungsbemühungen beabsichtigt, erscheinen die Aufrechterhaltungskosten von vorneherein als verlorene Kosten. Allein für die bloße weitere Existenz des Designs kann Verfahrenskostenhilfe nicht beansprucht werden.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 24 Satz 4 DesignG i. V. m. § 135 Abs. 3 Satz 1, letzter Halbsatz PatG (vgl. EJFM/Kühne/Meiser, DesignG § 23 Rn. 45).
Prof. Dr. Hacker Merzbach Akintche Fa