Paragraphen in 14 W (pat) 16/10
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/10
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 103 43 511.5-41 …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. August 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richterin Dr. Proksch-Ledig und der Richter Schell und Dr. Jäger BPatG 152 08.05 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. September 2010 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 L des Deutschen Patent- und Markenamtes die Patentanmeldung 103 43 511.5-41 mit der Bezeichnung
"Verfahren und Vorrichtung zum Konservieren von Flüssigkeiten" zurückgewiesen.
Die Zurückweisung ist im Wesentlichen damit begründet, dass die seinerzeit beanspruchten Gegenstände gemäß Haupt- und Hilfsantrag gegenüber dem aus den Druckschriften D1 US-PS 1,413,006 D2 DE 37 34 025 A1 D3 WO 02/03816 A1 bekannten Stand der Technik nicht neu seien bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Aus der D1 sei ein Sterilisierverfahren von Nahrungsmitteln unter Zerstörung von Mikroorganismen bekannt, bei dem ein in einer Flüssigkeit suspendiertes Material mit einem inerten Gas unter Druck beaufschlagt, für eine Zeit bis zur Sättigung unter Druck gehalten und danach unter Zerstörung der Mikroorganismen entspannt werde. Die dabei verwendete Vorrichtung bestehe aus einer Druckgasquelle, einem Druckbehälter mit Ventilen und einem Sammelbehälter für die entspannte Flüssigkeit. Aus der Zusammenschau der Druckschriften D2 und D3 seien bis auf die Verfahrensmaßnahme des schnellen Druckabbaus von 1,5 bar/s sämtliche Merkmale der Patentansprüche 1 und 7 gemäß des Hilfsantrags bekannt. Eine schnelle Druckentspannung und somit die Festlegung der Geschwindigkeit des Druckabfalls in Abhängigkeit von der zu konservierenden Flüssigkeit liege dann nur noch im Ermessen des Fachmanns, zumal die Anmeldung keine besonderen Wirkungen für den beanspruchten Wert angebe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelder, mit der sie ihr Patentbegehren mit den Patentansprüchen 1 bis 20 gemäß Hauptantrag, den Patentansprüchen 1 bis 18 gemäß Hilfsantrag I und den Patentansprüchen 1 bis 10 gemäß den Hilfsantrag II, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Februar 2011, weiterverfolgen.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 13 gemäß Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:
„1. Verfahren zum Konservieren von Flüssigkeiten mit den Schritten: - Anreichern einer zu konservierenden Flüssigkeit mit einem unter erhöhtem Druck stehenden Gas und - Entspannen der mit Gas angereicherten Flüssigkeit auf ein niedrigeres Druckniveau, wobei als Gas zur Anreicherung der Flüssigkeit Stickstoff oder Argon Verwendung findet.
13. Vorrichtung zum Konservieren von Flüssigkeiten, insbesondere zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 12, mit einem Druckraum (2), in dem eine zu konservierende Flüssigkeit mit einem Gas erhöhten Druckes anreicherbar ist, und mit einer Einrichtung zum Entspannen (12) der gasangereicherten Flüssigkeit auf ein niedrigeres Druckniveau.“
Hilfsantrag I entspricht der Fassung gemäß Hauptantrag mit dem Unterschied, dass Patentanspruch 1 zusätzlich die Merkmale „schlagartiges Entspannen“ und „Bestimmung von der nach der Entspannung in der Flüssigkeit verbleibenden Restgasmenge durch eine Einstellung des niedrigeren Druckniveaus hinter dem Entspannungsorgan (12)“ enthält.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7 nach Hilfsantrag II haben folgenden Wortlaut:
„1. Verfahren zum Konservieren von Flüssigkeiten mit den Schritten: - Anreichern einer zu konservierenden Flüssigkeit mit einem untererhöhtem Druck stehenden Gas und - schnelles Entspannen der mit Gas angereicherten Flüssigkeit auf ein niedrigeres Druckniveau, dadurch gekennzeichnet, dass - der Druckabfall während des Entspannens der mit Gas angereicherten Flüssigkeit mindestens 1,5 bar/s beträgt, - die mit Gas angereicherte Flüssigkeit mittels des höheren Druckniveaus einem Entspannungsorgan (12) zugeführt wird, an dem die gasangereicherte Flüssigkeit auf das niedrigere Druckniveau entspannt wird - dass die Zuführung der mit Gas angereicherten Flüssigkeit mit einer zusätzlichen Fördereinrichtung erfolgt - dass die mit Gas angereicherte Flüssigkeit beim Zuführen zu dem Entspannungsorgan druckbeaufschlagt wird - die zu bearbeitende Flüssigkeit vor dem Schritt des Anreicherns mit Gas in einen Druckraum (2) eingeleitet wird - die mit Gas angereicherte Flüssigkeit einer Haltezeit unter erhöhtem Druck unterzogen wird - das Anreichern der zu behandelnden Flüssigkeit mit Gas in einem Temperaturbereich von 0 °C bis 80 °C erfolgt
- die zu konservierende Flüssigkeit so lange mit Gas angereichert wird, bis das 0,3- bis 50-fache Volumen dessen in die Flüssigkeit eingebracht ist, was die entsprechende Menge Gas nach den thermodynamischen Bedingungen bei Normaldruck an Volumen einnehmen würde
- die durch bei der Entspannung in der Flüssigkeit verbleibende Restgasmenge durch Einstellen eines niedrigeren Druckniveaus hinter dem Entspannungsorgan (12) bestimmt wird
- als Gas zur Anreicherung der Flüssigkeit Stickstoff oder Argon Verwendung findet.
7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach den Ansprüchen 1 bis 6, bestehend aus einem Druckraum (2), in dem eine zu konservierende Flüssigkeit mit einem Gas erhöhten Drucks anreicherbar ist und mit einer Einrichtung zum schlagartigen Entspannen der gasangereicherten Flüssigkeit auf ein niedrigeres Druckniveau, dadurch gekennzeichnet, dass
- die Einrichtung zum Entspannen (12) ein Ventil, eine Drossel oder eine Düse ist,
- zwischen dem Druckraum (2) und der Einrichtung zum Entspannen (12) der mit Gas angereicherten Flüssigkeit als Fördereinrichtung eine Druckpumpe angeordnet ist
- der Druckraum ein Druckbehälter ist oder - eine druckbeaufschlagte offene oder geschlossene Prozessstrecke - dass in dem Druckraum eine Misch- oder Rührvorrichtung (7) zur Beschleunigung der Gasanreicherung vorgesehen ist, - mindestens eine Kompressionsvorrichtung vorgesehen ist, mittels derer der Druckraum (2), das darin einzuleitende Gas und/oder die darin einzuleitende Flüssigkeit unter erhöhten Druck gesetzt werden kann
- stromab der Einrichtung zum Entspannen (12) der mit Gas angereicherten Flüssigkeit eine Aufnahmeeinrichtung (11) für die entspannte Flüssigkeit vorgesehen ist, in der ein niedriges Druckniveau herrscht.
Die Anmelderin trägt zur Begründung der Beschwerde vor, dass die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 13 des Hauptantrags neu seien und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Denn die D1 beanspruche zwar in den Patentansprüchen inerte Gase zur Druckbeaufschlagung in einem Konservierungsverfahren und lehre, dass als inerte Gase solche verwendet würden, die am wenigsten mit dem zu behandelnden Material chemisch reagierten oder die am meisten in der Flüssigkeit, die die zu beseitigenden Mikroorganismen enthalte, lösbar seien. Als bevorzugtes Gas offenbare die D1 aber im Unterschied zur vorliegenden Anmeldung nur Kohlendioxid, das aus einem Kohlendioxidtank in den Druckraum geleitet werde. Dieses sei aber nach Kenntnisstand des Fachmanns zum Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung keineswegs inert, sondern eigne sich zur Abtötung niederer Organismen aufgrund verschiedener Effekte. Auch die D2 und D3 seien auf den Einsatz von Kohlendioxid gerichtet und enthielten wie die D1 keine Hinweise auf eine entsprechende Eignung der inerten Gase Stickstoff oder Argon, so dass alle Druckschriften des angeführten Standes der Technik weder die Neuheit noch das Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit der Gegenstände der Patentansprüche 1 und 14 des Hauptantrags angreifen könnten. Die zusätzlich in den Patentanspruch 1 des Hilfsantrags I eingeführte Verfahrensmaßnahme der Bestimmung der Restgasmenge sei auch wiederum weder der D1 noch der D2 zu entnehmen. Allenfalls in der D3 findet sich die Angabe, dass der Restgehalt an Kohlendioxid auf ein erwünschtes Niveau eingestellt werden könne. Allerdings unterscheide sich das Verfahren der D3 schon dadurch vom Anmeldungsgegenstand, dass darin das Kohlendioxid zur Schädigung der Organismen durch eine chemische Reaktion diene. Daher könne auch eine Zusammenschau der Druckschriften D1 bis D3 den Anmeldungsgegenstand nach Hilfsantrag I nicht nahe legen. Die Gegenstände des Hilfsantrags II seien ebenfalls patentfähig, da die D1 bis D3 weder einzeln noch in Zusammenschau sämtliche Verfahrensmaßnahmen bzw. Vorrichtungsmerkmale der Patentansprüche 1 bzw. 7 offenbarten oder nahe legen könnten.
Die Anmelder beantragen sinngemäß,
- den Beschluss vom 14. September 2010 aufzuheben und ein Patent auf Grundlage des Anspruchssatzes gemäß Hauptantrag zu erteilen,
- hilfsweise ein Patent auf Grundlage des Anspruchssatzes gemäß dem Hilfsantrag I zu erteilen,
- hilfsweise ein Patent auf Grundlage des Anspruchssatzes gemäß dem Hilfsantrag II zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der jeweils rückbezogenen Patentansprüche, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 73 PatG); sie ist jedoch nicht begründet.
1. Die ursprüngliche Offenbarung der Gegenstände gemäß den jeweils geltenden Patentansprüchen nach Hauptantrag und Hilfsantrag I ist nicht zu beanstanden. Im Hilfsantrag II kann dahin gestellt bleiben, ob die im Patentanspruch 1 beanspruchte Druckbeaufschlagung der mit Gas angereicherten Flüssigkeit beim Zuführen zu dem Entspannungsorgan und die im Patentanspruch 5 beanspruchte Haltezeit im Druckbehälter bis 20 min auch für Argon den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen zu entnehmen sind. Denn die im Hauptantrag und in den Hilfsanträgen I und II beanspruchten Verfahren zum Konservieren von Flüssigkeiten sowie Vorrichtungen zur Durchführung dieses Verfahrens erweisen sich als nicht patentfähig.
2. Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht neu.
In der Druckschrift D2 wird ein Verfahren zum Haltbarmachen von wasserhaltigen Lebensmitteln beschrieben, bei dem das Lebensmittel mit einem ihm gegenüber inerten Gas mit Druck beaufschlagt und zur Beendung der Behandlung schnell entspannt wird. Bei den wasserhaltigen Lebensmitteln handelt es sich nach Patentanspruch 1 der D2 insbesondere um Volleimasse, Milch, Fruchtsaft oder alkoholfreies Getränk und damit um flüssige Lebensmittel. Als Beispiele für das inerte Gas offenbart die D2 expressis verbis u. a. Edelgase und Stickstoff (vgl. D2 Patentansprüche 1, 6 und S. 2 Z. 51 bis 54). Damit sind sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 aus der D2 bekannt. Der Patentanspruch 1 ist daher mangels Neuheit nicht patentfähig.
Die Argumentation der Anmelder, die D2 verwende in den Ausführungsbeispielen sowie der Beschreibung der Prozessführung ausschließlich Kohlendioxid und extrapoliere lediglich das beschriebene Verfahren auf inerte Gase wie Stickstoff und Edelgase, kann nicht durchgreifen. Denn gemäß ständiger Rechtsprechung beschränken Ausführungsbeispiele den Sinngehalt des Patentanspruchs nicht und ist die Auslegung eines Patentanspruchs unterhalb seines Wortlauts bzw. Sinngehalts generell nicht zulässig (vgl. BGH GRUR 2007, 309 bis 313, 1. Ls. – Schussfädentransport). In der D2 wird im Patentanspruch 1 ein Konservierungsverfahren beansprucht, bei dem ein Lebensmittel mit einem ihm gegenüber inerten Gas behandelt wird. Der Sinngehalt dieses Patentanspruchs kann nicht darauf beschränkt werden, dass als inertes Gas nur das im Ausführungsbeispiel der D2 eingesetzte Kohlendioxid eingesetzt werden kann. Vielmehr stellt die Verwendung von Kohlendioxid im Beispiel der D2 nur ein Nachweis zur Glaubhaftmachung der Ausführbarkeit der Lehre der D2 dar, nach der ein wasserhaltiges, flüssiges Lebensmittel mit einem inerten Gas aus der in der Beschreibung der D2 angegebenen Liste konserviert werden kann (vgl. D2 S. 2 Z. 52 bis 54). Es findet somit in der D2 keine Extrapolation des mit Kohlendioxid offenbarten Konservierungsverfahrens auf ein Verfahren mit dem in der D2 expressis verbis als inertes Gas offenbarten Stickstoff statt, sondern der Sinngehalt des Patentanspruchs 1 umfasst neben dem Konservierungsverfahren mit Kohlendioxid aus dem Ausführungsbeispiel auch Konservierungsverfahren mit Stickstoff oder einem der anderen in der D2 offenbarten inerten Gasen.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist daher mangels Neuheit nicht gewährbar.
3. Inwiefern das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik noch patentfähig ist, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die Vorrichtung gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 11 nach Hilfsantrag I nicht das Erfordernis der Neuheit aufweist.
Die Druckschrift D1 offenbart eine Vorrichtung mit einer Druckgasquelle, einem Druckbehälter, in dem das zu behandelnde, flüssige Material mit einem Gas unter Druck beaufschlagt werden kann, und mit einem Sammelbehälter für die entspannte Flüssigkeit. Sammel- und Druckbehälter sind über eine Förderleitung miteinander verbunden, deren Durchgang über ein Ventil gesteuert wird (vgl. D1 Patentansprüche 7, 8 und Figur 1 i. V. m. S. 1 Z. 58 bis S. 2 Z. 8). Dieses Ventil (vgl. D1 Fig. 1 Bezugszeichen 52) entspricht der im Patentanspruch 11 beanspruchten Einrichtung zum Entspannen (12). Damit sind sämtliche Vorrichtungsmerkmale des Patentanspruchs 11 in der D1 vorbeschrieben, so dass dieser Patentanspruch mangels Neuheit nicht patentfähig ist.
Der Vortrag der Anmelder, dass die beanspruchte Vorrichtung gegenüber der D1 neu sei, weil in der Vorrichtungsbeschreibung der D1 die Gasflasche aus der Fig. 1 ausschließlich als Kohlendioxidtank bezeichnet und auf weitere Gase in dieser Druckschrift nicht hingewiesen werde, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Denn im anmeldungsgemäßen Patentanspruch 11 wird eine Vorrichtung beansprucht, die einen Druckraum, in dem eine zu konservierende Flüssigkeit mit einem Gas erhöhten Druckes anreicherbar ist, und eine Einrichtung zum Entspannen der gasangereicherten Flüssigkeit auf ein niedrigeres Druckniveau aufweist. Die Verwendung von Kohlendioxid und entsprechend dafür notwendige Vorrichtungsmerkmale, wie sie mit dem Kohlendioxidtank in der D1 angegeben ist, sind somit nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 11 nicht ausgeschlossen.
Auch die auf die Patentansprüche 1 bis 10 rückbezogene Zweckangabe und eine damit einhergehende Beschränkung der Vorrichtung auf Stickstoff oder Argon als einzusetzende inerte Gase kann daran nichts ändern. Denn nach geltender Rechtsauffassung ist zum einen diese Zweckangabe aufgrund der Formulierung "insbesondere" als nicht beschränkender Verweis auf eine bevorzugte Ausführungsform auszulegen. Zum anderen beschränkt die Zweckangabe als solche den Schutzbereich dieses Vorrichtungsanspruchs nicht, da diese keine andere körperliche Ausgestaltung der beanspruchten Vorrichtung bedingt (vgl. Schulte PatG, 9. Aufl., § 34 Rn. 128 und § 14 Rn. 35).
Der Patentanspruch 11 nach Hilfsantrag I ist daher mangels Neuheit nicht gewährbar.
4. Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens zu schaffen, das zur schonenden Haltbarmachung von Flüssigkeiten, insbesondere von flüssigen Lebensmitteln, führt, jedoch die Flüssigkeit als solche in ihrem Wesen nicht verändert und erwünschte Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Vitamine oder bestimmte Enzyme, ebenfalls nicht verliert (vgl. Erstunterlagen S. 1 Abs. 4 und 5 sowie Eingabe vom 1. Februar 2011 S. 7 Abs. 1).
Zur Lösung dieser Aufgabe ein Verfahren zum Konservieren von Flüssigkeiten gemäß Patentanspruch 1 mit den Schritten
1. Anreichern einer zu konservierenden Flüssigkeit mit einem unter erhöhtem Druck stehenden Gas und
2. schnelles Entspannen der mit Gas angereicherten Flüssigkeit auf ein niedrigeres Druckniveau, wobei
3. der Druckabfall während des Entspannens der mit Gas angereicherten Flüssigkeit mindestens 1,5 bar/s beträgt,
4. die mit Gas angereicherte Flüssigkeit mittels des höheren Druckniveaus einem Entspannungsorgan (12) zugeführt wird, an dem die gasangereicherte Flüssigkeit auf das niedrigere Druckniveau entspannt wird,
5. die Zuführung der mit Gas angereicherten Flüssigkeit mit einer zusätzlichen Fördereinrichtung erfolgt,
6. die mit Gas angereicherte Flüssigkeit beim Zuführen zu dem Entspannungsorgan druckbeaufschlagt wird,
7. die zu bearbeitende Flüssigkeit vor dem Schritt des Anreicherns mit Gas in einen Druckraum (2) eingeleitet wird,
8. die mit Gas angereicherte Flüssigkeit einer Haltezeit unter erhöhtem Druck unterzogen wird,
9. das Anreichern der zu behandelnden Flüssigkeit mit Gas in einem Temperaturbereich von 0 °C bis 80 °C erfolgt,
10. die zu konservierende Flüssigkeit so lange mit Gas angereichert wird, bis das 0,3- bis 50-fache Volumen dessen in die Flüssigkeit eingebracht ist, was die entsprechende Menge Gas nach den thermodynamischen Bedingungen bei Normaldruck an Volumen einnehmen würde,
11. die durch bei der Entspannung in der Flüssigkeit verbleibende Restgasmenge durch Einstellen eines niedrigeren Druckniveaus hinter dem Entspannungsorgan (12) bestimmt wird und
12. als Gas zur Anreicherung der Flüssigkeit Stickstoff oder Argon Verwendung findet,
vorzuschlagen, bedurfte im Hinblick auf eine Zusammenschau der Dokumente D2 und D3 keine Überlegungen erfinderischer Art.
Zum Auffinden dieser Lösung konnte der Fachmann, ein Lebensmitteltechnologe mit praktischer Erfahrung und speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Konservierung von Flüssigkeiten, der hinsichtlich der Hochdrucktechnologie einen Verfahrenstechniker zu Rate zieht, von der D2 ausgehen. Denn diese Druckschrift betrifft wie die Anmeldung ein Verfahren zum Haltbarmachen eines wasserhaltigen, flüssigen Lebensmittels durch Druckbehandlung. Dazu druckbeaufschlagt die D2 flüssige Lebensmittel mit einem diesen gegenüber inerten Gas und beendet diese Behandlung mit einer schnellen Entspannung (vgl. D2 Patentansprüche 1 und 6, S. 2 Z. 61 bis 62). Als besonders geeignet wird ein Druck von 10 bis 60 bar bei 40°C angegeben. Der Druck kann aber auch auf 100 bar, 200 bar oder mehr gesteigert werden (vgl. D2 S. 2 Z. 55 bis 56). Die Behandlungsdauer kann dabei in den weiten Grenzen zwischen 5 und 240 min liegen (vgl. D2 Patentanspruch 5 und S. 2 Z. 57) und es werden als Gase u.a. Edelgase und Stickstoff einzeln oder in Mischungen verwendet (vgl. D2 S. 2 Z. 52 bis 54). Schließlich offenbart die D2 im Beispiel, dass die Druckbehandlung mit einer Volleimasse und somit mit einem flüssigen Lebensmittel in einem Rührautoklaven, also einem Druckraum, erfolgt (vgl. D2 S. 2 Z. 64 bis 65). Damit sind die Merkmale 1, 2, 7 bis 9 und 12 aus der D2 bekannt. Dies trifft auch auf das Merkmal 10 zu. Denn da der angegebene Druckbereich dem in der Anmeldung für diesen Parameter angeführten Bereich entspricht (vgl. ursprünglich eingereichte Unterlagen Fig. 5 i. V. m. Beschreibung S. 5 Abs. 4), stellt sich aufgrund derselben Verfahrensbedingungen in der D2 und in der Anmeldung als zwingende Folge auch die im Merkmal 10 beanspruchte Volumeneinbringung ein. Als vorteilhafte Effekte des offenbarten Verfahrens gibt die D2 an, dass eine Druckerhöhung effektiver sei als eine Verlängerung der Einwirkzeit und dass ein schnelles Entspannen am Ende der Behandlung die Keimtötung fördert und insofern eine Verminderung des Druckes und/oder der Behandlungsdauer erlaubt (vgl. D2 S. 2 Z. 59 bis 62).
Angesichts dieser mit dem Dokument D2 vermittelten Lehre, dass es für eine effektive Konservierung eines flüssigen Lebensmittels insbesondere auf einen Druckaufbau und ein anschließendes schnelles Entspannen ankommt, wird der Fachmann sich zur Schaffung eines Verfahrens zum schonenden Konservieren von Flüssigkeiten im Stand der Technik nach dort gefundenen Lösungen für eine Druckbeaufschlagung mit anschließendem Entspannen von flüssigen Lebensmitteln umschauen. Dabei wird er auf die D3 treffen, die sich ebenfalls wie die Anmeldung und die D2 mit der Erhöhung der Haltbarkeit von flüssigen Nahrungsmitteln im Rahmen einer Hochdruckbehandlung beschäftigt (vgl. D3 S. 1 Z. 9 bis 26 und S. 3 Z. 27 bis S. 4 Z. 4). Die D3 gibt ein Verfahren zur Hochdruckbehandlung von Flüssigkeiten zur Reduzierung ihrer mikrobiellen und enzymatischen Aktivität mit anschließender Entspannung an. Dazu sieht diese Druckschrift eine Behandlung mit Kohlendioxid bei 0°C bis 60°C für 5 Sekunden bis 30 Minuten und bei einem Druck zwischen 20 und 1380 bar (= 300 und 20000 psia) sowie anschließender Entspannung vor, wobei mit dem Entspannungsschritt ein gewünschter Kohlendioxidgehalt in dem flüssigen Produkt eingestellt wird (vgl. D3 Patentansprüche 1 bis 3, 5, S. 8 Z. 5 bis 7 und S. 9 Z. 21 bis 26). Mit dieser Lehre erhält der Fachmann somit die Information, die Restgasmenge im konservierten Produkt zu beachten und auf ein gewünschtes Niveau einzustellen. Dabei die Restgasmenge mithilfe des Druckniveaus einzustellen, ist aber eine fachübliche Vorgehensweise, so dass das Ergreifen dieser – dem Merkmal 11 entsprechenden – Maßnahme zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit nicht beitragen kann. Dies vermögen auch nicht die mit den Merkmalen 4 bis 6 angegebenen Maßnahmen. Denn nach der D3 wird ferner die mit Gas angereicherte Flüssigkeit über eine Pumpe 130 druckbeaufschlagt und über eine Reaktionszone 32 der Entspannungszone 35, 40 und 46 zugeführt (vgl. D3 Fig. 1 i. V. m. S. 6 Z. 20 bis 28 und S. 8 Z. 20 bis S. 9 Z. 6). Dabei ergibt sich als zwingende Folge der Druckbeaufschlagung der mit Gas angereicherten Flüssigkeit beim Zuführen zu dem Entspannungsorgan das Zuführen der Flüssigkeit zum Entspannungsorgan mittels des höheren Druckniveaus. Die D3 lehrt den Fachmann somit, die mit Gas angereicherte Flüssigkeit druckbeaufschlagt dem Entspannungsorgan zuzuführen und die verbleibende Restgasmenge hinter dem Entspannungsorgan einzustellen, um so eine Reduzierung von Mikroorganismen oder Enzymen in einer Flüssigkeit zu erzielen. Zur Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe diese Erkenntnisse und die entsprechenden Verfahrensmaßnahmen in dem Konservierungsverfahren flüssiger Lebensmittel gemäß der D2 zu berücksichtigen, um ein schonendes Konservierungsverfahren für flüssige Lebensmittel zu erreichen, bei dem das flüssige Lebensmittel als solches in seinem Wesen nicht verändert und erwünschte Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Vitamine oder bestimmte Enzyme, ebenfalls nicht verloren gehen, bedurfte es somit keines erfinderischen Zutuns.
Die Verfahrensmaßnahme gemäß Merkmal 3, dass der Druckabfall während des Entspannens der mit Gas angereicherten Flüssigkeit mindestens 1,5 bar/s beträgt kann ebenfalls keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Denn durch den Hinweis in der D2, dass ein schnelles Entspannen am Ende der Behandlung die Keimtötung fördert und insofern eine Verminderung des Druckes und/oder der Behandlungsdauer erlaubt (vgl. D2 S. 2 Z. 61 bis 62), war der Fachmann angeregt, auf die Druckabfallbedingungen beim Entspannen zu achten. Welcher Druckabfall tatsächlich mindestens notwendig ist, um ein Verfahren zum schonenden Konservieren von Flüssigkeiten zu schaffen, konnte er sodann anhand von Versuchen ermitteln, deren Anlegung und Ausführung seiner Routinetätigkeit zuzurechnen sind und keine Überlegung erfinderischer Art erfordern.
Dem Argument der Anmelder, das im Stand der Technik eingesetzte Kohlendioxid sei auf Grund seiner chemischen und physikalischen Eigenschaften im Gegensatz zu den beanspruchten Gasen Stickstoff und Argon nicht inert, sondern wirke toxisch auf die bei der Konservierung abzutötenden Keime und Organismen, kann nicht überzeugen. Zum einen wird im Verfahren gemäß Patentanspruch 1 zur An- reicherung der Flüssigkeit nicht die Verwendung eines "inerten" Gases sondern die Verwendung der konkreten Gase Stickstoff oder Argon beansprucht. Zum anderen kann nur eine konkrete Lehre zum technischen Handeln, nicht die dazu gegebene theoretische Begründung Gegenstand eines Patents sein (vgl. BGH GRUR 1994, 357, 3. Ls. – Muffelofen). Maßgeblich ist somit, dass als Lehre zum technischen Handeln im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags II ein Verfahren zum Haltbarmachen flüssiger Lebensmittel durch Druckbeaufschlagung mit Stickstoff oder Argon und anschließender schneller Entspannung beansprucht wird. Der Stand der Technik offenbart für die Konservierung flüssiger Lebensmittel als Maßgaben zum technischen Handeln ebenfalls die Druckbeaufschlagung u.a. mit Kohlendioxid, Stickstoff oder Edelgas und anschließender schneller Entspannung (vgl. D2 Patentansprüche 1, 6 und S. 2 Z. 51 bis 54 und 61 bis 62 sowie D3 Patentansprüche 1 bis 3). Die konkrete Lehre zum technischen Handeln und damit die tatsächlich durchgeführten technischen Verfahrensmaßnahmen unterscheiden sich somit im Stand der Technik hinsichtlich des eingesetzten Gases nicht vom Anmeldungsgegenstand.
Auch wenn man unterstellt, dass die in der Beschreibung der Anmeldung aufgezeigte Wirkung des beanspruchten Verfahrens zum Anmeldezeitpunkt neu gewesen sei (vgl. ursprüngliche Beschreibung S. 2 Abs. 2 und 3), ist diese Funktionsentdeckung lediglich eine zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit nicht geeignete Erklärung der Wirkung, wenn sie sich in der Lehre erschöpft, wie bisher vorzugehen, um einen bisher immer, jedoch unbewusst erreichten Erfolg zu erlangen. Hier ist die Funktionsentdeckung reine Erkenntnis ohne neue technische Lehre. (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 1 Rn. 262). Die Anmeldung gibt zwar an, dass bei der Druckgasbeaufschlagung zwangsläufig ein Diffundieren von gelöstem Gas über Zellwände von in der Flüssigkeit enthaltener Mikroorganismen hinweg in diese hinein erfolgt und beim anschließenden Entspannen aufgrund der Gasexpansion, die im Zellinneren der Mikroorganismen erfolgt, die Mikroorganismen irreversibel geschädigt werden. Als Verfahrensmaßnahme ist dafür ein Entspannen des Gases mit einem Druckabfall von mindestens 1,5 bar/s vorgesehen
(vgl. ursprüngliche Beschreibung S. 2 Abs. 4). Dieselbe Vorgehensweise offenbart aber auch die D2. Denn auch in der D2 erfolgt ein schnelles Entspannen zur Förderung der Keimtötung (vgl. D2 Patentanspruch 6 und S. 2 Z. 61 bis 62). In der D2 wird darüber hinaus ebenfalls die Lehre vermittelt, dass das Gas in der druckbeaufschlagten Flüssigkeit durch die Zellwände in die Mikroben eindringt (vgl. D2 S. 2 Z. 37 bis 39), so dass es auch beim abschließenden schnellen Entspannen im Verfahren gemäß der D2 als zwingende Folge zu der anmeldungsgemäß beschriebenen Expansion des Gases im Zellinneren der Mikroorganismen und als weitere Folge zu deren irreversibler Schädigung kommt. Die Funktionsentdeckung in der Anmeldung kann daher die erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen.
Das Verfahren zum Konservieren von Flüssigkeiten gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II beruht nach alledem nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 ist daher nicht gewährbar.
5. Da über den Antrag der Anmelder nur insgesamt entschieden werden kann, teilen die neben- und nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 20 gemäß Hauptantrag, die neben- und nachgeordneten Patentansprüche 1 bis 10 und 12 bis 18 nach Hilfsantrag I und die neben- und nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 10 gemäß Hilfsantrag II das Schicksal des Patentanspruches 1 gemäß Hauptantrag, des Patentanspruchs 11 nach Hilfsantrag I bzw. des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag II (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – Informationsvermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
- 17 III.
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Maksymiw Proksch-Ledig Schell Jäger Me
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