IV ZR 37/24
BUNDESGERICHTSHOF IV ZR 37/24 BESCHLUSS vom 29. Januar 2025 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:290125BIVZR37.24.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Harsdorf-Gebhardt, Dr. Bußmann, die Richter Dr. Bommel und Rust am 29. Januar 2025 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 8. Februar 2024 zugelassen, soweit das Berufungsgericht festgestellt hat, dass die Beklagte auch dann verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren Schaden zu ersetzen,
wenn dieser ihm zwar aufgrund des Brandschadens vom
7. Juni 2018 im Objekt K in Z
, aber nicht wegen der unberechtigten Deckungsablehnung der Beklagten vom 2. Oktober 2019 entstanden ist.
Im Umfang der Zulassung wird das Berufungsurteil gemäß § 544 Abs. 9 ZPO aufgehoben. Klarstellend wird Nr. 3 des Tenors des Berufungsurteils wie folgt gefasst:
"3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
dem Kläger jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm wegen der unberechtigten Deckungsablehnung vom 2. Oktober 2019 des Brandschadens vom 7. Juni im Objekt K
46, Z , bei der Beklagten geführt unter der Schadennummer
, entstanden ist." Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil zurückgewiesen.
Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 80.000 € festgesetzt.
Gründe:
I. Die Parteien streiten über eine Entschädigung aus einer Gebäudeversicherung.
Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks, für das er bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung zum Neuwert unterhält, die eine gewerbliche Feuerversicherung umfasst. Das Gebäude wurde am 7. Juni 2018 durch einen Brand erheblich beschädigt. Die Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 2. Oktober 2019 Leistungen aus dem Versicherungsvertrag. Sie hat dem Kläger Brandstiftung und eine Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls vorgeworfen.
Der Kläger hat zuletzt neben der Zahlung der Zeitwertentschädigung und der Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für den Neuwertanteil und etwa anfallende Mehrwertsteuer beantragt, festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm weiteren Schaden wegen der unberechtigten Deckungsablehnung vom 2. Oktober 2019 zu ersetzen, hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm wegen der unberechtigten Deckungsablehnung vom 2. Oktober 2019 des Brandschadens vom 7. Juni 2018 im Objekt K in Z entstanden ist.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung der Zeitwertentschädigung verurteilt und festgestellt, dass sie verpflichtet ist, dem Kläger den Neuwertanteil zu zahlen, soweit dieser die bedingungsgemäße Wiederherstellung des Gebäudes innerhalb von 18 Monaten nach Rechtskraft des Verfahrens sicherstellt. Darüber hinaus hat es die Feststellung ausgesprochen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Brandschadens vom 7. Juni im Objekt K in Z entstanden ist.
II. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit sich die Beklagte gegen die Feststellung ihrer Ersatzpflicht für jeden weiteren aufgrund des Brandereignisses entstandenen Schaden wendet, auch wenn dieser nicht auf ihrer Deckungsablehnung vom 2. Oktober 2019 beruht.
1. Das Berufungsgericht hat, wie die Beschwerde zu Recht einwendet, die Beklagte in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es dem Kläger entgegen § 308 Abs. 1 ZPO etwas zugesprochen hat, was er nicht beantragt hat. Die vom Berufungsgericht festgestellte Ersatzpflicht geht über die vom Kläger in der Berufungsinstanz begehrte Einstandspflicht hinaus. Nach dem Tenor des Berufungsurteils ist die Beklagte dem Kläger zum Ersatz jedes weiteren, ihm aufgrund des Brandschadens entstandenen Schadens verpflichtet. Auch den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist eine Beschränkung der Ersatzpflicht auf Schäden wegen der Deckungsablehnung vom 2. Oktober 2019 nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht begründet seinen Feststellungsausspruch allein damit, dass sich der Schaden noch in der Fortentwicklung befinde, weil der Kläger eine Wiederherstellung in der Zukunft plane, und die nicht eben entfernte Möglichkeit der Entstehung weiterer Kosten bestehe. Der darin liegende Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO stellt zugleich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zum Nachteil der hiervon betroffenen Partei dar (BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2022 - VIII ZR 137/21, NJW 2022, 3010 Rn. 42; vom 24. Mai 2022 - VI ZR 304/21, VersR 2023, 615 Rn. 4).
Dies rechtfertigt die Aufhebung des Berufungsurteils im Umfang des Gehörsverstoßes gemäß § 544 Abs. 9 ZPO. Eine Zurückverweisung kommt ausnahmsweise nicht in Betracht, weil keine weitere Entscheidung in der Hauptsache mehr notwendig wird (BGH, Beschlüsse vom 13. September 2016 - VII ZR 17/14, NJW 2017, 1180 Rn. 17; vom 29. April 2014 - XI ZR 126/13, juris).
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Der Senat hat insoweit auch die Gehörsrügen (Art. 103 Abs. 1 GG) geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Prof. Dr. Karczewski Dr. Bommel Harsdorf-Gebhardt Dr. Bußmann Rust Vorinstanzen: LG Stade, Entscheidung vom 12.01.2021 - 3 O 33/20 OLG Celle, Entscheidung vom 08.02.2024 - 8 U 42/21 -