4 Ni 52/11 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Ni 52/11 (EP) verbunden mit 4 Ni 27/12 (EP)
(Aktenzeichen)
In der Patentnichtigkeitssache Zugestellt an Verkündungs Statt
28.08.2013 …
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betreffend das europäische Patent 1 291 158 (DE 502 07 480)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Engels, des Richters Dr. agr. Huber, der Richterinnen Dr. Mittenberger-Huber und Dr.-Ing. Prasch sowie des Richters Dr.-Ing. Dorfschmidt für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 291 158 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche 1 und 2 folgende Fassung erhalten: Patentanspruch 1: System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Behälter (11) auf das Gehäuse (17) aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist, und wobei die mechanische Verbindung des Behälters (11) mit dem Gehäuse (17) getrennt von der Fluidverbindung zwischen dem Behälter (11) und der Gasdruckquelle ist.
Patentanspruch 2: System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Kopplungsabschnitt (19) am Randbereich einer Gehäuseseite (21) ausgebildet ist, der eine zumindest im Benutzungszustand vorhandene Gehäuseöffnung begrenzt, die mittels einer Verschlussklappe (25) verschließbar ist, und wobei die mechanische Verbindung des Behälters (11) mit dem Gehäuse (17) getrennt von der Fluidverbindung zwischen dem Behälter (11) und der Gasdruckquelle ist.
II. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
III. Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 1) 1/6, die Klägerin zu 2) 2/3 und die Beklagte ebenfalls 1/6. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerin zu 1) 1/6, die Klägerin zu 2) 2/3; die Beklagte trägt von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) 1/3, von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) 2/9; im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand I.
Gegenstand des Nichtigkeitsverfahrens ist das unter Inanspruchnahme der Priorität des deutschen Gebrauchsmusters DE 201 15 003 U1 vom 11. September 2001 angemeldete, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent Nr. 1 291 158 B2 (Streitpatent), das ein Abdichtsystem für Reifen betrifft. Das in deutscher Sprache abgefasste Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 502 07 480 geführt. Das Patent umfasst in der Fassung, die es durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 22. Oktober 2008 erhalten hat, 24 Patentansprüche, von denen die Klägerin zu 1) Patentanspruch 1 und die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 4 bis 24 mit der Teilnichtigkeitsklage angreift, während die Klägerin zu 2) sämtliche Patentansprüche angreift.
Die Patentansprüche 1 bis 3 haben folgenden Wortlaut:
1. System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Behälter (11) auf das Gehäuse (17) aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist.
2. System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist, derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Kopplungsabschnitt (19) am Randbereich einer Gehäuseseite (21) ausgebildet ist, der eine zumindest im Benutzungszustand vorhandene Gehäuseöffnung begrenzt, die mittels Verschlussklappe (25) verschließbar ist.
3. System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist, derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Gaseinlass (13) und der Auslass (15) in einer Entnahmeeinheit (29) des Behälters (11) ausgebildet sind, die an einer Stirnseite des Behälters (11) insbesondere lösbar angebracht und bevorzugt mit dem Behälter (11) verschraubt ist, wobei der Behälter (11) über die Entnahmeeinheit (29) mit dem Gehäuse (17) koppelbar ist.
Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin zu 1) geltend, der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 sei nicht patentfähig, da er nicht neu sei, sich für den – von ihr definierten – Fachmann zudem jedenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. Im Übrigen habe eine mündliche Vorbeschreibung durch einen früheren Mitarbeiter der D… AG den Gegenstand des Patentanspruchs 1 bereits vorweggenommen. Dieser werde ferner sowohl durch die Druckschrift JP 2000-238144 A (D5) als auch durch die Druckschriften WO 03/004328 A1 (D6), JP 2001-212883 A (D7) und DE 297 16 453 U1 (D8) jeweils neuheitsschädlich vorweggenommen. Ausgehend von jeder der vorgenannten Schriften sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 sowie der abhängigen Patentansprüche 4 bis 24 auch nicht erfinderisch, wenn man jeweils das Fachwissen des Durchschnittsfachmanns hinzunehme, da es sich um rein handwerkliche Ausgestaltungen handle.
Die Klägerin zu 2) macht fehlende Patentfähigkeit aller drei nebengeordneten Patentansprüche und sämtlicher abhängiger Ansprüche geltend. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents werde auch nach ihrer Auffassung durch die Druckschriften JP 2000-238144 A (D5), WO 03/004328 A1 (D6) und JP 2001212883 A (D7) jeweils neuheitsschädlich getroffen. Die erfinderische Tätigkeit fehle aufgrund der Kombinationen der Druckschriften DE 198 46 451 A1 (D3) bzw. der Druckschrift JP 2000-238144 A (D5), der Druckschrift DE 199 48 706 (D10) mit dem Fachwissen des Fachmanns.
Patentanspruch 2 werde neuheitsschädlich durch die JP 2001-212883 A (D7) und Patentanspruch 3 durch die nachveröffentlichte Druckschrift DE 101 06 468 A1 (D17) getroffen. Ferner werde Patentanspruch 3 durch die Druckschriften D6, D7 bzw. D17 nahe gelegt. Im Übrigen führe auch eine Kombination der Druckschriften D10 und D7 oder D5 und D3 zum Gegenstand nach Anspruch 3 und damit zum Fehlen einer erfinderischen Tätigkeit.
Beide Klägerinnen wenden ferner ein, dass die im Termin gestellten Hilfsanträge als verspätet zurückzuweisen seien. Sie beantragen hilfsweise Vertagung oder jedenfalls Schriftsatznachlass hinsichtlich der hilfsweisen Verteidigung des Streitpatents, da die Stellungnahme der Beklagten zu ihren schriftsätzlich gestellten Hilfsanträgen erst mit Schriftsatz vom 24.06.2013 jeweils am 28.06.2013 bei den Klägerinnenvertretern eingegangen sei und zudem die Vorbereitungszeit hinsichtlich der verblieben Frist nicht ausreichend gewesen sei.
Die Klägerinnen berufen sich insgesamt auf folgende – z. T. nicht vorveröffentlichte - Druckschriften:
D3 (HLNK3 = NiK4) DE 198 46 451 A1 D5 (HLNK5 = NiK1) JP 2000-238144 A D5a (HLNK 5a)
dt. Übersetzung D6 (HLNK6 = NiK3) WO 03/004328 A1,
nachveröffentlicht am 16.1.2013 D6a (HLNK6a)
dt. Übersetzung D7 (HLNK7 = NiK2) JP 2001-212883 A D7a (HLNK7a)
dt. Übersetzung der Klägerin zu 1)
D7b (NiK2)
dt. Übersetzung der Klägerin zu 2)
D8 (HLNK8)
DE 297 16 453 U1 D9 (HLNK9)
Rudolf Koller, Konstruktionslehre für den Maschinenbau, 4. Auflage 1998 D10 (HLNK10 = NiK5) DE 199 48 706 A1 D11 (HLNK11)
DE 86 16 764 U1 D12 (HLNK12)
Gesprächsnotiz D13 (HLNK13)
Auszüge aus einer Betriebsanleitung Mercedes SLK v. 13.9.1999 D14 (HLNK14)
Zeitschrift autoBild Heft 16 Jahrg.
1999 D15 (HLNK15)
Planzeichung vom 9.7.2001 D16 (HLNK16)
Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 20. Auflage 2001 D17 (NiK6)
DE 101 06 468 A1,
nachveröffentlicht am 14.8.2002 Die Klägerin zu 1) beantragt,
das europäische Patent 1 291 158 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang des Anspruchs 1 und der Ansprüche 4 bis 24, soweit diese auf Anspruch 1 rückbezogen sind, für nichtig zu erklären.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
das europäische Patent 1 291 158 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen; hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den neu gefassten Patentansprüchen nach den Hilfsanträgen, zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 2.7.2013 mit folgenden Patentansprüchen: - Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, 4 bis 7 und 9; - Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 1, 2 und 3; - Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 2 und 4 bis 12; an die Hilfsanträge zu den Patentansprüchen 1 bis 3 schließen sich die geltenden Unteransprüche 4 bis 24 an.
Die Beklagte hat ferner erklärt, dass die jeweiligen Patentansprüche 1 bis 3 nach sämtlichen Hilfsanträgen auch losgelöst von den jeweiligen Unteransprüchen und auch für sich isoliert verteidigt werden, eine isolierte Verteidigung der Unteransprüche aber nicht beabsichtigt ist.
Die geänderten Patentansprüche 1 bis 3 nach den entscheidungserheblichen Hilfsanträgen lauten: (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag sind kursiv gekennzeichnet; weitere in der mündlichen Verhandlung vom 2.7.2013 zu Protokoll erklärte Änderungen sind zudem doppelt unterstrichen)
Patentanspruch 1: Hilfsantrag 2: System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Behälter (11) auf das Gehäuse (17) aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist, und wobei die mechanische Verbindung des Behälters (11) mit dem Gehäuse (17) getrennt von der Fluidverbindung zwischen dem Behälter (11) und der Gasdruckquelle ist.
Hinsichtlich des Wortlauts des Patentanspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 4-9 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Patentanspruch 2:
Hilfsantrag 1: System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Kopplungsabschnitt (19) am Randbereich einer Gehäuseseite (21) ausgebildet ist, der eine zumindest im Benutzungszustand vorhandene Gehäuseöffnung begrenzt, die mittels einer Verschlussklappe (25) verschließbar ist, und wobei sich der Kopplungsabschnitt (19) im Benutzungszustand des Systems in der Nähe der Gehäuseöffnung befindet.
Hilfsantrag 2: System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, insbesondere Reifen, mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11), der einen Gaseinlass (13) und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist, und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor, wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist, an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig koppelbar ist derart,
dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient, wobei der Kopplungsabschnitt (19) am Randbereich einer Gehäuseseite (21) ausgebildet ist, der eine zumindest im Benutzungszustand vorhandene Gehäuseöffnung begrenzt, die mittels einer Verschlussklappe (25) verschließbar ist, und wobei die mechanische Verbindung des Behälters (11) mit dem Gehäuse (17) getrennt von der Fluidverbindung zwischen dem Behälter (11) und der Gasdruckquelle ist.
Hinsichtlich des Wortlauts des Patentanspruchs 2 nach Hilfsantrag 3 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Patentanspruch 3: Hinsichtlich des Wortlauts des Patentanspruchs 3 nach den Hilfsanträgen 2, 4-12 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent in den drei nebengeordneten Hauptanträgen, jedenfalls aber in einem der Hilfsanträge für patentfähig.
Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet. Auf den Hinweis vom 08.04.2013 wird Bezug genommen (Bl. 380/397 d. A.).
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt allen Anlagen sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe II.
Die Klagen, mit der die in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1, Nr. 3 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a), c) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der unzulässigen Erweiterung geltend gemacht werden, sind teilweise begründet. Im Übrigen sind sie als unbegründet abzuweisen.
1. Der Entscheidung sind auch die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 13.06.2013 erläuterten und präzisierten Hilfsanträge, welche die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2013 nochmals begrifflich geändert hat, zugrunde zu legen, da das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten und die Verteidigung einer geänderten Fassung des Patents trotz der Rüge der Klägerinnen – soweit es entscheidungserheblich ist – nicht wegen Verspätung nach § 83 Abs. 4 PatG zurückzuweisen ist. Die durch das Patentrechtsmodernisierungsgesetz (PatRModG) erfolgte Neufassung des § 83 PatG und die damit in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Präklusionsregeln sehen zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Hierfür ist es aber stets erforderlich, dass der neue Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (BPatGE 53, 40 – Wiedergabeschutzverfahren; BPatG, Urt. v. 15.1.2013 – 4 Ni 13/11 – Dichtungsring; BPatG Urt. v. 15.11.2011 – 3 Ni 27/10; BPatG Urt. v. 29.11.2012 – 10 Ni 4/11 (EP); vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, und ist insbesondere auch zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und der Möglichkeit einer ausreichenden Befassung mit der geänderten Lehre in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eine Vertagung nicht erforderlich, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor.
Für eine Zurückweisung als verspätet i. S. v. § 83 Abs. 4 PatG fehlt es bereits an einer Verfristung der Beklagten in Bezug auf die Verteidigung des Patents in der durch die 12 Hilfsanträge geänderten Fassung. Die mit Schriftsatz vom 23. Mai 2013 von der Beklagten ursprünglich vorgelegten 12 Hilfsanträge sind nämlich innerhalb der - nach dem qualifizierten Hinweis eingeräumten und bis 24.05.2013 verlängerten Frist zur Stellungnahme bei Gericht am 24.05.2013 eingegangen (Bl. 430 ff.) und wurden an die Klägerinnenvertreter jeweils am 03.06.2013 (Bl. 545 u. 547 d. A.) zugestellt. Auf die Aufforderung des Gerichts vom 07.06.2013 (Bl. 548 d. A.) zur Präzisierung der Hilfsanträge hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung, hat die Beklagte ihre diesbezüglichen Angaben in dem Erläuterungsschriftsatz vom 13.06.2013, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 554 d. A.), weiter vervollständigt. Der Schriftsatz vom 13. Juni 2013 wurde der Klägervertreterin zu 2) am 19.06.2013 (Bl. 573 d. A.) zugestellt. Das Empfangsbekenntnis der Klägervertreterin zu 1) ist zwar nicht zu den Akten gelangt, sie hat jedoch im Schriftsatz vom 26.06.2013 (Bl. 600 d. A.) selbst mitgeteilt, dass sie diesen Schriftsatz der Beklagten am 20.06.2013 erhalten habe. Ein weiterer Schriftsatz der Beklagten vom 24.06.2013 betrifft lediglich ergänzende Ausführungen auf die Eingabe der Nichtigkeitsklägerin zu 1), die den Vertretern der Klägerinnen jeweils am 28.06.2013 (Bl. 596 u. 598 d. A.) zugestellt wurde und zu welcher sich diese erneut ausführlich in ihren Schriftsätzen vom 26. bzw. 28.06.2013 geäußert haben. Auch insoweit fehlt es bezüglich des Erläuterungsschriftsatzes vom 13.06.2013 und dem weiteren Schriftsatz vom 24.6.2013 für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG bereits an einer Verfristung, jedenfalls aber an einem eine Zurückweisung rechtfertigenden Verschulden, da die Beklagte erst aufgrund der Verfügung vom 7.6.2013 gehalten war, die entsprechende Präzisierung ihres Vorbringens vorzunehmen.
Auch soweit die Klägerinnen geltend machen, dass die verbliebenen Fristen für eine Stellungnahme, insbesondere weil zunächst keine Offenbarungsstellen angegeben waren, extrem knapp waren, rechtfertigt dies keine Vertagung der mündlichen Verhandlung oder die Gewährung eines Schriftsatznachlasses. Gem. § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 132 Abs. 1 ZPO sind vorbereitende Schriftsätze, die neues Vorbringen oder neue Tatsachen enthalten, so rechtzeitig einzureichen, dass sie mindestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung zugestellt werden. Die Klägerinnen hatten daher nach dem vorgenannten Zeitablauf Gelegenheit, auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 13.06.2013 erläuterten und präzisierten Hilfsanträge ab Zustellung am 19. bzw. 20. Juni 2013 - mithin zwölf Tage - zu reagieren, zumal sie bereits vor der Zustellung des Erläuterungsschriftsatzes der Beklagten Veranlassung hatten, sich mit den Hilfsanträgen zu beschäftigen, was sie auch ausführlich getan haben. Hinzu kommt, dass aufgrund der ganztägigen mündlichen Verhandlung, die in diesem Zusammenhang stehenden rechtlichen Fragen sehr eingehend erörtert werden konnten, wie das Verhandlungsprotokoll belegt.
Auch stellt es entgegen der Auffassung der Klägerinnen keine Verkürzung des rechtlichen Gehörs dar, wenn der Beklagte im Hinblick auf die sich an die geänderten Patentansprüche anschließenden Unteransprüche eine große Vielzahl möglicher Kombinationen verteidigt, ohne hierzu weiteren, konkretisierten Sachvortrag zu halten. Denn die große Vielzahl möglicher Kombinationen bestand bereits von Beginn des Verfahrens an aufgrund des Anspruchssatzes bestehend aus 3 nebengeordneten und insgesamt 24 angegriffenen Patentansprüchen, wobei die Änderungen nur den jeweiligen Hauptanspruch bei im Übrigen unverändertem Anspruchssatz betreffen und die Klägerin zu 1) aufgrund ihrer Teilnichtigkeitsklage zudem nur von der Änderung des Patentanspruchs 1 betroffen ist. Auch eines insoweit beantragten Schriftsatznachlasses nach § 283 ZPO bedurfte es deshalb nicht. Dies belegt auch die Erörterung sämtlicher entscheidungserheblicher Ansprüche in der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2013, bei welcher der Senat nicht erkennen konnte, welche konkrete Sach- oder Rechtsfragen von den Klägervertretern aus Mangel an ausreichender Vorbereitungszeit und Dauer der Erörterung als nur unzureichend erörtert angesehen wurden und welche eine Vertagung erfordern sollen.
Dies gilt auch soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2013 in den jeweiligen – die Entscheidung tragenden – Hilfsanträgen 2 zu Patentanspruch 1 und zu Patentanspruch 2 die Worte „Kopplung“ gegen „Verbindung“ und „unabhängig“ durch „getrennt“ ersetzt hat. Denn hieraus ist kein grundlegend anderes Verständnis der Patentansprüche erwachsen, das es gerechtfertigt hätte, den Klägerinnen die Gelegenheit zu einer weiteren, über die ausführliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung hinausgehende Beschäftigung oder Recherche einzuräumen. Die Klägerinnen haben dies insoweit auch nicht geltend gemacht.
Soweit die Klägerin zu 2) mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 1.8.2013 nach Schluss der mündlichen Verhandlung ihre Argumentation zu den Hilfsanträgen nochmals zusammengefasst und schriftlich ergänzt hat, enthält dieser Sachvortrag keine Umstände, welche eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 91 Abs. 3 Satz 2 PatG i. V. m. § 156 Abs. 2 ZPO gebieten. Zwar kann der Senat auch von Amts wegen eine Wiedereröffnung anordnen, ein Anlass hierzu besteht aber aufgrund der vorerörterten Umstände und ausführlichen Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung nicht, ein solcher ist von der Klägerin auch im Schriftsatz vom 1.8.2013 nicht geltend gemacht worden oder aus dem Inhalt des Schriftsatzes ersichtlich.
III.
1. Das Streitpatent betrifft ein System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter, der einen Gaseinlass und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass aufweist, und einer an den Gaseinlass des Behälters anschließbaren Gasdruckquelle (Beschreibungseinleitung der EP 1 291 158 B2). Derartige Vorrichtungen zum Abdichten insbesondere von Reifen sind seit längerem bekannt und dienen bei Kraftfahrzeugen insbesondere der Substitution des Reservereifens, um Gewicht, Volumen sowie Kosten und damit insgesamt Ressourcen einzusparen. Mit derartigen Vorrichtungen kann bei beschädigten, undicht gewordenen Reifen ein Abdichtmittel über das Reifenventil in den Reifen eingebracht und der Reifen anschließend zumindest auf einen Druck gebracht werden, bei dem er gefahren werden kann [0002].
2. Ausgehend von derartigen, bekannten Vorrichtungen nennt die Streitpatentschrift als Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Abdichtsystem zu schaffen, das bei zuverlässiger Funktionsweise möglichst preiswert, einfach aufgebaut und leicht zu handhaben ist [0003].
3. Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt das Streitpatent in den nebengeordneten Patentansprüchen 1 bis 3 verschiedene Systeme zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände.
4. Als zuständiger Fachmann ist vorliegend ein Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Kunststofftechnik anzusehen, der mehrere Jahre Berufserfahrung aufweist und bereits umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Reifen-Abdichtsystemen besitzt.
IV.
1. Patentanspruch 1
1.1. Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beansprucht ein System mit folgenden gegliederten Merkmalen:
1. System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, (insbesondere Reifen,)
1.1 mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11),
1.1.1 der einen Gaseinlass (13)
1.1.2 und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist,
1.2 und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, (insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor,)
1.3 wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist,
1.3.1 an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch (und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig) koppelbar ist,
1.3.2 derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient,
1.4 wobei der Behälter (11) auf das Gehäuse (17) aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist.
Die fakultativen Merkmalszusätze sind dabei in Klammern gesetzt.
Nach dem maßgeblichen Verständnis des Fachmanns und einer am Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2010, Xa ZR 149/07 - Rn. 29, GRUR 2011, 129 - Fentanyl-TTS; Urt. v. 3.6.2004, X ZR 82/03, GRUR 2004, 845 - Drehzahlermittlung, m. w. N.) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 3 ist und welcher technische Sinngehalt den Merkmalen des jeweiligen Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt. Da die Patentschrift im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe ihr eigenes Lexikon darstellt (BGH, Urt. v. 02.03.1999, X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 – Spannschraube; Urt. v. 13.04.1999, X ZR 23/97, Mitt. 2000, 105, 106 – Extrusionskopf) und - den Grundsätzen zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ folgend - bei der Auslegung eines europäischen Patents der Patentanspruch in seinem technischen Sinn und nicht etwa in seiner rein philologischen Bedeutung aufzufassen ist, legt der Senat dem Patentanspruch 1 folgendes Verständnis zu Grunde:
Das System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände besitzt als wesentliche Komponenten einen ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter, eine zumindest teilweise in einem Gehäuse untergebrachte Gasdruckquelle zum Anschluss an den Behälter und einen Kopplungsabschnitt des Gehäuses der Gasdruckquelle (Hauptmerkmale 1.1, 1.2 und 1.3). Die Anordnung dieser Komponenten bewirkt in einem zusammengebauten Zustand in Summa, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter dient (Merkmal 1.3.2; s. Figuren 1a, 1b).
Der das Abdichtmittel enthaltende Behälter weist dabei einen Gaseinlass (1.1.1) sowie einen Auslass auf, welcher mit dem abzudichtenden Gegenstand gekoppelt werden kann (1.1.2). Dieser Behälter liegt demnach strömungstechnisch zwischen der Gasdruckquelle und dem abzudichtenden Gegenstand und entleert durch den Gasdruck seine Abdichtflüssigkeit in den abzudichtenden Gegenstand. Zu der hierzu notwendigen bestimmungsgemäßen Orientierung des Behälters in eine Standposition, in der das auf dem Boden stehende Gehäuse der Gasdruckquelle als Standfuß ausgebildet ist (1.3.2), ist der Behälter zur Herstellung des Benutzungszustands mit dem Gehäuse mechanisch koppelbar (1.3.1). Lediglich fakultativ, in einer vorteilhaften Ausgestaltung („insbesondere“), kann diese Verbindung form- und/oder kraftschlüssig ausgestaltet sein. Zwingend beschränkt ist diese mechanische Koppelung durch Merkmal 1.4, wonach der Behälter auf das Gehäuse aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist.
Die bestimmungsgemäße Orientierung eines (zylindrischen) Behälters setzt nach allgemeinem fachlichen Verständnis voraus, dass dieser so positioniert ist, dass die sich am oder im Behälter befindliche Auslassöffnung möglichst weit unterhalb des Flüssigkeitsspiegels des gefüllten Behälters befindet. Sofern keine weitere Rohr- oder Schlauchverbindung in den Behälter führt und die Auslassöffnung entsprechend dem Ausführungsbeispiel ([0039] der Streitpatentschrift i.V.m. den Figuren) stirnseitig angebracht ist, wird die bestimmungsgemäße Position eine aufrecht stehende sein, damit die Auslassöffnung des Behälters weitestgehend unterhalb des Flüssigkeitsspiegels liegt und die Abdichtflüssigkeit dadurch nahezu vollständig aus dem Behälter gefördert werden kann. Mit der Befestigung (Kopplung) des Behälters an das Gehäuse der Gasdruckquelle kann gemäß [0005] das Gehäuse somit die Doppelfunktion erfüllen, neben der Unterbringung der Gasdruckquelle auch als Standfuß für den Behälter zu dienen. Die Verbindung des Kopplungsabschnitts des Behälters mit dem Gehäuse soll dabei gleichzeitig „auf denkbar einfache und preiswerte Art und Weise“ und durch „ohnehin vorhandene Komponenten für eine vorteilhafte Zusatzfunktion genutzt“ werden [0040].
1.2. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 weist als weiteres, sich an den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag anschließendes Merkmal 1.7 auf:
1.7 und wobei die mechanische Verbindung des Behälters (11) mit dem Gehäuse (17) getrennt von der Fluidverbindung zwischen dem Behälter (11) und der Gasdruckquelle ist.
Nach Merkmal 1.7 erfolgt die mechanische Verbindung – in Form der (erfolgten) Kopplung des Behälters mit dem Gehäuse – „getrennt“ von der Fluidverbindung, die zwischen dem Behälter und der Gasdruckquelle besteht. Die mechanische Kopplung bzw. Verbindung erfolgt somit beim eingeschränkten Patentgegenstand nach fachlichem Verständnis separat von der Fluid-Kopplung. Diese FluidVerbindung zumindest zwischen Gasdruckquelle und Behälter (Gaseinlass) kann gemäß der Beschreibung [0011] gegebenenfalls vor oder nach der mechanischen Kopplung erfolgen – sofern keine dauerhafte Kopplung vorgesehen ist – gleiches gilt damit auch für die Verbindung zwischen Behälter und Entnahmeeinheit bezüglich es Fluid-Auslasses, da Gaseinlass und Auslass zusammen in der Entnahmeeinheit ausgebildet sind. Damit ist jedoch ein gleichzeitiger, miteinander "verknüpfter" Kopplungsvorgang von mechanischer und Fluid-Kopplung auszuschließen, so dass der Vorgang des mechanischen Verbindens (Koppelns) nicht gleichzeitig mit der Fluid-Kopplung erfolgt.
2. Patentanspruch 2 2.1. Patentanspruch 2 gemäß Hauptantrag lehrt ebenfalls ein System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, das sich in folgende Merkmale gliedern lässt:
1. System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, (insbesondere Reifen,)
1.1 mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11),
1.1.1 der einen Gaseinlass (13)
1.1.2 und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist,
1.2 und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, (insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor,)
1.3 wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist,
1.3.1 an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch (und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig) koppelbar ist,
1.3.2 derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient,
1.5 wobei der Kopplungsabschnitt (19) am Randbereich einer Gehäuseseite (21) ausgebildet ist,
1.5.1 1.5.2 der eine zumindest im Benutzungszustand vorhandene Gehäuseöffnung begrenzt, die mittels Verschlussklappe (25) verschließbar ist.
Die Merkmale 1 bis 1.3.2 des Patentanspruchs 2 nach Hauptantrag stimmen mit denen des Patentanspruchs 1 überein, während Merkmal 1.4 nunmehr durch die Merkmale 1.5 bis 1.5.2 ersetzt worden ist. Hierin ist der Kopplungsabschnitt (der mechanischen Kopplung) näher spezifiziert, wonach dieser am Randbereich einer (beliebigen) Gehäuseseite ausgebildet ist (Merkmal 1.5). Merkmal 1.5.1 sagt ferner, dass der Randbereich dieser Gehäuseseite eine zumindest im Benutzungszustand vorhandene Gehäuseöffnung begrenzt. Das Relativpronomen „der“ in Merkmal 1.5.1 ist dabei grammatikalisch wie auch semantisch auf den Randbereich der Gehäuseseite bezogen und nicht etwa auf den Kopplungsabschnitt. Mittels einer Verschlussklappe ist diese Gehäuseöffnung verschließbar (Merkmal 1.5.2), wobei das Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 1 und 2 das Verschließen lediglich für den Fall der Nicht-Benutzung vorsieht.
2.2. Der Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 1 weist darüber hinaus noch das folgende, sich an den Patentanspruch 2 gemäß Hauptantrag anschließende Merkmal 1.5.3 auf:
1.5.3 und wobei sich der Kopplungsabschnitt (19) im Benutzungszustand des Systems in der Nähe der Gehäuseöffnung befindet.
Das Merkmal 1.5.3 beschränkt den Gegenstand in der Hinsicht, dass nun auch der Kopplungsabschnitt der Gehäuseöffnung räumlich zugeordnet wird, allerdings mit dem Begriff "in der Nähe". Dies muss zwar in Relation der Gehäuse- und Komponentengröße (Behälter) gesehen werden, jedoch ist die Formulierung trotzdem sehr unscharf und somit – im Zweifel – eher weit auszulegen. Aus praktischen Erwägungen wird der Fachmann diese "Nähe" gegebenenfalls auch in Bezug auf die Position des Behälters sehen, so dass für den Anwender im Bedarfsfall eine einfache und leichte Handhabung des Behälters beim Koppeln desselben mit dem Gehäuse gegeben ist.
2.3. Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 weist als weiteres, sich an den Patentanspruch 2 gemäß Hauptantrag anschließendes Merkmal 1.7 auf:
1.7 und wobei die mechanische Verbindung des Behälters (11) mit dem Gehäuse (17) getrennt von der Fluidverbindung zwischen dem Behälter (11) und der Gasdruckquelle ist.
Das Merkmal 1.7 ist dabei identisch dem in Abschnitt 2.b ebenfalls so bezeichneten und angehängten Merkmal.
3. Patentanspruch 3
3.1. Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag lehrt ein weiteres System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, das sich in folgende Merkmale gliedern lässt:
1. System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände, (insbesondere Reifen,)
1.1 mit wenigstens einem ein Abdichtmittel enthaltenden Behälter (11),
1.1.1 der einen Gaseinlass (13)
1.1.2 und einen mit einem abzudichtenden Gegenstand koppelbaren Auslass (15) aufweist,
1.2 und einer an den Gaseinlass (13) des Behälters (11) anschließbaren und zumindest teilweise in einem Gehäuse (17) untergebrachten Gasdruckquelle, (insbesondere einem elektrisch betreibbaren Kompressor,)
1.3 wobei das Gehäuse (17) der Gasdruckquelle zumindest einen Kopplungsabschnitt (19) aufweist,
1.3.1 an dem der Behälter (11) zur Herstellung eines Benutzungszustands mit dem Gehäuse (17) mechanisch (und insbesondere form- und/oder kraftschlüssig) koppelbar ist,
1.3.2 derart, dass das auf dem Boden stehende Gehäuse (17) der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter (11) dient,
1.6 wobei der Gaseinlass (13) und der Auslass (15) in einer Entnahmeeinheit (29) des Behälters (11) ausgebildet sind,
1.6.1 die an einer Stirnseite des Behälters (11) (insbesondere lösbar) angebracht (und bevorzugt mit dem Behälter (11) verschraubt) ist,
1.6.2 wobei der Behälter (11) über die Entnahmeeinheit (29) mit dem Gehäuse (17) koppelbar ist.
Auch beim Patentanspruch 3 nach Hauptantrag stimmen die Merkmale 1 bis 1.3.2 mit denen des Patentanspruchs 1 überein, anstatt Merkmal 1.4 ist nun die Merkmalsgruppe 1.6 im Anschluss an Merkmal 1.3.2 angefügt.
Das Merkmal 1.6 ordnet den Gaseinlass und den Auslass einer Entnahmeeinheit des Behälters zu, wobei sowohl Gaseinlass wie auch Fluidauslass in dieser Entnahmeeinheit (des Behälters) ausgebildet sind. Sie ist an der Stirnseite des Behälters angebracht (Merkmal 1.6.1), wobei lediglich bevorzugte (fakultative) Ausführungsvarianten die Verbindung von Behälter zu Entnahmeeinheit als lösbar bzw. miteinander verschraubt vorsehen. Dadurch, dass die Entnahmeeinheit an die Stirnseite des Behälters befestigt ist, ist sie damit dem Behälter auch als Einheit (direkt) zugeordnet, was auch durch die Merkmalsgruppe 1 gestützt wird, wonach der Gaseinlass (13) und der Auslass (15) dem Behälter zugerechnet ist.
Das Merkmal 1.6.2 sagt ferner, dass der Behälter über die Entnahmeeinheit (29) mit dem Gehäuse (17) koppelbar ist. Hier ist also lediglich die Eignung der Kopplung ausgedrückt, so dass der Fachmann aus dem „koppelbar“ entnimmt, dass die Verbindung noch nicht hergestellt ist – und erst für den Benutzungsfall hergestellt wird. Dies impliziert dadurch ebenfalls, dass das vorliegende „System“ sozusagen als „Montage-Set“ zu betrachten ist, im Falle des Ausführungsbeispiels gemäß den Figuren als Pannen-Set, bei dem die Entnahmeeinheit mit dem Behälter vormontiert ist und eine koppelbare Verbindung dann nur noch zwischen Entnahmeeinheit und Gehäuse stattfinden kann. Merkmal 1.6.2 ist somit – anders als in der Zwischenverfügung des Senats angenommen - nicht isoliert, sondern im Kontext der Merkmalsgruppe 1 sowie der Merkmale 1.6 und 1.6.1 anzusehen.
V.
Patentfähigkeit der beanspruchten Lehren nach Patentansprüchen 1 bis 3
1. Patentanspruch 1
1.1. Die nach Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Lehre ist i.S.v. Artikel 138 (1), a) nicht patentfähig, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Denn sie ergab sich für den angesprochenen Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.
1.1.1. Die Lehre des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1) gegenüber den Druckschriften D5, D6, D7 und D8 neu.
1.1.1.1. Die Druckschrift JP 2000-238144 A (D5) bzw. der entsprechenden deutschen Übersetzung (D5a) ist ein „Gerät zur Abdichtung und zum Aufpumpen von Reifen“ beschrieben (Bezeichnung und Patentansprüche). Gemäß dem dritten Ausführungsbeispiel (Patentanspruch 3, insbesondere Beschreibung ab Absatz [0035] sowie Figuren 9 bis 12) besitzt die Vorrichtung einen als Behälter dienenden Beutel (2), der mit einem Abdichtmittel (Reifendichtmittel 7) gefüllt ist. Der in Figur 12 gezeigte Beutel weist dabei zwei Gewindebereiche (33) und (34) auf, die in Verbindung mit dem den Beutel umschließenden festen Behälterrahmen (Druckbehälter 3) und den entsprechenden Anschlussbereichen sowie Leitungen einen Gaseinlass (33, Figur 10) und einen Gasauslass (34, Figur 11) bilden. Der Gasauslass ist entsprechend des Gesamtaufbaus der Vorrichtung
(Figur 9, s. unten) über einen Schlauch (25) mit dem abzudichtenden Gegenstand (Reifen) koppelbar. Somit sind die Merkmale 1 bis 1.1.2 bekannt.
Gemäß Merkmal 1.2 ist auch der Gaseinlass des Behälters (Beutel) mit einer Gasdruckquelle
(Hochdruckluftquelle 4, Figur 9 i.V.m.
Figur 1) verbunden, die ein kleinformatiger Luftkompressor sein kann [0003]. Diese Gasdruckquelle ist auch zumindest teilweise in einem Gehäuse (Behältergehäuse 17)
untergebracht. Anhand der Figur 9 ist auch ein Kopplungsabschnitt des Behältergehäuses (17) des
(Figur 9 aus der D5)
Gesamtgehäuses und damit auch des Gehäuses der Druckluftquelle im Bereich des Auslaufelements (6) erkennbar, an den der Behälter mit seinem Außengewinde (34) anschraubbar und somit mechanisch koppelbar ist (Merkmale 1.3 und 1.3.1). Somit sind insgesamt die Merkmale 1 bis 1.3.1 aus der D5 bekannt.
Aus der D5 nicht vollständig offenbart ist, dass der Beutel (2) auf das Gehäuse aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist (Merkmal 1.4). Zwar kann gemäß der Beschreibung in Absatz [0044] der Beutel zunächst mit dem Deckel (19) und dem Anschlussstecker (37) verschraubt und anschließend „durch Einschieben dieses Anschlusssteckers von oben… montiert werden“, doch erfolgt diese Montage „…in die Aufnahmeaussparung und Aufnahme des Behälters (17) in den Hohlraum H…“. Ferner dient das Gehäuse für die bestimmungsgemäße Orientierung des Beutels auch nicht als Standfuß im Sinne des Streitpatents (Merkmal 1.3.2), da der (instabile) Beutel in einem festen Außenbehälter (Druckbehälter 3) gehalten ist, der somit eine umfassende Stütze des Beutels darstellt. Der Begriff „Standfuß“ impliziert aus fachlicher Sicht, dass der Behälter sich zumindest überwiegend auf den durch das Gehäuse gebildeten Fuß abstützen soll und der Behälter oberhalb der Fußanbindung (weitestgehend) angeordnet ist.
1.1.1.2. Das Dokument WO 03/004328 A1 (D6, mit deutscher Übersetzung D6a) ist als nachveröffentlichtes Dokument mit älterem Zeitrang anzusehen, da die Druckschrift D6 die Priorität der dänischen Anmeldung DK 2001 01044 in Anspruch nimmt und das Prioritäts-Datum 2. Juli 2001 vor dem Datum der in Anspruch genommenen Priorität des Streitpatents (11. September 2001) liegt (Artikel 54 (3) EPÜ). Sie ist damit lediglich für die Neuheitsbetrachtung heranzuziehen.
Die D6 offenbart eine Aufblaseinheit mit Abdichtmitteln für einen mit Luft gefüllten Reifen (Bezeichnung). Die beschriebene Vorrichtung kann einerseits als reine Aufblaseinheit genutzt werden, andererseits durch Anbindung eines ein Dichtmittel enthaltenden Behälters (4) über einen Kopplungsabschnitt (Verbindungsstück 18, connection, socket, screw socket, Seite 4, Absatz 2 der D6) an ein Gehäuse auch zum Abdichten eines beschädigten Reifens genutzt werden. In dem Gehäuse (1) ist eine Gasdruckquelle (Luftkompressoreinheiten 5 bis 8, Beschreibung der Ausführungsbeispiele, Seite 3, Zeilen 22 ff.) untergebracht, wobei das auf dem Boden stehende Gehäuse als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter dient (Figur 4).
Der Behälter ist gemäß Ausführungsbeispiel (Seite 3, Zeile 21 und Figur 4) eine Kunststoffflasche mit einem üblichen Flaschenhals und einem Außengewinde an der Öffnung. Damit hat der Behälter durch die Flaschenöffnung einen (gemeinsamen) Gaseinlass und einen Auslass, wobei die Öffnung (Auslass) über ein Rohr- und Leitungssystem (duct piece 21 und tube 12) mit dem Reifen koppelbar ist. Die in der bestimmungsgemäßen Position eingebaute (eingeschraubte) Flasche weist dabei im Bereich der Öffnung jeweils ein Rohrstück für den Einlass (pipe connector 19) und den Auslass (21) auf. Der Gaseinlass des Behälters ist selbstverständlich mit dem Auslass des Luftkompressors über Rohrleitungen und gegebenenfalls einem Ventil (check valve 27, Figur 4) verbunden.
Die Koppelung des Behälters an das Gehäuse (1) der Gasdruckquelle erfolgt gemäß Ausführungsbeispiel mechanisch durch Aufschrauben der Kunststoffflasche in den dafür vorgesehenen Aufnahmebereich (socket 18). Das „Aufschrauben“ entspricht jedoch nicht einem Aufschieben oder einem Aufstecken. Zwar erfolgt beim Schraubvorgang ebenfalls eine mit der Rotation verbundene axiale Verschiebung des Behälters, wie die Klägerin zu 1) argumentiert, doch versteht der Fachmann ein Aufschieben oder ein Aufstecken als im Wesentlichen translatorische Bewegung und keine im Wesentlichen rotatorische wie ein „Schrauben“. Gerade auch im Hinblick auf die Realisierung einer Verbindung ist eine Verschraubung damit als Aliud gegenüber einem Aufschieben oder Aufstecken anzusehen, da sie andere Aspekte - wie beispielsweise ein in axialer Richtung vorhandener Formschluss - mit beinhaltet. Damit ist aus der D6 zumindest das Merkmal 1.4 nicht bekannt.
1.1.1.3. Die Druckschrift JP 2001-2112883 A (D7, mit deutscher Übersetzung D7a) beschreibt ein Gerät zum provisorischen Abdichten (Reparatur) von Reifen (Beschreibungseinleitung der D7a; Merkmal 1). Die Vorrichtung nach Figur 3 zeigt einen flaschenförmigen Behälter (4), der ein Abdichtmittel enthält (Patentanspruch 1) und durch seine Öffnung und das Dichtmittelabsaugaggregat (3) einen Fluideinund -auslass aufweist. Über den Gaseinlass (12) kann Gas in den Behälter überführt werden, während die Behälteröffnung über den angebundenen Auslass (Austrittsöffnung 13) mit einem abzudichtenden Gegenstand verbindbar ist (Merkmale 1.1 bis 1.1.2), um das Abdichtmittel und gegebenenfalls folgend Gas dorthin zu fördern. Aus den Figuren 1 und 2 ist ersichtlich, dass eine Gasdruckquelle (Luftzufuhrquelle 2) in einem Gehäuse (7) untergebracht ist, die über die Röhre (5) an den Gaseinlass des Behälters in seiner montierten Gebrauchsposition (Figuren 2 und 3) angeschlossen und damit „anschließbar“ ist (Merkmal 1.2). Das Gehäuse weist dazu einen Kopplungsabschnitt (Dichtmittelabsaugaggregat 3, bestehend aus Sockelteil 3A und Verbindungsteil 3B, s. Figur 1) auf (Merkmal 1.3), an den der Behälter in der Gebrauchsposition „verschraubt und lösbar“ verbunden ist ([0017]; Merkmal 1.3.1). Die Figur 2 zeigt das einseitig aufgeklappte Gehäuse (7 mit Kastenaufbau 27 und Klappe 10) der Gasdruckquelle, wobei das abgeklappte Gehäuseteil (10) in Verbindung mit dem Kastenaufbau (27) als Standfuß für den am Kopplungsabschnitt befestigten Behälter dient und dieser dadurch bestimmungsgemäß orientiert ist (Merkmal 1.3.2).
(Figuren 1 und 2 der D7) Auch die D7/D7a kann das Merkmal 1.4 des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht vollständig offenbaren, wonach der Behälter auf das Gehäuse aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist. Das Teilmerkmal in 1.4, wonach der Behälter „auf das Gehäuse“ befestigt wird, kann der D7/D7a noch entnommen werden, da auch ein noch verbundenes, abgeklapptes Seitenteil des Gehäuses zu diesem gehört und die Kopplung auf der Oberseite der Klappe (10) somit auf dem Gehäuse(teil) stattfindet. Die Positionierung muss nicht damit "an höchster Stelle" des Gehäuses erfolgen, sondern es reicht die an einem lokal relativ höchsten Gehäuseteil.
Die in der D7 offenbarte Schraubverbindung stellt jedoch ebenso wie in der D6 keine „aufschiebbare“ oder „aufsteckbare“ Verbindung dar, da auch dort das in den Figuren 1 und 3 angedeutete Gewinde eine im Wesentlichen rotatorische Bewegung erfordert und demnach keine im Wesentlichen translatorische Bewegung vermitteln kann.
1.1.1.4. Aus der DE 297 16 453 U1 (D8) ist ein Reparatursatz zum Reifenflicken bekannt, bei dem – ähnlich der D5 – ein flexibler, die Dichtflüssigkeit enthaltender Behälter (Flasche 50) in einem diesen stützenden Druckbehälter (56) untergebracht ist. Der im Anwendungsfall zwischen beiden Behältern eingeleitete Gasdruck führt zum Zusammenpressen des inneren, flexiblen Behälters, wodurch im Auslassbereich des (inneren) Behälters eine Sollbruchstelle (60) zum Bersten gebracht wird, so dass die Flüssigkeit in den Reifen ausgetragen werden kann (insbesondere Figuren 2, 3 und 5 sowie dazugehörige Figurenbeschreibung). Bei der D8 ist zum einen das Merkmal 1.3.2 nicht bekannt, da das Gehäuse der Gasdruckquelle nicht als Standfuß im Sinne des Streitpatents für den (die Flüssigkeit enthaltenden und somit relevanten) inneren Behälter angesehen werden kann (Befestigung überwiegend am Behälter-„Kopf“ bzw. hängend). Zum anderen ist auch das Merkmal 1.4 nicht beschrieben, wonach der Behälter auf das Gehäuse aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist.
1.1.2. Die Lehre des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1.1.2.1. Ausgehend von der D7/D7a verbleibt das Merkmal 1.4 als nicht bekannt, wonach der Behälter auf das Gehäuse aufschiebbar und/oder aufsteckbar ist, da die D7 eine Aufschraubverbindung des Behälters über das Verbindungsteil (3) auf das Gehäuse(teil) (10) vorsieht. Ein derartiges Aufschrauben einer nach unten gerichteten Behälteröffnung - mit anstehendem hydrostatischen Druck - auf ein auf dem Boden stehendes Gehäuse wird der hier angesprochene Fachmann jedoch als problematisch erachten.
Der Fachmann erkennt aus der Beschreibung in Absatz [0018] in Verbindung mit der Figur 3 der D7, dass die Dichtfolie (4a) im Zuge der Aufschraubbewegung durch die diagonal (schräg) geformten Enden der „Luftröhren“ (36, 39) aufgeschnitten werden soll ("diagonal scharf durchtrennen"). Besser sind die Verhältnisse in der Figur 1 Druckschrift D3 (DE 198 46 451 A1) zu erkennen, von dessen Familienmitglied die D7 ausgeht [0002] und die prinzipiell die gleichen geometrischen Strukturen der Kopplungseinheit zeigt. Die Vorrichtung der D3 unterscheidet sich im Wesentlichen von der D7 lediglich dadurch, dass der Behälter mit der Entnahmeeinheit (20) verbunden wird, die einen separaten Standfuß (Fußabschnitt 34 und Füße 35) aufweist. Bei der in den jeweiligen Figuren der D7 und D3 gezeigten Schräge der in die Behälteröffnung hineinragenden Rohrabschnitten wird bei „üblichen“ Gewindesteigungen beim ersten Eindringen der Spitze und bei gleichzeitigem Weiterdrehen der Aufschraubbewegung die erste Öffnung wieder „freigelegt“, so dass die Flüssigkeit in den Kopplungsabschnitt und gegebenenfalls darüber hinaus auslaufen wird. Es wird sozusagen in der aufzuschneidenden Folie eine Öffnung mit dem Radius des Abstandes der Rohrspitze von der Zentrumsachse erzeugt, die – bei konventionellen Gewindesteigungen – gegebenenfalls erst nach einigen Umdrehungen und Erreichen des untersten Anschrägungspunktes durch das Anliegen des Rohrs an die Folienöffnung wieder weitgehend abgedichtet würde, sofern die Folie durch die Drehbewegung nicht gar unkontrolliert aufreißt. Ein Freilegen der angestochenen Folie wäre prinzipiell lediglich dann zu vermeiden, wenn das Gewinde mindestens dieselbe Steigung, verglichen mit der Anschrägung, aufweisen würde, was zeichnerisch in den Figuren nicht erkennbar dargestellt ist und zu einem „untypischen“ Gewinde der Flasche führen würde. Bei der D7 (und der D3) ist zudem auch das Auslaufrohr abgeschrägt, so dass die „aufgeschlitzte“ Öffnung besonders groß ist. Insofern wird der Fachmann aufgrund dieser Problematik versuchen, die Drehbewegung einer Verschraubung zu reduzieren oder gar ganz zu vermeiden, so dass er bei Erkennen der Gefahr des „Auslaufens“ zwangsläufig auf eine weitgehend translatorische „Einstechbewegung“ kommen wird. Relevante derartige Lösungen wären eine überwiegend translatorische Eindrehbewegung mit extremem Steilgewinde, eine Bajonettverbindung oder eine axial wirkende Schnellkupplung. Diese Verbindungsarten sind dabei allesamt als "aufschiebbar und/oder steckbar" zu bezeichnen und sind dem Fachmann hinlänglich bekannt.
1.1.2.2. Eine zusätzliche Anregung, auch andere Verbindungsarten als reine Schraubverbindungen in Betracht zu ziehen, bekommt der Fachmann durch die Druckschrift D3, bei der lediglich allgemein von einer lösbaren Verbindung des Behälters über das Gehäuse die Rede ist (Spalte 1, Zeilen 21 ff.), lediglich bevorzugt ist diese verschraubt. Er hat somit auch Veranlassung, über andere Verbindungsarten nachzudenken. Da der Fachmann aufgrund der Kinematik der Schraubbewegung erkennt, dass die Folie während des Schraubvorgangs lediglich "angestochen" und daraufhin radial aufgeschnitten oder gar aufgerissen wird und diese Öffnung während des weiteren Aufschraubvorgangs wieder frei liegt, wird daher eine Verbindungsart mit überwiegend translatorischer Einschubbewegung vorsehen, um beim linearen Einstechvorgang - bei geeigneter Folienwahl - bereits eine weitestgehende Abdichtung zu erzielen. Eine alternative Abdichtung wird auch nicht von dem Schraubgewinde zwischen Behälter und Sockel (3) zu erreichen sein, wie die Beklagte ausgeführt hat, da ein für die Anwendung eines Pannen-Sets für jedermann – insbesondere auch für ungeübte Personen - notwendiges leichtgängiges Gewinde zumal über lediglich ein bis zwei Gewindegänge keine ausreichende Abdichtung erwarten lässt.
1.1.2.3. Ferner wird die grundsätzlich vorhandene "Auslaufproblematik" in der D3 explizit angesprochen (insbesondere Spalte 5, Zeilen 50 ff.), wobei beim Gegenstand der D3 als Lösungsvariante ausgeführt ist, nach einer "Vormontage" durch lediglich "eine einzige Gewindedrehung" (Spalte 5, Zeilen 40 ff.), den "Behälter (10) im aufrechtstehenden Zustand mit der Entnahmeeinheit (20)" zu verschrauben. Eine derartige Lösung - durch eine 180°-Umkehrung von Behälter und Standfuß während des eigentlichen Einschraubvorgangs - ist dem Anwender beim Gegenstand der D7 jedoch aufgrund der Gehäusegröße und -geometrie verwehrt, so dass diese in der D3 beschriebene "Umgehung" des Dichtigkeitsproblems ausscheidet.
Jedenfalls wird ein verantwortungsbewusster Fachmann die Problematik der potentiellen Undichtigkeit beim Gegenstand der D7 – zumindest unter Heranziehung des Dokuments D3 – erkennen und um Abhilfe bemüht sein, die, sollte er bei dem Lösungsprinzip der "Einstechverbindung" für die Fluidkopplung bleiben, in einer im Wesentlichen translatorischen Einstechbewegung mit einer der vorstehend dargelegten Varianten liegt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag hat somit für einen Fachmann nahegelegen.
1.1.3. Die mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Lehre ist patentfähig.
1.1.3.1. Der mit dem Hilfsantrag 2 verteidigte Patentanspruch 1 ist zulässig geändert, da er sämtlichen Anforderungen genügt, welche bei der Verteidigung eines im Nichtigkeitsverfahren angegriffenen Patentanspruchs in geänderter Fassung zu beachten sind und welche nicht auf die in Art. II § 6 IntPatÜG genannten Nichtigkeitsgründe beschränkt sind (vgl. BPatG Urt. v. 27.3.2012, 4 Ni 24/10 (EP) – Kaffeemaschine).
So weist Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 insbesondere keine unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung nach Artikel 138 (1) c) und d) EPÜ auf.
Der Ausschluss einer "gleichzeitigen" mechanischen und Fluid-Kopplung ist in den ursprünglichen Unterlagen offenbart. Dort ist im Rahmen des Hauptanspruchs und durchgehend in der Beschreibung lediglich von einer mechanischen Kopplung die Rede, um den Behälter mit dem Gehäuse derart zu verbinden, dass das Gehäuse als ein Standfuß für den Behälter dient und somit neben der Unterbringung der Gasdruckquelle diese Doppelfunktion ausfüllt. In dem Ausführungsbeispiel der Figuren mit seinen Varianten ist jeweils lediglich von der mechanischen Anbindung an das Gehäuse (17) die Rede, die Entnahmeeinheit (29) ist jeweils bereits an dem Behälter befestigt, so dass in allen gezeigten Varianten die mechanische Kopplung separat (getrennt) von der Fluidverbindung erfolgt. Insofern liegt eine zulässige Beschränkung des Gegenstands des Anspruchs 1 vor.
Der mit dem Hilfsantrag 2 verteidigte Patentanspruch 1 erfüllt auch die Anforderungen des Art. 84 EPÜ an die Klarheit des im Patentanspruch formulierten Patentgegenstands, welche bei einer beschränkten Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren ebenfalls zu prüfen sind (BGH, Urt. v. 18.3.2010 - Xa ZR 54/06, GRUR 2010, 709 – Proxyserversystem; BGH, Urt. v. 1.3.2011 – X ZR 72/08 - kosmetisches Sonnenschutzmittel III).
Die Klägerin zu 1) führt eine fehlende Klarheit insoweit an, dass mit dem Wort "getrennt" unklar sei, ob eine völlige funktionale Trennung bestehe oder nicht. Eine Unklarheit ergibt sich für den Fachmann jedoch nicht, denn eine von der Fluid-Verbindung getrennte mechanische Verbindung (Kopplung) kann nur insofern aufzufassen sein, dass beide Kopplungsarten "separat" voneinander d.h. nicht in einem Vorgang - durchgeführt werden. Ob dabei Elemente vorhanden sein dürfen, die beiden Verbindungen gemein sind, wie beispielsweise die Entnahmeeinheit, ist unerheblich. Sofern die mechanische Verbindung des Behälters mit dem Gehäuse (im Sinne von Ankopplung) nicht gleichzeitig mit dem Verbindungsvorgang der Fluidanbindung – sozusagen in einem Schritt – erfolgt, liegen getrennte Kopplungsvorgänge vor. Dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 fehlt es somit nicht an der erforderlichen grundsätzlichen Klarheit in Hinblick auf die Patentansprüche sowie in Bezug auf die klare und vollständige technische Lehre, so dass ein Fachmann die Erfindung ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2).
1.1.3.2. Das System zum Abdichten aufblasbarer Gegenstände nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist neu. Denn jedenfalls das Merkmal 1.7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist weder aus der D7 wie auch aus der dort herangezogenen D3 bekannt, beide Dokumente offenbaren eine mechanische Kopplung durch eine Schraubverbindung, die gleichzeitig die Fluidverbindung zum Behälter herstellt. Die seitens der Klägerin zu 2) in der D3 zitierte Stelle (Spalte 5, Zeilen 40 ff.), die eine Trennung der beiden Kopplungsarten offenbaren soll, beschreibt beim Aufschrauben lediglich eine Vormontageposition, die anschließend – bei fortgeführter Verschraubung – ebenfalls die Fluidverbindung von Gaserzeugungseinheit und Behälter herstellt.
1.1.3.3. Das System nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit; denn es ergab sich für den Fachmann im Prioritäts- bzw Anmeldezeitpunkt des Streitpatents nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, insbesondere auch nicht ausgehend von der D7 oder der D3. Beide Druckschriften enthalten weder eine Lehre noch eine Anregung zur Trennung von mechanischer und Fluid-Kopplung, da in beiden Dokumenten das Kopplungsprinzip die mechanische und Fluid-Verbindung "gleichzeitig" herstellt. Um eine Trennung beider Kopplungsvarianten zu erzielen müsste hierzu die gesamte Kopplungseinrichtung grundsätzlich geändert werden, so dass Anregungen zur streitpatenten Lösung weder aus der D7 noch aus der D3 erhalten werden konnten.
Sofern der Fachmann in Erwägung zog, mit der D5 eine weitere – wenn überhaupt zulässig – gegebenenfalls dritte Druckschrift heranzuziehen, um Verbesserungen an dem Abdichtsystem der D7 vorzunehmen, kam er ebenfalls nicht naheliegend zur Lösung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2. Die D5 offenbart zwar die Merkmale 1.3.2 und 1.4 nicht vollständig, hierzu wird auf die Ausführungen unter Punkt 1.1.1.verwiesen, allerdings ist hieraus das Merkmal 1.7 bekannt. Die dritte Ausführungsvariante (Figuren 9 bis 12, Beschreibung ab [0035]) offenbart in den Absätzen [0036] und [0037] sowie in den Figuren 10 und 11 an dem Luftinjektionselement (5) für den Gaseinlass sowie für das Auslaufelement (6) jeweils ein Versiegelungselement (35 und 36), das aus einer dünnen Dichtfolie (15A) besteht. Die mechanische Kopplung des Behälters erfolgt jedenfalls getrennt von der Fluidverbindung, die erst bei Anliegen der Hochdruckluft im bereits mechanisch verbundenen Zustand sowohl im Gaseinlass- wie im Auslassbereich (Figuren 10 und 11) zerreißt. Damit ist die mechanische Verbindung des Behälters mit dem Gehäuse getrennt von der Fluidverbindung zwischen Behälter und Gasdruckquelle.
Allerdings lassen sich die Merkmale nicht in beliebiger Form aus beiden Druckschriften „zusammensetzen“. Während der Behälter noch aufschiebbar und/oder aufsteckbar durch die Zusammenschau der D7 mit der D3 in naheliegender Weise für den Fachmann auffindbar war (s. Punkt 1.1.3.2.), ist das weitere Merkmal 1.7 aus der D5 auf die Kopplung des eigenständig stehenden Behälters der D7 nicht übertragbar. Eine Vorrichtung mit einem flexiblen Beutel kann im Hinblick auf die Entnahmeeinheit der D7 keinen Beitrag leisten, eine getrennte mechanische und Fluid-Kopplung vorzusehen, da ein derartiger Beutel bereits in völlig anderer Weise – nämlich "kopfseitig" – mit dem Gehäuse der entsprechenden Gaserzeugungseinrichtung verbunden ist. Das Prinzip der getrennten Anbindung von Gaseinlass und Fluidauslass, wie es bei der D5 der Fall ist – Ein- und Auslass sind an gegenüber liegenden Seiten des Beutels angebracht (Figur 9) – führt weder dazu, den vormontierten flexiblen Beutel als zu montierenden Behälter für die D7 in Erwägung zu ziehen, noch den festen Behälter der D7 mit entsprechend positionierten Ein- und Auslässen zu versehen. Somit konnte ein Fachmann aus der D5, sollte er diese überhaupt in Erwägung ziehen, keine Anregung entnehmen, die in naheliegender Weise zum Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 führen.
Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften geben zur Trennung der mechanischen und Fluid-Kopplung keine entscheidende Anregung. Die D8 geht bereits nicht über den Inhalt der D5 hinaus, alle weiteren (heranziehbaren) Druckschriften liegen bereits weiter ab.
Ausgehend von der D5 kommt der Fachmann ebenfalls nicht zum Gegenstand des Streitpatents nach Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2. Aus der D5 sind – wie bereits in 1.1.1.1) erörtert – die Merkmale 1.3.2 und 1.4 nicht bekannt, sie sind zudem aus der D5 heraus für den Fachmann auch nicht nahegelegt. Der Behälter ist als flexibler Beutel in einem separaten Druckbehälter untergebracht und kann somit nicht auf das Gehäuse der Gasdruckquelle aufgeschoben werden (Merkmal 1.4). Hierzu wäre eine vollkommene Neukonstruktion der Anbindung erforderlich, die aus der D5 nicht angeregt ist. Darüber hinaus ist auch der flexible Behälter nicht „standfähig“, so dass das Gehäuse auch nicht als Standfuß für den Behälter dienen könnte. Der flexible Behälter (Beutel) benötigt den Druckbehälter gerade als umfängliche Abstützung, somit ist auch das Merkmal 1.3.2 nicht nahegelegt.
Auch durch die Hinzuziehung des weiteren Stands der Technik kann der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht nahegelegt werden da die Druckschriften D3, D7 und D10 jeweils eigenstabile Behälter aufweisen und somit keine Anregungen im Hinblick auf die Ausgestaltung der Positionierung eines flexiblen Behälters geben kann. Die D8 führt den Fachmann bereits in Bezug auf das in der D5 offenbarte nicht weiter. Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2. Patentanspruch 2
2.1. Die nach Patentanspruch 2 nach Hauptantrag beanspruchte Lehre ist nicht patentfähig, da sie gegenüber dem Stand der Technik nicht neu ist.
Aus der D7 ist bereits ein integriertes Gerät zur provisorischen Reifenreparatur bekannt, das die mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 übereinstimmenden Merkmale 1 bis 1.3.2 aufweist, hierzu wird auf die Ausführungen unter Punkt 1.1.1.3. verwiesen. Ferner sind zudem auch die Merkmale 1.5 bis 1.5.2 aus der D7 bekannt.
Nach Merkmal 1.5 ist der Kopplungsabschnitt am Randbereich einer Gehäuseseite ausgebildet, wobei der Randbereich eine zumindest im Benutzungszustand vorhandene Gehäuseöffnung begrenzt (Merkmal 1.5.1). Gemäß der Auslegung dieser beiden Merkmale kann dieser Randbereich eines Seitenteils eines quaderförmigen Gehäuses auch ein umlaufender, mehr oder weniger breiter Streifen einer rechteckigen Seitenfläche sein, wie nach eingehender Diskussion in der mündlichen Verhandlung auch die Beklagte einräumte. In den Figuren 1 und 2 der D7 kann der Kopplungsbereich (Sockelteil 3A) nun als am Rand der Gehäuseseite (Klappe 10) liegend gesehen werden, das Sockelteil in Figur 1 liegt nahe der Oberkante dieses Seitenteils; somit ist das Merkmal 1.5 bekannt. Im aufgeklappten Zustand – der den Benutzungszustand darstellt – begrenzt der Randbereich mit seiner mit der Klappe an das übrige Gehäuse angelenkten Seite die vorliegende Gehäuseöffnung (Figur 2). Es ist hierbei ausreichend, wenn lediglich ein Bereich dieser Randzone – also nur ein Teil der den Randbereich bildenden Zone – an der Gehäuseöffnung anliegt. Merkmal 1.5.1 fordert lediglich eine Begrenzung der Gehäuseöffnung durch den Randbereich, eine vollumfängliche Begrenzung des gesamt vorliegenden Randbereiches ist nach Merkmal 1.5.1 nicht verlangt.
Die Gehäuseöffnung ist auch mit einer Verschlussklappe (Klappe 10) im NichtBenutzungszustand wieder verschließbar, wie dies auch beim Gegenstand des Streitpatents der Fall ist. Dort kann das Schließen der Gehäuseöffnung – zumindest nach dem Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 1 und 2 – ebenfalls erst nach Beseitigung des Behälters erfolgen. Nachdem somit auch Merkmal 1.5.2 durch die D7 bekannt ist, ist der Gegenstand des Patentanspruchs 2 nach Hauptantrag mangels Neuheit nicht patentfähig.
2.2. Die nach Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 1 beanspruchte Lehre ist zumindest nicht patentfähig. Es kann dahingestellt bleiben, ob die geometrische Zuordnung des Kopplungsabschnitts durch die Formulierung "in der Nähe der Gehäuseöffnung" einerseits als in den ursprünglichen Unterlagen offenbart anzusehen ist oder ob die Anforderungen an eine ausreichende Klarheit der Lehre des vorliegenden Patentanspruchs 2 gegeben sind. Zumindest beruht sein Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Nachdem alle vorstehenden Merkmale 1 bis 1.5.2 als aus der D7 bekannt anzusehen sind, kann das lediglich gegenüber dem Patentanspruch 2 nach Hauptantrag hinzugekommene Merkmal 1.5.3, wonach "sich der Kopplungsabschnitt (19) im Benutzungszustand des Systems in der Nähe der Gehäuseöffnung befindet", die Patentfähigkeit nicht begründen. Die D7 offenbart in der Figur 1 den Kopplungsabschnitt am oberen Randbereich der Klappe (10), es kann dabei auch dahingestellt bleiben, ob der Kopplungsabschnitt im Anwendungsfall der in Figur 2 gezeigten aufgeklappten Position als "in der Nähe" der Gehäuseöffnung im Sinne der Neuheit angesehen werden kann (BGH GRUR 2008, 887 – Momentanpol II). Jedenfalls steht es im Belieben des Fachmanns, den Kopplungsabschnitt beispielsweise an einer Seitenkante der Gehäuseklappe (10) anzubringen, die im aufgeklappten Zustand neben der Öffnung liegt, sofern lediglich bei der Handhabung während der Kopplung keine Behinderung durch zu enge Platzverhältnisse vorliegen. Bei weiterer Verkleinerung des Bauraums oder in Abhängigkeit entsprechender Anordnung der im Gehäuse untergebrachten Komponenten ist der Raum für den Kopplungsabschnitt vom Fachmann frei zu wählen. Dabei wird der Fachmann mit der anzustrebenden, zunehmenden Kompaktheit derartiger Gehäuse für den Einsatz in Kraftfahrzeugen den Kopplungsabschnitt in der Nähe der Gehäuseöffnung platzieren. Der Gegenstand des Patentanspruchs 2 nach Hilfsantrag 1 hat somit für den Fachmann zumindest nahegelegen.
2.3. Die nach Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Lehre ist patentfähig, denn sie ist neu und ergab sich für den Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik. Im Hinblick auf die Zulässigkeit des Patentanspruchs sowie auf die Klarheit der Anspruchsfassung wird auf 1.1.3.1. verwiesen, deren übertragene Sichtweise auch auf die Anspruchsfassung des Patentanspruchs 2 nach Hilfsantrag 2 gilt. Die jeweilige Beschränkung der Patentansprüche 1 und 2 (gemäß Hauptantrag) durch das jeweils angehängte identische Merkmal 1.7 führt zu keiner anderen Bewertung hinsichtlich Zulässigkeit und Klarheit.
2.3.1. Der Gegenstand des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 2 ist neu. Aus der D7 (und der D3) ist das Merkmal 1.7 nicht bekannt, hierzu sei auf Punkt 1.1.3.2) der vorstehenden Ausführungen verwiesen. Die D5 kann die Neuheit nicht infrage stellen, hier ist bereits das Merkmal 1.3.2, wonach das Gehäuse der Gasdruckquelle als Standfuß für den bestimmungsgemäß orientierten Behälter dient, nicht bekannt (vgl. Ausführungen zur Neuheit der D5 zu Merkmal 1.3.2 unter Punkt 1.1.1.). Auch die weiteren Druckschriften weisen jeweils nicht alle Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 2 auf. Aus der D10 ist ebenfalls das Merkmal 1.3.2 nicht offenbart und aus den nachveröffentlichen Dokumenten D6 und D17 sind die Merkmale 1.7 (mechanische und FluidVerbindung getrennt) bzw. die Merkmale 1.51 und 1.52 nicht bekannt. Alle weiteren Druckschriften liegen weiter ab.
2.3.2. Die nach Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Lehre ist ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
2.3.2.1. Ausgehend von der D7 sind zwar die Merkmale 1 bis 1.5.2 bereits bekannt, das Merkmal 1.7 ist jedoch für einen Fachmann aus der D7 heraus auch mit seinem Fachwissen nicht nahegelegt. Grundsätzlich wird hierzu auf die Ausführungen unter Punkt 1.1.3.3. verwiesen, die auch für die vorliegende Merkmalskombination gilt. Denn für eine Trennung der mechanischen und FluidKopplung müsste – ohne Unterschied zur oben stehenden Argumentation – die gesamte Kopplungseinrichtung grundsätzlich geändert werden. Eine derartige Anregung kann der Fachmann der D7 jedoch nicht entnehmen.
2.3.2.2. Auch die Hinzuziehung der weiteren, im Verfahren befindlichen Druckschriften führen ihn nicht zur vorstehenden Lösung. Aus der D5 – sollte der Fachmann dieses Dokument überhaupt in Betracht ziehen – ist für die Lösung
"Standfuß" keine Anregung zu entnehmen, da der flexible Behälter in der Kopplungseinrichtung der D7 nicht eingesetzt werden kann und insofern für eine entsprechende, weiterentwickelbare Lösung nicht kompatibel ist. Für eine Lösung mit getrennter Gaseinlass- und Auslassöffnung entsprechend Figur 9 der D5 fehlt es dem Fachmann an jeglicher Veranlassung, einen derartigen Behälter könnte er nur wesentlich komplizierter befestigen, für die beiden Kopplungsanschlüsse oben und unten müsste er zudem eine weitere Verbindung (z.B. Gaseinlassöffnung oben) erst anbringen. Auch die D10 zieht der Fachmann hinsichtlich der vorstehenden streitpatentgemäßen Lösung nicht in Betracht, denn hier wird bereits kein Behälter mit einem Gehäuse, der als Standfuß dient, gekoppelt. Die Dokumente D6 und D17 sind als nachveröffentlichte Dokumente für die erfinderische Tätigkeit nicht relevant, alle weiteren Druckschriften liegen ferner ab.
2.3.2.3. Auch ausgehend von der D5 gelangt der Fachmann nicht zur Lehre des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 2. Aus der D5 sind bereits die Merkmale 1.3.2, 1.5.1 und 1.5.2 nicht bekannt. Alle drei Merkmale sind durch die Druckschrift D5 selbst nicht nahegelegt, da weder eine Standfußlösung noch eine im Betriebszustand vorhandene Gehäuseöffnung mit einem flexiblen Behälter, der zudem im Druckzustand auch noch gegebenenfalls berstbar ausgelegt ist, denkbar ist. Insofern ist die Heranziehung der D7 auch nicht weiterführend, sollte der Fachmann diese überhaupt in Betracht ziehen. Die in der D5 und D7 verwendeten beiden Behälterausführungen und ihre mechanische und FluidKopplung sind jeweils grundsätzlich verschieden und lassen sich nicht sinnvoll vereinen. Eine lediglich hypothetische Substitution des flexiblen Behälters in der überhaupt nur in Betracht zu ziehenden Ausführungsvariante 3 der D5 (Figur 9) durch einen festen Behälter würde weder zu dem Merkmal 1.3.2 ("Standfuß") noch zu den Merkmalen 1.5.1 ("Gehäuseöffnung") und 1.5.2 führen ("Verschlussklappe") führen. Auch die weiteren Druckschriften geben hierzu keine Anregungen, da auch diese – mit Ausnahme der ebenfalls nicht weiterführenden D8 – von einem festen Behälter ausgehen und zudem keine im Betriebszustand vorhandene Gehäuseöffnung aufweisen, die mittels Verschlussklappe verschließbar ist. Zum Gegenstand des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 2 konnte somit der Fachmann nicht in naheliegender Weise gelangen. Die Lehre des Patentanspruchs beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Patentanspruch 3
3.1. Die nach Patentanspruch 3 nach Hauptantrag beanspruchte Lehre ist patentfähig, da sie gegenüber dem Stand der Technik neu ist und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
3.1.1. Gemäß der Auslegung des Senats der Merkmalsgruppe 1.6 (vgl Punkt IV 3.1.), wonach die Entnahmeeinheit an die Stirnseite des Behälters [bereits] „angebracht ist“ (Merkmal 1.6.1) und die Koppelbarkeit des Behälters [inklusive Entnahmeeinheit] mit dem Behälter als „Geeignetheits-Kriterium“ aufzufassen ist – wobei die Kopplung in Form des zur Verfügung gestellten „Pannen-Sets“ noch nicht erfolgt ist und erst im Bedarfsfall vorgenommen wird – ist der Gegenstand nach Patentanspruch 3 nach Hauptantrag neu gegenüber den im Verfahren befindlichen Druckschriften.
3.1.1.1. In der D7 erfolgt die Kopplung des Behälters – ohne zuvor angebrachte Entnahmeeinheit an diesen – gleichzeitig an die Entnahmeeinheit „und“ das Gehäuse. Da in der D7 die Entnahmeeinheit mit dem Gehäuse [vorab] verbunden ist, kann damit eine mit dem Behälter verbundene Entnahmeeinheit nicht [zusammen] mit dem Behälter an das Gehäuse gekoppelt werden („koppelbar“). Damit kann die D7 das Merkmal 1.6.2 in Rückbezug auf das Merkmal 1.6.1 nicht aufzeigen. Entsprechendes gilt für die Dokumente D3 und D6, die den prinzipiell gleichen Verbindungsmechanismus wie den in der D7 aufweisen.
3.1.1.2. Die D17 offenbart ein Entnahmeelement (2 bzw. 2.1), die den Behälter stirnseitig aufnehmen kann, der bevorzugt aufschraubbar ausgestaltet ist ([0027] i.V.m. Figuren). Dabei kann gemäß einem Ausführungsbeispiel der Figur 7 der Behälter auch vertikal „auf den Kopf gestellt“ sein, wobei nicht beschrieben ist,
dass der Behälter – vor der Kopplung an das Gehäuse – zusammen mit dem Entnahmeelement an das Gehäuse gekoppelt wird. Da zudem die Entnahmeeinheit in Figur 7 auch ein Schaltelement (20) aufweist, das durch das Gehäuse hindurchführt, um das Ventil (12) zu betätigen (z.B. [0010] und [0041]), wird der Fachmann den Kopplungsvorgang derart verstehen, dass der Behälter stirnseitig mit dem bereits in dem Gehäuse (22) befestigten Entnahmeelement verbunden wird. Damit ist auch aus der D17 das Merkmal 1.6.1 i.V.m. 1.6.2 nicht bekannt.
3.1.1.3. Bei der D5 bildet das Gehäuse bereits keinen Standfuß aus (Merkmal 1.3.2), hierbei wird auf die diesbezüglichen Ausführungen unter Punkt 1.1.1. verwiesen. Darüber hinaus ist die gesamte Merkmalsgruppe 1.6 nicht bekannt, da der Gaseinlass und der Auslass nicht in einer Entnahmeeinheit des Behälters ausgebildet ist. Das Merkmal 1.3.2 ist auch aus der D10 nicht beschrieben, da dort der Behälter auf dem Boden aufsteht. Alle weiteren Druckschriften liegen bereits weiter ab und wurden zur Neuheit auch von der Klägerin zu 2) nicht herangezogen.
3.2. Die Lehre des Patentanspruchs 3 nach Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.2.1. Die D7 weist alle Merkmale des Anspruchs 3 nach Hauptantrag auf, mit Ausnahme des Merkmals 1.6.2 mit Rückbezug auf das Merkmal 1.6.1 (s. vorstehende Ausführungen unter Punkt 1.1.1. und 3.1.1.). Da die Entnahmeeinheit (Dichtmittelabsaugaggregat 3) in der D7 jedoch fest mit dem Gehäuse und der mit dem Gehäuse ebenfalls verbundenen Gaszuleitung und Fluidableitung (Röhrenkörper 5 und 6) verbunden ist, kann der mechanische (und hier auch noch zusätzliche Fluid-) Kopplungsvorgang bei der D7 lediglich das Verbinden des Behälters mit der mit dem Gehäuse verbundenen Entnahmeeinheit erfolgen. Um eine Vorabbefestigung der Entnahmeeinheit mit dem Behälter vor dem eigentlichen Kopplungsvorgang zu erreichen, müsste die gesamte Anordnung der Vorrichtung der D7 geändert werden, wozu jedoch aus der D7 sich keine Anregung ergibt. Die Befestigung der Entnahmeeinheit mit dem Gehäuse zur eigentlichen patentgemäßen mechanischen Kopplung, müsste dann erst entwickelt werden, da dieser Kopplungsvorgang nach Vormontage des Behälters mit der Entnahmeeinheit in der D7 gar nicht koppelbar ausgelegt ist, sondern bereits dauerhaft verbunden ist. Auch die Verlegung von (festen), in dem Gehäuse bereits montierten Rohrleitungen führen den Fachmann gerade nicht zu einer Vormontage von Behälter und Entnahmeeinheit.
3.2.2. Hierzu wird der Fachmann auch durch den weiteren Stand der Technik nicht hingeführt. Die D5 mit dem ihr eigenen flexiblen Behälter kann für das Kopplungssystem der D7 keine Anregungen geben, das seitliche Aufklappen des Gehäuses der Gasdruckquelle macht insbesondere mit der Standfuß-Lösung mit einem flexiblen Behälter keinen Sinn. Auch zu einer reinen Übertragung der Anbindung mit zwei gegenüber liegenden Einlass- und Auslassöffnungen entsprechend der Variante 3 der D5 (Figur 9) besteht keine Veranlassung, denn dazu müsste das Kopplungssystem vollkommen umgebaut werden. Die hierfür zu erarbeitende Lösung eines „Kopfanschlusses“ für den Gaseinlass (oder Auslass) zieht der Fachmann nicht in Erwägung. Bereits die Ausführungen der D5 mit einem zusätzlichen, den Druck aufnehmenden (Druck-) Behälter hindert den Fachmann daran, Überlegungen zu einer Kombination beider Lösungsvarianten vorzunehmen.
3.2.2. Die D3 weist das gleiche Kopplungssystem wie die D7 auf, so dass auch die D3 den Fachmann vom bestehenden Kopplungsprinzip nicht weggeführt, um vor dem eigentlichen (mechanischen) Koppeln die Entnahmeeinheit mit dem Behälter zu verbinden. Bei der D10 wird zwar eine Entnahmeeinheit (Einrichtung zum Zuführen von Gas 9) mit dem Behälter verbunden, doch erfolgt anschließend keine mechanische Kopplung mit einem Gehäuse einer Gaserzeugungseinrichtung, die überdies den Standfuß des Behälters bildet. Ein hypothetisches Umkehren der Anordnung von Behälter und Gehäuse – wie es gegebenenfalls durch die D10 angeregt sein könnte – macht erkennbar keinen Sinn und führt zudem weg vom Erfindungsgedanken. Der Fachmann wird die D10 bereits nicht näher in Erwägung ziehen, da auch hier ein anderes Befestigungssystem vorliegt, das mit dem der D7 nicht sinnvoll kombinierbar ist. Alle weiteren (nachveröffentlichten) Druckschriften wurden in der Verhandlung nicht herangezogen und sind darüber hinaus auch nicht weiter relevant, denn sie geben dem Fachmann in der Zusammenschau mit der D7 keine Anregungen, um zum Gegenstand des Anspruchs 3 nach Hauptantrag zu gelangen.
3.2.3. Dieses Ziel wird auch ausgehend von der D5 nicht erreicht. Sofern der Behälter der D5 als feststehender Behälter ausgeführt und dabei das Gehäuse der Gaserzeugungseinheit der D5 weitgehend umgebaut würde, und sofern der Fachmann auch noch zusätzlich die Entnahmeeinheit entsprechend der D7 am unteren Ende des Druckbehälters (3) anbringen würde, käme er immer noch nicht zur vorstehenden Lösung gemäß Streitpatent. Denn dabei würde der Fachmann auch die Entnahmeeinheit dem Gehäuse zuordnen, wie das bei der D7 der Fall ist. Eine Anregung zur Vorverbindung der Entnahmeeinheit der D7 mit dem Behälter kann der Fachmann dadurch nicht erhalten, so dass damit das Merkmal 1.6.2 i.V.m. 1.6.1 nicht bekannt und auch nicht nahegelegt war. Auch hier führen die weiteren Druckschriften nicht über das hinaus, was der Fachmann in der Zusammenschau der D7 mit der D5 erreicht.
Die Lehre des Anspruchs 3 nach Hauptantrag ergab sich somit für einen Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
3.2.4. Stand der Technik aufgrund einer mündlichen Vorbeschreibung sowie einer offenkundigen Vorbenutzung Wie bereits im qualifizierten Hinweis mitgeteilt, sieht der Senat die von der Klägerin zu 1) behauptete mündliche Vorbeschreibung aufgrund des Telefonats mit weiteren Urkunden als nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht an. Bei gewerblichen Entwicklungs- und Erprobungstätigkeiten – zumal in der Automobilindustrie – besteht in der Regel ein betriebliches Interesse daran, dass Kenntnisse nicht nach außen gelangen. Somit ist im Regelfall und ohne Hinzutreten besonderer Umstände eine öffentliche Zugänglichkeit der gewonnenen Kenntnisse zu verneinen, jedenfalls solange diese nur Personen zugänglich sind, die an der Entwicklungs- oder Erprobungstätigkeit beteiligt sind (vgl. Keukenschrijver/Busse, PatG, 7. Aufl., 2013, § 3 Rdn. 43). Eines Beweisangebots der Beklagten für eine Geheimhaltungsverpflichtung bedurfte es danach unter Berücksichtigung des klägerischen Tatsachenvortrages nicht.
Mit Bezug auf die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung ist die Zeichnung mit der Bezeichnung „Universal-Gehäuse Zsb., Version ‘DC‘, Nr. 11403“ als Dokument D15 eingereicht worden, wobei als letztes Prüfdatum der 6. Mai 2002 eingetragen ist. Das Erstelldatum der Zeichnung kann der Zeichnung als 9. Juli 2001 entnommen werden, weitere Korrekturdaten sind der 12.3.2002 und der 30.4.2001. Damit liegt zumindest das Prüfdatum nach dem Prioritätszeitpunkt (11. September 2001) des Streitpatents.
Die Klägerin zu 1) hat als weitere Dokumente D13 (Auszug aus Betriebsanleitung SLK) und D14 (Artikel AutoBild) vorgelegt, die jedoch jeweils den Gegenstand des Streitpatents nicht näher beschreiben.
Während die beiden zuletzt genannten Dokumente zweifellos offenkundig bzw. vorveröffentlicht geworden sind, gilt dies für die Zeichnung D15 nicht, da dieses Dokument durch das als Freigabe zu wertende Prüfdatum bereits prinzipiell als nachveröffentlicht anzusehen ist.
4. Die ebenfalls angegriffenen, sich den bestandsfähigen Patentansprüchen – Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2, Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 und Patentanspruch 3 nach Hauptantrag – anschließenden Unteransprüche 4 bis 24, die zulässige Ausgestaltungen der Vorrichtungen gemäß der jeweiligen nebengeordneten Hauptansprüche darstellen, werden von diesen getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte (BPatGE 34, 215).
VI.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 84 Abs. 2 Satz 1 PatG i. V. m. §§ 92 Abs.1 Satz 1, 100 Abs. 1 ZPO, da die Parteien zu unterschiedlichen Teilen obsiegt haben bzw. unterlegen sind. Bei Anspruch 1 ist von einem Unterliegen der Klägerinnen in Höhe von 2/3 auszugehen. Dies gilt ebenso für das Unterliegen der Klägerin zu 2) im Hinblick auf Patentanspruch 2. Bezüglich des Patentanspruchs 3 obsiegt die Beklagte in voller Höhe.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs.1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 ZPO.
Engels Dr. Huber Dr. Mittenberger- Dr. Prasch Dr. Dorfschmidt Huber