7 W (pat) 2/19
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 2/19
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent 10 2011 116 701 wegen Wiedereinsetzung hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 31. Juli 2019 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr ECLI:DE:BPatG:2019:310719B7Wpat2.19.0 beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts – Patentabteilung 15 - vom 7. Februar 2019 aufgehoben und dem Patentinhaber Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der 7. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag gewährt.
Gründe I.
Auf eine am 24. Oktober 2011 eingereichte Anmeldung erteilte das Deutsche Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 10 2011 116 701.7 ein Patent mit der Bezeichnung „Trainingsgerät“. Während des gesamten Anmelde- und Prüfungsverfahrens war der Patentinhaber durch den Patentanwalt Dipl.-Ing. F… vertreten; dieser entrichtete auch die anfallenden Gebühren, zuletzt am 27. Dezember 2016 die sechste Jahresgebühr.
Durch ein an den Vertreter gerichtetes Schreiben vom 4. März 2018 teilte das Patentamt mit, dass die 7. Jahresgebühr in Höhe von 180,- € innerhalb der zuschlagfreien Zahlungsfrist nicht entrichtet worden sei, und dass das Patent erlösche, wenn die Gebühr samt eines Verspätungszuschlags in Höhe von 50,- € nicht bis zum 30. April 2018 eingezahlt werde. Ein entsprechender Gebühreneingang war daraufhin bis zum Fristende nicht zu verzeichnen.
Der Patentinhaber wandte sich im Wege eines Telefax vom 4. Juli 2018 persönlich an das Patentamt und teilte mit, dass er am 1. Juli 2018 auf der Ballsportmesse in Dortmund nach Interessenten für sein Trainingsgerät gesucht habe. Ein Standbetreiber habe sich dafür interessiert und sich nach dem Patent erkundigt. Dieser habe dann sogleich nach dem Patent recherchiert und ihm mitgeteilt, dass das Patent wegen nicht gezahlter Jahresgebühr erloschen sei. Diese Nachricht habe ihn völlig überrascht. Das Geld für die 7. Jahresgebühr habe er bereits im Oktober 2017 an seinen patentanwaltlichen Vertreter gezahlt. Mittlerweile habe er mehrfach und ohne Erfolg versucht, den Anwalt zu erreichen. Seitens des Patentamts sei ihm bestätigt worden, dass die Gebühr trotz der Zahlungserinnerung nicht entrichtet worden sei. Er habe telefonisch den Rat erhalten, sich schriftlich an das Patentamt zu wenden und die 7. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag dorthin zu überweisen; beim Patentamt ging eine entsprechende Zahlung am 5. Juli 2018 ein. Da er absolut keine Ahnung von der Sache habe, bitte er das Patentamt um Hilfe. Es solle aber keine Post mehr an den Patentanwalt geschickt werden, sondern nur noch an seine eigene Adresse.
Das Patentamt wertete die Eingabe des Patentinhabers als Wiedereinsetzungsantrag und teilte ihm durch Zwischenbescheid vom 20. Juli 2018 mit, dass dieser Antrag nach bisherigem Sachstand nicht aussichtsreich sei. Es fehle bislang an einer Beantwortung der Frage, durch wen und wann die Gebührenzahlungsfrist unverschuldet versäumt worden sei; es sei auch wichtig darzulegen, aus welchen Gründen der Vertreter die 7. Jahresgebühr nicht an das Patentamt weitergeleitet habe.
Im Anschluss an diese Mitteilung ging beim Patentamt am 21. September 2018 ein Schreiben des Patentanwalts F… vom 20. September 2018 ein. Darin versicherte dieser in Kenntnis der Folgen einer eidesstattlichen Versicherung, dass er im vorliegenden Fall auf Grund einer fehlerhaften Kontenpfändung seitens des Finanzamts noch am letzten Tag der Zahlungsfrist, dem 30. April 2018, zur Verfügung über sein Konto und zur Zahlung der Gebühr außerstande gewesen sei. Das Finanzamt habe mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 10. April 2018 alle seine Kontoverbindungen blockiert. Es habe sich um eine rechtswidrige Pfändung gehandelt, die - trotz seiner intensiven Bemühungen um Beschleunigung des Verfahrens - erst Anfang Mai 2018 zurückgenommen worden sei; für eine Zahlung der fälligen Gebühr sei es dann zu spät gewesen. Als sich abgezeichnet habe, dass vor dem Ende der Zahlungsfrist wohl nicht mit einer Klarstellung durch das Finanzamt zu rechnen sei, habe er die für die Einzahlung der Gebühren notwendigen Unterlagen auf eine Reise nach O… mitgenom men, um eventuell von dort aus noch einschreiten zu können. Seine an Krebs erkrankte Lebensgefährtin habe sich als ehemalige U… in O… behandeln lassen, und er habe sie vom 30. April bis zum 5. Mai 2018 dorthin begleitet. Die Unterlagen seien allerdings aus unerklärlichen Gründen in O… abhandenge kommen und hätten auch nicht wieder beschafft werden können. Diese persönliche Situation habe ihn erheblich belastet und für einige Zeit fast aus der Bahn geworfen. Letztlich sei die Angelegenheit aus dem Blickfeld geraten; erst am 25. Juli 2018 sei er durch den Patentinhaber über den gesamten Umstand aufgerüttelt worden und habe die komplette Angelegenheit rekonstruieren müssen.
Im Anschluss an diese Eingabe des Patentanwalts F… richtete das Patentamt mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 einen weiteren Zwischenbescheid unmittelbar an den Patentinhaber. Darin ist ausgeführt, dass auch die von dem Anwalt geschilderten Ereignisse nicht ausreichten, um dem Wiedereinsetzungsantrag stattgeben zu können. Der Anwalt habe zumindest fahrlässig gehandelt, was sich der Patentinhaber zurechnen lassen müsse. Spätestens seit der Mitteilung seiner Bank vom 10. April 2018 habe der Vertreter Kenntnis von der Kontopfändung gehabt. Es sei seine Pflicht gewesen, Maßnahmen in die Wege zu leiten, um eine rechtzeitige Zahlung zu sichern. Hierbei sei der Grundsatz zu beachten, dass der Anwalt bei mehreren in Betracht kommenden Handlungsoptionen die sicherste und gefahrloseste wählen müsse. Das von dem Anwalt vorgetragene Vorhaben, die Zahlung der Jahresgebühr am letzten Tag der Frist aus dem Ausland vornehmen zu wollen, verstoße gegen diesen Grundsatz. Stattdessen hätte er z. B. einen anderen Vertreter mit der Zahlung der Jahresgebühr beauftragen oder seinen Mandanten über die Nichtzahlung der Gebühr und die bevorstehende Auslandsreise informieren können. Auch der emotionale Ausnahmezustand, in dem sich der Anwalt durch die Erkrankung seiner Lebensgefährtin befunden habe, könne ihn nicht völlig entlasten.
Entsprechend diesem Zwischenbescheid wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der 7. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag durch Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Patentabteilung 15 - vom 7. Februar 2019 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Patentinhabers. Er beantragt sinngemäß,
- den angefochtenen Beschluss aufzuheben und - dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der
7. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag stattzugeben.
Der Patentinhaber macht geltend, von den Vorgängen, die zur Versäumung der Zahlungsfrist geführt haben, nichts gewusst zu haben. Er habe daher auch keine Möglichkeit gehabt, rechtzeitig einzugreifen und die Vollmacht zu widerrufen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache begründet.
1. Das Patentamt hat in dem Schreiben des Patentinhabers vom 4. Juli 2018 zutreffend einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 7. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag gesehen. Dieser Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft, weil der Patentinhaber die Frist zur Zahlung der 7. Jahresgebühr mit Zuschlag und damit eine Frist i S. d. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG versäumt hat.
Die 7. Jahresgebühr war - ausgehend vom Anmeldetag 24. Oktober 2011 - am 31. Oktober 2017 fällig und konnte in Höhe von 180,- € (Gebührenverzeichnis zum PatKostG Nr. 312 070) bis Dienstag, 2. Januar 2018, bzw. mit einem Verspätungszuschlag in Höhe von 50 € (Gebührenverzeichnis Nr. 312 072) bis zum 30. April 2018 bezahlt werden (§ 17 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 PatKostG, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB). Eine fristgerechte Zahlung ist jedoch nicht erfolgt. Vielmehr wurde die Zahlung im Wege einer Überweisung erst am 5. Juli 2018 bewirkt. Das Patent ist daher gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 PatG seit dem 1. Mai 2018 erloschen.
2. Um zulässig zu sein, muss der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden (§ 123 Abs. 2 Satz 1 PatG), was hier im Ergebnis anzunehmen ist.
a) Nach Angabe des Patentinhabers hat dieser erst auf einer Ballsportmesse in Dortmund am 1. Juli 2018 vom Erlöschen seines Patents Kenntnis erlangt. Könnte man in diesem Ereignis den Wegfall des Hindernisses sehen, wäre der am 4. Juli 2018 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ohne weiteres als rechtzeitig gestellt anzusehen.
b) Allerdings stellt sich die Frage, ob der Wegfall des Hindernisses nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt anzunehmen ist, weil dieser nicht erst mit positiver Kenntnis des Schutzrechtsinhabers von der Fristversäumung eintritt, sondern bereits dann, wenn die Säumnis bei Beachtung der zu erwartenden Sorgfalt hätte erkannt werden können, wobei sich der Gebührenschuldner die Kenntnis bzw. einen Sorgfaltsverstoß seines anwaltlichen Vertreters entsprechend § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss (vgl. Schulte/Schell, PatG, 10. Aufl., § 123 Rdnr. 26 bis 29). Stellt man darauf ab, dass dem Patentanwalt F… als damaligem Vertreter des Patentinhabers die Versäumung der Zahlungsfrist schon bei deren Ablauf am 30. April 2018 bewusst war, zumindest bewusst hätte sein müssen, so wäre die zweimonatige Antragsfrist am Montag, dem 1. Juli 2018 abgelaufen (entsprechend § 222 Abs. 1 und 2 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB), d. h. der am 4. Juli 2018 gestellte Wiedereinsetzungsantrag wäre verspätet und somit unzulässig.
c) Auf Grund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles muss sich der Patentinhaber die Kenntnis und das Verschulden seines früheren anwaltlichen Vertreters jedoch ausnahmsweise nicht zurechnen lassen. Maßgeblich hierfür sind die Darlegungen des Patentanwalts F… in seiner Eingabe vom 20. September 2018, wonach er schon Wochen vor Ende der Zahlungsfrist Kenntnis davon hatte, dass sein Konto durch das Finanzamt gepfändet worden und dass eine Aufhebung der Kontosperrung vor Ende der Zahlungsfrist zumindest unsicher war. Es wäre in dieser Situation - wie das Patentamt in seinem Bescheid vom 5. Dezember 2018 zutreffend ausgeführt hat - die Pflicht des Anwalts gewesen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den drohenden Verlust des Schutzrechts abzuwenden. Dass dieser - anstatt z. B. seinen Mandanten zu informieren und ihm die unmittelbare Gebührenzahlung an das Patentamt nahezulegen nichts dergleichen unternommen und dadurch letztlich sehenden Auges den Verlust des Patents in Kauf genommen hat, stellt eine zumindest bedingt vorsätzliche, mit den anwaltlichen Berufspflichten völlig unvereinbare Verhaltensweise dar, durch die der Patentinhaber in sittenwidriger Weise geschädigt wurde. Das Nichthandeln in dieser Situation geht weit über den Fall eines versehentlichen anwaltlichen Organisationsverschuldens, etwa in Bezug auf die Notierung und Kontrolle von Fristen, hinaus.
aa) Nach einer in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Auffassung muss sich der Vertretene allerdings jegliches Verschulden seines Anwalts zurechnen lassen, auch wenn dieses - wie im vorliegenden Fall - grob pflichtwidrig ist. Der Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO, wonach das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleichsteht, liege der Gedanke zugrunde, dass die Partei, die einen Rechtsstreit oder ein sonstiges Verfahren durch einen Vertreter führen lasse, in jeder Weise so behandelt werde, als wenn sie das Verfahren selbst geführt hätte. Die Heranziehung eines Vertreters solle nicht zu einer Verschiebung des Verfahrensrisikos zu Lasten des Gegners führen. Das Verschulden umfasse deshalb jedes Verschulden des Prozessbevollmächtigten, also nicht nur Fälle leichter Fahrlässigkeit, sondern auch solche grober Fahrlässigkeit und solche von bedingtem und direktem Vorsatz sowie von Treuwidrigkeit (in diesem Sinne der in einem markenrechtlichen Löschungsverfahren ergangene Beschluss des BPatG v. 29. Mai 2013 – 26 W (pat) 85/12, veröffentlicht auf der Homepage des BPatG und in juris; ebenso OLG Köln, Beschluss v. 25. Oktober 2013 – 19 U 156/13, 19 W 37/13, veröffentlicht in juris; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 77. Aufl., § 85 Rdnr. 9; Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 5. Aufl. 2016, § 85 Rdnr. 20; Nomos HkZPO/Bendtsen, 7. Aufl., § 85 Rdnr. 20). Nach dieser Rechtsauffassung müsste sich der Patentinhaber die von seinem früheren anwaltlichen Vertreter in schuldhafter Weise verursachte Fristversäumung zurechnen lassen mit der Folge, dass der Wiedereinsetzungsantrag als verspätet gestellt und daher als unzulässig anzusehen ist.
bb) Zur Reichweite der Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO wird aber auch die Auffassung vertreten, dass sich der Vertretene ein Verhalten seines anwaltlichen Vertreters nicht zurechnen lassen muss, wenn dieses Verhalten als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung bzw. als eine besonders leichtfertige, an Gewissenlosigkeit grenzende Außerachtlassung der anwaltlichen Berufspflichten zu bewerten ist (in diesem Sinne Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., § 85 Rdnr. 13 m. w. N.; offen gelassen in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG v. 11. Dezember 1992 – 2 BvR 1471/92, und v. 31. Juli 2001 – 2 BvR 702/01, beide veröffentlicht in juris). Zur Begründung dieser Auffassung wird u. a. darauf hingewiesen, dass die vertretene Partei auch bei einer offenbar missbräuchlichen Verwendung einer Prozessvollmacht zu ihrem Nachteil nicht gebunden wird (vgl. BFH NJW 1997, 1030), sowie darauf, dass die anwaltliche Berufshaftpflichtversicherung für Ersatzansprüche wegen wissentlicher Pflichtverletzung nicht einsteht (vgl. § 51 Abs. 3 Nr. 1 BRAO bzw. § 45 Abs. 3 Nr. 1 PatAnwO). Ein solcher Fall wissentlicher Pflichtverletzung liegt hier vor, da - wie ausgeführt - das Verhalten des Anwalts ein mit den anwaltlichen Berufspflichten völlig unvereinbares Unterlassen einer von ihm geforderten Maßnahme darstellt.
cc) Letztgenannte Auffassung lässt sich jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es um die Wiedereinsetzung in eine Frist zur Zahlung einer Patent-Jahresgebühr geht, auch unter Berücksichtigung des von der herrschenden Auffassung gegen eine Beschränkung der in § 85 Abs. 2 ZPO vorgeschriebenen Zurechnung des Vertreterverschuldens angeführten Arguments rechtfertigen, wonach es nicht zu einer Verschiebung des Verfahrensrisikos zu Lasten des Gegners kommen dürfe. Diese Überlegung betrifft nämlich nur Verfahren, in denen sich mehrere Parteien gegenüberstehen, nicht hingegen - wie im vorliegenden Fall - einen Gebührenzahlungsvorgang mit nur einem Beteiligten. Wird hier der Gebührenschuldner dadurch geschützt, dass ihm ein sitten- oder grob berufswidriges Verhalten seines Anwalts nicht zugerechnet wird, so wird dadurch kein anderer Verfahrensbeteiligter in seiner Stellung benachteiligt. Ein Nachteil kann lediglich für außenstehende Dritte entstehen, wenn diese durch die einem Schutzrechtsinhaber in Folge der Nichtzurechnung des Vertreterverschuldens gewährte Wiedereinsetzung in ihrer gewerblichen Betätigung eingeschränkt werden. Dieser Nachteil ist jedoch stets Folge der Wiedereinsetzung in eine Jahresgebührenzahlungsfrist; er hat nicht zur Folge, dass die davon betroffenen Dritten zu Beteiligten des Wiedereinsetzungsverfahrens werden (vgl. BGH GRUR 2015, 927 – Verdickerpolymer II: keine Beteiligung eines Patentverletzers an einem einseitigen patentamtlichen Wiedereinsetzungsverfahren).
Zu bedenken ist auch, dass die rechtzeitige Zahlung der Jahresgebühr eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Fortbestand des Schutzrechts ist, d. h. bei der Zahlung handelt es sich nicht um einen Verfahrensakt, sondern um einen nach materiellem Recht zu beurteilenden Vorgang (weshalb z. B. die Zahlungsfrist durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schutzrechtsinhabers nicht unterbrochen wird, vgl. BGH GRUR 2008, 551 - Sägeblatt). Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, die auf die Interessenlage in einem kontradiktorischen Verfahren abzielenden, gegen eine Beschränkung der Zurechnung des Vertreterverschuldens gerichteten Einwände im vorliegenden Fall nicht maßgeblich sein zu lassen.
Hiervon ausgehend muss sich der Patentinhaber das Verhalten seines früheren Vertreters unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls nicht zurechnen lassen, was zur Folge hat, dass für den Wegfall des Hindernisses i. S. d. § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG auf die Kenntniserlangung durch den Patentinhaber am 1. Juli 2018 abzustellen ist und somit ein fristgemäßer Antrag auf Wiedereinsetzung vorliegt.
3. Auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Der Patentinhaber hat die in § 123 Abs. 2 Satz 3 PatG vorgeschriebene Nachholung der versäumten Handlung durch Überweisung der 7. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag am 5. Juli 2018 und somit rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist bewirkt. Er hat mit seinem Telefax vom 4. Juli 2018 den Wiedereinsetzungsantrag auch begründet (§ 123 Abs. 2 Satz 2 PatG), wobei dieser Vortrag zunächst noch unvollständig war und erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist durch das Schreiben des Patentanwalts F… vom 20. September 2018 maßgeblich ergänzt wurde. Diese Ergänzung ist hier als zulässig anzusehen, weil der Patentinhaber von den Umständen, die zur Versäumung der Gebührenzahlungsfrist führten, zunächst selbst keine Kenntnis hatte, und weil die Einlassung des Patentanwalts auch nicht im Widerspruch zu dem steht, was der Patentinhaber zunächst ausgeführt hatte. Der Patentanwalt hat die von ihm dargelegten Tatsachen anwaltlich - und darüber hinaus auch eidesstattlich - versichert, weshalb sie als glaubhaft gemacht anzusehen sind.
4. Der Wiedereinsetzungsantrag ist schließlich auch begründet. Für sich gesehen ist das Verhalten des Patentanwalts zwar als schuldhaft anzusehen, der Patentinhaber muss sich dieses Verschulden und die dadurch bewirkte Versäumung der Zahlungsfrist aber aus den vorgenannten Gründen ausnahmsweise nicht nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Im Übrigen sind auch Anhaltspunkte für ein eigenes Verschulden des Patentinhabers nicht erkennbar.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Dr. Schnurr prö