19 W (pat) 38/11
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 38/11 Verkündet am 14. Mai 2014
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2009 007 954.8-32 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2014 unter Mitwirkung des Richters Dr.-Ing. Scholz als Vorsitzender, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Bieringer beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154 05.11 Gründe I
Die Anmeldung mit der Bezeichnung
„Verfahren und Vorrichtung zur Wegsteuerung eines Fahrzeugs“
ist am 6. Februar 2009 eingereicht worden. Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse B 60 L - hat den Antrag auf Erteilung eines Patents nach mündlicher Anhörung am 22. November 2010 zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung vom 30. November 2010 ist angegeben, die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und drei Hilfsanträgen beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 14. Februar 2011.
Sie beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2010 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, angepasste Beschreibung zu dem Hauptantrag vom 21. Januar 2010, 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2, vom Anmeldetag,
hilfsweise,
Patentanspruch 1 gemäß 4. Hilfsantrag vom 14. Februar 2011, mit anzupassenden Unteransprüchen und anzupassender Beschreibung, Zeichnungen vom Anmeldetag.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 14. Mai 2014 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
„a1 Verfahren zum Betreiben einer Steuerelektronik eines Fahrzeugs,
a2 die zur Wegsteuerung des Fahrzeuges einen Antrieb des Fahrzeugs steuert,
b1 wobei das Fahrzeug einen Energiespeicher umfasst, b2 wobei die Steuerelektronik einen Wert für den Ladezustand bestimmt und b3 ein zugehöriges Energiemanagement ausführt,
c1 wobei dem Fahrzeug induktiv Energie zuführbar ist, solange es in einem ersten Bereich sich befindet,
c2 wobei dem Fahrzeug induktiv keine Energie zuführbar ist, solange es in einem zweiten Bereich sich befindet,
d11 wobei der Weg, also ein Sollpositionsverlauf, von einer ersten Position zu einer zweiten Position des Fahrzeuges d21 - unter Berücksichtigung des Verlaufes der im ersten Bereich aufnehmbaren Leistung d22 und des Ladezustandes d12 bestimmt wird,
e wobei der Weg derart bestimmt wird, dass der Energiespeicher höchstens bis zu einem kritischen Mindestwert an Ladung entladen wird während des Abfahrens des Weges,
f1 wobei die Position des Fahrzeuges bestimmt wird f2 und beim Steuern des Fahrzeuges berücksichtigt wird, f3 wobei das Fahrzeug auf den Sollpositionsverlauf hin geregelt wird.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 vom 14. Februar 2011 lautet unter Fortführung der Gliederung und Änderungen analog zum Hauptantrag:
„a1 Verfahren zum Betreiben einer Steuerelektronik eines Fahrzeugs,
a2 die zur Wegsteuerung des Fahrzeuges einen Antrieb des Fahrzeugs steuert,
l wobei das Fahrzeug ein fahrerloses Transportfahrzeug ist,
b1 wobei das Fahrzeug einen Energiespeicher m und mindestens einen Antrieb als Fahrantrieb umfasst, wobei die ans Fahrzeug maximal induktiv übertragbare Leistung kleiner ist als die maximal erlaubte und/oder auftretende elektrische Verbrauchsleistung des Fahrzeugs, insbesondere seiner Antriebe.
n wobei das Fahrzeug einen weiteren elektrischen Antrieb umfasst, der als Hubantrieb eines Hubwerks ausgebildet ist, also generatorisch und motorisch betreibbar ist,
b1 wobei das Fahrzeug einen Energiespeicher umfasst,
b2 wobei die Steuerelektronik einen Wert für den Ladezustand bestimmt und b3 ein zugehöriges Energiemanagement ausführt,
c1 wobei dem Fahrzeug induktiv Energie zuführbar ist, solange es in einem ersten Bereich sich befindet,
c2 wobei dem Fahrzeug induktiv keine Energie zuführbar ist, solange es in einem zweiten Bereich sich befindet,
d11 wobei der Weg, also ein Sollpositionsverlauf, von einer ersten Position zu einer zweiten Position des Fahrzeuges d21 - unter Berücksichtigung des Verlaufes der im ersten Bereich aufnehmbaren Leistung d22 und/oder des Ladezustandes oder - unter Berücksichtigung der im ersten Bereich aufnehmbaren Energie d12 bestimmt wird,
e11 wobei der Weg, also die Bahnkurve des Fahrzeuges, e2 vor Beginn des Abfahrens des Weges bestimmt wird, e3 wobei der Ladezustand des Energiespeichers vor Beginn des Abfahrens des Weges berücksichtigt wird, e12 so dass der Weg derart bestimmt wird, dass der Energiespeicher höchstens bis zu einem kritischen Mindestwert an Ladung entladen wird während des Abfahrens des Weges,
f1 wobei die Position des Fahrzeuges bestimmt wird f2 und beim Steuern des Fahrzeuges berücksichtigt wird, f3 wobei das Fahrzeug auf den Sollpositionsverlauf hin geregelt wird,
g1 während des Abfahrens des Wegs g2 der Ladezustand des Energiespeichers und g3 der kürzeste Abstand zum ersten Bereich bestimmt werden,
h1 wobei bei Absinken des Ladezustandes und Erreichen eines Ladezustandes, welcher zum Durchfahren des kürzesten Abstandes zum ersten Bereichs gerade noch ausreicht h2 unter Berücksichtigung einer sicherheitsrelevanten Restmenge an Ladeenergie,
h31 das Fahrzeug zum ersten Bereich hin gesteuert wird h32 und dort, also innerhalb des ersten Bereichs, h4 zum Punkt des kürzesten Abstandes zur zweiten Position, also Zielposition, hin gesteuert wird,
i1 wobei zum Ladezustand für den Antrieb oder den Energiespeicher verfügbar machbare, potentielle Energie eines auf dem Fahrzeug vorgesehenen Hubwerkes hinzugerechnet wird,
i2 wobei ein am Fahrzeug vorgesehenes Hubwerk als weiterer Energiespeicher berücksichtigt wird im ersten Bereich aufgeladen wird und im zweiten Bereich entladen wird, wobei die vom Fahrzeug zu transportierende Last auf dem Hubwerk vorgesehen ist, also hebbar und absenkbar,
k1 wobei das Fahrzeug ein Antikollisionssystem umfasst und bei Detektion eines in den empfindlichen Bereich eintretendes anderen Fahrzeuges oder Hindernisses anhält oder ein Ausweichen ausgeführt wird,
k2 wobei die für ein solches Ausweichen notwendige Energie in der Sicherheitsreserve berücksichtigt wird.
e4 wobei der kritische Mindestwert ein Sicherheitswert ist,
f4 wobei zur Erfassung der Position des Fahrzeuges unterschiedliche Laufzeiten von Signalen mindestens zweier in der Anlage angeordneter Sender bestimmt werden und daraus die Position bestimmt wird,
o1 wobei der kürzeste o2 und /oder am schnellsten abfahrbare Weg ausgewählt wird, e5 wobei der Verlauf des Weges außerhalb des ersten Bereichs minimal kurz gewählt wird e6 oder derart kurz gewählt wird, dass der Ladezustand einen oder den vorgebbaren Mindestwert an Ladung, also gespeicherter zur Verfügung stellbarer Energie im Energiespeicher, nicht unterschritten wird i21 wobei generatorisch frei werdende elektrische Leistung, i22 beispielsweise durch Absenken eines auf dem Fahrzeug vorhandenen Hubwerks, i21 berücksichtigt wird, i23 insbesondere zum Verbrauch durch den elektrischen Antrieb i24 oder zum Aufladen des Energiespeichers.“
Als Aufgabe hat die Anmelderin angegeben, es solle eine Vorrichtung und ein Verfahren angegeben werden, bei dem Stillstandszeiten batteriebetriebener Gabelstapler vermeidbar seien (Seite 4, Zeile 14 bis 18 der Unterlagen vom 21. Januar 2010).
Wegen den zuletzt nicht mehr verfolgten Hilfsanträgen 1 – 3, sowie den auf die jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag sowie Hilfsantrag 4 rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Akte verwiesen.
II
1. Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.
2. Die Angaben in den Patentansprüchen bedürfen der Erläuterung:
a) In den Patenansprüchen 1 sind nur Angaben darüber gemacht, dass dem Fahrzeug Energie zugeführt und der Ladezustand eines Energiespeichers erfasst wird. Dagegen sind keine Angaben zu finden, dass das Fahrzeug auch Arbeit verrichtet und dabei Energie verbraucht. Gerade im Hinblick darauf, dass ein Sollpositionsverlauf bestimmt wird (Merkmal d11) und ein Energiemanagement des Energiespeichers ausgeführt wird (Merkmal b3) muss auch der Energieverbrauch längs des Wegs bekannt sein, also vom Programmierer, der die Steuerelektronik programmiert, berücksichtigt werden. Dieser muss zugleich Eingabemöglichkeiten vorsehen, die es dem Bedienpersonal ermöglichen ohne eigene Programmierkenntnisse die erforderlichen Parameter einzugeben.
b) Der Ladezustand eines Akkumulators, der fortwährend teilgeladen sowie teilentladen wird, lässt sich selbst anhand aufwändiger Messungen und mathematischer Modelle nur näherungsweise bestimmen, so dass auch die Bestimmung des Sollpositionsverlaufs (Merkmal d21) in Abhängigkeit des Ladezustands (Merkmal d22) entsprechenden Unsicherheiten unterworfen ist, die geeignet abzuschätzen sind, damit die vorgegebene Aufgabe, die Stillstandszeiten eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs zu verringern, gelöst werden kann.
c) Das Merkmal g3, wonach stets der kürzeste Abstand zum ersten Bereich bestimmt wird, meint entgegen seinem Wortlaut den aus energetischer Sicht günstigsten Weg unter Berücksichtigung bekannter Hindernisse, wobei auch der Fall, dass sich das Fahrzeug bereits im ersten Bereich befindet, also der Abstand Null ist, eingeschlossen ist.
d) In den Merkmalen e12, h2, k2, sowie e4 sind folgende Bedingungen für das Energiemanagement genannt, die sich alle auf den Ladezustand des Energiespeichers beziehen:
e12 kritischer Mindestwert an Ladung h2 sicherheitsrelevante Restmenge an Ladeenergie k2 Sicherheitsreserve e4 Sicherheitswert.
Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass abhängig von verschiedenen Parametern, die bei der Wegsteuerung des Fahrzeugs berücksichtigt werden sollen, jeweils eine untere Schwelle des Ladungszustandes des Energiespeichers berücksichtigt werden soll. Dabei ist aber weder eine konkrete Abhängigkeit von den jeweiligen Parametern noch zwischen den verschiedenen unteren Schwellen des Ladungszustandes angegeben.
e) Durch die Merkmalsgruppe h1 bis h4 wird ein nicht näher genannter Betriebsfall berücksichtigt, der bei der Bestimmung des Sollpositionsverlauf (Merkmal d11) vor Beginn des Abfahrens des Weges (Merkmal e2) nicht bekannt war, für den aber dennoch durch die Programmierung der Steuerelektronik Vorsorge getroffen ist.
f) In Merkmal i1 fehlt nach Ladezustand ein Komma, da sich die Angabe „Ladezustand“ nicht auf den Antrieb beziehen kann. Vielmehr ist auch hier der Ladezustand des Energiespeichers gemäß Merkmal g2 gemeint.
g) Da es auch Hubwerke gibt, die rein motorisch betrieben werden, ist das Merkmal n wie folgt zu verstehen:
„wobei das Fahrzeug einen weiteren elektrischen Antrieb umfasst, der als Hubantrieb eines Hubwerks ausgebildet ist, der generatorisch und motorisch betreibbar ist,“
h) Hinter der Angabe in Merkmal i2, wonach das Hubwerk als weiterer Energiespeicher nur im ersten Bereich aufgeladen wird und nur im zweiten wieder entladen wird, verbirgt sich eine konzeptionelle Überlegung zum Betrieb eines Lagers, in das Güter auf einer räumlich relativ hohen Ebene angeliefert und in einer dazu relativ niedrigeren Ebene eingelagert werden.
i) Unter dem in Merkmal l erwähnten fahrerlosen Transportfahrzeug versteht der Fachmann nicht nur den in der Aufgabe genannten Gabelstapler, sondern jedes automatisch gesteuertes Fahrzeug für ein innerbetriebliches, flurgebundenes Fördersystem für fahrerlose Transportsysteme (FTS) nach VDI-Richtlinie 2510, deren primäre Aufgabe der Materialtransport, nicht aber der Personentransport ist. Fahrerlose Transportsysteme bestehen im Wesentlichen aus folgenden Komponenten:
- einem oder mehreren fahrerlosen Transportfahrzeugen - einer Leitsteuerung - Einrichtungen zur Standortbestimmung und Lageerfassung - Einrichtungen zur Datenübertragung - Infrastruktur und peripheren Einrichtungen.
j) Da einerseits gemäß Merkmal m die ans Fahrzeug maximal induktiv übertragbare Leistung kleiner ist als die maximal erlaubte und/oder auftretende elektrische Verbrauchsleistung des Fahrzeugs, insbesondere seiner Antriebe, andererseits aber die im ersten Bereich an das Fahrzeug übertragene Energie auch für den Betrieb im zweiten Bereich ausreichen muss, geht der Fachmann davon aus, dass das Fahrzeug sich im ersten Bereich häufig im reinen Ladebetrieb befindet, also unter Missachtung der gestellten Aufgabe still steht oder sich im ersten Bereich nur schleichend bewegt.
k) Eine eindeutige Positionsbestimmung ist anhand unterschiedlicher Laufzeiten zweier Sender (Merkmal f4) nicht möglich. Vielmehr braucht es dazu zusätzlich entweder die Bestimmung einer Richtung oder eines dritten Senders.
3. Angesicht der nur rudimentären Angaben über konstruktive Ausführungen sowie dem erheblichen Interpretationspotenzial der Patentansprüche ist der Senat der Überzeugung, dass nur ein analytisch arbeitender wissenschaftlicher Mitarbeiter einer technischen Hochschule oder ein entsprechender Absolvent mit wenigstens Diplomabschluss der Fachrichtung Automatisierungstechnik, in der Lage ist, anhand der ursprünglich beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Unterlagen die Erfindung zu verstehen und nachzuarbeiten.
Eine entsprechend hoch qualifizierte Persönlichkeit ist daher auch bei der Beurteilung, ob die Erfindung neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, zugrunde zu legen.
4. Die Gegenstände der jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach Hilfsantrag 4 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und sind daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 PatG).
4.1 Aus der Entgegenhaltung (2) DE 100 44 195 A1 ist in Worten des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ausgedrückt, Folgendes bekannt: ein a1 Verfahren zum Betreiben einer Steuerelektronik eines Fahrzeugs (Spalte 2, Zeilen 36 – 37),
a2 die zur Wegsteuerung des Fahrzeuges einen Antrieb des Fahrzeugs steuert (Absatz [0024]),
b1 wobei das Fahrzeug einen Energiespeicher 3 umfasst,
c1 wobei dem Fahrzeug induktiv Energie zuführbar (Spalte 1, Zeilen 6 – 10) ist, solange es in einem ersten Bereich A, B sich befindet,
c2 wobei dem Fahrzeug induktiv keine Energie zuführbar ist, solange es in einem zweiten Bereich F sich befindet (Absatz [0006 und Fig. 2]),
d11 wobei der Weg, also ein Sollpositionsverlauf, von einer ersten Position zu einer zweiten Position des Fahrzeuges (Spalte 3, Zeilen 11 – 12: durch ein Führungs- und/oder Navigationssystem)
d12 bestimmt wird,
f1 wobei die Position des Fahrzeuges bestimmt wird f2 und beim Steuern des Fahrzeuges berücksichtigt wird, f3 wobei das Fahrzeug auf den Sollpositionsverlauf hin geregelt wird (Absatz 0024).
Darüber hinaus ist zwar im Patentanspruch 1 gemäß Hauptanspruch angegeben, dass b2 die Steuerelektronik einen Wert für den Ladezustand bestimmt und b3 ein zugehöriges Energiemanagement ausführt, wobei der Weg d21 - unter Berücksichtigung des Verlaufes der im ersten Bereich aufnehmbaren Leistung d22 und des Ladezustandes d12 bestimmt wird,
e wobei der Weg derart bestimmt wird, dass der Energiespeicher höchstens bis zu einem kritischen Mindestwert an Ladung entladen wird während des Abfahrens des Weges.
Derart konzeptionelle Überlegungen stellt der Fachmann jedoch spätestens mit der Entscheidung an, das Fahrzeug auch in einem Bereich zu betreiben in dem diesem induktiv keine Energie zuführbar ist (Merkmal c2).
Zum Beleg dafür, dass der Fachmann, bei einem elektrisch angetriebenen Fahrzeug in naheliegender Weise zu dem in der Anmeldung vorgeschlagenen Ergebnis kommt, sei auf die Entgegenhaltung (5) DE 103 02 504 A1 verwiesen, aus der ein Fahrzeug mit einem elektrischen Antriebssystem, sowie mit einem Energiespeicher, der sich während der Fahrt durch den generatorischen Betrieb der elektrischen Antriebsmotoren aufladen lässt und, wie in den Merkmalen b2 und b3 angegeben, unter Berücksichtigung des aktuellen Ladezustandes der Batterie ein zugehöriges Energiemanagement ausführt (Absatz [0002] in Verbindung mit den Absätzen [0004] und [0008]).
Weiter bestimmt gemäß (5) DE 103 02 504 A1 (vgl. Absatz [0014]) die Steuerelektronik des Fahrzeugs einen Sollpositionsverlauf (Fahrtroute), unter Berücksichtigung der längs der Strecke aufnehmbaren Leistung (Ort und Zeitpunkt von Zwischenstopps zum Aufladen der Batterie) und des Ladezustandes (Restreichweite) wobei der Weg derart bestimmt wird, dass der Energiespeicher während des Abfahrens des Weges höchstens bis zu einem kritischen Mindestwert an Ladung entladen wird (Absatz [0022]).
Auch wenn es sich bei dem Fahrzeug gemäß (5) DE 103 02 504 A1 anders als bei dem gemäß (2) DE 100 44 195 A1 nicht um ein fahrerloses Transportfahrzeug sondern um ein bemanntes Straßenfahrzeug handelt, übernimmt der hier anzunehmende, analytisch arbeitende Fachmann ohne Weiteres die dort vorgeschlagenen Konzepte, da er seine gedankliche Tätigkeit auf einem hohen Abstraktionsniveau verrichtet.
Überdies ergibt sich dieses Konzept nach Überzeugung des Senats schon daraus, dass die fahrerlosen Transportfahrzeuge gemäß (2) DE 100 44 195 A1 nicht aufgrund einer zu tiefen Entladung der Batterie im Bereich ohne induktive Energieversorgung liegen bleiben dürfen.
Somit beruht der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.2 Auch die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 über den Hauptantrag hinaus angegebenen Überlegungen liegen ausschließlich im konzeptionellen Bereich, sofern sie nicht ohnehin durch die (2) DE 100 44 195 A1 vorweggenommen sind. Im Einzelnen sind folgende im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 zusätzlich genannten Merkmale bereits aus der (2) DE 100 44 195 A1 bekannt:
l Das Fahrzeug ist ein fahrerloses Transportfahrzeug (Spalte 1, Zeilen 4, 20, 50, 65, Spalte 2, Zeilen 26 – 27, Spalte 3, Zeilen 17, 28, 31),
m das mindestens einen Antrieb als Fahrantrieb umfasst (Spalte 2, Zeile 37), wobei die ans Fahrzeug maximal induktiv übertragbare Leistung kleiner ist als die maximal erlaubte und/oder auftretende elektrische Verbrauchsleistung des Fahrzeugs, insbesondere seiner Antriebe (Spalte 1, Zeilen 50 – 59),
nteil wobei das Fahrzeug einen weiteren Antrieb umfasst, der als Hubantrieb eines Hubwerks ausgebildet ist (Spalte 2, Zeilen 37 – 38: Die Angabe „Hydraulik des Transportfahrzeugs“, liest der Fachmann als Synonym für Hubwerk),
e11 wobei der Weg, also die Bahnkurve des Fahrzeuges,
e2 vor Beginn des Abfahrens des Weges (Absatz [0024]: durch ein geeignetes Führungs- und/oder Navigationssystem) bestimmt wird,
k1 wobei das Fahrzeug ein Antikollisionssystem umfasst und bei Detektion eines in den empfindlichen Bereich eintretendes anderen Fahrzeuges oder Hindernisses anhält oder ein Ausweichen ausgeführt wird (Spalte 1, Zeile 59 – 68, Spalte 2, Zeilen 63 - 65: Der gleichzeitige Betrieb mehrerer Transportfahrzeuge, setzt ein Antikollisionssystem voraus),
f4 wobei zur Erfassung der Position des Fahrzeuges unterschiedliche Laufzeiten mindestens zweier in der Anlage angeordneter Sender bestimmt werden und daraus die Position bestimmt wird (Absatz [0024]: Die Steuerung eines Fahrzeugs durch ein Navigationssystem impliziert eine eindeutige Positionsbestimmung; insbesondere basiert das GPS-System auf der Auswertung von Signallaufzeiten.).
Weiter geht die (2) DE 100 44 195 A1 davon aus, dass sich das Fahrzeug grundsätzlich im ersten Bereich befindet (Absatz [0021]): Fahrkurse A, B), dies impliziert, dass es für den Fall, dass es sich um zweiten Bereich befindet, im Regelfall h31 zum ersten Bereich hin gesteuert wird h32 und dort, also innerhalb des ersten Bereichs, h4 zum Punkt des kürzesten Abstandes zur zweiten Position, also zur Zielposition, hin gesteuert wird.
Bei den weiteren konzeptionellen Überlegungen handelt es sich im Wesentlichen um Selbstverständliches, insbesondere bei den Betrachtungen, welche Betriebsfälle als unterer Schwellwert für den Ladezustand der Batterie zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören nach Überzeugung des Senats folgende Angaben:
e3 Der Ladezustand des Energiespeichers vor Beginn des Abfahrens des Weges wird berücksichtigt,
e12 wobei der Weg derart bestimmt wird, dass der Energiespeicher während des Abfahrens des Weges höchstens bis zu einem kritischen Mindestwert an Ladung entladen wird.
g1 Während des Abfahrens des Wegs g2 wird der Ladezustand des Energiespeichers (Die Definition kritischer unterer Schwellwerte wäre ohne deren Überwachung sinnlos) und g3 der kürzeste Abstand zum ersten Bereich bestimmt werden (Da das Navigationssystem gemäß (2) DE 100 44 195 A1 offenbar der Vorgabe folgt, möglichst den Fahrkursen A, B, zu folgen, muss es auch stets wissen, wie es auf dem energetisch günstigsten Weg dort hin gelangt).
Das System gemäß (2) DE 100 44 195 A1 steuert das Fahrzeug ohnehin immer auf dem energetisch günstigsten Weg in den ersten Bereich, also auch h1 bei Absinken des Ladezustandes und Erreichen eines Ladezustandes, welcher zum Durchfahren des kürzesten Abstandes zum ersten Bereich gerade noch ausreicht h2 unter Berücksichtigung einer sicherheitsrelevanten Restmenge an Ladeenergie.
Wie oben schon dargelegt, wird gemäß (2) DE 100 44 195 A1 h31 das Fahrzeug stets zum ersten Bereich hin gesteuert h32 und dort, also innerhalb des ersten Bereichs, h4 zum Punkt des kürzesten Abstandes zur zweiten Position, also Zielposition, hin gesteuert, o1 wobei der kürzeste o2 und /oder am schnellsten abfahrbare Weg ausgewählt wird, e5 wobei der Verlauf des Weges außerhalb des ersten Bereichs minimal kurz e6 oder derart kurz gewählt wird, dass der Ladezustand einen oder den vorgebbaren Mindestwert an Ladung, also gespeicherter zur Verfügung stellbarer Energie im Energiespeicher, nicht unterschritten wird.
Ebenso ist es selbstverständlich, dass der Fachmann in das Energiemanagement Ausweichmanöver einbezieht, die, wie ausgeführt, auch bereits bei dem Verfahren gemäß (2) DE 100 44 195 A1 berücksichtigt sind, wobei er in geeigneter Weise die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses sowie die dafür in Reserve zu haltende Energie berücksichtigt. Dadurch ist Folgendes nahegelegt:
k1 dass das Fahrzeug ein Antikollisionssystem umfasst und bei Detektion eines in den empfindlichen Bereich eintretendes anderen Fahrzeuges oder Hindernisses anhält oder ein Ausweichen ausgeführt wird,
k2 wobei die für ein solches Ausweichen notwendige Energie in der Sicherheitsreserve berücksichtigt wird.
e4 wobei der kritische Mindestwert ein Sicherheitswert ist.
Weiter gehört es zum Grundwissen des Fachmanns, dass ein elektrischer Antrieb nicht nur motorisch sondern ebenso generatorisch betreibbar ist. Dieser Sachverhalt ist im Übrigen auch in der (5) DE 103 02 504 A1 (Absatz [0020]) als bekannt vorausgesetzt. Durch den dort geschilderten Sachverhalt ist daher nicht nur das Restmerkmal nrest vorweggenommen, sondern auch die übliche Maßnahme,
i21 dass generatorisch frei werdende elektrische Leistung, i21 berücksichtigt wird, i24 insbesondere zum Aufladen des Energiespeichers.
Somit könnten allenfalls die Maßnahmen gemäß den Merkmalen i1 und i2 als erfinderische Tätigkeit gewertet werden, wonach i1 zum Ladezustand für den Antrieb oder den Energiespeicher verfügbar machbare, potentielle Energie eines auf dem Fahrzeug vorgesehenen Hubwerkes hinzugerechnet wird,
i2 wobei ein am Fahrzeug vorgesehenes Hubwerk als weiterer Energiespeicher berücksichtigt wird im ersten Bereich aufgeladen wird und im zweiten Bereich entladen wird, wobei die vom Fahrzeug zu transportierende Last auf dem Hubwerk vorgesehen ist, also hebbar und absenkbar.
Da aber, wie eingangs dargelegt, nur ein analytisch arbeitender Fachmann in der Lage ist, den Anmeldeunterlagen eine sinnvolle Lehre zu entnehmen, sieht sich der Senat veranlasst einem solchen Fachmann zuzubilligen, dass er die Anregung aus der (5) DE 103 02 504 A1, potentielle Energie in das Energiemanagement einzubeziehen (außer im dortigen, bereits zitierten Absatz [0020] auch im Absatz [0023]), auch daraufhin überprüft, ob bei den fahrerlosen Transportfahrzeugen gemäß (2) DE 100 44 195 A1 energetisch relevante Höhenunterschiede auftreten. Da bekanntermaßen durch Gabelstapler sowie durch Hubwerke von Hoch- regallagern ständig Lasten angehoben und wieder abgesenkt werden, gelangt er dabei unmittelbar zu den in den Merkmalen i1 und i2 genannten Maßnahmen.
Somit ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 bei Berücksichtigung des Könnens und Wissens des hier anzunehmenden Fachmanns in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Entgegenhaltungen (2) DE 100 44 195 A1 und (5) DE 103 02 504 A1.
Somit war die Beschwerde zurückzuweisen.
4. Der Vorhalt der Anmelderin, die Besonderheit der Erfindung läge in der Schleichfahrt gemäß Merkmal h32, die sich daraus ergebe, dass das Fahrzeug in dem Sonderfall nach Merkmal h1 mit entladenem Energiespeicher aus dem zweiten in den ersten Bereich gelange, wobei aber im ersten Bereich aufgrund der in Merkmal m angegebenen Bedingung, dass die induktiv übertragbare Leistung kleiner sei als die maximal erlaubte und/oder auftretende elektrische Verbrauchsleistung des Fahrzeugs, konnte den Senat nicht überzeugen.
Zum Einen ist das Merkmal m als solches bereits durch (2) DE 100 44 195 A1 (Spalte 1, Zeilen 50 – 59) vorweggenommen, zum Anderen ergibt sich die verminderte Geschwindigkeit des Fahrzeugs aus der Notwendigkeit, die Batterie wieder aufzuladen bevor der zweite Bereich erneut befahren werden kann, von selbst.
Da der Sonderfall gemäß Merkmal h1, dass der Ladezustand einen entsprechend kritischen unteren Wert erreicht, keineswegs durch gezielte Maßnahmen herbeigeführt werden soll, sondern rein zufällig oder sogar aufgrund eines nicht näher genannten Schadensereignisses eintritt, kann diese Bedingung nicht als Indiz für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit gewertet werden, obwohl ein derartiger Betriebsfall in der (2) DE 100 44 195 A1 nicht erwähnt und daher auch nicht berücksichtigt ist.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die von der Anmelderin hervorgehobene Schleichfahrt weder den ursprünglichen Patentansprüchen noch einem anderen Teil der Unterlagen zu entnehmen ist, so dass eine entsprechende Konkretisierung des Patentanspruchs 1 ohnehin nicht zulässig gewesen wäre.
Auf die beiliegende Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.
Dr. Scholz Kirschneck J. Müller Bieringer Pü Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn der Beschwerdesenat sie in dem Beschluss zugelassen hat (§§ 99 Abs. 2, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 Patentgesetz (PatG)). Hat der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).