VIII ZR 308/24
BUNDESGERICHTSHOF VIII ZR 308/24 BESCHLUSS vom 7. Oktober 2025 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:071025BVIIIZR308.24.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Oktober 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bünger, die Richterin Dr. Liebert, den Richter Dr. Schmidt, die Richterin Dr. Matussek und den Richter Dr. Reichelt beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts - 3. Zivilsenat - vom 29. Oktober 2024 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.163,20 € festgesetzt.
Gründe: I.
Der Kläger vermietete beginnend ab September 2017 eine Wohnung für eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 1.285,44 € an drei Mieter. Eine von ihm gewünschte Ergänzungsvereinbarung, nach der sich die Mieter verpflichten sollten, zum 1. Juli 2020 einer Erhöhung der monatlichen Kaltmiete auf 1.622,40 € zuzustimmen, kam nicht zustande. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer (behaupteten) selbständigen Garantie in Anspruch. Nach seinem Vortrag habe die Beklagte erklärt, dafür Sorge zu tragen, dass die Wohngemeinschaft entweder die Wohnung bis zum Ablauf des Juni 2020 räumen oder die vom Kläger in der Ergänzungsvereinbarung gewünschte Mieterhöhung vereinbaren werde.
Bei Klageeinreichung im September 2020 hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.010,88 € nebst Zinsen (Differenz aus 1.622,40 € und 1.285,44 €, mithin 336,96 € für die Monate Juli bis September 2020) sowie bis zur Rückgabe und vollständigen Räumung der Mietwohnung monatlich 336,96 € zu zahlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem der Kläger zuletzt beantragt hatte, die Beklagte zur Zahlung von 7.750,08 € nebst Zinsen (je 336,96 € für Juli 2020 bis Mai 2022) sowie beginnend ab Juni 2022 bis zur Rückgabe und vollständigen Räumung der Mietwohnung zur Zahlung von monatlich 336,96 € zu verurteilen. Die Berufung des Klägers, mit welcher dieser eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von nunmehr 9.097,92 € nebst Zinsen (je 336,96 € für Juli 2020 bis September 2022) sowie zur Zahlung von 336,96 € monatlich ab Oktober 2022 bis zur Rückgabe und vollständigen Räumung der Mietwohnung beantragt hatte, ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Mit der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger unter anderem eine über 20.000 € liegende Beschwer geltend und beruft sich darauf, dass die im Lauf des Rechtsstreits rückständig gewordenen Beträge in die Berechnung der Beschwer einfließen müssten.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer - wie die Beschwerdeerwiderung mit Recht rügt - die in § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorgegebene Wertgrenze von mehr als 20.000 € nicht erreicht.
1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln. Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, juris Rn. 8; vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn. 15; vom 8. Februar 2022 - VIII ZR 38/21, NZM 2022, 370 Rn. 9; vom 24. September 2024 - VIII ZR 234/23, NZM 2024, 1010 Rn. 6; jeweils mwN).
2. Die Beschwer des Klägers ist vorliegend in Anwendung des § 9 Satz 1 ZPO zu bemessen und beträgt insgesamt 15.163,20 €.
a) Gemäß § 9 Satz 1 ZPO wird der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezugs berechnet. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass § 9 ZPO bei Klagen auf Zahlung zukünftiger oder erhöhter Miete zur Anwendung kommt (vgl. BVerfG, NJW 1996, 1531; BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 - XII ZR 162/00, NZM 2004, 423 unter [II] 1 d; vom 11. August 2004 - XII ZR 101/01, NZM 2004, 824 unter [II] 1 a bb; vom 28. November 2006 - VIII ZB 9/06, WuM 2007, 32 Rn. 4; vom 7. Januar 2019 - VIII ZR 112/18, NZM 2019, 135 Rn. 2 f.; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 22. Aufl., § 9 Rn. 3 und § 3 Rn. 34; MünchKommZPO/Wöstmann, 7. Aufl., § 9 Rn. 4; Stein/Loyal, ZPO, 24. Aufl., § 9 Rn. 3).
Für eine (behauptete) selbständige Garantie, welche - wie vorliegend - den Ausfall einer zukünftigen Miete beziehungsweise einer künftigen Mieterhöhung absichert, gilt entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes.
Zwar richtet sich der Anspruch des Klägers aus der (behaupteten) selbständigen Garantie nicht auf die zukünftige Miete selbst, sondern auf die Schadloshaltung für den Ausfall der zukünftigen Miete (vgl. Senatsurteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, NJW 1999, 1542 unter II 1 a mwN). Dies ist jedoch im Rahmen des § 9 Satz 1 ZPO - anders als für die in den vom Kläger in Bezug genommenen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen zum Gebührenstreitwert maßgebliche Frage, ob § 42 Abs. 1 GKG anwendbar ist - nicht von Bedeutung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2005 - IX ZR 195/02, juris Rn. 15; vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, NVwZ-RR 2008, 741). Aus welchem Rechtsgrund die wiederkehrenden Leistungen geschuldet sind, ist im Rahmen des § 9 ZPO nicht maßgeblich; es muss sich nur um einen einheitlichen Rechtsgrund handeln (MünchKommZPO/Wöstmann, aaO Rn. 3 mwN; Stein/Loyal, ZPO, aaO Rn. 2; vgl. auch Wieczorek/Schütze/Reuschle, ZPO, 5. Aufl., § 9 Rn. 9). Dies ist bei der (behaupteten) selbständigen Garantie der Fall.
b) Bei der Anwendung des § 9 Satz 1 ZPO ist auf die Anträge in der den ersten Rechtszug einleitenden Klageschrift abzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juli 2020 - IV ZR 7/20, juris Rn. 2; vom 25. Juni 2008 - II ZR 179/07, juris Rn. 2). Danach hat der Kläger die Beklagte zunächst aus der (behaupteten) selbständigen Garantie auf bei Klageeinreichung bereits fällige 1.010,88 € in Anspruch genommen; die Zinsen bleiben gemäß § 4 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt. Für die ferner begehrten zukünftigen Leistungen kommt sodann gemäß § 9 Satz 1 ZPO der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Bezugs hinzu (§ 5 ZPO). Die aus der (behaupteten) Garantie beanspruchte Schadloshaltung hinsichtlich der Mietdifferenz beläuft sich pro Jahr auf 4.043,52 € (336,96 € x 12); der dreieinhalbfache Betrag beträgt 14.152,32 €. Die nach Klageeinreichung fällig gewordenen Beträge führen bei einer Klage auf wiederkehrende Leistungen auch dann nicht zu einer Erhöhung der Beschwer, wenn sie - wie hier - in späteren Anträgen summenmäßig gesondert ausgewiesen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juli 2020 - IV ZR 7/20, aaO; vom 13. August 2015 - III ZR 142/14, juris Rn. 5; vom 25. Juni 2008 - II ZR 179/07, aaO; jeweils mwN). Die Gesamtbeschwer des Klägers beträgt daher 15.163,20 €.
3. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch nicht begründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich. Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat nach § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO ab.
-711 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Bünger Dr. Matussek Dr. Liebert Dr. Reichelt Dr. Schmidt Vorinstanzen: LG Potsdam, Entscheidung vom 24.06.2022 - 4 O 23/21 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.10.2024 - 3 U 100/22 -