9 W (pat) 11/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 11/16 Verkündet am 8. Januar 2020
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 102 09 491.8 …
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hubert und der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und Dipl.-Ing. Sexlinger ECLI:DE:BPatG:2020:080120B9Wpat11.16.0 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der am 5. März 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen, dort mit dem Aktenzeichen 102 09 491.8 geführten Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Kraftstoffbehälter mit Entlüftungssystem“.
Mit dem in der Anhörung vom 8. März 2016 verkündeten und am 15. März 2016 elektronisch signierten Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60K des Deutschen Patent- und Markenamtes wurde die Patentanmeldung mit Verweis auf die im Bescheid vom 14. April 2014 angegebenen Gründe gemäß § 48 PatG zurückgewiesen.
Laut der Begründung im zitierten Bescheid mangele es dem Gegenstand des Anspruchs 1 in der antragsgemäß dort unverändert verfolgten Fassung, eingegangen mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2007, bereits an der erforderlichen Neuheit.
Im Rahmen des Prüfungsverfahrens wurden von der Prüfungsstelle folgende Druckschriften ermittelt:
D1 DE 100 07 522 A1, D2 US 5 375 579 A, D3 DE 75 30 967 U,
D4 DE 29 12 214 A1, D5 DE 100 11 130 A1, D6 DE 699 08 681 T2 und D7 DE 100 28 985 A1.
Gegen den am 18. März 2016 zugestellten Zurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin lt. deren Erklärung mit Schriftsatz vom 18. April 2016, per Fax eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag. Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2019 hat die Beschwerdeführerin noch eine Beschwerdebegründung nachgereicht und die Patentanmeldung im Umfang des mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Satzes von Ansprüchen verteidigt, wobei sie die Meinung vertritt, dass der Gegenstand des zugehörigen Anspruchs 1 gegenüber dem ermittelten Stand der Technik neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Weiterhin stellt sie der Begründung im zitierten Zurückweisungsbeschluss eine konkrete Auseinandersetzung mit dem in den Druckschriften D3 bis D7 repräsentierten Stand der Technik in Abrede. Nach ihrer Auffassung sei ein vom Patentgesetz dem Deutschen Patent- und Markenamt auferlegter Nachweis für eine mangelnde Patentfähigkeit des geltenden Anspruchs 1 hinsichtlich dieser Druckschriften nicht erbracht.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 18. Dezember 2019 hat der Senat auf weitere erörterungsbedürftige Aspekte neben der Frage der Patentfähigkeit hingewiesen.
In der mündlichen Verhandlung beantragt der Vertreter der Anmelderin und Beschwerdeführerin,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. März 2016 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 13 gemäß neuem Hauptantrag vom 8. Januar 2020, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- neue Beschreibung S. 1 bis 7 vom 8. Januar 2020, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Figuren 1 bis 4 vom 8. März 2002, hilfsweise - Patentansprüche 1 bis 12 gemäß neuem Hilfsantrag 1 vom 8. Januar 2020,
überreicht in der mündlichen Verhandlung, - Beschreibung S. 1 bis 7 vom 8. Januar 2020, - Figuren 1 bis 4 vom 8. März 2002.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin macht in der mündlichen Verhandlung, auch auf Nachfrage des Senats, keine weiteren Angaben zu der Rüge in der Beschwerdebegründung, wonach die Prüfungsstelle in ihrem Zurückweisungsbeschluss der ihr durch das Patentgesetz auferlegten Begründungspflicht nicht im ausreichenden Maße nachgekommen sei.
Die geltenden Hauptansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag 1 lauten:
Hauptantrag 1. Kraftstoffbehälter mit einem Entlüftungssystem, das mindestens eine Entlüftungsleitung (12, 14) mit einer im Inneren des Behälters (10) in dessen oberen Bereich angeordneten Eintrittsöffnung (16, 18) aufweist und die mit einem Aktivkohlefilter (34) kommuniziert, wobei die Eintrittsöffnung (16, 18) als offenes Leitungsende ausgebildet ist und wobei zwischen der Eintrittsöffnung (16, 18) und dem Aktivkohlefilter (34) ein Flüssigkeitsabscheider (20) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei Entlüftungsleitungen (12, 14) derart im Inneren des Behälters (10) angeordnet sind, dass zumindest ein Teilbereich jeder Entlüftungsleitung (12, 14) bei den beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs auftretenden Neigungsveränderungen des Behälters (10) und/oder Kraftstoffschwappbewegungen oberhalb des Kraftstoffspiegels (40) verläuft.
Hilfsantrag 1 1. Kraftstoffbehälter mit einem Entlüftungssystem, das mindestens eine Entlüftungsleitung (12, 14) mit einer im Inneren des Behälters (10) in dessen oberen Bereich angeordneten Eintrittsöffnung (16, 18) aufweist und die mit einem Aktivkohlefilter (34) kommuniziert, wobei die Eintrittsöffnung (16, 18) als offenes Leitungsende ausgebildet ist und wobei zwischen der Eintrittsöffnung (16, 18) und dem Aktivkohlefilter (34) ein Flüssigkeitsabscheider (20) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei Entlüftungsleitungen (12, 14) derart im Inneren des Behälters (10) angeordnet sind, dass zumindest ein Teilbereich jeder Entlüftungsleitung (12, 14) bei den beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs auftretenden Neigungsveränderungen des Behälters (10) und/oder Kraftstoffschwappbewegungen oberhalb des Kraftstoffspiegels (40) verläuft und wobei die mindestens zwei Entlüftungsleitungen (12, 14) derart im Inneren des Behälters (10) angeordnet sind, dass deren Eintrittsöffnungen (16, 18) in Längs- und/oder Querrichtung des Behälters (10) weit auseinanderliegend angeordnet sind.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche nach Haupt- und Hilfsantrag 1 sowie zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
2. Das Schutzbegehren ist auf einen Kraftstoffbehälter mit einem Entlüftungssystem gerichtet, das mindestens eine Entlüftungsleitung mit einer im Inneren des Behälters in dessen oberen Bereich angeordneten Eintrittsöffnung aufweist und die mit einem Aktivkohlefilter kommuniziert, wobei die Eintrittsöffnung als offenes Leitungsende ausgebildet ist und wobei zwischen der Eintrittsöffnung und dem Aktivkohlefilter ein Flüssigkeitsabscheider angeordnet ist.
In jedem Kraftstoffbehälter befinde sich neben dem flüssigen Kraftstoffvolumen immer auch ein durch Kraftstoffdämpfe gebildetes Gasvolumen. Temperaturschwankungen würden zu entsprechenden Innendruckschwankungen im Behälter führen. Dabei auftretende Überdrucke müssten abgebaut werden, wobei jedoch aufgrund von Emissionsvorschriften keine Kraftstoffdämpfe in die Atmosphäre entweichen dürften. Der Druckabbau erfolge daher über einen Aktivkohlefilter (AKF), in den die Entlüftungsleitung münde. Dabei müsse jedoch sichergestellt werden, dass kein flüssiger Kraftstoff über die Entlüftungsleitung in den Aktivkohlefilter gelange. Bisher habe man daher an der Eintrittsöffnung der Entlüftungsleitung ein Ventil, beispielsweise ein Schwimmerventil, angeordnet, das bei einer Neigung des Fahrzeugs und/oder bei Schwappbewegungen des Kraftstoffs schließe. Um die Entlüftungsfunktion unter allen auftretenden Umständen dennoch zu gewährleisten, würden in der Regel zwei oder mehr Entlüftungsorte mit entsprechenden Leitungen und Ventilen vorgesehen, so dass bei Eintauchen eines Ventils in flüssigen Kraftstoff ein vorzugsweise im gegenüberliegenden Bereich des Behälters angeordnetes Ventil offen sei. Das Vorhandensein derartiger Ventile werde als nachteilig erachtet, da diese mechanischen Störungen unterlägen und bei der Herstellung des Kraftstoffbehälters zusätzliche Kosten verursachen könnten (vgl. Abs. [0002] in der Offenlegungsschrift (OS) DE 102 09 491 A1 zur Anmeldung, die im Übrigen den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen entspricht).
Die Anmelderin hat hierzu ausgeführt, dass ein solcher Kraftstoffbehälter aus der Druckschrift D1 bekannt sei. Bei diesem Behälter seien die Entlüftungsleitungen derart angeordnet, dass sie bei Schräglage des Behälters und hohem Füllstand vollständig in den Kraftstoff eintauchen würden. Dadurch könne flüssiger Kraftstoff ungehindert in den Flüssigkeitsabscheider strömen und diesen fluten. Wenn die Eintrittsöffnung der Entlüftungsleitung wieder frei liege, müsse der Flüssigkeitsabscheider erst leer gepumpt werden, bevor die Entlüftungs- und Abscheidefunktion wieder bereitstehe (vgl. Seite 2, Abs. 1 der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung nach Haupt- und Hilfsantrag 1).
Ausgehend hiervon besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, einen Kraftstoffbehälter der eingangs genannten Art bereit zu stellen, bei dem der Flüssigkeitsabscheider vor einer Überflutung geschützt ist, die flüssigen Kraftstoff in den Aktivkohlefilter gelangen lässt (vgl. Seite 2, Abs. 2 der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung nach Haupt- und Hilfsantrag 1).
Zur Lösung dieser Aufgabe werde die in dem Patentanspruch 1 angegebene Merkmalskombination vorgeschlagen. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung ergäben sich aus den abhängigen Ansprüchen (vgl. Seite 2, Abs. 3 der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung nach Hauptund Hilfsantrag 1).
Die Erfindung gehe vor allem von dem Gedanken aus, dass ein Überfluten des Flüssigkeitsabscheiders trotz offener Entlüftungsleitung oder -leitungen verhindert werden könne, wenn die Entlüftungsleitung oder -leitungen bei Schräglage des Behälters einen Siphon bilden würden (vgl. Seite 2, Zeilen 20 bis 23, der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung nach Haupt- und Hilfsantrag 1).
3. Bei dem Verständnis des Anmeldungsgegenstandes sowie bei der nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik wird von einem Durchschnittsfachmann ausgegangen, der als Diplom-Ingenieur Univ. Maschinenbau bzw. Master of Science mit dem Schwerpunkt Fahrzeugtechnik ausgebildet ist und über mehrere Jahre Berufserfahrung bei einem Fahrzeughersteller oder -zulieferer in der Entwicklung und Konstruktion von Tanksystemen für Kraftfahrzeuge verfügt.
4. Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben.
M1 Kraftstoffbehälter mit einem Entlüftungssystem,
M2 das mindestens eine Entlüftungsleitung (12, 14)
M2.1 mit einer im Inneren des Behälters (10) in dessen oberen Bereich angeordneten Eintrittsöffnung (16, 18) aufweist und M2.2 die mit einem Aktivkohlefilter (34) kommuniziert,
M2.1.1 wobei die Eintrittsöffnung (16, 18) als offenes Leitungsende ausgebildet ist und M3 wobei zwischen der Eintrittsöffnung (16, 18) und dem Aktivkohlefilter (34) ein Flüssigkeitsabscheider (20) angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass M2.3 mindestens zwei Entlüftungsleitungen (12, 14) derart im Inneren des Behälters (10) angeordnet sind, dass zumindest ein Teilbereich jeder Entlüftungsleitung (12, 14) bei den beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs auftretenden Neigungsveränderungen des Behälters (10) und/oder Kraftstoffschwappbewegungen oberhalb des Kraftstoffspiegels (40) verläuft.
Gegenüber dem Hauptantrag umfasst der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 das zusätzliche Merkmal:
M2.4 und wobei die mindestens zwei Entlüftungsleitungen (12, 14) derart im Inneren des Behälters (10) angeordnet sind, dass deren Eintrittsöffnungen (16, 18) in Längs- und/oder Querrichtung des Behälters (10) weit auseinanderliegend angeordnet sind.
4.1. Der vorstehend definierte Fachmann entnimmt diesen Patentansprüchen jeweils einen Kraftstoffbehälter mit einem Entlüftungssystem (Merkmal M1), der für die Verwendung in Kraftfahrzeuge bestimmt ist, weil diese Einheit gemäß Merkmal M2.3 auf die Betriebsbedingungen eines Kraftfahrzeugs abgestimmt sein soll.
Figur 2 der OS Das beanspruchte Entlüftungssystem besitzt nach dem Merkmal M2.3 mindestens zwei Entlüftungsleitungen, welche jeweils eine als offenes Leitungsende ausgebildete Eintrittsöffnung aufweisen (Merkmale M2.1.1), die im Inneren des Behälters in dessen oberen Bereich angeordnet ist (Merkmal 2.1).
Zur Formgebung des Behälters finden sich weder in den Ansprüchen noch in den übrigen Anmeldungsunterlagen nähere Angaben, in der Beschreibung wird lediglich ein Satteltank, also ein Behälter mit einer konkaven Einbuchtung an seiner Unterseite, als mögliche Ausgestaltung, erwähnt (vgl. Sp. 3, Z. 4 – Z. 9 der OS).
Die Anordnung des von der Einheit mit umfassten, weil dem Entlüftungssystem (Merkmal M1) zuzurechnenden Aktivkohlefilters (Merkmal M2.2) sowie die Anordnung und Art der dem Kommunizieren mit den Entlüftungsleitungen dienenden Mittel sind über das Merkmal M3 hinaus nicht näher definiert. So schreibt das Merkmal M3 nämlich allein die Anordnung eines Flüssigkeitsabscheiders zwischen der Eintrittsöffnung und dem Aktivkohlefilter vor.
Lediglich zum Aktivkohlefilter wird in der Beschreibung noch angemerkt, dass dieser die entlüfteten Kraftstoffdämpfe sammelt, während der so gereinigte Gasstrom in die Atmosphäre abgeleitet wird. Außerdem ist eine zyklische Regeneration des Aktivkohlefilters nach Maßgabe einer elektronischen Steuerung vorgesehen, bei der zumindest ein Teil der Verbrennungsluft für den Motor über den beladenen Aktivkohlefilter angesaugt wird (vgl. Abs. [0015] der OS).
Mithin sind im Anspruch lediglich die technischen Mittel Kraftstoffbehälter, Entlüftungsleitung mit offenem Leitungsende, Aktivkohlefilter und Flüssigkeitsabscheider benannt.
Die Merkmalsangabe M2.3 umschreibt hierbei lediglich die Auswirkungen der Änderungen der Ausrichtung des Kraftstoffspiegels im Innern des Behälters mit Bezug auf einen nicht näher definierten Teilbereich jeder Entlüftungsleitung, deren Anordnung im Behälter indes bis auf die Lage der Eintrittsöffnung durch das Merkmal M2.1 nicht näher bestimmt ist. Allerdings soll nach den Ausführungen in der Beschreibung durch die spezielle Leitungsführung im Inneren des Behälters gewährleistet sein, dass zumindest ein Teil jeder von dem Entlüftungspunkt bzw. der Eintrittsöffnung zum Flüssigkeitsabscheider verlaufenden Entlüftungsleitung stets oberhalb des Kraftstoffspiegels liegt. Dieser, in der Beschreibung als Siphonbildung bezeichneten Maßnahme obliegt somit der Zweck, das Eintreten größerer Kraftstoffmengen in den Flüssigkeitsabscheider durch diejenige Entlüftungsleitung zu verhindern, deren Eintrittsöffnung aufgrund der Wank- und Nickbewegungen des Fahrzeugs gerade in den Kraftstoff eintaucht (vgl. Fig. 2, Abs. [0006], [0017] der OS).
Diese Art von Siphon ist jedoch nicht nur gleichzusetzen mit dem bogenförmigen Verlauf der Entlüftungsleitungen jeweils von einer zur gegenüberliegenden Seitenwandung des Kraftstoffbehälters und wieder in etwa zurück zur Behältermitte, so wie ausschließlich in den Figuren 1 und 2 der Anmeldung als Ausführungsbeispiel offenbart. Diese Ausgestaltung ist nicht Merkmalsbestandteil der Vorrichtungsansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 und erlaubt daher keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (vgl. BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Deshalb schließen die Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 auch hiervon abweichende Verläufe der Entlüftungsleitungen nicht aus.
Auf welchen Randbedingungen der im Merkmal M2.3 angesprochene Kraftstoffspiegel aufgrund von Neigungsveränderungen des Behälters und/oder Kraftstoffschwappbewegungen während des Betriebs des Kraftfahrzeugs fußt, lassen sowohl die Ansprüche als auch die übrigen Anmeldungsunterlagen weitestgehend offen, denn es sind ihnen weder Angaben zu den sich möglicherweise einstellenden Wank- und Nickwinkeln der Kraftfahrzeugkarosserie noch zu dem für die Bestimmung des Kraftstoffspiegels mindestens ebenso relevanten Füllstand des Behälters zu entnehmen. Gemäß der Beschreibung sollen die offenen Entlüftungsleitungen lediglich auch bei voll befülltem Behälter zumindest partiell im Gasraum über dem Kraftstoffspiegel verlaufen (vgl. Abs. [0017] der OS). Deshalb ist bei fachmännischer Betrachtung zumindest für den maximalen Füllstand des Behälters mit Kraftstoff von seinem geometrischen Rauminhalt auszugehen, der mindestens um ein Expansionsvolumen reduziert ist, um Änderungen in der Kraftstoffausdehnung aufgrund von Temperaturschwankungen ausgleichen zu können.
Während das Merkmal M2.3 auf die vertikale Ausrichtung der mindestens zwei Entlüftungsleitungen im Kraftstoffbehälter abzielt, wird mit dem Merkmal M2.4 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 auf die horizontale Orientierung der beiden Entlüftungsleitungen abgestellt. Die mindestens zwei Entlüftungsleitungen sind dabei dergestalt im Kraftstoffbehälter angeordnet, dass ihre Eintrittsöffnungen in Längsund/oder Querrichtung des Behälters weit auseinanderliegen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass zu jedem Zeitpunkt des regulären Betriebs des Kraftfahrzeugs mindestens eine freie Eintrittsöffnung für die Entlüftungsfunktion vorhanden ist (vgl. Abs. [0005] der OS).
5. Die Gegenstände der geltenden Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 mögen gewerblich anwendbar sein, auch bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Anspruchsfassungen und der ausreichenden Offenbarung, jedoch beruhen sie jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Prüfungsstelle B60K des Deutschen Patent- und Markenamtes geht zwar in dem angefochtenen Beschluss von der Druckschrift D1 als relevanten Stand der Technik aus. Der Senat hat den Vertreter der Beschwerdeführerin jedoch zu Beginn der mündlichen Verhandlung noch auf die Relevanz der bereits im Verfahren befindlichen Druckschrift D5 für die Beurteilung der Patentfähigkeit der Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag hingewiesen.
5.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist durch den Stand der Technik nahegelegt.
Figur 1 der D5 Die Druckschrift D5 offenbart einen Kraftstoffbehälter 1 für ein Kraftfahrzeug mit einem Entlüftungssystem nach dem Merkmal M1, das mindestens zwei Entlüftungsleitungen 5, 9 umfasst (Merkmal M2, M2.1.1), die jeweils eine als offenes Ende ausgebildete Eintrittsöffnung 6 besitzen (vgl. Anspr.1; Fig.1). Die Eintrittsöffnungen 6 befinden sich dabei, analog zum Merkmal M2.1, im Inneren, an die obere, horizontale Wandung angrenzenden Bereich des Kraftstoffbehälters 1 (vgl. Fig. 1).
Die spezifische Anordnung der mindestens zwei an der oberen, horizontalen Behälterwandung verlaufenden Entlüftungsleitungen 5, 9 bewirkt, dass sich bei möglichen Schräglagen des Kraftstoffbehälters 1 immer mindestens eine Eintrittsöffnung 6 oberhalb des Kraftstoffspiegels befindet (vgl. Sp. 1, Z. 47 – Z. 51). Dazu ist jeweils eine Eintrittsöffnung 6 in der Nähe einer von zwei gegenüberliegenden, vertikalen Seitenwänden 3, 4 des Kraftstoffbehälters 1 verortet (vgl. Fig. 1). Von dort werden die Entlüftungsleitungen 5, 9, entgegengesetzt zueinander, entlang der oberen horizontalen Behälterwandung in etwa zur Behältermitte geführt, wo sie in einen ebenfalls im Inneren des Kraftstoffbehälters 1 angeordneten Ausgleichsbehälter 2 eintreten. Innerhalb des Ausgleichsbehälters 2 erstrecken sich die Entlüftungsleitungen 5, 9, weiterhin parallel zur oberen Wandung des Kraftstoffbehälters 1, jeweils bis zu einer Öffnung 8, die in den Ausgleichsbehälter 2 mündet (vgl. Sp. 2, Z. 39 – Z. 52). Die Eintrittsöffnung 6 einer Entlüftungsleitung 5, 9 liegt dabei in horizontaler Ausrichtung gleichauf mit der Öffnung 8 der jeweils anderen Entlüftungsleitung 9, 5,
während in vertikaler Ausrichtung die auf gleicher Höhe liegenden Öffnungen 8 mit geringem Abstand unterhalb der ebenfalls auf gleicher Höhe liegenden Eintrittsöffnungen 6 der Entlüftungsleitungen 5, 9 angeordnet sind (vgl. Fig. 1).
Keine andere räumliche Konzeption zeigt das in der Figur 2 der Anmeldungsunterlagen dargestellte Beispiel einer möglichen Ausgestaltung mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, dessen zwei Entlüftungsleitungen ebenfalls entgegengesetzt zueinander, parallel zur oberen Behälterwandung und mit geringem vertikalen Abstand zueinander verlegt sind.
Die in den aufgezeigten Punkten somit übereinstimmenden Anordnungen der Entlüftungsleitungen implizieren auch identische Wirkungen, so dass sich bei einem maximal befüllten Kraftstoffbehälter 1 der Druckschrift D5 während des regulären Kraftfahrzeugbetriebs genauso jeweils eine Eintrittsöffnung 6 einer Entlüftungsleitung 5, 9 sowie eine benachbarte Öffnung 8 der jeweils anderen Entlüftungsleitung 9, 5 einschließlich der angrenzenden Leitungsteilstücke oberhalb des Kraftstoffspiegels befinden (Merkmal M2.3).
Der bereits angesprochene Ausgleichsbehälter 2 der aus dem Stand der Technik hervorgehenden Anordnung nimmt auf nicht näher beschriebene Weise zudem einen Aktivkohlefilter auf (vgl. Anspr. 9), welcher, insbesondere für den eingangs definierten Fachmann, bekanntermaßen als Rückhalte- und Rückführsystem für Kraftstoffdämpfe fungiert. Wenn nicht schon bereits aufgrund der gemeinsamen Anordnung im Ausgleichsbehälter 2, so setzt doch die dem Aktivkohlefilter immanente Funktion zwangsläufig eine Kommunikation bzw. fluidische Verbindung des Aktivkohlefilters (Merkmal M2.2) mit den Entlüftungsleitungen 5, 9 voraus, welche gerade die Aufgabe haben, verdunsteten Kraftstoff abzuführen.
Die Nachschaltung eines Flüssigkeitsabscheiders sowie eines Aktivkohlefilters entsprechend dem Merkmal M3 ergibt sich für den Fachmann jedenfalls mittelbar aus der Druckschrift D5.
Der Ausgleichsbehälter 2 des Kraftstoffbehälters 1 gemäß der Druckschrift D5 dient dazu, Ausdehnungen des Kraftstoffs bei Erwärmung oder Lageänderungen des Kraftfahrzeugs und damit des Kraftstoffbehälters 1 zu egalisieren. Der dabei möglicherweise über die Entlüftungsleitungen 5, 9 in den Ausgleichsbehälter 2 gelangende, flüssige Kraftstoff kann über eine als Flüssigkeitsfalle dienende Erweiterung wieder in das Innere des Kraftstoffbehälters 1 zurückgeführt werden (vgl. Sp. 1, Z. 67 – Sp. 2, Z. 4). In ihrem Schriftsatz vom 24. Januar 2019 führt die Beschwerdeführerin dazu aus, dass ein Fluten des Ausgleichsbehälters durch die Führung der dort dargestellten Entlüftungsleitungen nicht verhindert werden könne, weshalb dort beispielsweise eine Saugstrahlpumpe zum Entleeren des Ausgleichsbehälters bzw. der Flüssigkeitsfalle erforderlich sei. Keine andere Aufgabe kommt jedoch dem den geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag kennzeichnenden Flüssigkeitsabscheider zu, aus dem ebenfalls über die Entlüftungsleitungen zugeführter, flüssiger Kraftstoff, vorzugsweise über eine Saugstrahlpumpe, in den Kraftstoffbehälter zurückgeleitet wird.
Zur Positionierung des als Flüssigkeitsfalle bezeichneten Flüssigkeitsabscheiders schweigt sich die Druckschrift D5 zwar aus, jedoch ergibt sich für den Durchschnittsfachmann die einzig sinnvolle Einbaulage folgerichtig aus seiner Arbeitsweise, die flüssigen Bestandteile aus dem über die Entlüftungsleitungen 5, 9 in den Ausgleichsbehälter strömenden Fluidstrom abzusondern, und den für eine einwandfreie Funktion des Aktivkohlefilters, wie folgende Überlegungen zeigen, erkennbar notwendigen Voraussetzungen.
Auch dem in der Druckschrift D5, dort im Anspruch 9, angesprochenen Aktivkohlefilter unterstellt der Fachmann die Funktion der Reinigung des Gasgemisches. Der Aktivkohlefilter adsorbiert dabei die in den entlüfteten Kraftstoffdämpfen enthaltenen, flüchtigen Kohlenwasserstoffe, so dass der gereinigte Gasstrom unbedenklich in die Atmosphäre abgeleitet werden kann. Im Rahmen seines Fachwissens war ihm deshalb bekannt, dass die Beaufschlagung eines entsprechend dimensionierten Aktivkohlefilters mit flüssigem Kraftstoff sehr schnell zu einer Erschöpfung der Aufnahmefähigkeit der darin enthaltenen Kohlenstoffpartikel führen würde, mit der Folge eines ungehinderten Austretens von Kraftstoffdämpfen in die Kraftfahrzeugumgebung.
Um die gesetzlichen Regelungen zur Emissionsminderung bei Kraftfahrzeugen dauerhaft einhalten zu können, was die Aufrechterhaltung der Reinigungsfähigkeit des in Rede stehenden Aktivkohlefilters bedingt, besteht daher die Notwendigkeit, diesen vor einem Kontakt mit flüssigem Kraftstoff zu bewahren. Aus diesem Grund drängt sich die Anordnung der in der Druckschrift D5 erwähnten Flüssigkeitsfalle, in Analogie zum Merkmal M3, in Strömungsrichtung der entlüfteten Kraftstoffdämpfe gesehen, nach den Eintrittsöffnungen 6 der Entlüftungsleitungen 5, 9 jedoch vor dem Aktivkohlefilter, dem zuständigen Fachmann als naheliegend, weil allein sinnvoll, auf.
Somit ist dem von der Druckschrift D5 ausgehenden Fachmann der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag in Verbindung mit seinem Fachwissen nahegelegt.
5.2 Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergibt sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
Soweit die Merkmale des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrages 1 identisch sind mit denjenigen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags, gelten die diesbezüglichen Ausführungen hier gleichermaßen.
Aus der Druckschrift D5, insbesondere der in den Figuren 1 bis 3 offenbarten Anordnung der Entlüftungsleitungen 5, 9 – 11, ergibt sich das Merkmal M2.4 unmittelbar. So sind die Eintrittsöffnungen 6 der Entlüftungsleitungen 5, 10 im Ausführungsbeispiel nach der Figur 2 in diametral gegenüberliegenden Ecken des Kraftstoffbehälters 1 angeordnet, so dass sie sowohl in Längs- als auch in Querrichtung des Kraftstoffbehälters 1 als weitest möglich auseinanderliegend anzusehen sind.
Figur 2 der D5 Folglich fügt das zusätzliche Merkmal M2.4 des bereits ausgehend von der Druckschrift D5 als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhenden Kraftstoffbehälters nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lediglich ein weiteres, ebenfalls aus der Druckschrift D5 hervorgehendes Merkmal hinzu. Mithin beruht auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. 5.3 Einer Beurteilung der auf den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13 bedarf es nicht, da mit dem nicht gewährbaren Patentanspruch 1 dem Antrag als Ganzes nicht stattgegeben werden kann (BGH GRUR 1997, 120 ff, "Elektrisches Speicherheizgerät"). Nicht anders verhält es sich für die auf den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 12.
6. Der angefochtene Zurückweisungsbeschluss weist, entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, keinen Begründungsmangel auf. Keine ausreichende Begründung i. S. d. § 47 Abs. 1 PatG liegt vor, wenn aus dem Beschluss nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren, etwa weil eine Begründung gänzlich fehlt oder sie widersprüchlich, verworren oder sachlich inhaltslos ist (BGHZ 39, 333 m. w. N. - Warmpressen; Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 10. Aufl., § 73 Rdn. 146 und § 47 Rdn. 26 m.w.N.).
Die Prüfungsstelle hat sich im angefochtenen Beschluss durch Verweis auf den Bescheid vom 14. April 2014 mit dem gesetzlichen Zurückweisungsgrund der mangelnden Patentfähigkeit, hier im Speziellen mit der Frage der Neuheit nach § 3 PatG, in nachvollziehbarer Weise und ohne logische Brüche auseinandergesetzt. In dem genannten Bescheid führt sie zunächst aus, dass die fortgesetzte Prüfung das Ergebnis des Erstbescheids vom 26. September 2006 bestätigt, wonach sinngemäß die Merkmale des Oberbegriffs des dort geltenden Patentanspruchs 1 aus der Druckschrift D1 bekannt seien. Zudem sei das gegenüber der ursprünglichen Fassung zusätzlich aufgenommene Merkmal zur Anordnung der mindestens einen Entlüftungsleitung durch die Druckschrift D1 neuheitsschädlich vorweggenommen.
Soweit die Beschwerdeführerin fehlende Ausführungen zu den Lehren der Druckschriften D3 bis D7 gerügt hat, sind diese aus Sicht des Senats entbehrlich, denn für die Beschlussbegründung genügt das substantiierte Vorbringen eines der im § 21 (1), Satz 1 PatG zur mangelnden Patentfähigkeit nach den §§ 1 bis 5 PatG aufgeführten Kriterien, wobei auch die Auseinandersetzung mit einer Entgegenhaltung ausreichen kann.
Die maßgeblichen Gründe für die Entscheidung sind daher erkennbar, so dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht nicht besteht.
Die Beschwerde war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe gestützt wird, nämlich dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Hubert Paetzold Dr. Baumgart Sexlinger Fa