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VI R 34/13

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 6.2.2014, VI R 34/13 Regelmäßige Arbeitsstätte des Fahrers eines Müllfahrzeugs Tatbestand I. Streitig ist, ob Aufwendungen eines Fahrers eines Müllwagens für die Wege zwischen seiner Wohnung und dem Betriebshof eines Subunternehmers (S) seines Arbeitgebers, auf dem er das Fahrzeug arbeitstäglich übernimmt, nach Maßgabe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2008 und 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Fahrer eines Müllfahrzeugs Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 27.739 EUR (2008) und in Höhe von 31.809 EUR (2009).

Im Jahr 2008 fuhr der Kläger von seiner Wohnung an 229 Arbeitstagen und im Jahr 2009 an 238 Arbeitstagen zum 38 km entfernten Betriebshof des S. Dort übernahm er das Müllfahrzeug und stellte es als einziges Fremdfahrzeug nach jedem Arbeitstag auch wieder ab. Hierzu war der Kläger aufgrund des "Subunternehmervertrages" befugt. Denn in diesem war zwischen dem Arbeitgeber des Klägers und S die Nutzung eines offenen Abstellplatzes für das von ihm eingesetzte Fahrzeug, die Mitbenutzung der Sozialeinrichtungen durch dessen Mitarbeiter, die Mitbenutzung der Tankstelle gegen Selbstkostenersatz laut jeweiligem Einkaufspreis des S für Dieselkraftstoff und die Nutzung der Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz vereinbart.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2008 vom 26. Januar 2009 machte der Kläger Fahrtkosten in Höhe von 5.221,20 EUR (= 76 km x 229 Tage x 0,30 EUR) und in der für 2009 vom 29. März 2010 Fahrtkosten in Höhe von 5.426,40 EUR (= 76 km x 238 Tage x 0,30 EUR) geltend. Der Ort der Fahrzeugübernahme sei mangels betrieblicher Einrichtung des Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte. Die Fahrten zur Übernahmestelle würden deshalb nach Reisekostengrundsätzen und nicht lediglich nach Maßgabe der Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend gemacht.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die geltend gemachten Wegekosten in den Einkommensteuerfestsetzungen 2008 vom 16. April 2010 und 2009 vom 15. April 2010 lediglich in Höhe der Entfernungspauschale.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1578 veröffentlicht.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Finanzgericht (FG) habe den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte fehlerhaft ausgelegt.

Sie beantragen,

das angefochtene Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 17. Dezember 2012 5 K 2052/10 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2010 aufzuheben sowie die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2008 vom 16. April 2010 und das Jahr 2009 vom 15. April 2010 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 2008 weitere Fahrtkosten in Höhe von 2.611 EUR und im Jahr 2009 in Höhe von 2.533 EUR als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat den Betriebshof zu Unrecht als regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers angesehen.

1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.

a) Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten nur eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (Senatsurteile vom 10. Juli 2008 VI R 21/07, BFHE 222, 391, BStBl II 2009, 818; vom 9. Juli 2009 VI R 21/08, BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822; vom 17. Juni 2010 VI R 35/08, BFHE 230, 147, BStBl II 2010, 852; vom 22. September 2010 VI R 54/09, BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354, m.w.N.; vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38; vom 9. Februar 2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234, und vom 28. März 2012 VI R 48/11, BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926).

b) Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (Senatsurteile vom 19. Januar 2012 VI R 36/11, BFHE 236, 353, BStBl II 2012, 503, und VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936, sowie vom 9. Juni 2011 in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38; VI R 36/10, BFHE 234, 160, BStBl II 2012, 36, und VI R 58/09, BFHE 234, 155, BStBl II 2012, 34).

c) Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und auch dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt tätig wird oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06, BFHE 226, 59, BStBl II 2010, 564).

2. Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

Der Betriebshof des S erfüllt nicht die Voraussetzungen einer solchen. Zum einen unterhält der Arbeitgeber des Klägers dort keine eigene betriebliche Einrichtung. Allein die Befugnis, auf dem Betriebshof eines Dritten ein Fahrzeug abzustellen, die dortige Tankstelle gegen Selbstkostenersatz und die vorhandenen Werkstatteinrichtungen gegen Kostenersatz sowie die auf dem Betriebshof befindlichen Sozialeinrichtungen zu (be)nutzen, erlaubt entgegen der Auffassung des FG noch nicht den Schluss, dort den Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers zu verorten. Ferner ist der Kläger dort nicht in einer Weise tätig geworden, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als regelmäßige Arbeitsstätte zu beurteilen. Nach den bindenden Feststellungen des FG war der Kläger als Fahrer des Müllfahrzeugs und damit schwerpunktmäßig auf einem Fahrzeug eingesetzt, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist (Senatsurteil in BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926); er war damit auswärts tätig. Selbst wenn der Betriebshof des S als betriebliche Einrichtung des Arbeitsgebers des Klägers anzusehen wäre, genügt es --entgegen der Auffassung des FG und des FA-- nicht, dass der Kläger diese nachhaltig (arbeitstäglich) aufgesucht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er seiner eigentlichen Tätigkeit, das Führen des Müllfahrzeugs, außerhalb des Betriebshofes des S nachgegangen ist.

3. Die Sache ist spruchreif. Denn Einwände gegen die vom Kläger vorgelegte Berechnung der tatsächlichen Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und dem Betriebshof des S sind vom FA weder vorgetragen noch ersichtlich.

4. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem FA überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

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