Paragraphen in 12 W (pat) 19/10
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 19/10 Verkündet am 3. April 2014
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 100 57 599 …
BPatG 154 05.11
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hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Schneider, der Richterin Bayer sowie der Richter Dipl.-Ing. Sandkämper und Dipl.-Ing. Schlenk beschlossen:
Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Gegen das am 21. November 2000 angemeldete und am 13. Dezember 2007 veröffentlichte Patent 100 57 599 mit der Bezeichnung „Vorrichtung zum Herstellen von Bucheinbanddecken“ hat die Einsprechende am 12. März 2008 Einspruch eingelegt. Die Patentabteilung 26 hat in der Anhörung vom 26. Februar 2010 das Patent beschränkt aufrechterhalten.
Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Beschluss am 15. Juni 2010 rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Die Einsprechende/Beschwerdeführerin macht geltend, der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Streitpatent sei von ihr offenkundig vorbenutzt sowie mangels Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Sie verweist dazu auf folgende Druckschriften:
(D1) DE 44 22 583 A1
(D2) DE 195 08 041 A1
(D3) JP 4-269594 und die zugeh. Patentzusammenfassung JP 04269594 A
(D4) JP 8-276682 und die zugeh. Patentzusammenfassung JP 08276682 A
(D5) JP 11-105450 u. die zugeh. Patentzusammenfassung JP 11105450A
(D6) JP 2000-6547 u. die zugeh. Patentzusammenfassung JP 2000-006547 A
(D7) (D8)
JP 9-248978 u. die zugeh. Patentzusammenfassung JP 09248978 A Anlagenkonvolut zu einer offenkundigen Vorbenutzung „Buchdeckenmaschine BDM Universal“
(D13) US 5 874 812 A1 sowie die bereits im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften
(D9) DE 2 226 446 A (D10) DE 43 08 469 A1 (D11) DE 42 13 220 A1.
Seitens der Patentabteilung wurde zudem das Dokument (D12) DE 198 59 333 A1 in das Verfahren eingeführt.
Zur Bestätigung der Richtigkeit der in den Unterlagen D8 gemachten Angaben und damit im Zusammenhang stehenden offenkundigen Vorbenutzungen wird zudem Zeugenbeweis angeboten.
Die Beschwerdeführerin hat beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Februar 2010 aufzuheben und das Patent 100 57 599 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin hat beantragt,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Sie vertritt sinngemäß die Ansicht, dass der Patentgegenstand in der geltenden Fassung nicht vorbenutzt sowie gegenüber dem insgesamt aufgezeigten Stand der Technik neu und erfinderisch sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurden noch folgende Unterlagen überreicht:
- 4 farbige Skizzen o (Bewegungsplan Kolbus o Kolbus (Skizze) o Bewegungsplan Hörauf o Skizze Hörauf)
Der geltende, im Einspruchsverfahren beschränkte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
„Vorrichtung zum Herstellen von Bucheinbanddecken mit einer Pappenzuführung zum Zuführen von aus einem Pappenmagazin vereinzelten Deckelpappen und einer Rückeneinlage, mit einer Nutzenzuführung zum Zuführen von aus einem Nutzenmagazin vereinzelten Bezugsnutzen, mit einem die zugeführten Bezugsnutzen mit Greifern übernehmenden, an einer Leimauftragswalze vorbeiführenden und mit den zugeführten Deckelpappen und der Rückeneinlage zusammenfügenden Nutzenzylinder, und mit einer die überstehenden Bezugsnutzenkanten um die Pappenkanten legenden und die Buchdecken andrückenden Einschlag- und Andrückvorrichtung sowie mit einer Ausfuhrvorrichtung zum Auslegen der Buchdecken in Stapeln, und mit einer Antriebsvorrichtung für die Nutzenzuführung, die Pappenzuführung, den Nutzenzylinder und die Einschlag- und Andrückvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest die Nutzenzuführung, die Pappenzuführung und die Einschlag- und Andrückvorrichtung jeweils unabhängig voneinander antreibbar sind und die Hublage der die Deckelpappen an der Hinterkante schiebenden und mit der Vorderkante winkelsynchron übergebenden Pappenzuführung bezüglich der Formathöhe der herzustellenden Bucheinbanddecke über einen Servoantrieb der Pappenzuführung elektronisch verstellbar ist.“
Gegliedert nach Merkmalen ergibt sich folgender Wortlaut:
1.1 Vorrichtung zum Herstellen von Bucheinbanddecken (5);
1.2.1 Mit einer Pappenzuführung (30) zum Zuführen von aus einem Pappenmagazin (32) vereinzelten Deckelpappen (3) und einer Rückeneinlage (4);
1.3 Mit einer Nutzenzuführung (10) zum Zufuhren von aus einem Nutzenmagazin (11) vereinzelten Bezugsnutzen (2);
1.4 Mit einem Nutzenzylinder (20);
1.4.1 Der Nutzenzylinder (20) weist Greifer (21) auf;
1.4.2 Der Nutzenzylinder (20) führt an einer Leimauftragswalze (22) vorbei;
1.4.3 Der Nutzenzylinder (20) übernimmt die zugeführten Bezugsnutzen (2) mit den Greifern (21), führt an der Leimauftragswalze vorbei und fügt die Bezugsnutzen mit zugeführten Deckelpappen und der Rückeneinlage (4) zusammen;
1.5 Mit einer Einschlag- und Andrückvorrichtung (50), die die überstehenden Bezugsnutzenkanten um die Pappenkanten legt und die Buchdecken (5) andrückt;
1.6 Mit einer Ausfuhrvorrichtung (80) zum Auslegen der Buchdecken in Stapeln (83);
1.7 Mit einer Antriebsvorrichtung (100) für die Nutzenzuführung (10), die Pappenzuführung (30), den Nutzenzylinder (20) und die Einschlag- und Andrückvorrichtung (50);
1.8 Zumindest die Nutzenzuführung (10), die Pappenzuführung (30) und die Einschlag- und Andrückvorrichtung (50) sind jeweils unabhängig voneinander antreibbar;
1.9 Die Pappenzuführung (30) schiebt die Deckelpappen (3) an der Hinterkante und übergibt die Deckelpappen (3) mit der Vorderkante winkelsynchron;
1.10 Die Hublage der Pappenzuführung (30) ist bezüglich der Formathöhe der herzustellenden Bucheinbanddecke (5) verstellbar;
1.11 Die Hublage der Pappenzuführung (30) ist über den Servoantrieb (130) der Pappenzuführung (30) elektronisch verstellbar.
Diesem Anspruch sind die erteilten Unteransprüche 2 bis 15 nachgeordnet.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch sachlich nicht begründet. Der Gegenstand nach Anspruch 1 stellt eine patentfähige Erfindung dar.
2. Fachmann im angefochtenen Beschluss ist ein an einer Hochschule oder Fachhochschule ausgebildeter Ingenieur für Maschinenbau oder Verfahrenstechnik, der über fachspezifische Kenntnisse in der Entwicklung und Konstruktion von Buchbindereimaschinen verfügt.
3. Zum Verständnis
3.1 Die Erfindung ist im Streitpatent so ausführlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
3.2 Auslegung des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 Die im Streit stehende Vorrichtung ist eine Maschine zum Herstellen von Bucheinbanddecken. Darunter versteht der Fachmann den bei „wertvolleren“ Büchern aus Vorder- und Rückseite sowie Buchrücken bestehenden „Hardcover“ des Buches. Dieser besteht in der Regel aus einer bedruckten oder leinen- bzw. lederartigen Deckschicht bzw. Rückenbezug („Nutzen“) und zwei Deckeleinlagen (-pappen) sowie einem Versteifungsteil für den Buchrücken. Diese Teile werden in der vorliegenden Maschine miteinander verbunden, indem der Nutzen mit einem Leimauftrag versehen wird und dann die Deckel- bzw. Rückenpappe sowie das Versteifungsteil am Anrollpunkt 6 passgenau aufeinandergelegt werden und alle Teile zwischen zwei Walzen 24, 20 miteinander verpresst werden.
Beim Ausführungsbeispiel des Streitpatents nach Fig. 2 (im Bild unten) erfolgt dazu die Zufuhr des Rückenbezugs 2 als Außenseite des Deckels (Nutzen) von rechts unten. Die Verpressung erfolgt ab dem Punkt 6 (Anrollpunkt) durch die Walzen 24 und 20. Neu gegenüber dem Stand der Technik nach der D10, die den Stand der Technik aufzeigt, ist die auf der linken Seite mittig durch Pfeile dargestellte Verstellung der Formathöhe, also ein elektronisches Verstellen der Zuführung der Deckelpappen zur Verleimung (Merkmale 1.9 bis 1.11), um unterschiedlich breite Bucheinbanddecken herstellen zu können. Weiterhin soll der Antrieb der verschiedenen Baugruppen (z. B. Nutzen- und Pappenzuführung, Einschlag- und Andrückvorrichtung) unabhängig voneinander erfolgen (Merkmal 1.8), um damit evtl. die Effektivleistung zu verbessern und auch den Ausschuss zu verringern (vgl. Abs. 0009 bis 0011).
Zur Erläuterung der einzelnen Merkmale wird die Merkmalsgliederung in ihrer Struktur übernommen.
3.2.1 Vorrichtung zum Herstellen von Bucheinbanddecken Eine Bucheinbanddecke ist dem Wortlaut nach zum Einbinden eines Buches ausgebildet. In Zusammenschau mit der Auslegung der weiteren Merkmale des Anspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann, dass die Bucheinbanddecke zwei Deckelpappen, eine Rückeneinlage und einen Bezugsnutzen umfasst.
3.2.2 Mit einer Pappenzuführung zum Zuführen von aus einem Pappenmagazin vereinzelten Deckelpappen und einer Rückeneinlage; Dem Wortlaut des Begriffs Pappenzuführung entnimmt der Fachmann, dass es sich um ein Element der Vorrichtung handelt, welches ausgebildet ist, der Vorrichtung Deckelpappen und eine Rückeneinlage zuzuführen. Unter einer Pappe versteht der Fachmann hier ein formstabilisierendes Element (formstabilisierend soweit es eine zweckmäßigen Benutzung des Buches erfordert),
welches bei dem fertiggestellten Buch einen Teil des Front- oder Rückdeckels bzw. der Rückeneinlage bildet. Im flach-ausgerollten Zustand der Bucheinbanddecke befindet sich die Rückeneinlage zwischen der Front- und Rück- Deckelpappe.
3.2.3 Mit einer Nutzenzuführung zum Zuführen von aus einem Nutzenmagazin vereinzelten Bezugsnutzen; Eine Nutzenzuführung versteht der Fachmann (analog zur Pappenzuführung) als ein Element der Vorrichtung, welches ausgebildet ist, der Vorrichtung sogenannte „Nutzen“ zuzuführen. Den Begriff Nutzenmagazin versteht der Fachmann als Quelle, aus der Bezugsnutzen (siehe unten) entnommen werden. Aus der Beschreibung des Streitpatents sowie aus dem Studium des in der Beschreibung genannten Dokuments D10 (Spalte 1 Zeilen 5 bis 13), entnimmt der Fachmann,
dass es sich bei dem Bezugsnutzen um bspw. einen bedruckten Deckenbezug oder ein Bezugsmaterial handelt, welches beim fertiggestellten Buch die Deckelpappe und die Rückeinlage umhüllt. Die Deckelpappen und die Rückeneinlage werden bei der Herstellung der Bucheinbanddecke mit dem Bezugsnutzen verleimt und dieser dann darüber umgeschlagen und angedrückt.
3.2.4 Mit einem die zugeführten Bezugsnutzen mit Greifern übernehmenden, an einer Leimauftragswalze vorbeiführenden und mit den zugeführten Deckelpappen und der Rückeneinlage zusammenfügenden Nutzenzylinder; Die Auslegung dieses Merkmals ergibt sich aus dem Wortlaut. Das Vorbeiführen an einer Leimauftragswalze versteht der Fachmann aufgrund der Beschreibung derart, dass dabei Leim auf den Bezugsnutzen aufgetragen wird.
3.2.5 Mit einer Einschlag- und Andrückvorrichtung, welche die überstehenden Bezugsnutzenkanten um die Pappenkanten legt und die Buchdecken andrückt; Unter einer die Buchdecken andrückenden Einschlag- und Andrückvorrichtung versteht der Fachmann aufgrund der Zusammenschau der Merkmale und auf- grund der gleichen Bezugszeichenwahl eine Vorrichtung, mit der die überstehenden Bezugsnutzenkanten zuerst umgelegt und dann an die Deckelpappen und die Rückeneinlage angedrückt werden.
3.2.6 Mit einer Ausfuhrvorrichtung zum Auslegen der Buchdecken in Stapeln; Dieses Merkmal ist selbst erklärend.
3.2.7 Mit einer Antriebsvorrichtung für die Nutzenzuführung, die Pappenzuführung, den Nutzenzylinder und die Einschlag- und Andrückvorrichtung; Die Auslegung dieses Merkmals ergibt sich für den Fachmann aus dem Wortlaut des Anspruchs sowie aus der Figurenbeschreibung des Streitpatents.
3.2.8 Zumindest die Nutzenzuführung, die Pappenzuführung und die Einschlag- und Andrückvorrichtung sind jeweils unabhängig voneinander antreibbar; Dem Wortlaut des Merkmals 1.8 entnimmt der Fachmann, dass wenigstens die Nutzenzuführung, die Pappenzuführung und die Einschlag- und Andrückvorrichtung sowie möglicherweise weitere Elemente der erfindungsgemäßen Vorrichtung in einer Weise antreibbar sind, dass zwischen den jeweils unabhängigen Antrieben der Nutzenzuführung, der Pappenzuführung und der Einschlag- und Andrückvorrichtung keine zeitliche und/oder örtliche Abhängigkeit, z. B. keine mechanische Koppelung durch ein Getriebe, besteht. Dem Abschnitt 0011 der Patentschrift (DE 100 57 599 B4) entnimmt der Fachmann weiter, dass diese Unabhängigkeit beispielsweise bedeutet, dass bei einem Stopp der Pappenzuführung oder der Nutzenzuführung die Andrückvorrichtung weiterlaufen kann.
3.2.9 Die Pappenzuführung schiebt die Deckelpappen an der Hinterkante und übergibt die Deckelpappen mit der Vorderkante winkelsynchron; Der Fachmann zieht zur Definition der Begriffe Hinterkante und Vorderkante die Beschreibung, insbesondere Figuren 1 und 2 heran, wonach die Hinterkante als diejenige Kante der Deckelpappe bzw. Rückeneinlage zu verstehen ist, welche dem jeweiligen Pappenschieber 34 a, b zugewandt ist (d. h. in Förderrichtung „hinten“). Entsprechend ist die Vorderkante die der Hinterkante gegenüberliegende Kante (d. h. in Förderrichtung „vorne“), also dem Anrollpunkt 6 zugewandt. Den Begriff „synchron“ versteht der Fachmann dem Wortsinn nach derart, dass ein Vorgang zeitlich abgestimmt erfolgt. In Bezug auf den Gegenstand des Anspruchs 1 versteht der Fachmann synchron dem Wortlaut nach, dass sich zwei Elemente zeitlich abgestimmt zueinander bewegen. Hier versteht der Senat den Begriff winkelsynchron auf das Zusammentreffen der Vorderkante der Deckpappe mit dem zugeordneten Nutzen. Dazu erfolgt hier durch das Schieben der Deckelpappen an der Hinterseite eine dazu synchrone Bewegung der Vorderkante.
3.2.10 Die Hublage der Pappenzuführung ist bezüglich der Formathöhe der herzustellenden Bucheinbanddecke verstellbar.
Unter Formathöhe versteht der Fachmann den Abstand zwischen Hinterkante und Vorderkante der Deckelpappe. Unter Hublage versteht der Fachmann beim Streitpatent die Einstellung des Pappenschiebers in Vorschub- bzw. Förderrichtung der Deckelpappen und Rückeneinlage. Dazu sind die Pappenschieber
34a, b an einem Zahnriemen 35 befestigt, dessen maximaler Hub sowohl den konstanten Arbeitshub als auch den zur Anpassung an unterschiedliche Pappenhöhen (Breiten der Deckelpappe) erforderlichen horizontalen Verstellweg umfasst. Für andere Pappenformate wird durch relatives Verdrehen des Zahnriemenantriebs lediglich die Hublage verschoben, und es muss nicht die Pappenschiebereinheit insgesamt verstellt werden (vgl. Abschnitt 0020 und 0021 des Streitpatents). Bei einer schmaleren Deckelpappe werden hier der Startpunkt des ersten und zweiten Pappenschiebers 34a, 34b horizontal nach rechts in Richtung des Anrollpunktes 6 verschoben. Dies geschieht gemäß Merkmal 1.11
(Punkt 3.2.11) elektronisch über einen Servoantrieb und somit ohne manuelle Einstellarbeiten.
3.2.11 Die Hublage der Pappenzuführung ist über den Servoantrieb der Pappenzuführung elektronisch verstellbar.
Dieses Merkmal versteht der Fachmann aufgrund der bei Merkmal 1.9 diskutierten Definition des Begriffs „winkelsynchron“ in Zusammenschau mit den weiteren Merkmalen des Anspruchs 1, insbesondere den Merkmalen 1.4.3 und 1.10, die fordern, dass der Nutzenzylinder den Bezugsnutzen mit den zugeführten Deckelpappen und der Rückeneinlage zusammenführt: Die Hublage ist elektronisch, also ohne mechanische Einstellarbeiten, über den Servoantrieb der Pappenzuführung verstellbar, um die Deckelpappe (je nach deren Formathöhe)
passend an den Anrollpunkt 6 zu übergeben.
4. Patentfähigkeit
4a. Die Neuheit des Gegenstands des angegriffenen Patentanspruchs 1 ist gegeben, da aus keiner der im Verfahren befindlichen Schriften D1 bis D7 und D9 bis D13 alle Merkmale des geltenden Anspruchs unmittelbar entnehmbar sind:
Die nach Auffassung der Beschwerdeführerin nächstkommende D10 weist die Merkmale 1.8, 1.10 und 1.11 nicht auf, die D12 und D13 zeigen zumindest nicht die Merkmale des Oberbegriffs 1.1 bis 1.7.
Die weiteren im Verfahren befindlichen Patentdokumente liegen erkennbar weiter ab.
Keine andere Sachlage ergibt sich aus dem zur offenkundigen Vorbenutzung geltend gemachten Anlagenkonvolut D8:
Das Anlagenkonvolut D8 zeigt und beschreibt eine Vorrichtung, die zumindest die Merkmale 1.9 bis 1.11 nicht im Sinn des Streitpatents umfasst:
Bei der streitigen Vorrichtung zum Herstellen von Bucheinbanddecken soll gemäß der Beschr. Abs. 0020 und 0021 i. V. m. Fig. 2 die Hublagenverstellung bei festem Hub und fester Magazinvorderkante sowie festem Hubstartzeitpunkt, also gleichem Transportweg der Deckelvorderkante mit horizontal verstellter Hublage erfolgen.
Bei der Vorrichtung zum Herstellen von Bucheinbanddecken gemäß der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung D8 (Fa. H… -) dagegen erfolgt bei schmaleren Deckelpappen keine Verstellung der horizontalen Hublage, sondern aufgrund der weiter vom Anrollpunkt 6 entfernten Vorderkante der (schmaleren) Deckelpappe ein zeitlich früherer Beginn der Zuführbewegung, da die Deckelpappe ja einen weiteren Weg bis zum Anrollpunkt 6 zurücklegen muss.
Während erfindungsgemäß somit eine Anpassung an unterschiedliche Formate durch eine variable Hublage und einen festen Hubstartzeitpunkt erreicht wird (vgl. auch weiter oben Abs. 3.2.10), erfolgt die Anpassung an verschiedene Formate beim Stand der Technik nach dem Prinzip „Hörauf“ durch eine feste Hublage und einen variablen Hubstartzeitpunkt.
Dieser Unterschied wird auch durch die seitens der Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 11. Januar 2012 eingereichte Skizze verdeutlicht, welche im oberen Bereich das erfindungsgemäße Vorgehen und im unteren Bereich das Vorgehen nach dem Stand der Technik (Fa. H…) zeigt.
Auch die eidesstattliche Versicherung D8w, siehe insbes. S. 3, Abs. 3 bis S. 4, Abs. 2 i. V. m. den weiteren Unterlagen ergibt kein anderes Verständnis der Technik, so dass die Formatumstellung der evtl. vorbenutzten Maschine nicht patentgemäß war, wenn die Merkmale 1.9 bis 1.11 zutreffend im von der Beschreibung vorgegebenen patentgemäßen Sinne verstanden werden. 4b Der offensichtlich gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht aber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sich der Gegenstand dieses Patentanspruchs für den Fachmann aus dem Stand der Technik nicht in naheliegender Weise ergibt.
Da keine der im Verfahren befindlichen Schriften und auch nicht die geltend gemachte Vorbenutzung gemäß D8 die Merkmale 1.9 bis 1.11 im patentgemäßen Sinn offenbaren und dem Fachmann auch keine Hinweise oder Anregungen darauf geben, führt auch eine beliebige Kombination dieses bekannten Standes der Technik nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.
5. Zu den Unteransprüchen Die Patentansprüche 2 bis 15 sind auf den Patentanspruch 1 rückbezogen und haben daher auch mit dessen Rechtsbeständigkeit Bestand.
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Schneider Bayer Sandkämper Schlenk Me
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
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