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IV ZR 18/19

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 18/19 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 25. März 2020 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2020:250320UIVZR18.19.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 4. März 2020 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart - 7. Zivilsenat - vom 13. Dezember 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 3. Zivilkammer - vom 2. März 2018 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 431,32 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. August 2017 zu zahlen. Die Berufung des Klägers wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 35.951,57 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger fordert von der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge und Herausgabe von Nutzungen.

Die Parteien schlossen im Jahr 1999 einen Vertrag über eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht und Beitragsrückzahlung bei Tod vor Rentenbeginn nach dem sogenannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a VVG a.F.) ab.

Im März 2011 machte der Kläger von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch und erhielt eine Ablaufleistung in Höhe von 44.503,14 €.

Mit Schreiben vom 4. März 2016 erklärte der Kläger den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.

Mit der Klage verlangt er Rückzahlung seiner auf den Vertrag geleisteten Beiträge sowie Herausgabe von Nutzungen abzüglich der Ablaufleistung, insgesamt 35.951,57 €, ferner Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zahlung von Verzugszinsen.

Der Kläger meint, die Widerspruchsfrist nach § 5a VVG a.F. sei wegen formaler und inhaltlicher Mängel der Widerspruchsbelehrung sowie wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation nicht in Gang gesetzt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers in Höhe von 431,32 € nebst Zinsen stattgegeben. Mit seiner Revision und Anschlussrevision verfolgt der Kläger sein über den zuerkannten Betrag hinausgehendes Klagebegehren weiter, während die Beklagte mit ihrer Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

A. Revision der Beklagten Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revision der Beklagten relevant - ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erstattung geleisteter Prämien sowie Herausgabe gezogener Nutzungen aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 1 BGB in Höhe von insgesamt 431,32 € zu. Er habe das Widerspruchsrecht noch im Jahr 2016 wirksam ausüben können. Zwar sei dem Kläger eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Aber die ihm überlassene Verbraucherinformation nach § 10a VAG in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (im Folgenden: VAG a.F.) sei unvollständig gewesen. Es fehle die nach Abschnitt I Nr. 2 Buchst. b) bis d) der Anlage Teil D zum VAG a.F. erforderliche Angabe über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert würden.

II. Hiergegen wendet sich die Revision zu Recht.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte der nach dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrte Kläger den Widerspruch nicht wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation noch im Jahr 2016 wirksam erklären.

a) Der Beginn der in § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. bestimmten vierzehntägigen Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem Versicherungsnehmer die Unterlagen nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F., darunter auch die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F., vollständig vorliegen.

aa) Die dem Kläger überlassene Verbraucherinformation war aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb unvollständig, weil eine Angabe dazu fehlte, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte überhaupt garantiert wurden. Zu der notwendigen Verbraucherinformation nach § 10a Abs. 1 VAG a.F. gehörten bei Lebensversicherungen und Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr gemäß Abschnitt I Nr. 2 Buchst. b) der Anlage Teil D zum VAG a.F. die Angabe der Rückkaufswerte und nach Buchst. d) dieser Bestimmung Angaben über das Ausmaß, in dem Rückkaufswerte garantiert sind. Im Streitfall fehlt es an garantierten Rückkaufswerten im Sinne von Abschnitt I Nr. 2 Buchst. b) und d) der Anlage Teil D zum VAG a.F. Nach den vom Berufungsgericht zum Inhalt des abgeschlossenen Versicherungsvertrages getroffenen Feststellungen hat die Beklagte dem Kläger keine Rückkaufswerte in bestimmter Höhe vertraglich zugesagt. Darüber hat die Beklagte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts in der im Versicherungsschein enthaltenen Verbraucherinformation ausreichend informiert. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht von der im Versicherungsschein enthaltenen Übersicht aus, in deren vierter Spalte der "Rückkaufswert mit Gewinnbeteiligung" ausgewiesen wird. Auf der vorhergehenden Seite des Versicherungsscheins wird der Rückkaufswert einschließlich Gewinnbeteiligung als "Zeitwert" der Versicherung zum Zeitpunkt der Kündigung beschrieben, dessen Höhe von vielen Faktoren abhänge, vor allem von der Zinsentwicklung auf dem deutschen Kapitalmarkt und der Entwicklung der Lebenserwartung. Weiter wird erläutert, der in Spalte 4 genannte Wert sei "auf Basis des heutigen Niveaus der Gewinnbeteiligung und nach heutigen Berechnungsgrundlagen ermittelt". Daran schließt sich der ausdrückliche Hinweis an: "Er kann daher nicht garantiert werden." Wird einem Versicherungsnehmer - wie hier - ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer nachfolgenden Übersicht aufgeführte Rückkaufswerte auf der Basis der zur Zeit der Ausstellung des Versicherungsscheins maßgeblichen Berechnungsgrundlagen ermittelt wurden und nicht garantiert werden können, ist er darüber informiert, dass Rückkaufswerte "überhaupt nicht", auch nicht teilweise garantiert werden. Im Übrigen verpflichtet § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. in Verbindung mit Abschnitt I Nr. 2 Buchst. b) und d) der Anlage Teil D zum VAG a.F. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den Versicherer nicht anzugeben, dass es im Hinblick auf den abgeschlossenen Vertrag an einer Garantie von Rückkaufswerten fehlt. Dies hat der Senat mit dem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 11. Dezember 2019 in dem Verfahren IV ZR 8/19 (VersR 2020, 208 Rn. 13 ff.), in dem es um eine nahezu gleich gestaltete Verbraucherinformation derselben Beklagten wie hier ging, entschieden und im Einzelnen ausgeführt.

bb) Die Einwände des Klägers gegen diese Entscheidung geben dem Senat keinen Anlass zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung.

(1) Soweit der Kläger beanstandet, dass die vierte Spalte der Tabelle "Rückkaufswerte mit Gewinnbeteiligung" und damit summierte Beträge ausweise, muss er einräumen, dass der in § 176 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. als Zeitwert der Versicherung definierte Rückkaufswert die Überschussbeteiligung miteinschließt. Sieht der Versicherungsvertrag wie im Streitfall - eine Gewinnbeteiligung vor, welche die Höhe der Rückkaufswerte beeinflusst, fordert Abschnitt I Nr. 2 Buchst. b) der Anlage Teil D zum VAG a.F. entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht die Angabe von Rückkaufswerten ohne Berücksichtigung der Überschussbeteiligung (Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 aaO Rn. 24).

(2) Vergeblich rügt der Kläger weiter eine unterbliebene Auflistung der vermeintlich erforderlichen Anzahl an Rückkaufswerten in Spalte 4 der Tabelle. Dazu machten weder § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. in Verbindung mit Abschnitt I Nr. 2 Buchst. b) der Anlage Teil D zum VAG a.F. noch Anhang II Buchst. A. Nr. a.9 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung Vorgaben.

(3) Schließlich kommt es für die Frage des Bestehens eines Widerspruchsrechts nach § 5a VVG a.F. nicht darauf an, ob die Angabe der Rückkaufswerte Transparenzanforderungen genügt. Ein etwaiger Transparenzmangel in einer Verbraucherinformation begründet kein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. (Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 aaO Rn. 25).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe das Widerspruchsrecht noch im Jahr 2016 wegen Unvollständigkeit der Verbraucherinformation wirksam ausüben können, stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

20 aa) Entgegen der Auffassung des Klägers war ein auf die Todesfallleistung (Beitragsrückzahlung bei Tod vor Rentenbeginn) entfallender Beitragsanteil nicht gemäß Abschnitt I Nr. 1 Buchst. e) der Anlage Teil D zum VAG a.F. einzeln auszuweisen, weil nicht mehrere selbständige Versicherungsverträge im Sinne dieser Bestimmung vorliegen (Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 aaO Rn. 26). Ohne Erfolg verweist der Kläger insoweit auf Anhang II Buchst. A. Nr. a.10 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung, wonach vor Abschluss des Vertrages "Informationen über die Prämien für jede Leistung, und zwar sowohl Haupt- als auch Nebenleistungen, wenn sich derartige Informationen als sinnvoll erweisen" mitzuteilen waren. Auch wenn die Richtlinie nicht zwischen Hauptund Nebenleistungen unterscheidet, fordert sie jedenfalls nicht, dass für die Alternative der Hauptleistung - Kapitalleistung im Todesfall vor Rentenbeginn statt Rentenzahlung für den Erlebensfall - Prämien separat ausgewiesen werden.

bb) Auch eine Information über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll (Abschnitt I Nr. 1 Buchst. f) der Anlage Teil D zum VAG a.F.), war, wie der Senat mit dem Urteil vom 11. Dezember 2019 (aaO Rn. 27) entschieden und im Einzelnen erläutert hat, bei einem Vertragsschluss nach dem Policenmodell - anders als beim Antragsmodell - nicht erforderlich. Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers fest.

2. Die Frage, ob das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union unvereinbar ist, ist hier nicht entscheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells ist es dem ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrten und informierten Kläger nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages über 12 Jahre auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben: Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 32 ff.). 23 B. Anschlussrevision des Klägers Das Rechtsmittel des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

I. Es ist insgesamt als Anschlussrevision zu behandeln. Als solche ist es zulässig.

1. Die vom Kläger eingelegte selbständige Revision, die sich gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Bereicherungsanspruchs richtet, ist unstatthaft und damit unzulässig, weil sie für ihn nicht zugelassen ist (§ 543 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision nur zugunsten der Beklagten zugelassen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 - IV ZR 8/19, VersR 2020, 208 Rn. 32 ff.).

2. Dagegen ist die Anschlussrevision des Klägers statthaft und auch im Übrigen zulässig. Anschlussrevision und unstatthafte Revision des Klägers bilden ein einheitliches Rechtsmittel, über das im Ganzen zu entscheiden ist (Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 aaO Rn. 38 m.w.N.).

II. Die Anschlussrevision ist jedoch unbegründet. Nach dem zur Revision der Beklagten Gesagten (oben unter A.) konnte der Kläger das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. im Jahr 2016 nicht mehr wirksam ausüben. Auf die von ihm angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Bereicherungsanspruchs kommt es daher nicht an.

Mayen Harsdorf-Gebhardt Lehmann Dr. Brockmöller Dr. Bußmann Vorinstanzen:

LG Stuttgart, Entscheidung vom 02.03.2018 - 3 O 141/17 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.12.2018 - 7 U 46/18 -

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