Paragraphen in 17 W (pat) 21/18
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 21/18
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2009 035 709.2 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. Februar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
ECLI:DE:BPatG:2020:050220B17Wpat21.18.0 Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 31. Juli 2009 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht und trägt die Bezeichnung
„Vertriebssteuerung über die Darstellung echter Kundendaten in der virtuellen Welt eines Computerspiels“.
Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06Q des Deutschen Patent- und Markenamtes in der Anhörung am 25. April 2018 zurückgewiesen. Zur Begründung verweist die Prüfungsstelle auf den Bescheid vom 06. Februar 2018. In diesem Bescheid wird ausgeführt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 unzulässig erweitert sei. Weiterhin sei der Patentanspruch 1 mangels eines Beitrags zur Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dem Patentschutz nicht zugänglich und somit nicht gewährbar. Schließlich sei der Anspruch 1 aufgrund von mangelnder erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) gegenüber den Druckschriften D1 und D2 nicht gewährbar.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde des Anmelders gerichtet. Der Anmelder beantragt sinngemäß den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 8 vom 8. März 2010, eingeg. am 11. März 2010, Beschreibung Seiten 1 bis 3 vom 8. März 2010, eingeg. am 11. März 2010.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
1. Vertriebssteuerung eines realen Produkts über die Darstellung echter Kundendaten in der virtuellen Welt eines Computerspiels, dadurch gekennzeichnet, dass die realen Kundendaten und deren Beratungsbedarf in einer Spieloberfläche virtuell darstellbar sind.
Zu den Ansprüchen 2 bis 8 wird auf die Akte verwiesen.
Im Verfahren wurde folgender Stand der Technik genannt:
D1: US 2001 / 0 034 661 A1, D2: US 6 381 583 B1.
In einem Zwischenbescheid des Senats wurde dem Anmelder mitgeteilt, dass das vorliegende Patentbegehren nach vorläufiger Ansicht aus mehreren Gründen nicht gewährbar sei.
Der Anmelder hat sich zu dem Zwischenbescheid innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert.
Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen ist.
1. Die vorliegende Patentanmeldung steuert und unterstützt den Vertrieb von realen erklärungsbedürftigen Produkten, vorzugsweise der Finanzdienstleistungsbranche. Die vereinfachte Darstellung komplizierter realer Zusammenhänge mittels einer virtuellen Welt geben sowohl dem Verkäufer als auch dem Käufer des realen Produkts eine neue Entscheidungshilfe (s. Offenlegungsschrift, Absatz [0001]).
Gemäß der Anmeldung verhindere derzeit eine unüberschaubare Datenflut, erforderliches umfangreiches Hintergrundwissen und eine riesige Anbieter- und Produktpalette wichtige Entscheidungen und somit das mögliche Geschäft. Weiter sei die Einbeziehung von Kundendaten in eine korrekte Finanzberatung unerlässlich, gestalte sich aber auf Grund der bisherigen Darstellungs- und Präsentationsformen zunehmend schwieriger. Wenn diese Daten dem Kunden und auch dem Verkäufer im Beratungsgespräch nicht präsent seien, könne es zu Fehlentscheidungen kommen, mit der Folge meist finanzieller Nachteile. Da die Kundensituation hierbei oft nicht richtig erkannt werde, könnten beide Seiten in diesem Fall auch nicht die optimale Lösung finden. So hätte im Jahr 2009 ein Test der Zeitschrift ”Finanztest” ergeben, dass in vielen Beratungsgesprächen der führenden Finanzdienstleister eine zu niedrige Absicherung gegen den Fall der Berufsunfähigkeit empfohlen wurde (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze [0002]-[0004]).
Als Aufgabe ist angegeben, dass die Erfindung (zur Überwindung dieser Nachteile) Abhilfe schaffen will (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0005]).
Als Fachmann für die Realisierung einer derartigen Vertriebssteuerung in der virtuellen Welt eines Computerspiels sieht der Senat einen Informatiker oder Programmierer an, der in Zusammenarbeit mit einem Betriebswirt die vorhandenen Produktbzw. Kundendaten aufbereitet und eine graphische, interaktive Oberfläche auf Basis dieser Daten implementiert.
2. Das Verfahren des Patentanspruchs 1 ist vom Patentschutz ausgeschlossen. Bei dem beanspruchten Verfahren handelt es sich nämlich um ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten als solches (§ 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 PatG).
Der Anspruch 1 ist auf eine Vertriebssteuerung gerichtet. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Steuerung im technischen Sinne, wie bspw. die Steuerung einer technischen Anlage. Vielmehr wird die Steuerung des Vertriebs eines Unternehmens, welche bspw. die Steigerung der Absatzzahlen und somit einen geschäftlichen Zweck zum Ziel hat, beansprucht. Bei objektiver Betrachtung betrifft der Anspruch 1 somit ein Vertriebs-Steuerungsverfahren, bei dem unter Einsatz der Datenverarbeitung Kundendaten analysiert werden und auf diesen Daten basierende Vertriebsaktivitäten abgeleitet bzw. geplant werden können.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung, ob ein Ausschlusstatbestand vorliegt, darauf abzustellen, ob ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird (BGH in GRUR 2010, 613 - Dynamische Dokumentengenerierung, BGH in GRUR 2011, 610 – Webseitenanzeige).
Ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems liegt vor, wenn Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert werden, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (BGH a.a.O. - Dynamische Dokumentengenerierung, BGH a.a.O. – Webseitenanzeige).
Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als Plan, Regel oder Verfahren für gedankliche oder geschäftliche Tätigkeit (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 PatG) oder als Wiedergabe von Informationen (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 PatG) vorliegt (BGH in GRUR 2005, 143 - Rentabilitätsermittlung).
2.1 In dem beanspruchten Steuerungsverfahren des Anspruchs 1 können keine Anweisungen bzw. Merkmale erkannt werden, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.
Der Patentanspruch 1 schlägt ein Verfahren vor, mit dem die Vertriebssteuerung eines realen Produkts ermöglicht wird. Hierzu werden Kundendaten sowie ein Beratungsbedarf des Kunden in einer virtuellen Umgebung einer Spieloberfläche dargestellt.
Das zugrunde liegende Problem besteht dabei in der vereinfachten Darstellung der Kundendaten, um die Vertriebssteuerung eines Produkts zu verbessern bzw. zu vereinfachen und somit dem Kunden bzw. einem Berater den Kauf bzw. Verkauf eines Produkts zu ermöglichen.
Dieses Problem ist geschäftlicher bzw. betriebswirtschaftlicher, jedoch nicht technischer Natur. Denn die beanspruchte Vertriebssteuerung dient einerseits der Erhöhung der Absatzzahlen des realen Produkts und andererseits der Vereinfachung bzw. Beschleunigung von Verkaufshandlungen. Sie beruht damit auf rein geschäftlichen Überlegungen. Die hierfür eingesetzten Mittel der Datenverarbeitung zur Darstellung der Kundendaten beschränken sich dabei auf deren bestimmungsgemäßen Einsatz.
2.2 Das Verfahren des Anspruchs 1 zeigt darüber hinaus in keinem der beanspruchten Teilmerkmale, dass der Ablauf des Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder dass das Datenverarbeitungsprogramm so ausgestaltet wäre, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt.
Die in Anspruch 1 angegebene virtuelle Darstellung echter Kundendaten bzw. eines Beratungsbedarfs in einer Spieloberfläche beschränkt sich auf die Aufbereitung und Wiedergabe von Daten. Diese werden bspw. auf einem Computermonitor ausgegeben.
Die Anzeige der Daten ist somit nicht durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt, sondern basiert auf vorhandenen Daten, wie z.B. Kundendaten.
Es erfolgt auch keine Berücksichtigung der technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage, da für die Ausführung des Verfahrens keine besondere Ausstattung der Hardware notwendig ist. Vielmehr werden vorhandene Daten aufbereitet und in einer grafischen Oberfläche (Spieloberfläche) angezeigt. Dies geht jedoch über die bloße Verarbeitung von Daten nicht hinaus und betrifft nicht die Berücksichtigung der technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage (vgl. BGH a. a. O. – Webseitenanzeige Rn. 23 und 25). Somit findet keine Berücksichtigung von technischen Eigenschaften, wie bspw. der Prozessorleistung oder der Speicherkapazität statt. Die Anzeige der Daten geht somit nicht über den bestimmungsgemäßen Einsatz einer Datenverarbeitungsanlage hinaus.
3. Mit dem Anspruch 1 fallen auch die übrigen Ansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Fa
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