19 W (pat) 30/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 30/16 Verkündet am 9. Oktober 2017
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent 10 2012 104 372 BPatG 154 05.11 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dr.-Ing. Kapels beschlossen:
Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden werden zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 21. Mai 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents mit der Nummer 10 2012 104 372 am 15. Mai 2014 veröffentlicht worden. Es trägt die Bezeichnung
„Vorrichtung zur induktiven Übertragung elektrischer Energie“.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax am 22. Januar 2015, Einspruch erhoben mit der Begründung, der Gegenstand des angegriffenen Patents sei mangels Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Zum Stand der Technik hat die Einsprechende im Laufe des Verfahrens auf die folgenden Druckschriften Bezug genommen:
E1: E2: E3: E4: E5: E6: E7: E8: E10:
DE 10 2009 057 437 A1 DE 10 2011 116 738 A1 US 2 247 936 A DE 10 2008 009 649 A1 DE 29 502 938 U1 DE 8 333 364 U1 DE 639 041 A EP 2 196 351 A1 Wikipedia Eintrag „Rückschlagarmatur" vom 18. Mai 2012, zuletzt geändert am 11. Mai 2012, URL: http://web.archive.org/web/20120518005904/http://de.wikipedia. org/wiki/Rückschlagarmatur.
Mit der Ladung zur Anhörung hat die Patentabteilung 1.33 des Deutschen Patentund Markenamts noch die Druckschrift E9: DE 33 22 584 C2 in das Verfahren eingeführt.
Mit dem am Ende der Anhörung vom 26. Juli 2016 verkündeten Beschluss hat die Patentabteilung 1.33 das Patent im Umfang des Hilfsantrags IIb beschränkt aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 10. Oktober 2016, sowie die Beschwerde der Einsprechenden vom 13. Oktober 2016.
Die Patentinhaberin beantragt in der mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 2017,
den Beschluss der Patentabteilung 1.33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2016 aufzuheben und das Patent 10 2012 104 372 im erteilten Umfang,
hilfsweise mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag I vom 18. September 2017,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag IIa vom 18. September 2017,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag IIb vom 18. September 2017,
zu den Hilfsanträgen I und IIa, Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt,
zu dem Hilfsantrag IIb, Beschreibung, Seiten 1 bis 8, vom 26. Juli 2016, und Zeichnungen wie erteilt,
sowie die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Die Einsprechende beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung aufzuheben und das Patent 10 2012 104 372 in vollem Umfang zu widerrufen,
sowie die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Der Patentanspruch 1 erteilter Fassung (Hauptantrag) lautet:
1. Vorrichtung (1) zur induktiven Übertragung elektrischer Energie zwischen einer ortsfest in einer Fahrbahn (7) installierbaren Spule (12) und einer Sekundärspule (13) eines beweglichen elektrischen Verbrauchers, insbesondere eines Elektrofahrzeugs (14), wobei der Spule (12) eine Versorgungseinheit (16) zur Versorgung mit elektrischer Energie zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Versorgungseinheit (16) auf einer im eingebauten Zustand der Fahrbahn (7) abgewandten Seite der Spule (12) in einem nach oben und seitlich geschlossenen Gehäuse (19) mit einer nach unten offenen Gehäuseöffnung (20) angeordnet ist.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I vom 18. September 2017 lautet:
1. Vorrichtung (1) zur induktiven Übertragung elektrischer Energie zwischen einer ortsfest in einer Fahrbahn (7) installierbaren Spule (12) und einer Sekundärspule (13) eines beweglichen elektrischen Verbrauchers, insbesondere eines Elektrofahrzeugs (14), wobei der Spule (12) eine Versorgungseinheit (16) zur Versorgung mit elektrischer Energie zugeordnet ist, wobei die Versorgungseinheit (16) auf einer im eingebauten Zustand der Fahrbahn (7) abgewandten Seite der Spule (12) in einem nach oben und seitlich geschlossenen Gehäuse (19) mit einer nach unten offenen Gehäuseöffnung (20) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass eine Entlüftungsvorrichtung (27) außerhalb des Gehäuses (19) zur Entlüftung eines Innenraums (6) der Vorrichtung (1) vorgesehen ist.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IIa vom 18. September 2017 lautet:
1. Vorrichtung (1) zur induktiven Übertragung elektrischer Energie zwischen einer ortsfest in einer Fahrbahn (7) installierbaren Spule (12) und einer Sekundärspule (13) eines beweglichen elektrischen Verbrauchers, insbesondere eines Elektrofahrzeugs (14), wobei der Spule (12) eine Versorgungseinheit (16) zur Versorgung mit elektrischer Energie zugeordnet ist, wobei die Versorgungseinheit (16) auf einer im eingebauten Zustand der Fahrbahn (7) abgewandten Seite der Spule (12) in einem nach oben und seitlich geschlossenen Gehäuse (19) mit einer nach unten offenen Gehäuseöffnung (20) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass eine Entlüftungsvorrichtung außerhalb des Gehäuses (19) zur Entlüftung eines Innenraums (6) der Vorrichtung (1) vorgesehen ist, um Luft und ggf. auch Wasser (24) aus dem Innenraum (6) entweichen zu lassen und in umgekehrter Richtung keine Luft und Wasser in den Innenraum (6) durchzulassen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IIb vom 18. September 2017 lautet:
1. Vorrichtung (1) zur induktiven Übertragung elektrischer Energie zwischen einer ortsfest in einer Fahrbahn (7) installierbaren Spule (12) und einer Sekundärspule (13) eines beweglichen elektrischen Verbrauchers, insbesondere eines Elektrofahrzeugs (14), wobei die Spule (12) in eine Spuleneinheit (9) integriert ist, und wobei der Spule (12) eine Versorgungseinheit (16) zur Versorgung mit elektrischer Energie zugeordnet ist, wobei die Versorgungseinheit (16) auf einer im eingebauten Zustand der Fahrbahn (7) abgewandten Seite der Spule (12) in einem nach oben und seitlich geschlossenen Gehäuse (19) mit einer nach unten offenen Gehäuseöffnung (20) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass eine Entlüftungsvorrichtung außerhalb des Gehäuses (19) zur Entlüftung eines Innenraums (6) der Vorrichtung (1) vorgesehen ist, wobei die Spuleneinheit (9) die als Einwegventil (27) ausgebildete Entlüftungsvorrichtung aufweist.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden sind statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet.
2. Das Patent betrifft eine Vorrichtung zur induktiven Übertragung elektrischer Energie zwischen einer ortsfest in einer Fahrbahn installierbaren Spule (Primärspule) und einer Sekundärspule eines beweglichen elektrischen Verbrauchers, insbesondere eines Elektrofahrzeugs, wobei der Spule eine Versorgungseinheit zur Versorgung mit elektrischer Energie zugeordnet ist (Patentschrift, Absatz 0001, Anspruch 1).
Bekannt sei eine in einer Fahrbahn in einem Sickerschacht ortsfest versenkte Sockeleinheit, die eine Elektronik und eine Primärspule zur induktiven Energieübertragung aufweise. Die Primärspule und die Elektronik seien in einem gegen Wassereintritt gekapselten Gehäuse untergebracht. Die Elektronik sei über eine Netzspeiseleitung, die durch eine im Gehäuse vorgesehene Durchführung durchgeführt sei, mit dem Stromversorgungsnetz verbunden. Um ein Eindringen von Wasser durch die Durchführung in den Innenraum des Gehäuses zu verhindern, sei die Durchführung speziell abgedichtet. Die Sockeleinheit weise den Nachteil auf, dass die Dichtung der Durchführung ein mögliches Leck darstelle; die Dichtwirkung der Dichtung lasse nämlich nach einiger Zeit nach, da das Dichtmaterial im Lauf der Zeit porös werde, so dass die Gefahr bestehe, dass Wasser eindringe. Um dies möglichst zu vermeiden, müsse die Dichtung regelmäßig kontrolliert werden, was nur mit großem Aufwand möglich sei. Auch ein Austausch einer undicht gewordenen Dichtung sei sehr aufwendig. Erschwerend komme hinzu, dass die Dichtung durch Erschütterungen, beispielsweise durch Automobile oder Lastwagen, zusätzlich beansprucht und durch Kleinst- und Kleintiere im Erdreich beschädigt werden könne (Absätze 0002 bis 0004).
Außerdem seien in einem Hohlraum angeordnete elektrische oder elektronische Komponenten zur Versorgung einer sich zwischen zwei Fahrschienen einer Gleisspur erstreckenden Primärspule bekannt. Um die elektrischen oder elektronischen Komponenten vor sich in dem Hohlraum ansammelndem Wasser zu schützen, in dem diese angeordnet sind, müssten sie entsprechend wasserdicht abgedichtet werden. Dieses sei mit relativ großem Aufwand verbunden, da die Durchführungen für die von den Komponenten abgehenden Leitungen speziell abgedichtet werden müssten (Absatz 0005).
Aufgabe sei es daher, die genannten Nachteile zu überwinden und eine Vorrichtung zur induktiven Übertragung elektrischer Energie bereitzustellen, welche wartungsfreundlich, zuverlässig, betriebssicher und gegen Eindringen von Wasser in die empfindliche Elektronik geschützt sei (Absatz 0006).
2.1 Als Fachmann legt der Senat seiner Entscheidung vor diesem Hintergrund einen Diplomingenieur (FH) oder Bachelor der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von induktiven Kopplern zum Laden von Fahrzeugen und deren Integration in die Infrastruktur zugrunde.
2.2 Die gestellte Aufgabe soll durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag gelöst werden, der sich wie folgt gliedern lässt:
M1.1 M1.2 Vorrichtung (1) zur induktiven Übertragung elektrischer Energie zwischen einer ortsfest in einer Fahrbahn (7) installierbaren Spule (12) und einer Sekundärspule (13) eines beweglichen elektrischen Verbrauchers, insbesondere eines Elektrofahrzeugs (14), wobei der Spule (12) eine Versorgungseinheit (16) zur Versorgung mit elektrischer Energie zugeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass M1.3 die Versorgungseinheit (16) auf einer im eingebauten Zustand der Fahrbahn (7) abgewandten Seite der Spule (12) in einem nach oben und seitlich geschlossenen Gehäuse (19) mit einer nach unten offenen Gehäuseöffnung (20) angeordnet ist.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag noch das Merkmal M1.4:
M1.4 dass eine Entlüftungsvorrichtung (27) außerhalb des Gehäuses (19) zur Entlüftung eines Innenraums (6) der Vorrichtung (1) vorgesehen ist.
An den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I schließt sich gemäß Hilfsantrag IIa folgendes Merkmal an:
M1.5 um Luft und ggf. auch Wasser (24) aus dem Innenraum (6) entweichen zu lassen und in umgekehrter Richtung keine Luft und Wasser in den Innenraum (6) durchzulassen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IIb umfasst über den Hilfsantrag I hinaus noch die Merkmale:
M1.1a wobei die Spule (12) in eine Spuleneinheit (9) integriert ist, und M1.6 wobei die Spuleneinheit (9) die als Einwegventil (27) ausgebildete Entlüftungsvorrichtung aufweist.
2.3 Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:
Dem Merkmal M1.3 entnimmt der Fachmann, dass die Versorgungseinheit in einem nach oben und seitlich geschlossenen Gehäuse mit einer nach unten offenen Gehäuseöffnung angeordnet ist. Die Richtungsangabe „nach unten“ versteht der Fachmann als in Gravitationsrichtung, d. h. in Richtung Erdmittelpunkt gerichtet. Diese Anordnung bewirkt, dass Wasser, nach dem Prinzip einer Taucherglocke, nur so weit von unten in das Gehäuse eindringen kann, bis der Wasserdruck und der Druck der im Gehäuse eingeschlossenen Luft im Gleichgewicht sind (vgl. Absatz 0008 des Streitpatents).
Unter einer Entlüftungsvorrichtung im Merkmal M1.4 versteht der Fachmann jegliche Vorrichtung, die ein Entweichen von Luft aus einem Innenraum der Vorrichtung ermöglicht, wie beispielsweise ein Loch, ein Spalt oder eine andersartige Öffnung nach außen.
Unter der Angabe „Luft und ggf. auch Wasser“ im Merkmal M1.5 versteht der Fachmann, dass durch die Entlüftungsvorrichtung Luft und, falls der Innenraum durch von unten drückendes Wasser vollgelaufen ist, auch Wasser aus dem Innenraum entweichen kann. Aus dem Streitpatent ergeben sich für den Fachmann keine Anhaltspunkte für die von der Beschwerdeführerin II vorgetragene Annahme, dass die Entlüftungsvorrichtung in einer Ausgestaltung nur Luft entweichen ließe und gleichzeitig sowohl das Entweichen als auch das Eindringen von Wasser verhindern würde.
Unter einem Einwegventil im Merkmal M1.6 wird im Streitpatent ein Ventil verstanden, welches Luft und falls vorhanden, auch Wasser, entweichen lässt, in umge- kehrter Richtung aber keine Luft und Wasser durchlässt (vgl. Absätze 0013, 0032).
Dem Merkmal M1.1a entnimmt der Fachmann, dass die Spule in eine Spuleneinheit integriert ist. Unter einer Spuleneinheit versteht der Fachmann im Sinne des Streitpatents beispielsweise einen auf einen Vorsprung einer Schachtwand aufgesetzten Deckel, in dem die Primärspule integriert ist (vgl. Absätze 0022, 0023 und Figur 1).
3. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) ist nicht neu (§ 1 i. V. m. § 3 PatG).
Aus der Druckschrift DE 10 2009 057 437 A1 (E1) – vgl. Figuren 1 bis 4 – ist in Worten des Streitpatents ausgedrückt Folgendes bekannt: Eine M1.1 M1.2 Vorrichtung (Absatz 0029: „Bodeneinfassung“) zur induktiven Übertragung elektrischer Energie (Absatz 0039: „induktiven Energieübertragung“) zwischen einer ortsfest in einer Fahrbahn (Absatz 0031: „Parkplatz“) installierbaren Spule (Absatz 0032: „Primärwicklung 2“) und einer Sekundärspule (Absatz 0039: „Sekundärwicklung“) eines Figur 4 der Druckschrift E1 beweglichen elektrischen Verbrauchers, insbesondere eines Elektrofahrzeugs (Absatz 0039: „Fahrzeug“), wobei der Spule („Primärwicklung 2“) eine Versorgungseinheit (Absatz 0034: „elektronische Schaltung 3“) zur Versorgung mit elektrischer Energie zugeordnet ist (Absatz 0038: „wird in die Primärwicklung 2 ein Wechselstrom eingeprägt“),
M1.3 wobei die Versorgungseinheit 3 auf einer im eingebauten Zustand der Fahrbahn („Parkplatz“) abgewandten Seite der Spule 2 in einem nach oben (Absatz 0009: „Oberseite der Haube“) und seitlich geschlossenen Gehäuse (Absatz 0034: „Haube 4“) mit einer nach unten offenen Gehäuseöffnung (Absatz 0005: „Öffnung an der Unterseite der Haube“) angeordnet ist.
Dem Einwand der Patentinhaberin, die in der Druckschrift E1 offenbarte Haube bilde kein nach oben geschlossenes Gehäuse, da die Haube der Druckschrift E1 nur Seitenwände aufweise, kann nicht gefolgt werden, da in dem in der Figur 3 der Druckschrift E1 dargestellten Querschnitt der Bodeneinfassung auch der obere Abschluss (in der nachfolgenden Figur rot hervorgehoben) der Haube eindeutig offenbart ist.
Figur 3 der Druckschrift E1 mit Hervorhebung durch den Senat Damit ist aus der Druckschrift E1 eine Vorrichtung mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bekannt.
4. Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I ist gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift E1 nicht neu und daher nicht patentfähig (§ 1 i. V. m. § 3 PatG).
Da das in die Bodeneinfassung eindringende Wasser diese voll befüllen kann (vgl. E1, Absatz 0006) und somit zwischen Seitenwand der Haube 4 und Gehäusewand 5 aufsteigen kann, drängt sich dem Fachmann im Sinne eines Mitlesens ohne weiteres als selbstverständlich auf, dass im Bereich des Deckels 1 außerhalb der Haube eine Entlüftung vorhanden sein muss, da selbstverständlich nur durch eine Entlüftung nach oben die zwischen den Wänden 4, 5 und dem Deckel 1 eingeschlossene Luft entweichen und somit der Wasserspiegel steigen kann.
Somit ist auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I durch die aus der Druckschrift E1 bekannte Vorrichtung vorweggenommen.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IIa geht über den Inhalt der Anmeldung, in der diese ursprünglich beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden ist, hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Werden in den Patentanspruch nur einzelne Merkmale eines Ausführungsbeispiels der Erfindung aufgenommen, geht die sich daraus ergebende Merkmalskombination dann über den Inhalt der Anmeldung hinaus, wenn sie in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre umschreibt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 – X ZB 18/00 – Drehmomentübertragungseinrichtung).
Gemäß ursprünglicher Beschreibung weist die Spuleneinheit 9 ein Einwegventil 27 auf, welches Luft und ggf. auch Wasser 24 aus dem Innenraum 6 entweichen lässt, in umgekehrter Richtung aber keine Luft und Wasser in den Innenraum 6 durchlässt (vgl. Seite 6, Zeilen 18-20). Diesem Ausführungsbeispiel entnimmt der Fachmann somit eine Spuleneinheit mit einem Einwegventil. Die Angabe im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags IIa gemäß Merkmal M1.5 „um Luft und ggf. auch Wasser (24) aus dem Innenraum (6) entweichen zu lassen und in umgekehrter Richtung keine Luft und Wasser in den Innenraum (6) durchzulassen“, besagt aus der Sicht des Fachmanns nicht zwingend, dass die Spuleneinheit ein Einwegventil aufweist. Vom Anspruch umfasst ist durch die Verallgemeinerung auch eine Ausführungsform bei der die Entlüftungsvorrichtung mit dem Merkmal M1.5 außerhalb einer Spuleneinheit angeordnet ist. Damit ist der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IIa jedoch auf eine Kombination von Merkmalen gerichtet, die dem Fachmann nach seinen Feststellungen in der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörende Kombination offenbart wird. Offenbart ist lediglich, dass die Spuleneinheit das Einwegventil aufweist. Somit ist die Änderung im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IIa unzulässig.
6. In der Fassung nach Hilfsantrag IIb kann das Streitpatent erfolgreich verteidigt werden.
6.1 Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag IIb sind zulässig. Ihre Gegenstände gehen nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag IIb sind an den folgenden Stellen der Anmeldeunterlagen offenbart:
M1.1 Anspruch 1; M1.1a Beschreibung, Seite 4, Zeilen 22-24; M1.2 Anspruch 1; M1.3 Anspruch 1; M1.4 Anspruch 9; M1.6 Beschreibung, Seite 6, Zeilen 15-18.
Die Einsprechende führte in ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 13. Oktober 2016 bezüglich des Merkmals M1.1a aus, dass das Weglassen der Formulierung, wonach die integrierte Spule über ein Versorgungskabel von einer Versorgungseinheit mit elektrischer Energie versorgt werde, zu einem Gegenstand führe, der über das ursprünglich Offenbarte hinausginge. Diesbezüglich ist festzustellen, dass in der Beschreibung zunächst ganz allgemein ohne Definition der elektrischen Versorgung erwähnt ist, dass in die Spuleneinheit in an sich bekannter Weise eine Primärspule integriert ist (vgl. Beschreibung, Seite 4, Zeilen 22-24). Würde der Anmelderin verwehrt, die Anordnung der Primärspule in der Spuleneinheit in allgemeiner Form zu beanspruchen, würde sie nach Überzeugung des Senats in unbilliger Weise in der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Anmeldung beschränkt.
Bezüglich des Merkmals M1.6 führte die Einsprechende in ihrem Beschwerdeschriftsatz aus, dass der Wortlaut die Verschlussrichtung des Einwegventils offen lasse. Hierzu ist festzustellen, dass gemäß Merkmal M1.6 das Einwegventil eindeutig der Entlüftung dient und somit darauf beschränkt ist, Luft aus dem Innenraum entweichen zu lassen und in umgekehrter Richtung keine Luft in den Innenraum durchzulassen. Die Verschlussrichtung des Einwegventils ist somit für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus dem Anspruchswortlaut zu entnehmen.
Die Patentansprüche 2 bis 9 stützen sich auf die ursprünglichen Ansprüche 2 bis 8 und 10 und sind somit ebenfalls zulässig.
6.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IIb gilt gegenüber dem im Verfahren entgegengehaltenen Stand der Technik als neu und auch bei Einbeziehung des Wissens und Könnens des Fachmanns als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (§ 1 Abs. 1 PatG i. V. m. § 3 PatG sowie § 4 PatG).
Die Druckschrift E1 offenbart zwar einen auf einen Vorsprung eines Gehäuseteils 5 aufgesetzten Deckel 1, im Sinne einer Spuleneinheit, und eine in diesen Deckel 1 integrierte Primärwicklung 2, gemäß dem Merkmal M1.1a (vgl. Absätze 0029, 0032 und Figuren 1 bis 4). Der Druckschrift E1 ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Spuleneinheit, gemäß Merkmal M1.6, eine als Einwegventil ausgebildete Entlüftungsvorrichtung aufweist. Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag IIb ist daher neu gegenüber dem Gegenstand der Druckschrift E1.
Auch aus keiner anderen der im Verfahren genannten Druckschriften ist eine als Einwegventil ausgebildete Entlüftungsvorrichtung in einer Spuleneinheit bekannt.
Die Druckschrift E9 beschreibt zwar einen Schachtdeckel (3) mit einer Entlüftungsöffnung (10) (vgl. E9, Spalte 3, Zeilen 12 bis 26, 36 bis 41 und Fig. 1).
Ausschnitt der Figur 1 der Druckschrift E9 Diese Entlüftungsöffnung weist jedoch keine Dichtfunktion auf, da Regenwasser durch diese eindringen kann (vgl. Spalte 3, Zeilen 36-38).
Die Argumentation der Einsprechenden, wonach der Fachmann ausgehend von der Druckschrift E1 der Druckschrift E9 den Hinweis auf ein Loch im Schachtdeckel entnehmen würde und statt des Lochs ein aus seinem Fachwissen bekanntes Einwegventil verwenden würde, um das Eindringen von Regenwasser zu verhindern, konnte den Senat nicht überzeugen. Denn in der Druckschrift E9 ist angegeben, dass das Eindringen von Regenwasser in den Innenraum des Schachtes schon dadurch verhindert wird, dass es in einer abgedichteten Rinne aufgefangen und über entsprechend angeordnete Ab- flussöffnungen in der Schachtwandung in das den Schacht umgebende Erdreich abgeleitet wird (vgl. Spalte 3, Zeilen 36 bis 38). Da das Eindringen von Regenwasser in der Druckschrift E9 somit bereits durch die abgedichtete Rinne verhindert wird, fehlt es neben dem Problem auch an einem Anlass, ein Einwegventil einzusetzen.
Die übrigen Druckschriften liegen nach Prüfung durch den Senat weiter ab und wurden von den Beschwerdeführerinnen auch nicht mehr aufgegriffen.
Somit gelangte der Fachmann weder durch die Druckschriften E1 und E9, noch in Verbindung mit den übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IIb.
7. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden waren daher zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Dr. Kapels Ko