3 Ni 23/12 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 23/12 (EP) hinzuverbunden 3 Ni 15/14 (EP) (Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL An Verkündungs Statt zugestellt am …
In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 253 08.05
…
betreffend das europäische Patent 1 189 608 (DE 600 04 052)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 24. Juni 2014 unter Mitwirkung des Richters Guth als Vorsitzenden, der Richterinnen Martens und Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 189 608 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 29. Juni 2000 als internationale PCT-Anmeldung mit der Veröffentlichungsnummer WO 01/001984 angemeldeten,
die finnische Priorität FI 991485 vom 30. Juni 1999 in Anspruch nehmende, u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patentes 1 189 608 B1 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 600 04 052 geführt wird. Das in englischer Sprache erteilte Streitpatent betrifft „Pharmazeutische Zubereitungen auf der Basis von Levodopa, Carbidopa und Entacapone“ und umfasst in der erteilten Fassung 26 Patentansprüche, die in der deutschen Übersetzung folgendermaßen lauten:
1. Orale feste Zusammensetzung, welche pharmakologisch wirksame Mengen an Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon und einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, wobei ein wesentlicher Anteil an Carbidopa von Entacapon und Levodopa getrennt ist, wodurch die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den getrennten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen der aktiven Mittel wie in der oralen festen oralen Zusammensetzung.
2. Zusammensetzung nach Anspruch 1, wobei Entacapon und Levodopa in der Form von Granalien vorliegen und Carbidopa in Pulverform vorliegt.
3. Zusammensetzung nach Anspruch 1, wobei Entacapon und Levodopa in der Form von ersten Granalien vorliegen und Carbidopa in der Form von zweiten Granalien vorliegt.
4. Zusammensetzung nach Anspruch 1 mit Dosen von 200 mg an Entacapon, 100 mg an Levodopa und 25 mg an Carbidopa, wobei die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den separaten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen.
5. Zusammensetzung nach Anspruch 1 mit Dosen von 200 mg an Entacapon, 50 mg an Levodopa und 12,5 mg an Carbidopa, wobei die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den separaten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen.
6. Zusammensetzung nach Anspruch 1 mit Dosen von 200 mg an Entacapon, 150 mg an Levodopa und 37,5 mg an Carbidopa, wobei die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den separaten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen.
7. Zusammensetzung nach Anspruch 1 mit Dosen von 200 mg an Entacapon, 100 mg an Levodopa und 10 mg an Carbidopa, wobei die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den separaten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen.
8. Zusammensetzung nach Anspruch 1 mit Dosen von 200 mg an Entacapon, 250 mg an Levodopa und 25 mg an Carbidopa, wobei die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den separaten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen.
9. Orale feste Zusammensetzung, welche pharmakologisch wirksame Mengen an Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst und mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, der ein Zuckeralkohol oder Stärke oder ein Zuckeralkohol und Stärke ist.
10. Zusammensetzung nach Anspruch 9, wobei der Zuckeralkohol Mannitol ist.
11. Zusammensetzung nach Anspruch 9, wobei die Stärke Maisstärke ist.
12. Zusammensetzung nach Anspruch 9, wobei die Zusammensetzung ferner ein hydriertes Castoröl umfasst.
13. Zusammensetzung nach Anspruch 9, wobei das hydrierte Pflanzenöl ein hydriertes Castoröl ist.
14. Zusammensetzung nach Anspruch 9, wobei die Zusammensetzung ferner ein Sprengmittel umfasst.
15. Zusammensetzung nach Anspruch 9, wobei das Sprengmittel Croscarmellose-Natrium ist.
16. Stabile orale feste Zusammensetzung, welche pharmakologisch wirksame Mengen an Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst und mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, der von mikrokristalliner Cellulose verschieden ist.
17. Verfahren zur Herstellung einer wie in Anspruch 1 definierten oralen festen Zusammensetzung, welche Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst, welches das separate Zugeben von Carbidopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon zu dem Rest der Zusammensetzung umfasst.
18. Verfahren zur Herstellung einer wie in Anspruch 1 definierten oralen festen Zusammensetzung, welche Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst, welches zuerst das separate Mischen von Entacapon und Levodopa, das separate Zugeben von Carbidopa und das Formulieren der Mischung in eine Vielzahl von Dosierungsformen umfasst.
19. Verfahren nach Anspruch 12 oder 13, wobei Carbidopa in Pulverform extragranulär zu Granalien von Entacapon und Levodopa zugegeben wird.
20. Verfahren nach Anspruch 12 oder 13, wobei Carbidopa in der Form von Granalien zu einer (Granalien)Charge von Entacapon und Levodopa gegeben wird.
21. Verfahren zur Herstellung einer wie in Anspruch 1 definierten oralen festen Zusammensetzung, welche Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst, wobei das Verfahren folgendes umfasst a) Mischen von pharmakologisch wirksamen Mengen an Entacapon und Levodopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon mit mindestens einem pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger und einem Sprengmittel, um eine erste Mischung zu erhalten; b) Granulieren der ersten Mischung, um eine erste Granaliencharge zu erhalten; c) Mischen einer pharmateutisch wirksamen Menge an Carbidopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon mit mindestens einem pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger und einem Sprengmittel, um eine zweite Mischung zu erhalten; d) Granulieren der zweiten Mischung, um eine zweite Granaliencharge zu erhalten; e) Mischen der ersten Granaliencharge, der zweiten Granaliencharge, gegebenenfalls eines Gleitmittels und gegebenenfalls eines oder mehrerer pharmazeutisch akzeptabler Arzneimittelträger, um eine dritte Mischung zu erhalten; und f) Formulieren der dritten Mischung in eine Vielzahl von Dosierungsformen.
22. Verfahren zur Herstellung einer wie in Anspruch 1 definierten oralen festen Zusammensetzung, welche Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder ein pharmazeutisch akzeptables Salz oder Hydrate davon umfasst, wobei das Verfahren folgendes umfasst a) Mischen von pharmakologisch wirksamen Mengen an Entacapon und Levodopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon mit mindestens einem pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger und einem Sprengmittel, um eine erste Mischung zu erhalten; b) Granulieren der ersten Mischung, um eine Granaliencharge zu erhalten; c) Zugeben einer pharmakologisch wirksamen Menge an Carbidopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon, gegebenenfalls eines Gleitmittels und gegebenenfalls eines oder mehrerer pharmazeutisch akzeptabler Arzneimittelträger zu der Granaliencharge, um eine zweite Mischung zu erhalten; d) Formulieren der zweiten Mischung in eine Vielzahl an Dosierungsformen.
23. Verfahren nach Anspruch 21 oder 22, wobei das Granulierungsverfahren eine Nassgranulation ist.
24. Orale pharmazeutische Tablette nach Anspruch 1, welche 200 mg an Entacapon, 50-150 mg an Levodopa und 1037,5 mg an Carbidopa umfasst und im Wesentlichen die folgenden Charakteristiken besitzt: Gewicht 400-750 mg und Volumenabmessungen für eine Tablette von 200-1000 mm³.
25. Orale pharmazeutische Tablette nach Anspruch 1, welche 200 mg an Entacapon, 50-150 mg an Levodopa und 1037,5 mg an Carbidopa umfasst und im Wesentlichen die folgenden Charakteristiken besitzt: Gewicht 400-750 mg und Volumenabmessungen für eine Tablette: Länge 13-18 mm, Breite 6-9 mm und Höhe 4-7 mm.
26. Verwendung einer Zusammensetzung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 16 oder 24 bis 25 bei der Herstellung eines Medikamentes zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit.
Die Klägerinnen, die das Patent in vollem Umfang angreifen, stützen ihre Nichtigkeitsklagen auf die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung, der mangelnden Ausführbarkeit und der fehlenden Patentfähigkeit. Sie nehmen u. a. Bezug auf folgende Druckschriften:
Ni 1 EP 1 189 608 B1 (Streitpatent)
Ni 2 DE 600 04 052 T2 (deutsche Übersetzung der Streitpatentschrift)
Ni 3 WO 01/01984 A1 (ursprüngliche Anmeldung)
Ni 4 englische Übersetzung des finnischen Prioritätsdokumentes PCT/FI00/00593 Ni 5 US 5 446 194 A Ni 6 Ahtila , S. et al., Clinical Neuropharmacology 1995, 18, S. 46 bis 57 Ni 7 McNeely, W. und Davis, R., CNS Drugs 1997, 8, S. 79 bis 88 Ni 9 Ni 10 Smith, L. A. et al., Movement Disorders 1997,12, S. 935 bis 945 Rev. Neurol., 1999, 28, S. 817 bis 834: „FORO DE DISCUSIÓN: Entacapona: ¿Es útil como tratamiento complementario a la levodopa?“
Ni 10b deutsche Übersetzung von Ni 10 Ni 12 EP 0 451 484 A1 Ni 16 EP 0 207 405 B1 Ni 19 Davis, T. L., CNS Drugs 1998, 10, S. 239 bis 246 Ni 20 „Handbook of Pharmaceutical Excipients” (Hrsg.: A. Wade and P. J.
Weller), 2nd Ed., 1994, The Pharmaceutical Press London, S. 82 bis 83, 294 bis 298 und 483 bis 488 Ni 21 “Remington: The Science and Practice of Pharmacy”, Vol. II, 1995,
S. 1619 Ni 24 AT 401 053 B Ni 25 „Pharmazeutische Technologie“ (Hrsg: K. H. Bauer, K.-H. Frömming,
C. Führer), 5. Aufl.,1997, S. 315, 316, 321 und 322 Ni 26 Gutachten Prof. Dr. E. Mutschler vom 16. Mai 2014 Ni 27 Ni 32 Ni 33 Ni 35 Ni 36 Rote Liste 1998: „NACOM®“ Referenznr.: 70 048, „Striaton®“ Referenznr.: 70 050 EMEA - Press Release - Entacapone (Comtess/Comtan) - Update of Product Information, 23. November 1998 „Die Tablette“ (Hrsg.: W. A. Ritschel), 1. Aufl., 1966, Editio Cantor KG Aulendorf/Württ., Bd. 7, S. 85 bis 87, 191 bis 193 sowie 196 bis 198 „Handbook of Pharmaceutical Excipients” (Hrsg.: A. Wade and P. J. Weller), 2nd Ed., 1994, The Pharmaceutical Press London, S. 141 bis 142, 392 bis 399 „Remington: The Science and Practice of Pharmacy” (Hrsg.: A. R. Gennaro), Vol. II, 19th Ed.,1995, MACK PUBLISHING COMPANY, Easton, Pennsylvania, S. 1623 Die Klägerinnen sind der Ansicht, der erteilte Patentanspruch 1 sei unzulässig erweitert, weil das Merkmal, wonach die Zusammensetzung eine therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinson Krankheit erreiche, die vergleichbar sei zu der, die mit den getrennten Zubereitungen erreicht werde, gleiche Dosen der Wirkstoffe vorausgesetzt, weder in den ursprünglichen Unterlagen (Ni 3), noch in den Prioritätsunterlagen (Ni 4) so im Zusammenhang offenbart sei.
Mangelnde Ausführbarkeit macht die Klägerin im Hinblick auf das Merkmal "vergleichbare therapeutische Wirkung" geltend, denn das Streitpatent gebe weder eine Definition des Begriffes "therapeutische Wirkung" an, noch stelle es ein Verfahren zur Bestimmung dieses Merkmales bereit.
Die erfinderische Tätigkeit der nebengeordneten, jeweils Zusammensetzungen betreffenden Patentansprüche 1 und 9 sei insbesondere im Hinblick auf die Dokumente Ni 24 i. V. m. Ni 6, Ni 7, Ni 10b, Ni 33 sowie Ni 36 bzw. B1 und B12 nicht gegeben. Die Verfahrensansprüche 17 bis 23 sowie die orale pharmazeutische Tabletten betreffenden Patentansprüche 24 und 25 beträfen lediglich übliche Maßnahmen, wie z. B. anhand der Dokumente Ni 7 und Ni 12 zu ersehen sei. Die Verwendung gemäß Patentanspruch<26, die naheliegende Ausführungsformen beträfe, sei gegenüber Ni 6 nicht erfinderisch. Dies gelte ebenso für die im Übrigen unzulässigen Hilfsanträge.
Die Klägerinnen stellen den Antrag,
das europäische Patent 1 189 608 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des Hauptantrags, hilfsweise eines der Hilfsanträge 1 bis 5 gemäß Schriftsatz vom 3. Juni 2014, wobei jeweils die Unteransprüche 12 und 13 gestrichen werden, weiter hilfsweise eines der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträge 6 bis 7a erhält.
Die Patentansprüche gemäß Hauptantrag unterscheiden sich von der erteilten Fassung darin, dass die erteilten Patentansprüche 9 bis 15 sowie 19 und 20 gestrichen werden, der neue Patentanspruch 9 folgendermaßen lautet:
„9. Stabile orale feste Zusammensetzung, welche 200 mg Entacapon und pharmakologisch wirksame Mengen an Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst und mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, der von mikrokristalliner Cellulose verschieden ist, zur Behandlung von Patienten mit Parkinsonscher Krankheit mit End-ofdose Wearing-off Symptomen, wobei die Zusammensetzung durch Nassgranulation hergestellt wird.“
Gemäß Hilfsantrag 1 wird Patentanspruch 1 dahingehend eingeschränkt, dass die orale feste Zusammensetzung in Form einer Tablette vorliegt. Die übrigen Patentansprüche entsprechen denen des Hauptantrags.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält gegenüber dem Hauptantrag die zusätzlichen Merkmale, dass die Zusammensetzung „200 mg“ Entcapon umfasst und „wobei die Zusammensetzung durch Nassgranulation hergestellt wird“. Die übrigen Patentansprüche entsprechen denen des Hauptantrags mit der Ausnahme, dass Anspruch 16 gemäß Hauptantrag in Hilfsantrag 2 gestrichen ist.
Gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich Patentanspruch 1 vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag insofern, als die Zusammensetzung Entacapon in einer Dosierung von „200 mg“ enthält und diese zusätzlich durch die Maßgaben „zur Verwendung bei der Behandlung von Patienten mit Parkinsonscher Krankheit mit End-ofdose Wearing-off Symptomen, wobei die Zusammensetzung durch Nassgranulation hergestellt wird.“ charakterisiert ist. Ferner weist Patentanspruch 9 gegenüber dem Patentanspruch 9 nach Hauptantrag die Beschränkung auf „und wobei die Menge an Sprengmittel, wenn in der Zusammensetzung vorhanden, bis zu ungefähr 6 Gew.-% beträgt, und wobei das Sprengmittel ausgewählt ist aus Natriumstärkeglycolat und Croscarmellose-Natrium…“. Der Verwendungsanspruch 19 gemäß Hauptantrag ist gestrichen. Die übrigen Patentansprüche entsprechen denen des Hauptantrags.
Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 4 entsprechen denen gemäß Hauptantrag mit dem Unterschied, dass Patentanspruch 9 folgenden Wortlaut hat:
„9. Stabile orale feste Zusammensetzung, welche 200 mg Entacapon und pharmakologisch wirksame Mengen an Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst und mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, der von mikrokristalliner Cellulose verschieden ist, wobei die Zu- sammensetzung Povidon umfasst und durch Nassgranulation hergestellt wird, und wobei die Menge an Sprengmittel, wenn in der Zusammensetzung vorhanden, bis zu ungefähr 6 Gew.-% beträgt, und wobei das Sprengmittel ausgewählt ist aus Natriumstärkeglycolat und Croscarmellose-Natrium, zur Behandlung von Patienten mit Parkinsonscher Krankheit mit End-of-dose Wearing-off Symptomen“.
Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 5 entsprechen denen gemäß Hilfsantrag 2 mit dem Unterschied, dass Patentanspruch 9 das zusätzliche Merkmal enthält, dass die Zusammensetzung „Volumenabmessungen von 300 bis 600 mm3 hat“.
Die Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 6 entsprechen denen gemäß Hilfsantrag 1 mit dem Unterschied, dass die Merkmale der Patentansprüche 2 und 3 verbunden mit „oder“ als zusätzliche Merkmale dem Patentanspruch 1 hinzugefügt werden, und die Nummerierung und Bezüge der übrigen Patentansprüche entsprechend angepasst werden.
Hilfsantrag 7 entspricht dem Hauptantrag mit dem Unterschied, dass Patentanspruch 9 gestrichen wird und die Nummerierung und Bezüge der übrigen Ansprüche entsprechend angepasst werden.
Hilfsantrag 7a entspricht Hilfsantrag 6 mit dem Unterschied, dass Patentanspruch 9 gestrichen wird und die Nummerierung und Bezüge der übrigen Ansprüche entsprechend angepasst werden.
Die Beklagte stützt ihr Vorbringen auf folgende Dokumente:
B1 „Klinische Neurologie“ (Hrsg.: P. Berlit), 1999, Springer Verlag, Berlin, S. 863 bis 879 B2 Bushmann, M. et al., Neurology 1989, 39, S. 1309 bis 1314 B3 „Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie“, (Hrsg.: W. Forth et al.), 7. Aufl., 1996, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, S. 279 bis 284 B4 „Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie“ (Hrsg.: W. Forth et. al.), 8. Aufl., 2001, Urban & Fischer München, S. 331 B5 Novartis Pharma AG: Comtan/Stalevo – Physicochemical Data sheet B6 USP 32, General Notices, S. 5 „5.30. Description and Solubility” B6a Table 2.2: Descriptive solubility: USP and PhEur terms for describing solubility, 1 Seite B7 Amidon, G. L. et al., Pharm. Res. 1995, 12, S. 413 bis 420 B8 Harris, R. Molecular profiles™ - Pharmaceutical Development Services, 2011, S. 16 bis 19 B9 „Pharmazeutische Technologie“ (Hrsg.: Voigt, R.), 9. Aufl., 2000,
Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, Kapitel 7.1 1 Seite) B10 Hutton, J. T. and Morris, J. L., CNS Drugs 1994, 2, S. 110 bis 119 B11 Morris, H., Primary Health Care, 2006, 16, S. 34 bis 36 B12 Rinne, U. K. et al., Neurology 1998, 51, S. 1309 bis 1314 B13 EMEA 2004: Stalevo® - Scientific Discussion, S. 1 bis 23 B14 Gutachten Prof. A. Lamprecht vom 20. März 2013 mit 9 Anlagen:
4. Anlage: Kankkunen, 1T. et. al., European Journal of Pharmaceutical Sciences 2002, 16, S. 273 bis 280 B15 EMA/52316/2011: Assessment Report for Entacapone TEVA, Procedure No.: EMEA/H/C/002075, S. 1 bis 14 B16 EMEA: Note for Guidance on the Investigation of Bioavailability and Bioequivalence, 14. Dezember 2000, S. 1 bis 18 B17 FDA: Guidance for Industry - Bioavailability and Bioequivalence Studies for Orally Administered Drugs Products – General Considerations, März 2003, S. 1 bis 23 B18 Excel-Tabellen mit Rohdaten für die klinischen Studien 2939085 und 2939093, 2 Seiten B19 Gutachten Prof. Dr. H. G. Schweim vom 29. März 2014 B20 „Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch“, 8. Aufl., 1998, Walterde Gruyter, Berlin, S. 146 B21 Gutachten Prof. P. Jenner vom 27. März 2014 B22 Myllylä, V. et al., Acta Neurol. Scand. 2006, 114, S. 181 bis 186 B23 MDS-UPDRS-Fragebogen 1. Juli 2008 B24 Gutachten Prof. A. Lamprecht vom 27. März 2014 (inkl. Anlagen B24a bis B24c) B25 vergleichende Bilder Stalevo® 100 mit Comtan®/Comtess® und Sinemat® Plus 100/25 B26 Orion Pharma Fachinformation: Stalevo Filmtabletten, Januar 2013 B27 ratiopharm GmbH - Fachinformation: Levodopa/Carbidopa/
Entacarpon-ratiopharm® Filmtabletten, März 2014 B28 Decentralised Procedure, Public Assessment Report Levodopa ; Carbidopa , Entacapone, Procedure No.: DE/H/3946/001-007/DC Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerinnen in allen Punkten entgegen. Sie ist insbesondere der Meinung, die in den Patentansprüchen 1 und 9 genannten Merkmalskombinationen ergäben sich aus dem Gesamtzusammenhang des Streitpatents bzw. dem Beispiel 2 der Anmeldungs- sowie Prioritätsunterlagen. Ferner sei die Lehre so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen könne, denn die streitpatentgemäßen Ausführungsbeispiele offenbarten unmissverständlich, wie er zu der erfindungsgemäßen festen oralen Zusammensetzung kommen könne.
Die Bereitstellung der beanspruchten Zusammensetzungen sei auch nicht nahe gelegen, da sich im Stand der Technik kein Hinweis fände, der dem Fachmann eine Veranlassung habe geben können, eine gemeinsame feste orale Zusammensetzung der Wirkstoffe Levodopa, Carbidopa und Entacapon bereitzustellen. Denn alle Entgegenhaltungen, welche die gemeinsame Gabe dieser Wirkstoffe beträfen, lehrten deren Verabreichung in getrennten Darreichungsformen. Zudem würde der Fachmann immer die zu berücksichtigenden Hindernisse/Probleme – die mit der Bereitstellung einer solchen Darreichungsform bei gleichzeitiger Beibehaltung ei- ner hinreichenden Stabilität und einer ausreichenden Bioverfügbarkeit aller drei Wirkstoffe sowie der Tablettengröße einhergehen – gegen eine hypothetisch mögliche Verbesserung der Compliance abwägen.
Von Seiten des Senates ist im Zusammenhang mit dem qualifizierenden Hinweis ferner über das als Ni 33 von der Klägerin zu 1 bereits eingereichte Zitat aus dem Fachbuch „Die Tablette“ Hrsg.: W. A. Ritschel, 1. Aufl., 1966, Editio Cantor KG, Aulendorf/Württ., S. 197 hinaus auf die Seiten 85 bis 87, 191 bis 193, 196 und 198 dieses Standardwerkes verwiesen worden.
Entscheidungsgründe Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit, der unzulässigen Erweiterung und mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ (Art. 56 EPÜ) und Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit b) und c) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig.
Soweit die Beklagte das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 82 Rdn. 90 m. w. Nachw.; Schulte/Voit, PatG, 9. Aufl., § 81 Rdn. 128).
Auch im Übrigen hat die Klage Erfolg.
I.
1. Das Streitpatent betrifft pharmazeutische Zusammensetzungen, die Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder ein pharmazeutisch akzeptables Salz oder Hydrat davon umfassen, ein Herstellungsverfahren für diese Zusammensetzungen sowie die Verwendung von Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder eines
- 17 pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit (vgl. Ni 1 S. 2 Abs. [0001]). Bei den für die therapeutische Wirkung der vorliegend beanspruchten pharmazeutischen Zusammensetzungen verantwortlichen Verbindungen handelt es sich um
- Levodopa = (-)-L-α-Amino-β-(3,4-dihydroxyphenyl)propansäure
- Entacapon = (E)-2-Cyano-3-(3,4-dihydroxy-5-nitrophenyl)-N,N-diethyl2-propenamid sowie - Carbidopa = (-)-L-α-Hydrazino-α-methyl-β-(3,4-dihydroxyphenyl)propansäure Die gemäß Streitpatent zur Behandlung vorgesehene Erkrankung, das ParkinsonSyndrom, beruht auf einem Mangel des Neurotransmitters Dopamin. Diesem Mangel kann durch die Gabe der Dopamin-Vorstufe Levodopa gegengesteuert werden. Die Einnahme dieses Wirkstoffes, der die Blut-Hirn-Schranke passieren kann und am Wirkungsort zu Dopamin abgebaut wird, hat sich daher als Standardmedikation bei der Behandlung von Morbus Parkinson etabliert. Allerdings erfolgt die Metabolisierung dieses Wirkstoffes bereits auch in der Körperperipherie. Diese Reaktion trägt nicht nur zur Wirkungsverminderung bei, sondern führt zudem zu unerwünschten Nebenwirkungen. Daher wird Levodopa häufig in Kombination mit Substanzen verabreicht, die selektiv dessen Abbau hemmen. Zu diesen Substanzen zählte bereits vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt Carbidopa, das die Decarboxylierung von Levodopa zu Dopamin hemmt, und - mit Zulassung in Europa im Jahr 1998 - Entacapon, ein Catecholamin-O-Methyltransferase-Hemmer (= COMT-Hemmer), der den Abbau von Levodopa, aber auch von Dopamin zu einem weiteren unwirksamen Metaboliten, dem 3-O-Methyl-Dopamin, verhindert. Die zusätzliche Gabe von Entacapon wird dann vorgeschlagen, wenn sich bei Parkinson-Patienten insbesondere mit fortgeschrittenem Krankheitsverlauf das „on-off-Phänomen“ entwickelt, d. h. motorische Fluktuationen, wie „End-of-Dose“- oder „Wearing-off“-Symtome auftreten (vgl. B1 S. 871 li. Sp. Abs. 4, S. 871/872 re./li Sp. übergreifender Absatz, S. 873 li Sp. Abs. 2, S. 874 re. Sp. Abs. 1, B3 S. 281 „11.2.1 Levodopa“, Ni 7 S. 79 li. Sp.
Abs. 3 und S. 80 li. Sp. Abs. 1 bis re. Sp. Abs. 1 sowie Ni 19 S. 239 „Abstract“ und S. 239/240 „1. Limitations of Levodopa“).
Zum Hintergrund der Erfindung wird im Streitpatent eingangs ausgeführt, dass es sich bei Levodopa und Carbidopa um die am häufigsten verwendeten Arzneimittel bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit handle und diese Wirkstoffe auch im Handel als Kombinationstabletten erhältlich seien. Auch der Catechol-Omethyltransferase-(COMT)-Inhibitor Entacapon sei in Form einer oralen verdichteten Zusammensetzung auf dem europäischen Markt. Allerdings müsse die medikamentöse Behandlung von an Parkinson erkrankten Patienten mehrmals täglich durchgeführt werden, um Symptomfreiheit zu erzielen. Dabei stelle die Einnahme zweier getrennter Tabletten, d. h. einer Entacapontablette und einer Levodopa-Carbidopa-Tablette mehrmals am Tag insbesondere für hochbetagte Parkinson-Patienten mit Tremor ein Problem dar, weshalb die Einhaltung der Medikation durch den Patienten mit der Verwendung einer festen Dosiskombination von Entacapon, Levodopa und Carbidopa merklich verbessert werden könne. Außerdem sei es sehr schwierig, die Absorption von drei verschiedenen aktiven Wirkstoffen aus ein und derselben festen oralen Zusammensetzung einzustellen. Daher müssten in diesem Fall bei der Auswahl der pharmazeutischen Trägerstoffe, Sprengmittel und anderer Hilfsmittel zahlreiche Faktoren bedacht werden, zum Beispiel die chemischen und physikalischen Eigenschaften der aktiven Wirkstoffe und Hilfsmittel, die Bioverfügbarkeit der aktiven Wirkstoffe, das Verfahren zur Herstellung der Zusammensetzung und die Stabilität der Zusammensetzung (vgl. Ni 1 S. 2 Abs. [0002], [0003] sowie [0005]).
2. Eine Aufgabe ist im Streitpatent nicht formuliert. In Anbetracht des vorstehend dargelegten Hintergrundes und unter Berücksichtigung des vom Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleisteten ist die dem Streitpatent zugrunde liegende objektive technische Aufgabe darin zu sehen, eine pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit bereitzustellen, die die Wirkstoffe Entacapon, Levodopa und Carbidopa enthält und eine vergleichbare Wirkung besitzt wie die bekannten getrennten Formulierungen,
somit Bioverfügbarkeitseigenschaften aufweist, die eine ausreichende Absorption der Wirkstoffe ermöglichen, und darüber hinaus gleichzeitig stabil ist sowie leicht zu schlucken ist (vgl. Ni 1 S. 2 Abs. [0003], [0005], [0008] und S. 4 [0026] sowie S. 6 Abs. 0049] i. V. m den Patentansprüchen 1 und 9 gemäß Hauptantrag).
3. Diese Aufgabe wird gelöst gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch eine
1.1. orale feste Zusammensetzung, die 1.2. pharmakologisch wirksame Mengen von a. Entacapon, b. Levodopa und c. Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon und 1.3. einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, wobei 1.4. ein wesentlicher Anteil an Carbidopa von Entacapon und Levodopa getrennt ist, 1.5. wodurch die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den getrennten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen der aktiven Wirkstoffe wie in der festen oralen Zusammensetzung.
Die Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag ferner gelöst durch eine
9.1. stabile orale feste Zusammensetzung, die 9.2. als zur Wirkung beitragende Komponenten a) 200 mg Entacapon und b) pharmakologisch wirksame Mengen an Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon umfasst und 9.3. mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, der von mikrokristalliner Zellulose verschieden ist, 9.4. wobei die Zusammensetzung durch Nassgranulation hergestellt wird, 9.5. zur Behandlung von Patienten mit Parkinsonscher Krankheit mit End-of-dose Wearing-off Symptomen.
Im weiteren wird die Aufgabe gemäß den Patentansprüchen 10, 11, 14 und 15 gemäß Hauptantrag durch ein Verfahren zur Herstellung einer wie in Anspruch 1 definierten festen oralen Zusammensetzung gelöst, welches das separate Mischen und Granulieren von Entacapon und Levodopa, das separate Zugeben von Carbidopa - gegebenenfalls in Form von Granula - und das Formulieren der Mischung in Dosierungsformen umfasst.
Gemäß den Patentansprüchen 17 und 18 wird die streitpatentgemäße Aufgabe des weiteren gelöst durch die Bereitstellung von oralen pharmazeutischen Tabletten nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch die dort genannten Dosierungen, Gewichtsmengen und Volumenabmessungen.
Die Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 19 zudem durch die Verwendung einer Zusammensetzung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 8 zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit gelöst.
4. Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen in der Forschung und Entwicklung eines Arzneimittelunternehmens arbeitenden Pharmazeuten, der auf dem Gebiet der pharmazeutischen Technologie promoviert hat sowie über eine mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Herstellung von festen Arzneistoffzubereitungen verfügt und in einem Team arbeitet, dem jedenfalls ein Pharmakologe und ein Neurologe angehören.
5. Der Senat hatte keine Veranlassung, zu Fragen der Wirkung der Verpressung und zur Bedeutung der patentgemäßen Trennung der Wirkstoffe ein Sachverständigengutachten einzuholen, da diese von den Parteien für beweiserheblich gehaltenen Fragen in erster Linie rechtliche Bewertungen betreffen und die Mitglieder des Senats außerdem fachkundig sind (vgl. dazu Thomas-Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 402 Vorbem. Rn. 3; Schulte/Voit, Patentgesetz, 9. Aufl. § 81, Rn. 157; Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 88 Rn. 6; § 139, Rn. 125).
II.
Die Patentansprüche 1 bis 19 gemäß Hauptantrag, von denen die Unteransprüche 12 und 13 antragsgemäß gestrichen wurden, erweisen sich als nicht bestandsfähig.
1. Nach geltender Rechtsprechung erfordert die Prüfung der Patentfähigkeit die Auslegung des Patentanspruches, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind. Grundlage für die Auslegung ist die Patentschrift, wobei zur Ermittlung des Sinngehaltes eines Merkmals das Verständnis des Fachmannes entscheidend ist, der Begriffe in Patentansprüchen so deutet, wie sie sich ihm anhand des Gesamtinhalts der Patentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung erschließen. Dabei darf die zur Erfassung des Sinngehaltes eines Patentanspruches vorgesehene Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen des betreffenden Patents weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen. Daher darf im Nichtigkeitsverfahren auch bei mehrdeutig bleibenden Formulierungen eine einengende Auslegung von Patentansprüchen grundsätzlich nicht erfolgen, weil mit dieser gegebenenfalls die Schutzfähigkeit eher bejaht werden könnte (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2012, 1124 Ls. 1, Tz [27], [28] - Polymerschaum m. w. N., BGH GRUR 2004, 47 Ls. 1, 48 IV. 1. + a) und 49 IV. 1.b) - blasenfreie Gummibahn I, BGH GRUR 2004, 1023 Ls. 1, 1024. 4.a) - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung, BGH GRUR 2001 232 Ls., 233 I. - „Brieflocher“ sowie BGH GRUR 1999, 909 Ls. 1, 911 III.3.a) - 912 III. 3.c) - „Spannschraube“).
Die Streitpatentschrift enthält hinsichtlich des Merkmals „wobei ein wesentlicher Anteil an Carbidopa von Entacapon und Levodopa getrennt ist“ keine eindeutige Definition sowohl der darunter zu subsumierenden festen Zustandsformen von Entacapon und Levodopa als auch für die Formulierung „ein wesentlicher Anteil“. Daher bedarf es zum Verständnis des strittigen Patentanspruches 1 der Auslegung des in Rede stehenden Merkmales 1.4. gemäß Merkmalsanalyse I.3..
Gemäß den Ausführungen in der Streitpatentschrift (vgl. dazu deutsche Übersetzung Ni 2) weist eine Zusammensetzung das Merkmal „wobei ein wesentlicher Anteil an Carbidopa von Entacapon und Levodopa getrennt ist“ auf, wenn sie vorzugsweise durch separates Vermischen, z. B. Granulieren, von Entacapon- und Levodopa-Teilchen und separates Zugeben von Carbidopa-Teilchen als solche oder in Form von Granalien erhalten worden ist. Dabei können alle drei in dieser Zusammensetzung enthaltenen, zur therapeutischen Wirkung beitragenden Komponenten jeweils getrennt voneinander vorliegen, die Formulierung kann aber auch so erfolgen, dass Carbidopa getrennt von Entacapon und Levodopa vorliegt (vgl. Ni 2 S. 3/20 Abs. [0011], [0013] und [0014] sowie S. 4/20 Abs. [0031] bis [0033]). Des weiteren werden - den Angaben in der Beschreibung folgend - alle arzneilich wirksamen Komponenten in Form von Teilchen zur Formulierung der streitpatentgemäßen Zusammensetzung verwendet, wobei es sich bei diesen im Falle von Entacapon und Levodopa bevorzugt bzw. beispielsweise um Granalien handeln kann (vgl. Ni 2 S. 3/20 Abs. [0011], [0013] sowie S. 4/20 Abs. [0031] und [0033]). Auch die weiteren Ausführungen im Zusammenhang mit der Herstellung von Zusammensetzungen wie sie mit dem Patentanspruch 1 beansprucht werden, konzentrieren sich auf diese Verfahrensmaßnahme (vgl. Ni 2 S. 7/20 Abs. [0053] und [0054] sowie S. 10/20 „Beispiel 2“ i. V. m. S. 11/20 Tab. 2). Nachdem es sich bei der Verwendung von Granalien jedoch lediglich um eine vorzugsweise bzw. beispielsweise zu ergreifende Verfahrensmaßnahme handelt, ist der Begriff "Teil- chen" auch im Zusammenhang mit den Komponenten Entacapon und Levodopa nicht ausschließlich auf diese Ausführungsform beschränkt zu lesen. Dies erweist sich auch anhand der Patentansprüche 10 und 11, die jeweils ein Verfahren zur Herstellung einer Zusammensetzung nach Anspruch 1 angeben, gemäß dem die Komponenten Entacapon, Levodopa und Carbidopa an sich, ohne Einschränkung der Zustandsform zur Herstellung der beanspruchten Zusammensetzung eingesetzt werden.
Der Begriff „Teilchen“ wird für alle zur Wirksamkeit der beanspruchten Zusammensetzung beitragenden Komponenten Entacapon, Levodopa und Carbidopa in den die Erfindung erläuternden Teilen der Streitpatentschrift verwendet und ist daher für diese drei Komponenten gleich zu definieren. Die Basis hierfür findet sich in den Absätzen [0031] und [0033] der Streitpatentschrift. Im Absatz [0031] wird das hier diskutierte Merkmal 1.4 gemäß Merkmalsanalyse I.3. anhand des Herstellungsverfahrens erläutert, im Absatz [0033] wiederum wird die im Absatz [0031] in Verbindung mit der Zugabe von Carbidopa verwendete Formulierung „Teilchen als solche“ definiert. Danach handelt es sich bei Teilchen, die als solche bzw. extragranulär vorliegen, um solche in Pulverform (vgl. Ni 2 S 4/20 Abs. [0031] und [0033]). Die im Merkmal 1.4. der Merkmalsanalyse II.3. genannte zwingende Maßgabe des getrennten Vorliegens von Carbidopa wird mit der Verwendung von Entacapon und Levodopa auch in dieser Zustandsform gleichfalls erfüllt, denn in einer Pulvermischung bestehend aus mehreren Komponenten liegen diese nach einem bloßen Vermischen weiterhin physikalisch getrennt voneinander vor.
Unter Berücksichtigung des Gesamtinhaltes der Streitpatenschrift ist die in Rede stehende Maßgabe im Patentanspruch 1 daher nicht einschränkend auf das Vorliegen von Entacapon/Levodopa-Granalien zu verstehen, sondern umfasst gleichermaßen das Vorliegen der einzelnen Komponenten in Pulverform.
Vor diesem Hintergrund wird der Fachmann die weitere, in der Streitpatentschrift nicht definierte Maßgabe in dem in Rede stehenden Merkmal, nämlich den Passus
„wesentlicher Anteil“, als Angabe dafür lesen, dass Carbidopa als solches getrennt von den beiden weiteren an der pharmakologischen Wirkung beteiligten Komponenten, Entacapon und Levodopa, vorliegt. Denn weder der Beschreibung der Streitpatentschrift noch den Beispielen sind Anhaltspunkte dahingehend zu entnehmen, die beanspruchte Zusammensetzung gemäß Patentanspruch 1 umfasse auch solche Zubereitungen, die nebeneinander Carbidopa und Levodopa/Entacapon in zumindest zwei unterschiedlichen Formulierungen enthalten d. h. Carbidopa sowohl getrennt als auch nicht getrennt von den zwei weiteren an der therapeutischen Wirksamkeit beteiligten Komponenten. Vielmehr sind in der gesamten Streitpatentschrift ausschließlich solche Ausführungsformen beschrieben, bei denen Entacapon, Levodopa und Carbidopa zusammen in einem Arbeitsschritt zur streitpatentgemäßen oralen festen Zusammensetzung granuliert worden sind (vgl. Ni 2 S. 4/20 Abs. [0028], S. 5/20 Abs. [0037] und S. 8/20 „Beispiel“ 1 i. V. m. S. 9/20 Tab. 1) oder Carbidopa separat zu einer Mischung von Entacapon und Levodopa zugegeben worden ist (vgl. Ni 2 S. 4/20 Abs. [0032] sowie S. 10/20 „Beispiel 2“ i. V. m. S. 11/20 Tab. 2).
2. Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, inwiefern von Seiten der obsiegenden Klägerinnen geltend gemachte Bedenken hinsichtlich der formalen Zulässigkeit der Patentansprüche und sowie der verspäteten Einreichung der neuen Anträge begründet sind.
3. Es ist ferner nicht entscheidungserheblich, inwiefern die Neuheit der beanspruchten Gegenstände gegeben ist. Sowohl die orale feste Zusammensetzung gemäß Patentanspruch 1 und die stabile orale feste Zusammensetzung gemäß Patentanspruch 9 als auch das gemäß den nebengeordneten Patentansprüchen 10, 11, 14 und 15 beanspruchte Verfahren zur Herstellung einer wie im Anspruch 1 definierten oralen festen Zusammensetzung bzw. die gemäß den nebengeordneten Patentansprüchen 17 und 18 beanspruchten oralen pharmazeutischen Tabletten nach Anspruch 1 und die gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 19 beanspruchte Verwendung der Zusammensetzung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 8 sind für nichtig zu erklären, weil deren Bereitstellung jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3.1. Vorliegend ist der Fachmann, der auf der Suche nach einer medikamentösen Behandlung ist, mit der die Patienten-Compliance von am Parkinson-Syndrom Erkrankten, und dieses insbesondere von Patienten, die bereits die Symtome einer „End-of-Dose“- oder „Wearing-off“-Akinese aufweisen, verbessert werden kann (vgl. Ni 2 S. 2/20 Abs. [0003] und S. 3/20 Abs. [0016]), und dem - wie einleitend in der Streitpatentschrift dargelegt - die Einnahme von Levodopa/Carbidopa sowie Entacopon in zwei getrennten Tabletten als therapeutische Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Symptomfreiheit bei dieser Patienten-Gruppe bekannt ist (vgl. Ni 2 S. 2/20 Abs. [0002] und [0003]), vor die Aufgabe gestellt, für diese drei die Wirksamkeit bestimmenden Substanzen, eine Formulierung zu finden, die mit dem gleichen therapeutischen Ergebnis eingesetzt werden kann, wie die getrennten Formulierungen. Dabei liegt es für den Fachmann, der sich mit dem Problem befasst, eine Zusammensetzung bereitzustellen, die vorteilhafte Wirkungen auf Risikofaktoren für bestimmte Erkrankungen hat, nahe, sich zunächst mit für diese Wirkungen bereits bekannten, aber noch nicht intensiver untersuchten Zusammensetzungen zu befassen (BGH GRUR 2010, 607 Ls., 611 Tz. 70 - Fettsäurezusammensetzung).
Ausgangspunkt zum Auffinden einer Lösung des dem Streitpatent zugrunde liegenden Problems stellt daher die österreichische Patentschrift 401 053 (= Ni 24) dar - ein Familienmitglied des eingangs der Streitpatentschrift im Zusammenhang mit der Darstellung des Standes der Technik zitierten US-Patents 5 446 194 A (= Ni 5). Die Druckschrift Ni 24 betrifft die Bereitstellung von Brenzkatechin-Derivaten und deren Verwendung als Arzneimittel (vgl. Patentansprüche 1 und 27 i. V. m. Beschreibung S. 2 Z. 1 bis 43 und S. 5 Z. 53 bis 56). Im Zusammenhang mit dem für diese Verbindungen in Betracht zu ziehenden Anwendungsgebiet wird insbesondere die Behandlung des Parkinson-Syndroms genannt (vgl. S. 5 Z. 57 und 58). Es ist auch nur diese Indikation, die explizit in den auf die Verwendung der dort genannten Verbindungen bzw. auf Arzneimittel gerichteten Patentansprü- chen 28, 29 und 31 angegeben ist. Diese Arzneimittel enthalten in einer bevorzugten Ausführungsform gemäß Patentanspruch 33 i. V. m. den Patentansprüchen 30 und 32 eine Verbindung der allgemeinen Formel I nach einem der Ansprüche 1 bis 25 sowie Levodopa und zusätzlich Carbidopa als peripheren Decarboxylase-Inhibitor. Der Rückbezug auf Verbindungen der allgemeinen Formel I nach einem der Ansprüche 1 bis 25 ist dabei nicht nur auf Patentansprüche gerichtet, die unter die allgemeine Formel I subsumierbare Verbindungsgruppen angeben, sondern mit den Patentansprüchen 11 bis 25 auch auf Patentansprüche, die konkret Verbindungen benennen. Gemäß Patentanspruch 22 handelt es sich dabei um die - mit Beispiel 100 hergestellte - Verbindung N,N-Diäthyl-2-cyano-3(3,4-dihydroxy-5-nitrophenyl)-acrylamid, d. h. um Entacapon. Somit wird mit Patentanspruch 33 ein Arzneimittel zur Behandlung des Parkinson-Syndroms angegeben, das Entacapon, Levodopa und Carbidopa als arzneilich wirksame Komponenten enthält. Übereinstimmend damit wird in der Beschreibung dieser Patentschrift nicht nur ausgeführt, dass sich die dort beschriebenen Brenzkatechin-Derivate insbesondere zur Behandlung des Parkinson-Syndroms eignen, und dieses bevorzugt in Kombination mit Levodopa auch in der gleichen Dosierungsform, sondern auch, dass dieser Zusammensetzung zudem als weitere dritte Komponente Carbidopa zugesetzt werden kann (vgl. Beschreibung S. 5 Z. 57 bis S. 6 Z. 2). Als in Betracht zu ziehende Verabreichungswege werden im weiteren sowohl der enterale als auch der parenterale Weg beschrieben und als dafür geeignete Dosierungsformen neben Injektionsflüssigkeiten feste orale Zubereitungen wie Tabletten und Pillen genannt. Bezugnehmend auf dieses wird ferner ausgeführt, dass sie auf üblichem Wege unter Verwendung üblicher pharmazeutisch verträglicher Träger-, Hilfs- und Zusatzstoffe, wie Gleitmittel oder Füllstoffe, hergestellt werden könnten (vgl. Beschreibung S. 6 Z. 4 bis 8). Dem zu Folge offenbart die österreichische Patentschrift Ni 24 eine orale feste Zusammensetzung, die die Merkmale 1.1 bis 1.3 der Merkmalsanalyse I.3. aufweist.
Ausgehend von diesem Stand der Technik bedurfte es keines erfinderischen Zutuns, zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe, eine feste orale Zusammensetzung, wie sie mit dem Patentanspruch 1 angegeben ist, vor- zuschlagen, d. h. eine Zusammensetzung, in der Carbidopa getrennt von Entacapon und Levodopa vorliegt und die eine vergleichbare therapeutische Wirkung bei der Behandlung des Parkinson-Syndroms aufweist, wie die bekannten getrennten Zubereitungen.
Dazu musste der Fachmann nur der mit der Druckschrift Ni 24 vermittelten Lehre folgen und diese verwirklichen, d. h. die vorliegend in Rede stehenden, zur Behandlung des Parkinson-Syndroms in der Praxis bereits erprobten arzneilichen Stoffe Levodopa, Carbidopa und Entacapon (vgl. Ni 2 S. 2/20 Abs. [0002]) gemeinsam in einer Darreichungsform formulieren. In diesem Zusammenhang von den zwei im Dokument Ni 24 genannten Darreichungsformen die orale, feste Dosierungsform - wie z. B. eine Tablette oder Pille - auszuführen, lag auf der Hand, nachdem die Verabreichung des zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits üblichen Kombinationspräparates von Levodopa und Carbidopa ebenso in Form einer oralen, festen Formulierung erfolgte, wie die des Entacapon enthaltenden Monopräparates (vgl. Ni 2 S. 2/20 Abs. [0002] und S. 6/20 Abs. [0049] und [0052] 1. Satz).
Mit dem Aufgreifen der mit der Druckschrift Ni 24 gegebenen Anregung, Levodopa, Carbidopa und Entacapon gemeinsam in einer oralen, festen Dosierungsform z. B. als Tablette zu formulieren, verwirklichte sich ferner ohne weiteres Zutun des Fachmannes in Folge der einfachsten Ausführung einer festen oralen Dosierungsform auch das weitere, die Zusammensetzung nach Patentanspruch 1 kennzeichnende Merkmal 1.4 der Merkmalsanalyse I. 3, gemäß dem in der beanspruchten Zusammensetzung ein wesentlicher Anteil an Carbidopa von Entacapon und Levodopa getrennt ist. Denn dabei handelt es sich um die Direkt-tablettierung. Bei dieser wird die trockene Pulvermischung, d. h. eine Mischung von Substanzteilchen aus therapeutischen Komponenten und Hilfsmitteln, lediglich verpresst. Da die Herstellung einzig über die Anwendung von Druck auf die zu tablettierende Masse erfolgt, führt dieses Verfahren im Ergebnis zu Tabletten, in denen die Komponenten, die die therapeutische Wirksamkeit der beanspruchten Zusammensetzung bestimmen, weiterhin - wie in der ursprünglichen Pulvermischung - jeweils im Wesentlichen getrennt von einander vorliegen (vgl. Ni 25 S. 315 Abb. 14.18 Querspalte: „Einfache Tabletten“ i. V. m. S. 321 li. Sp. Abs. 1 Satz 1 sowie S. 322 li. Sp. Abs. 6 bis re. Sp. Abs. 4). Dieses trifft vorliegend um so mehr zu, als die in Rede stehenden pharmakologisch wirksamen Substanzen zudem in einer Mischung mit weiteren zur Herstellung oraler fester Zusammensetzung erforderlichen Formulierungshilfstoffen vorliegen, die den direkten Kontakt der Wirkstoffe zueinander verhindern können (vgl. Ni 2 Patentanspruch 1 und Beschreibung S. 4/20 Abs. [0031] und [0032] sowie B14 S. 4 Abs. 3). Somit ergibt sich die mit Merkmal 1.4 gemäß Merkmalsanalyse I.3. genannte Maßgabe zwangsläufig als unmittelbare Folge der mit dem Dokument Ni 24 nahegelegten Verwirklichung eines Standardverfahrens (vgl. BGH GRUR 2013, 363 2. Ls., 365 Tz. [27] - Polymerzusammensetzung).
Das Merkmal 1.5 gemäß Merkmalsanalyse I.3., wonach „die mit der Zusammensetzung erzielte therapeutische Wirkung bei der Behandlung der Parkinsonschen Krankheit vergleichbar ist mit der, die erzielt wird mit den getrennten Zubereitungen von Entacapon und Levodopa-Carbidopa, die gleichzeitig verabreicht werden, bei denselben Dosen der aktiven Wirkstoffe wie in der festen oralen Zusammensetzung“ vermag ebenfalls keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern es sich bei diesem Merkmal lediglich um die Angabe der der vorliegenden Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe handelt (vgl. BGH GRUR 1985, 31 1. Ls., 32 II.2.e) und f) - „Acrylfasern“). Auch mag die von den Klägerinnen angegriffene Ausführbarkeit gegeben sein. Denn, wie z. B. anhand des Übersichtsartikels Ni 7, der sich mit Studien zur Behandlung von an der Parkinsonschen Krankheit leidenden Patienten mit Levodopa/Carbidopa und Entacapon befasst, zu ersehen ist, sind dem mit der Entwicklung von Arzneimitteln befassten Fachmann sowohl die Planung als auch die Durchführung vergleichender Studien zur Überprüfung neuer Wirkstoff-Kombinationen im Vergleich zu üblichen Standardmedikationen wohl bekannt (vgl. S. 83 li. Sp. „Other Effects in Humans“ bis S. 86 re. Sp. Abs. 4).
Diese therapeutische Wirkung ist jedenfalls nicht das Ergebnis von Überlegungen erfinderischer Art, sondern das Ergebnis nahegelegten Handelns, nachdem der Fachmann zur Lösung der vorliegenden Aufgabe - wie vorstehend dargelegt - lediglich der im Dokument Ni 24 gegebenen Anregung zu folgen brauchte, Levodopa, Entacapon und Carbidopa unter Verwendung üblicher pharmazeutisch verträglicher Hilfsstoffe gemeinsam formuliert in einer oralen, festen Dosierungsform, wie z. B. einer Tablette, bereitzustellen (vgl. BGH GRUR 2003, 693 Ls. - Hochdruckreiniger, BGH GRUR 2003, 317 Ls., 320 II.2.d)bb) - Kosmetisches Sonnenschutzmittel sowie BGH GRUR 2010 607, 612 Tz. [80] - Fettsäurezusammensetzung). Zudem konnte der Fachmann dieses angestrebte Ergebnis für eine Zusammensetzung gemäß strittigem Patentanspruch 1 hinsichtlich der drei in Rede stehenden zur Wirkung beitragenden Substanzen von vornherein erwarten, wurden diese - auch wenn sie zum maßgeblichen Zeitpunkt zum Teil getrennt formuliert vorlagen - zur Behandlung des Parkinson-Syndroms in der Praxis doch üblicherweise gleichzeitig verabreicht. Wirkungsbeeinträchtigungen, die nach der Einnahme durch den Patienten auf die gleichzeitige Anwesenheit von Levidopa, Carbidopa und Entacapon zurückzuführen gewesen wären, wurden dabei nicht beobachtet (vgl. B1 S. 874/876 seitenübergreifender Absatz, B12 S. 1309 „Abstract – Methods“, S. 1310 li. Sp. Abs. 1 le. Satz und Abs. 2 sowie re. Sp. Abs. 1 und Ni 7 S. 79 re. Spalte "Dosages and Administration"). Einen Überblick darüber, inwiefern sich der angestrebte Erfolg mit einer Zusammensetzung, wie sie im strittigen Patentanspruch 1 angegeben wird, sodann tatsächlich einstellt, konnte sich der Fachmann in Kenntnis der Druckschrift Ni 24 daher anhand weniger Versuche verschaffen. Weder die Planung noch die Ausführung solcher Versuche erfordert daher ein erfinderisches Zutun, denn ihre Durchführung ist zwingender Bestandteil jeder Arzneimittelentwicklung und daher dem üblichen Aufgabenkreis des Fachmannes zuzurechnen.
Der von der Beklagten als Beweisanzeichen für eine erfinderische Tätigkeit geltend gemachte unerwartete Effekt einer verbesserten Bioverfügbarkeit der therapeutisch wirksamen Substanzen kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Zwar kann ein überraschender technischer Erfolg als Beweisanzeichen für erfinderische Tätigkeit angesehen werden. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn, wie vorliegend, die Bereitstellung einer oralen, festen Zusammensetzung, die pharmakologisch wirksame Mengen an Entacapon, Levodopa und Carbidopa oder pharmazeutisch akzeptable Salze oder Hydrate davon enthält, wobei ein wesentlicher Anteil an Carbidopa von Entacapon und Levodopa getrennt ist, nahegelegt war. Denn dann begründen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH a. a. O. „Hochdruckreiniger“, „Kosmetisches Sonnenschutzmittel“ und „Fettsäurezusammensetzung“) damit erzielte Effekte, selbst wenn erheblich bessere Eigenschaften erhalten werden sollten, keine erfinderische Leistung, sondern sind als Folge des durch den Stand der Technik nahegelegten Handelns anzusehen.
Die Beklagte hat desweiteren vorgetragen, die Zusammensetzung gemäß strittigem Patentanspruch 1 habe sich ferner als stabil erwiesen. Zurückzuführen sei dies auf das von Entacapon und Levodopa getrennte Vorliegen von Carbidopa. Auch dieser Einwand kann den Senat indessen nicht überzeugen. In der Streitpatentschrift selbst werden Stabilitätsprobleme ausschließlich im Zusammenhang mit der Verwendung der Hilfsstoffe beschrieben (vgl. Ni 2 S. 3/20 Abs. [0010], S. 4/20 Abs. [0028] und [0036] bis S. 5/20 Abs. [0045]). Bezugnehmend auf die therapeutisch wirksamen Substanzen Entacapon, Levodopa und Carbidopa hingegen wird ausgeführt, dass diese als solche miteinander kompatibel seien (vgl. Ni 2 S. 4/20 Absatz [0035]). Auch der Verweis der Beklagten auf das Dokument B14 – 4. Anlage: Kankkunen,T. et al., European Journal of Pharmaceutical Science 2002, 16, S. 273 bis 280 -, gemäß dem es sich bei der Substanz Levodopa um einen sehr hydrophilen Wirkstoff handle, für den der Fachmann – und hier verweist sie auf das Gutachten Ni 26, S. 6/7 seitenübergreifender Absatz - daher aus Stabilitätsgründen keine Direktverpressung in Betracht gezogen hätte, kann zu keiner anderen Beurteilung führen (vgl. Kankkunen, T. et. al., S. 273 Titel, „Abstract“ sowie li. Sp. Abs. 2 bis re. Sp. Abs. 2). Weder das vorliegende Schrifttum noch die Streitpatentschrift enthalten Hinweise dahingehend, dass die dem Fachmann an sich bekannten physikalisch-chemischen Eigenschaften der Wirkstoffe hinsichtlich der Stabilität oraler fester Zusammensetzungen ein Problem darstellten, welches den Fachmann davon abhalten würde, einzelne der ihm bekannten üblichen Herstel- lungsverfahren von vornherein auszuschließen. Vielmehr wird die Bedingung für die von der Beklagten geltend gemachte Stabilität der beanspruchten Zusammensetzung, die gemäß ihren Ausführungen im getrennten Vorliegen der pharmakologisch wirksamen Komponenten liegt, wie vorstehend dargelegt bereits mit der Anwendung der Direktverpressung erzielt. Daher handelt es sich bei der von der Beklagten geltend gemachte Stabilität der mit dem strittigen Patentanspruch 1 beanspruchten oralen, festen Zusammensetzung ebenfalls um eine Folge nahe gelegten Handelns, was nicht zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit beitragen kann.
Schließlich hat die Beklagte argumentiert, der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt eine Dosierungsform zu entwickeln, in der Levodopa, Carbidopa und Entacapon gleichzeitig vorliegen. So habe sich - in diesem Zusammenhang verweist sie auf die Druckschriften Ni 6, S. 47 Abs. 1 und S. 54/55 seitenübergreifender Satz sowie Ni 7 S 86 re. Sp. Abs. 2 i. V. m. S. 87 li. Sp. Abs. 3 - in den dort beschriebenen Studien gezeigt, dass im Hinblick auf die Verstoffwechselung von Levodopa/Carbidopa Präparate mit kontrollierter Freisetzung zu bevorzugen seien. Zudem müsse Entacapon - zu ersehen sei dies anhand der Ausführungen auf S. 31/32 des Dokumentes Ni 10b, bei dem es sich um die Niederschrift einer Diskussion zur Frage handelt, inwiefern eine Nebenbehandlung von Levodopa mit Entacapon nützlich sei - nicht regelmäßig mit Levodopa verabreicht werden. Dieser Stand der Technik führe den Fachmann daher weg von einer fixen Zusammensetzung. Vielmehr würde er davon ausgehend die in Rede stehenden therapeutisch wirksamen Substanzen weiterhin getrennt verabreichen und für diese ein besseres Dosierungsschema entwickeln. Dieser Einwand vermag den Senat gleichfalls nicht zu überzeugen. Denn die österreichische Patentschrift Ni 24 schlägt bereits vor, Entacapon, Levodopa und Carbidopa in einer Dosierungsform zu formulieren. Aber auch aus den von der Beklagten zitierten Dokumenten lassen sich die von ihr gezogenen Schlussfolgerungen nicht ableiten. So mag in der Diskussion Ni 10b zwar erörtert worden seien, dass es nicht notwendig sei, mit jeder Levodopa-Gabe auch Entacapon zu verabreichen. In seiner die Diskussion abschließenden Schlussfolgerung führt der Diskussionsleiter jedoch aus, dass Entacapon dennoch mit jeder Levodopa-Gabe verabreicht werden sollte, um dessen Wirkung zu erreichen (vgl. S. 32 li./re. Sp. übergreifender Absatz). Auch die im Dokument Ni 6 beschriebenen Studienergebnisse zur Anwendung einer Levodopa/Carbidopa kontrolliert freisetzenden Zusammensetzung sind nicht dazu geeignet, den Fachmann von der Entwicklung einer Levodopa, Carbidopa und Entacapon enthaltenden Formulierung abzuhalten. Diese Studien befassen sich mit der Wirkung von Entacapon auf die Pharmakokinetik und den Metabolismus von Levodopa, das dort in Form einer Levodopa/Carbidopa enthaltenden Zusammensetzung mit kontrollierter Freisetzung verabreicht wird. In einem Vergleich mit der Standardzubereitung von Levodopa kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass Entacapon das pharmakokinetische Profil von Levodopa im Falle der kontrolliert freisetzenden Zubereitung verbessere, allerdings in etwas geringerem Maße als bei einem Standardpräparat bzw. Entacapon in Kombination mit Levodopa/Carbidopa in einem kontrolliert freisetzenden Präparat ebenso zu einer Vergrößerung der Fläche unter der Plasmaspiegel-Kurve von Levodopa führe wie es mit der Standardformulierung von Levodopa beobachtet werde (vgl. S. 46 “Summary“, S. 47 Abs. 4, S. 54/55 seitenübergreifender Absatz und S. 55/56 seitenübergreifender Absatz). So wird mit der im Dokument Ni 6 beschriebenen Formulierung zwar eine zum Standardpräparat alternative Dosierungsform angegeben, es wird mit diesem Dokument aber nicht die Lehre vermittelt, die Verabreichung dieser Zubereitungsform sei dermaßen vorteilhaft, dass der Fachmann keine Veranlassung mehr habe, weitere Möglichkeiten der Medikation zu erforschen. Ein Vorbehalt der Fachwelt, Levodopa, Carbidopa und Entacapon in einer Zubereitung zu formulieren ist aus dem Schrifttum daher nicht erkennbar.
Der Patentanspruch 1 ist daher nicht bestandsfähig.
3.2 Der nebengeordnete Patentanspruch 9, der eine stabile orale Zusammensetzung betrifft, ist ebenfalls für nichtig zu erklären.
3.2.1. Dieser Patentanspruch unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 insofern, als die Dosierung von Entacapon mit 200 mg angegeben wird, die Zusammensetzung ferner mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Arzneimittelträger umfasst, der von mikrokristalliner Cellulose verschieden ist, die Zusammensetzung durch Nassgranulation hergestellt wird und zur Behandlung von Patienten mit Parkinsonscher Krankheit mit End-of-Dose Wearing-off Symptomen vorgesehen ist.
3.2.2. Inwiefern die von den Klägerinnen im Zusammenhang mit dem Merkmal 9.4. - der Herstellung der Zusammensetzung durch Nassgranulation - geltend gemachte unzulässige Erweiterung vorliegt, kann dahin gestellt bleiben, obgleich diese Verfahrensweise in der Streitpatentschrift stets nur im Zusammenhang mit den an der Wirkung beteiligten Substanzen selbst, nicht jedoch im Zusammenhang mit der gesamten zu formulierenden - somit die an der Wirkung beteiligten Komponenten und Hilfsstoffe umfassenden - Mischung beschrieben wird (vgl. Ni 1 S. 3 Abs. [0023] sowie S. 7 [0057] i. V. m. S. 7/8 Tabelle 1).
3.2.3. Die Bereitstellung der beanspruchten stabilen oralen festen Zusammensetzungen gemäß Patentanspruch 9 beruht jedenfalls gleichfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Bei Parkinson-Patienten mit Levodopa/Carbidopa-Medikation treten als Folge einer Langzeiteinnahme von Levodopa motorische Fluktuationen, wie Wearing-off und End-of-dose-Akinese, auf. Zurückgeführt wird dies unter anderem darauf, dass infolge der üblichen Medikation von Levodopa zusammen mit einem peripheren Decarboxylase-Inhibitor wie Carbidopa oder Benzerazid, Levodopa verstärkt durch das Enzym Catechol-O-methyl-transferase (COMT) verstoffwechselt wird. Dabei kommt es zur Bildung von 3-O-Methyldopa, das mit Levodopa um die Aufnahme in das Gehirn konkurriert. Da dessen Halbwertszeit zudem länger ist als jene von Levodopa, kommt es zu einer Akkumulation dieses Abbauproduktes und in der Folge zu hohen Plasma-Konzentrationen von 3-O-Methyldopa. (vgl. Ni 7 S. 80 li. Sp. Abs. 2 i. V. m. S. 81 Fig. 1). Der Fachwelt war es zum maßgeblichen Zeitpunkt jedoch auch bekannt, dass mit der Verabreichung von Entacapon, einem COMT-Inhibitor, diesem Phänomen entgegen gewirkt werden kann (vgl. Ni 7 S. 80 li./re. Sp. übergreifender Absatz sowie B12 S. 1309 Titel, „Abstract -Conclusions“, li./re. Sp. übergreifender Abs. und re. Sp. Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie S. 1313 li. Sp. Abs. 4). Es hatte sich nämlich - u. a. im Rahmen der im wissenschaftlichen Artikel B12 der Autoren Rinne, U. K. et. al. aus dem Jahr 1998 beschriebenen Studien - gezeigt, dass mit der Verabreichung von Entacapon in einer Dosierung von 200 mg zusammen mit jeder Gabe von Levodopa/DDC-Inhibitor (= Carbidopa oder Benzerazid) eine signifikante Verlängerung und Steigerung der Patienten-Antwort auf Levodopa erzielt wurde (vgl. S. 1309 „Abstract“, S. 1310 li. Sp. Abs. 2, li./re. Sp. übergreifender Absatz, S. 1313 li. Sp. Abs. 4, li./re. Sp. übergreifender Absatz sowie re. Sp. Abs. 5). Somit lag es auf der Hand, eine Zusammensetzung, wie sie mit der österreichischen Patentschrift Ni 24 offenbart wird, d. h. eine feste, orale Zusammensetzung, die Levodopa, Carbidopa und Entacapon als therapeutisch wirksame Substanzen enthält, im Zusammenhang mit der Behandlung des Parkinson-Syndroms insbesondere zur Behandlung jener Patienten einzusetzen, bei denen sich die Symptome einer motorischen Fluktuation, d. h. einer „End-of-Dose“- oder „Wearing-off“-Akinese, zeigen und dabei Entacapon auch in jener Dosierung, nämlich 200 mg, anzuwenden, mit der die gewünschte Wirkung erzielt werden konnte.
Die im Patentanspruch 9 darüber hinaus genannten Maßgaben gemäß den Merkmalen 9.3 und 9.4 nach Merkmalsanalyse I.3. können weder für sich noch in einer Zusammenschau mit den weiteren Merkmalen des Patentanspruches 9 zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit beitragen.
Den im Zusammenhang mit der Formulierung oraler fester Zubereitungen vielfach verwendeten Tablettierhilfsstoff „mikrokristalline Cellulose“ zumindest teilweise durch von diesem verschiedene, üblicherweise gleichermaßen verwendete Hilfsstoffe zu ersetzen, wenn im Rahmen routinemäßiger Stabilitätsprüfungen, die im Zusammenhang mit einer Arzneimittel-Zulassung auszuführen sind, festgestellt wird, dass der zunächst verwendete Hilfsstoff mikrokristalline Cellulose zu einer Destabilisierung bei der Langzeitlagerung führt (vgl. Ni 2 S. 4/5 Abs. [0036]), bedarf keiner Überlegungen erfinderischer Art. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine selbstverständliche Maßnahme, die zu ergreifen dem Fachmann, der mit der Entwicklung der Galenik einer Wirkstoff-enthaltenden Zubereitung befasst ist, alleine schon seine fachmännische Sorgfalt gebietet. Anstelle dieses als nicht geeignet erkannten Tablettierhilfsstoffes sodann andere funktionsgleiche Hilfsstoffe, wie z. B. die in der Streitpatentschrift beispielsweise genannten Arzneimittelträgerstoffe Mannitol (= Mannit) und Stärke (vgl. Ni 2 S. 5 Abs. [0040]), in Betracht zu ziehen, ist dem Fachwissen - wie die Standardwerke Ni 33, Ni 20 und Ni 21 erweisen - zuzurechnen (vgl. Ni 33, S. 85 „2.2.- Tablettierhilfsstoffe“ und S. 86 Abs. 1 sowie Ni 20 S. 294 li. Sp. „7. Applications….“ Abs. 1 und 2 sowie S. 483 re. Sp. „7. Applications…“ Abs. 1 und 2 und Ni 21, S. 1619 li. Sp. Abs. 3 und 4). Die ihm bekannten und standardmäßig eingesetzten Hilfsstoffe jeweils abhängig von den durch die Wirkstoff-Komponenten vorgegebenen Gegebenheiten einsetzen, zählt daher zum üblichen Aufgabenbereich des Fachmannes.
Ebenso nahe liegend war es für den Fachmann zur Bereitstellung der beanspruchten Zusammensetzung gemäß strittigem Patentanspruch 9 die Nassgranulation in Betracht zu ziehen. Wie anhand des Fachbuches „Pharmazeutische Technologie“ der Autoren K. H. Bauer, K.-H. Frömming und C. Führer (= Ni 25) zu ersehen ist, stehen zur Herstellung fester Formulierungen, wie Tabletten, drei Standardverfahren zur Verfügung, die Direkttablettierung, die Trockengranulierung sowie die Feuchtgranulierung. Unter diesen ist die Feuchtgranulation jene, die zur Herstellung von Tabletten am häufigsten verwendet wird, weil Feuchtgranulate am sichersten und komplikationslosesten zu handhaben sind (vgl. Ni 25 S. 321/322 „4.5 Herstellung von Tabletten“, auch Ni 33 S. 191 Abs. 4 und S. 196 Abs. 5 1. Satz sowie Ni 36 S. 1623, li. Sp. Abs. 2). Nachdem die Fachwelt die Feuchtgranulation somit den anderen Standardverfahren gegenüber als vorteilhafte Verfahrensmethode erachtet, bedurfte es keines erfinderischen Zutuns, diese Maßnahme ebenfalls zu ergreifen. Auch in diesem Fall bedurfte es lediglich weniger Versuche, deren Anlegung und Ausführung zum üblichen Tätigkeitsbereich das Fachmannes zählen, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, inwiefern die Herstellung der Zusammensetzung durch Nassgranulation einen Beitrag zur Verwirklichung des gewünschten Erfolges leistet.
Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, der Fachmann hätte – wie auch im Gutachten B24 auf den Seiten 4 und 5 dargelegt - eine Nassgranulation im vorliegenden Fall nicht in Betracht gezogen, weil mit dieser die Löslichkeit von Entacapon erhöht werden würde und der Wirkstoff in der Folge schneller freigesetzt werden würde. Dies sei anzunehmen, weil das Entacapon enthaltende handelsübliche Präparat „COMTESS®“ durch Trockengranulation hergestellt werde und der Fachmann eine Formulierung anstrebe, die Entacapon ebenso freisetzte wie das bekannte Produkt. Dieses Argument kann zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Wie vorstehend dargelegt handelt es sich bei der Granulation von Wirkstoffen, die trocken oder feucht erfolgen kann, um Standardverfahren im Rahmen der Formulierung fester Zubereitungen. Der Fachmann wird daher um sich einen Überblick zu verschaffen in Vorversuchen beide Verfahren ausführen und nicht von vornherein eine der beiden ihm bekannten Alternativen verwerfen, zumal es sich vorliegend nicht nur um eine einzige zu formulierende Wirkstoffkomponente handelt, sondern um drei pharmakologisch wirksame Substanzen. Anhand der Ergebnisse von diesen beiden standardmäßigen Verfahrensalternativen sodann die für seine Zwecke am besten geeignete auszuwählen, beruht aber nicht auf Überlegungen erfinderischer Art, sondern stellt eine Vorgehensweise dar, die sich im gewohnten Rahmen seiner Tätigkeit bewegt (vgl. BGH GRUR 1996, 857 Ls. 1, 860 III.2.b) - „Rauchgasklappe“ sowie BGH GRUR 2012, 261 Ls. 2, 264 Tz. [46] - Patentfähigkeit eines Verfahrens zur Übertragung elektronischer Postnachrichten).
Der Patentanspruch 9 ist daher ebenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit nicht rechtsbeständig.
3.3. Dieses Schicksal teilen die nebengeordneten Patentansprüche 10, 11, 14, 15, sowie 17 bis 19, für die von Seiten der Beklagten kein erfinderischer Gehalt geltend gemacht wurde. Dieser ist auch für den Senat nicht erkennbar.
3.3.1. Die Patentansprüche 10, 11, 14 und 15 betreffen jeweils Verfahren zur Herstellung einer wie im Anspruch 1 definierten oralen festen Zusammensetzung.
Gemäß den Verfahren nach den Patentansprüchen 10 und 11 wird Carbidopa oder ein pharmazeutisch akzeptables Salz oder Hydrat davon separat zu Entacapon und Levodopa oder pharmazeutisch akzeptablen Salzen oder Hydraten davon zugegeben bzw. davor Entacapon und Levodopa separat gemischt. Dabei aber handelt es sich um Verfahrensschritte, die im Zusammenhang mit der Herstellung von Pulvermischungen stets erfolgen, liegen doch die Ausgangskomponenten einer Mischung, zumal von verschieden zu dosierenden zur therapeutischen Wirksamkeit beitragenden Komponenten, im allgemeinen singulär vor, so dass folglich deren Zugabe an sich auch separat erfolgt.
Die Patentansprüche 14 und 15 betreffen Verfahren zur Herstellung einer wie im Anspruch 1 definierten oralen festen Zusammensetzung, das das Granulieren von Entacapon und Levodopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon zusammen sowie von Carbidopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon alleine und Mischen dieser Granulate bzw. das Granulieren von Entacapon und Levodopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon zusammen und die Zugabe von Carbidopa oder eines pharmazeutisch akzeptablen Salzes oder Hydrates davon umfasst. Das Granulieren von Wirkstoffen stellt - bereits aus Gründen der besseren Handhabung - aber ebenso eine dem Fachmann bekannte und übliche Maßnahme im Rahmen der Herstellung von festen Arzneimittelzubereitungen dar wie die getrennte Granulierung einzelner Komponenten, sollten diese - wie die Beklagte vorgetragen hat - z. B. miteinander nicht kompatibel oder feuchtigkeitsempfindlich sein (vgl. Ni 33 S. 196 Abs. 5 sowie Ni 16 Patentanspruch 1 i. V. m. Beschreibung S. 2 Z. 10 bis 17, S. 4 Z. 54 bis 58). Das Ergreifen der in diesen Patentansprüchen genannten Verfahrensmaßnahmen liegt somit im Rahmen fachmännischen Könnens.
3.3.2. Mit dem Patentansprüchen 17 und 18 werden orale pharmazeutische Tabletten nach Anspruch 1 beansprucht, die zusätzlich sowohl hinsichtlich der Dosismengen für Entacapon, Levodopa und Carbidopa als auch hinsichtlich ihres Gewichtes und ihrer Volumenabmessungen charakterisiert sind.
Ausweislich der Roten Liste 1998 (= Ni 27) bzw. dem Fachbuch B1 werden die Wirkstoffe Levodopa und Carbidopa in Kombination sowie Entacapon standardgemäß als Tabletten in einer Dosierung von 100, 200 oder 250 mg und 25 oder 50 mg bzw. 200 mg eingesetzt (vgl. Ni 27 -"NACOM® 100/-250“ Referenznr.: 70 048 und „Striaton®“ Referenznr.: 70 050 sowie B1 S. 872 re. Sp. Abs. 1 und S. 873 Tab. 39.3. „Darreichungsform - L-Dopa/Carbidopa“, S. 874/876 seitenübergreifender Absatz sowie S. 876 Abs. 2). Kombiniert mit Entacapon in einer Dosierung von 200 mg hatte sich jedoch - wie in dem Richtlinien für eine effektive Verwendung u. a. von Entacapon betreffenden Übersichtsartikel Ni 19 ausgeführt wird - gezeigt, dass die zusätzliche Gabe dieses COMT-Inhibitors in einer Dosierung von 200mg dazu führt, dass die für eine erfolgreiche Behandlung erforderliche Dosismenge von Levodopa reduziert werden kann (vgl. Ni 19 S. 242 re. Sp. Abs. 2 sowie S. 243 re. Sp. Abs. 3). Ausgehend davon anhand von Dosisfindungsstudien sodann jene Dosisbereiche zu ermitteln, mit denen die angestrebte Wirkung erreicht wird, erfordert kein erfinderisches Zutun. Die Anlegung von Dosisfindungsstudien erfordert ebenfalls keine Überlegungen erfinderischer Art, vielmehr ist ihre Durchführung der Routinetätigkeit des Fachmannes zuzurechnen, stellen sie doch eine der grundlegenden Voraussetzungen für jede Arzneimittelentwicklung dar. Die in beiden Ansprüchen darüber hinaus zur Charakterisierung der beanspruchten Tablette genannten Größen- und Volumenparameter können gleichfalls keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Diese Werte entsprechen nämlich jenen, die in der Praxis üblicherweise bei Tabletten Anwendung finden (vgl. Ni 25 S. 316 re. Sp. Abs. 1, Abb. 14.19 sowie Tabelle 14.2). Anhand dieser Vorgaben jene Tablettengröße auszuwählen, die sowohl für den vorliegenden Anwendungsbereich und die Praktikabilität am besten geeignet ist, stellt gleichfalls eine Routinetätigkeit des mit der Entwicklung von Arzneimitteln befassten Fachmannes dar, denn die zweckmäßige Herrichtung eines Arzneimittels gehört zu seinem üblichen Aufgabenkreis. Damit aber führen die in den Patentansprüchen 17 und 18 genannten Parameter zu keinem anderen Sachverhalt als er bereits mit dem Patentanspruch 1 vorgelegen hat. Die unter II. 3.1. dargelegten Gründe gelten daher für diese Patentansprüche gleichermaßen.
3.3.3. Der Patentanspruch 19 betrifft die Verwendung einer Zusammensetzung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 8 zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit. Nachdem aber die österreichische Patentschrift Ni 24 die Verwendung der Kombination Levodopa, Carbidopa und Entacapon zur Behandlung des Parkinson-Syndroms angibt (vgl. Patentansprüche 31, 33 und 22) und diese Indikation so im Zusammenhang bereits in Verbindung mit dem Patentanspruch 1 diskutiert worden ist, liegt mit diesem Patentanspruch kein davon abweichender Sachverhalt vor, weshalb auch hier die vorstehend unter II.3.1. dargelegten Gründe vollumfänglich entsprechend gelten.
3.3.4. Die Patentansprüche 10, 11, 14, 15 sowie 17 bis 19 erweisen sich daher ebenfalls als nicht bestandsfähig.
4. Bezüglich der auf dem Patentanspruch 1 unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 sowie den auf die Patentansprüche 14 oder 15 rückbezogenen Patentanspruch 16 hat die Beklagte ebenfalls nicht vorgetragen, dass ihnen ein eigenständiger patentfähiger Gehalt zukäme. Dieses ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Diese Patentansprüche sind daher ebenso für nichtig zu erklären.
III.
Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 7a erweisen sich gleichfalls als nicht patentfähig.
1. Es kann auch hier dahingestellt bleiben, inwiefern der Vortrag der Klägerinnen zutrifft, die mit den Hilfsanträgen 2, 3 und 5 jeweils verteidigten Erzeugnissansprü- che 1 und die mit den Hilfsanträgen 1 bis 6 jeweils verteidigten Erzeugnisansprüche 9 seien durch die Aufnahme des Merkmales "wobei die Zusammensetzung durch das Granulat hergestellt wird" gegenüber der ursprünglich eingereichten und erteilten Fassung unzulässig erweitert. Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 7a erweisen sich jedenfalls aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit als nicht bestandsfähig.
2. Die Patentansprüche 1 bis 19 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. 1 bis 18 gemäß Hilfsantrag 2 von denen jeweils die Ansprüche 12 und 13 antragsgemäß gestrichen worden sind, entsprechen den Patentansprüchen gemäß Hauptantrag mit der Ausnahme, dass die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 genannte orale feste Zusammensetzung nunmehr in Form einer Tablette vorliegt bzw. im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 die für Entacapon einzusetzende Dosismenge mit 200 mg angegeben ist und dieser Patentanspruch zusätzlich das Merkmal "wobei die Zusammensetzung durch Nassgranulation hergestellt wird" aufweist.
Damit mag jeweils der streitpatentgemäße Gegenstand nach Patentanspruch 1 beschränkt worden sein. Die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Patentgegenstandes gemäß Hauptantrag beschäftigte sich aber bereits mit der nunmehr im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beanspruchte Ausführungsform. Auch die im Patentanspruch 1 des Hilfsantrages 2 aufgenommenen Merkmale wurden im Zusammenhang mit der gemäß Patentanspruch 9 nach Hauptantrag beanspruchten stabilen oralen festen Zusammensetzung bereits diskutiert. Wie dort unter II.3.2.3. dargelegt, handelt es sich bei diesen Maßgaben um dem Wissen des Fachmannes und damit seinem Aufgabenkreis zuzurechnende, übliche Maßnahmen. So führen die Anspruchsfassung gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 zu keiner anderen Sach- und Rechtslage, weshalb die zu den entsprechenden Patentansprüchen gemäß Hauptantrag jeweils dargelegten Nichtigkeitsgründe hier ebenso zutreffen.
3. Nichts anderes gilt für die Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag 3 und 1 bis 19 gemäß Hilfsantrag 4.
Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 3 unterscheiden sich von den entsprechenden Patentansprüchen gemäß Hauptantrag insofern, als der Gegenstand des Patentanspruches 1 gemäß Hilfsantrag 3 über die bereits im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 aufgenommenen Merkmale hinaus nunmehr auch hinsichtlich der Indikation weiter beschränkt wurde, denn diese ist nunmehr auf die „Verwendung bei der Behandlung von Patienten mit Parkinsonscher Krankheit mit End-ofdose Wearing-off Symptomen“ gerichtet und der Patentanspruch 9 zusätzlich das Merkmal aufweist „und wobei die Menge an Sprengmittel, wenn in der Zusammensetzung vorhanden, bis zu ungefähr 6 Gew.-% beträgt, und wobei das Sprengmittel ausgewählt ist aus Natriumstärkeglycolat und Croscarmellose-Natrium“. Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 4 unterscheiden sich von den entsprechenden Patentansprüchen gemäß Hauptantrag lediglich darin, als der Patentanspruch 9 zusätzlich zum Patentanspruch 9 gemäß Hilfsantrag 3 die Maßgaben aufweist „wobei die Zusammensetzung Povidon umfasst“.
3.1. Wie vorstehend unter II.3.2.3. dargelegt, war es der Fachwelt zum maßgeblichen Zeitpunkt bekannt, dass mit der Verabreichung von Entacapon dem Phänomen des Auftretens motorischer Fluktuationen infolge einer Langzeittherapie von Levodopa entgegengewirkt werden kann (vgl. auch Ni 7 S. 80 li./re. Sp. übergreifender Absatz sowie B12 S. 1309 Titel, „Abstract -Conclusions“, li./re. Sp. übergreifender Absatz und re. Sp. Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie S. 1313 li. Sp. Abs. 4). Damit aber lag es für den Fachmann auf der Hand, die im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 genannte Kombination pharmakologisch wirksamer Substanzen für diese Indikation einzusetzen. Die Beschränkung der Indikation kann daher ebenso wenig zur Patentfähigkeit der mit diesem Patentanspruch beanspruchten oralen festen Zusammensetzung führen, wie die - hier sei ebenfalls auf die unter II.3.2.3. dargelegten Gründe verwiesen – im Zusammenhang mit Entacapon angegebene Dosierung bzw. die Maßgabe, die Zusammensetzung durch Nassgranulation herzustellen.
3.2. Auch die in die jeweiligen Patentansprüche 9 zusätzlich aufgenommenen, die Hilfsstoffe betreffenden Maßgaben können keinen Beitrag zur Begründung der Patentfähigkeit der streitpatentgemäßen stabilen oralen festen Zusammensetzungen leisten. Bei dem in beiden Patentansprüchen genannten, das Sprengmittel betreffenden Merkmal handelt es sich um eine Eventualmaßnahme, die bei der Beurteilung der Patentfähigkeit außer Betracht bleibt. Dieses Merkmal führt daher zu keiner anderen Sach- und Rechtslage als sie bereits mit dem Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag vorgelegen hat. Im Übrigen handelt es sich bei den genannten Sprengmitteln Natriumstärkeglykolat und Croscarmellose-Natrium um - auch im Zusammenhang mit Granulaten - übliche Tablettierhilfsstoffe, die der Fachmann i. V. m. der Formulierung fester Arzneimittel stets im Blick hat (vgl. z. B. Ni 21 S. 1619 li. Sp. Abs. 3, 5 bis 7 1. Satz sowie Ni 35 S. 141 li. Sp. „7. Application in Pharmaceutical Formulation or Technology“ und S. 142 li. Sp. „14. Safety“). Für die im Patentanspruch 9 gemäß Hilfsantrag 4 darüber hinaus genannte Maßgabe, dass die Zusammensetzung Povidon (= Polyvinylpyrrolidon, PVP) umfasse, trifft dies gleichermaßen zu. Denn auch dieser Hilfsstoff zählt zu den zur Herstellung von Tabletten üblicherweise verwendeten, dem Fachmann wohl bekannten Bindemitteln und dieses insbesondere im Zusammenhang der Nassgranulation (vgl. Ni 35 S. 392 re. Sp. „7. Application in Pharmaceutical Formulation or Technology” sowie Ni 33 S. 197 Abs. 3). Somit führt keines der in die jeweiligen Patentansprüchen 9 der Hilfsanträge und 4 neu aufgenommenen, Tablettierhilfsstoffe betreffenden Merkmale auch in einer Zusammenschau mit den weiteren dort genannten Merkmalen zu einer anderen Sach-und Rechtslage als sie bereits mit dem Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag erörtert worden ist. Denn deren Verwendung stellt dem Wissen des Fachmannes und damit seinem Aufgabenkreis zuzurechnende Maßnahmen im Zuge der Herstellung von Tabletten dar. Daher gelten für diese Anspruchsfassungen die unter II.3.2.3. genannten Nichtigkeitsgründe entsprechend.
4. Der Hilfsantrag 5 umfasst 18 Patentansprüche. Von den entsprechenden Patentansprüchen gemäß Hauptantrag unterscheiden sich diese Patentansprüche dadurch, dass der Patentanspruch 1 dem Patentanspruch 1 des Hilfsantrages 2 entspricht und die stabile orale feste Zusammensetzung gemäß Patentanspruch 9 im Unterschied zum entsprechenden Patentanspruch nach Hauptantrag des wei- teren durch eine Volumenabmessung von 300-600 mm³ charakterisiert wird. Bei dieser Volumenabmessung handelt es sich um einen Parameter, der in der Praxis gleichfalls als Standard vorgegeben ist (vgl. Ni 25 S. 316 re. Sp. „4.3 Tablettengrößen und Tablettenmassen“ sowie Tab. 14.2). Die Angabe dieser Volumenabmessungen - womit im Übrigen keine weiteren Aussagen über die Abmessungen der beanspruchten stabilen oralen festen Zusammensetzung gemacht werden - ist daher ebenfalls nicht dazu geeignet, auch in einer Zusammenschau mit den weiteren Merkmalen dieses Patentanspruches die erfinderische Tätigkeit zu begründen. Somit ergibt sich mit diesem Merkmal kein anderer Sachverhalt als er mit dem Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag bereits vorlag, weshalb die unter II. 3.2.3. dargelegten Argumente auch für diesen Patentanspruch voll umfänglich gelten.
5. Die Hilfsanträge 6 und 7a umfassen 15 bzw. 14 Patentansprüche. Die sich jeweils entsprechenden Patentansprüche 1 sind gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag insofern beschränkt, als die orale feste Zusammensetzung in Form einer Tablette vorliegt und zusätzlich die Maßgaben der Patentansprüche 2 und 3 nach Hauptantrag aufgenommen worden sind, wonach Entacapon und Levodopa in der Form von Granulien vorliegen und Carbidopa in Pulverform vorliegt oder Entacapon und Levodopa in der Form von ersten Granalien vorliegen und Carbidopa in der Form von zweiten Granalien vorliegt. Der Patentanspruch 9 gemäß Hilfsantrag 6 entspricht demselben Patentanspruch gemäß Hauptantrag. Im Hilfsantrag 7a ist dieser Patentanspruch gestrichen.
Mit der Aufnahme der vorstehend genannten Merkmale mag der jeweilige Patentanspruch 1 beschränkt worden sein, es ergibt sich aber keine andere Sachund Rechtslage. Wie vorstehend im Zusammenhang mit den Patentansprüchen gemäß Hauptantrag bereits dargelegt, handelt es sich bei der Granulierung von Komponenten für die Tablettenherstellung um ein Standardverfahren. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, inwiefern der Verfahrensschritt des Granulierens der einzelnen zur arzneilichen Wirkung beitragenden Komponenten einen Beitrag zu Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten könnte. Vielmehr wurde von ihrer Seite explizit ausgeführt, dass für die Stabilität und Bioverfügbarkeit der bean- spruchten oralen festen Zusammensetzung alleine das von Entacapon und Levodopa getrennte Vorliegen von Carbidopa an sich wesentlich sei. Wie im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag bereits ausgeführt wird diese Bedingung aber bereits mit der einfachsten Herstellung von Tabletten, nämlich der Direkttablettierung erreicht. Mit diesen Beschränkungen hat sich daher gegenüber dem Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag keine andere Sachlage ergeben. Daher wird auf die vorstehenden Ausführungen unter II.3.1. vollumfänglich verwiesen.
6. Die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 7 unterscheidet sich von der Anspruchsfassung nach Hauptantrag insofern, als Patentanspruch 9 gestrichen worden ist. Damit liegt mit diesem Hilfsantrag der gleiche Sachverhalt wie mit den entsprechenden Patentansprüchen 1 bis 8, 10, 11 sowie 14 bis 19 gemäß Hauptantrag vor. Daher wird auch in diesem Fall auf die vorstehenden Ausführungen unter II.3.1, II.3.3.1., II.3.3.2. und II.3.3.3. voll umfänglich verwiesen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
V.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und in- nerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
Guth Martens Dr. Proksch-Ledig Dr. Jäger Dr. Wagner Pr