Paragraphen in 5 StR 613/24
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1 | 349 | StPO |
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES StR 613/24 URTEIL vom 21. Mai 2025 in der Strafsache gegen wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2025:210525U5STR613.24.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Mai 2025, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Cirener, Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Mosbacher, Richter am Bundesgerichtshof Köhler, Richter am Bundesgerichtshof von Häfen,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
-3-
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin I vom 16. Juli 2024 in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen - Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe) und versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in Tateinheit mit schwerem Bandendiebstahl in zwei Fällen (Fälle 5 bis 6 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes der in den Fällen 1 bis 4 erlangten Taterträge in Höhe von 20.115,50 Euro gegen ihn als Gesamtschuldner angeordnet. Mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass der Angeklagte in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe nicht auch wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt worden ist. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
1. Das Landgericht hat zu den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe folgende Feststellungen getroffen:
Der in Rumänien und England einschlägig vorbestrafte Angeklagte hielt sich jedenfalls vom 13. bis zum 20. Mai 2022 in Deutschland auf. Währenddessen beging er Wohnungseinbrüche, um sich eine dauerhafte und nicht unerhebliche Einnahmequelle zu erschließen. Er schloss sich jeweils kurz vor den binnen sechs Tagen verübten Taten mit mindestens einer weiteren Person zusammen, um arbeitsteilig in dauerhaft privat genutzte Einfamilienhäuser einzubrechen und Geld, Schmuck und andere Wertgegenstände zu entwenden. Um in die Wohngebäude zu gelangen, schlugen sie in zwei Fällen ein Fenster ein, im Übrigen hebelten sie ein Fenster und eine Terrassentür auf. Als Tatfahrzeug wurde jeweils dasselbe Auto verwendet, die Tatbeute im Wert von 20.115,50 Euro absprachegemäß untereinander aufgeteilt. In den Fällen 1 und 2 brachen sie unmittelbar nacheinander in zwei etwa einen Kilometer voneinander entfernte Wohnhäuser ein.
2. Das Landgericht hat den Angeklagten in diesen Fällen wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls schuldig gesprochen. An einer rechtlich damit zusammentreffenden Verurteilung wegen schweren Bandendiebstahls hat es sich gehindert gesehen. Es sei schon nicht festzustellen gewesen, mit welchen und wie vielen Personen der Angeklagte die Taten verübt habe; nur die Tatbegehung des Angeklagten mit mindestens einer weiteren Person habe sicher festgestellt werden können. Es fehle an einer Bandenabrede; vielmehr habe der Angeklagte die Tatpläne in den Fällen 1 bis 4 spontan vereinbart und die Taten jeweils aus einem neuen Entschluss heraus begangen.
II.
Die vom Generalbundesanwalt vertretene und wirksam auf die Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe und den Gesamtstrafenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
1. Soweit das Landgericht sich nicht von dem Vorliegen einer bandenmäßigen Begehung der schweren Wohnungseinbruchdiebstähle hat überzeugen können, weist die Beweiswürdigung – auch eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 2024 – 1 StR 276/24 Rn. 19) – Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf.
a) Dies gilt schon insoweit, als sich das Landgericht lediglich davon zu überzeugen vermocht hat, dass der Angeklagte die Taten nur mit einer weiteren Person begangen habe. Nach den Urteilsfeststellungen drang der Angeklagte in allen Fällen zusammen mit einem Mittäter in die Wohnhäuser ein („… gelangten sie …“); anschließend durchsuchten „sie“ die Räume gemeinsam nach Diebesgut und verließen die Gebäude mit der Tatbeute. Das Landgericht hat indes nicht berücksichtigt, dass nach der Einlassung des Angeklagten ein anderer Beteiligter „den Transport mittels eines Fahrzeugs übernommen“ hatte, was in den mitgeteilten GPS-Daten über die Bewegung des Fahrzeugs im Tatzeitraum Bestätigung findet. Dies legt aber die Tatbeteiligung eines Dritten als Fahrer des stets als Tatfahrzeug verwendeten Autos nahe, was gegen die vom Landgericht allein aufgrund der dahingehenden Einlassung des Angeklagten angenommene jeweils gesonderte und spontane Tatabrede spräche.
b) Zu Recht hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass das Landgericht außerdem einen verkürzten rechtlichen Maßstab an das Vorliegen einer Bandenabrede angelegt hat. Es hat übersehen, dass Straftaten, die – gegebenenfalls auch in wechselnder Beteiligung – ohne vorherige Tatplanung spontan aus der Situation heraus begangen werden, eine Bandenabrede zugrunde liegen kann, wenn unter der Tätergruppe eine grundsätzliche Übereinkunft dahin besteht, in Zukunft sich ergebende günstige Situationen entsprechend auszunutzen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2007 – 2 StR 372/07, NStZ 2009, 35, 36; Beschluss vom 21. November 2023 – 2 StR 447/23, NStZ 2024, 738, 739). Danach hätte das Landgericht erörtern müssen, dass die Einbrüche in den Fällen 1 und 2 zeitlich unmittelbar nacheinander in nahe beieinander gelegenen Wohnhäusern verübt worden waren. Denn dieser enge zeitliche und örtliche Zusammenhang spricht für eine grundsätzliche Übereinkunft, bei passender Gelegenheit Wohnungseinbruchdiebstähle zu begehen.
c) Dem Landgericht ist zudem bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit der Einlassung des Angeklagten ein Rechtsfehler unterlaufen. Dieser hat angegeben, er habe sich jeweils kurz vor den Taten mit den weiteren Beteiligten abgesprochen; eine Absprache zur dauerhaften Tatbegehung habe es aber nicht gegeben. Dem ist das Landgericht indes nur in den Fällen 1 bis 4 gefolgt. Was die Fälle 5 und 6 anbetrifft, hat es die Einlassung hingegen nicht geglaubt. Bewertet das Tatgericht aber zentrale Teile der Einlassung des Angeklagten als unglaubhaft, bedarf die Annahme der Glaubhaftigkeit anderer Teile der Einlassung einer erkennbar kritischen Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2025 – 5 StR 729/24; Beschluss vom 18. Juli 2024 – 4 StR 377/23).
Dem ist das Landgericht nicht nachgekommen. Vielmehr hat es die unterschiedliche Bewertung lediglich darauf gestützt, dass in den Fällen 5 und 6 unmittelbare Beweise für die Tatbeteiligung weiterer Beteiligter vorgelegen haben. Bei seiner Prüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten zu den Fällen 1 bis 4 hat das Landgericht aber nicht berücksichtigt, dass auch insoweit nur die Einlassung gegen eine Bandenabrede streitet, während die von ihm in den Urteilsgründen aufgeführten Indizien und Beweisanzeichen (etwa der kurze Tatzeitraum, Verwendung ein und desselben Tatfahrzeugs, Fehlen eines Wohnsitzes des Angeklagten in Deutschland) für eine solche Abrede sprechen. Angesichts dessen wäre zu erörtern gewesen, weshalb es die Einlassung dennoch insoweit für glaubhaft erachtet hat.
d) Schließlich enthält die Beweiswürdigung einen weiteren Erörterungsmangel. Das Landgericht hat gegen eine Bande streitend angeführt, dass die „Tatbegehungen … unterschiedlich“ gewesen seien, weil in den Fällen 1 und 2 jeweils ein Fenster mit einem Stein eingeschlagen, während in den Fällen 3 und 4 Hebelwerkzeuge verwendet worden seien. Es könne daher nicht von einer für das Vorliegen einer Bandenabrede sprechenden einheitlichen Vorgehensweise oder Tatserie ausgegangen werden. Dies erschließt sich aber angesichts des im Übrigen identischen Tatbilds jedenfalls nicht ohne Weiteres.
2. Die Rechtsfehler bringen auch den für sich gesehen rechtsfehlerfreien tateinheitlichen Schuldspruch wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls zu Fall, so dass die Schuldsprüche in den Fällen 1 bis 4 insgesamt aufzuheben sind. Dies bedingt den Wegfall der hierfür verhängten Einzelstrafen, der allein hierauf gestützten Einziehungsanordnung sowie des Gesamtstrafenausspruchs.
3. Der Senat hebt die Feststellungen zu den Fällen 1 bis 4 insgesamt auf, damit das neue Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen treffen kann.
III.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Cirener Gericke Mosbacher Köhler RiBGH von Häfen ist im Urlaub und kann nicht unterschreiben.
Cirener Vorinstanz: Landgericht Berlin I, 16.07.2024 - (543 KLs) 251 Js 220/24 (10/24)
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