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5 StR 163/13

StR 163/13 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 24. April 2013 in dem Sicherungs- und Strafverfahren gegen Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. April 2013 beschlossen:

Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26. November 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit im Sicherungsverfahren die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde. Ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tathergang. Insoweit wird die weitergehende Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe Das Landgericht hat den Beschuldigten in einem verbundenen Sicherungs- und Strafverfahren in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht und ihn im Übrigen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision führt zur Aufhebung der Maßregelanordnung mit den zugehörigen Feststellungen.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schlug der Beschuldigte während der Verbüßung einer Freiheitsstrafe am 6. Juli 2011 einem Mithäftling in dessen Haftraum „ohne irgendeine Veranlassung“ eine Tasse ins Gesicht. Der Geschädigte erlitt multiple Schnittverletzungen im Gesicht sowie eine Orbitabodenfraktur.

Das sachverständig beratene Landgericht kommt zu dem Ergebnis, dass bei dem Beschuldigten eine paranoide Schizophrenie bestehe, aufgrund derer bei der Tatausführung seine „Einsichts- und Steuerungsfähigkeit“ aufgehoben gewesen sei. Der Beschuldigte sei wahnhaft davon ausgegangen, von dem Geschädigten angegriffen zu werden.

2. Die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Bereits das Bestehen eines „Zustands“ im Sinne des § 20 StGB ist nicht nachvollziehbar dargelegt.

Die nach dem Referat des Sachverständigengutachtens im Urteil von diesem für seine Diagnose einer paranoiden Schizophrenie herangezogenen Symptome beruhen auf eigenen Berichten des Beschuldigten. Konkrete äußere Verhaltensauffälligkeiten, die auf das Bestehen einer paranoiden Schizophrenie bei ihm schließen lassen könnten, werden nur von dem Geschädigten berichtet. Diesem sei der Beschuldigte aufgefallen, „weil er häufig Selbstgespräche führe und fortwährend von V-Männern redete, die ihn ausspionieren würden“. Weder diese Verhaltensweisen, noch die Anlasstat als solche sind indes so außergewöhnlich, dass sie für sich schon die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie hinreichend nachvollziehbar machen würden.

Auch den Angaben zur „Krankengeschichte“ des Beschuldigten sind keine konkreten Verhaltensauffälligkeiten zu entnehmen. Obgleich dieser – wohl nach seinen eigenen Angaben – erstmals Ende des Jahres 2004 Stimmen hörte und das Gefühl hatte, dass andere seine Gedanken lesen könnten, verhielt er sich – soweit aus dem Urteil ersichtlich – während seiner Inhaftierung in den Jahren 2003 bis 2008 unauffällig. Erst nach seiner Haftentlassung brachten ihn seine Eltern in ein psychiatrisches Krankenhaus, da ihnen sein Verhalten „komisch“ erschien. Näheres ist hierzu nicht mitgeteilt. Aufgrund welcher Symptome die Ärzte damals die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie stellten, ist ebenso wenig ausgeführt wie eine mögliche Veränderung des Zustandes des Beschuldigten während der folgenden medikamentösen Behandlung. Während seiner erneuten Inhaftierung ab Ende des Jahres 2008 setzte der Beschuldigte seine Medikamente ab. Inwieweit es in der Folge zu Verhaltensauffälligkeiten oder zu einer Verschlechterung seines psychischen Zustands kam, wird im Urteil ebenfalls nicht dargelegt. Erwähnt ist lediglich, dass „im Rahmen eines ärztlichen Attestes“ ein Psychiater am 16. August 2011 dringend eine forensisch-psychiatrische Begutachtung des Beschuldigten angeregt und in diesem Zusammenhang ebenfalls die Diagnose einer paranoiden Psychose gestellt habe. Welche Vorfälle dieser Anregung vorausgingen, insbesondere ob es sich hierbei um die verfahrensgegenständliche Anlasstat handelte, wird nicht mitgeteilt. Der Beschuldigte wurde sodann bis zum Endstrafentermin am 10. Januar 2012 in einer psychiatrischen Klinik behandelt. Bei Aufnahme in die Klinik berichtete er u. a., dass er Stimmen höre. Nach seiner Entlassung reduzierte er die Einnahme der verordneten Medikamente. Welche Auswirkungen dies auf seinen Zustand und sein Verhalten hatte, wird nicht dargelegt.

Schließlich wird auch nicht mitgeteilt, ob und mit welchen Ergebnissen der erheblich wegen Raubdelikten vorbestrafte Beschuldigte in früheren Strafverfahren psychiatrisch auf seine Schuldfähigkeit begutachtet wurde. Es ist schon nicht ersichtlich, ob dem Gutachter die Krankenunterlagen der früheren psychiatrischen Behandlungen des Beschuldigten sowie die Vorstrafenakten überhaupt vorlagen. Erwähnt sind insoweit nur die „Ermittlungsakten sowie Krankenunterlagen der Klinik für Forensische Psychiatrie“. In dieser ist der Beschuldigte im Rahmen des vorliegenden Verfahrens seit Juli 2012 vorläufig untergebracht. Auch die „aggressiven Auffälligkeiten“, die der Beschuldigte in dieser Unterbringung gezeigt haben soll, sind nicht näher konkretisiert.

3. Über die Unterbringung des Beschuldigten im psychiatrischen Krankenhaus muss deshalb erneut verhandelt und entschieden werden. Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben darzulegen, worauf die angenommene Schuldunfähigkeit des Beschuldigten beruht. Auf eine Erörterung, ob fehlende Einsicht oder fehlende Steuerungsfähigkeit die Schuldunfähigkeit begründet haben, kann nicht verzichtet werden. Der Schuldausschluss kann grundsätzlich nicht auf beide Alternativen des § 20 StGB gestützt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. September 1986 – 4 StR 470/86, BGHR StGB § 63 Schuldunfähigkeit 1; BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 – 2 StR 394/05, NStZ-RR 2006, 167).

Zur vertikalen Teilrechtskraft bezüglich Fall 2 der Antragsschrift (Spielhallenüberfall) verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 9. April 2013 – 5 StR 120/13 (zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt), für den Fall der Feststellung bestehender Schuldfähigkeit auf § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO.

Der Schriftsatz des Verteidigers vom 22. April 2013 hat dem Senat vorgelegen.

Basdorf Raum Schneider Sander Bellay

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