Paragraphen in 8 W (pat) 53/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 53/08 Verkündet am 30. April 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner sowie die Richter Kätker, Dipl.-Ing. Rippel und Dr.-Ing. Dorfschmidt beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 7. Juli 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 103 30 909 mit der Bezeichnung „Werkzeugmaschine und Verfahren zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken“ mit Beschluss vom 6. September 2006 erteilt und die Erteilung am 8. Februar 2007 veröffentlicht worden.
Auf den Einspruch der Einsprechenden hat die Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit Beschluss vom 16. Juni 2008 widerrufen.
Nach Auffassung der Patentabteilung beruhe der Gegenstand des Streitpatents weder in der Fassung nach Hauptantrag noch in einer Fassung nach den damaligen Hilfsanträgen 1 oder 2 gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik nach der DE 36 24 284 C2 (D1) und der DE 197 46 494 A1 (D2) auf erfinderischer Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin und Beschwerdeführerin. Sie führt aus, dass die Patentabteilung bei ihrer Entscheidung nicht vom nächstkommenden Stand der Technik ausgegangen sei. Zudem beruhe der Streitpatentgegenstand gegenüber den Entgegenhaltungen D1 und D2 auf erfinderischer Tätigkeit, weil ausgehend von der D1 eine Vielzahl von Schritten erforderlich sei, um zum Streitpatentgegenstand zu gelangen. Dasselbe gelte auch für eine Kombination der weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften. Des Weiteren verweist die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin auf den Zeitfaktor als Anzeichen für das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit.
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent, wie erteilt, aufrechtzuerhalten,
hilfsweise das Patent mit den am 1. März 2013 eingegangenen Patentansprüchen 1-20 gemäß “Hilfsantrag 2”, Beschreibung, S. 3-5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen (Beschreibung, Seiten 2 und 6 – 10, Zeichnung Fig. 16) gemäß der Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Patent für nicht rechtsbeständig, weil es dem angegriffenen Patent sowohl an Neuheit als auch an erfinderischer Tätigkeit gegenüber verschiedenen Kombinationen der im Verfahren befindlichen Druckschriften, insbesondere nach der D1, D2 und dem Firmenprospekt der Beschwerdeführerin: „Das STAMA-Programm“, Seiten 1 bis 20, veröffentlicht 1990, (Anlage A3), mangele.
Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
„Werkzeugmaschine zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken, mit - einer Vielzahl von ersten in Reihe nebeneinander angeordneten Werkzeugspindeln (12, 14), die für eine Fräsbearbeitung von Werkstücken ausgebildet sind und die starr angeordnet oder synchron miteinander bewegbar sind und eine erste Spindelreihe bilden, und - einer Vielzahl von zweiten in Reihe nebeneinander angeordneten Werkstückspindeln (16, 18), die starr angeordnet oder synchron miteinander bewegbar sind und eine zweite Spindelreihe bilden, - wobei sich die erste und die zweite Spindelreihe entlang von zwei zueinander parallelen ersten und zweiten Raumachsen (20, 37) erstrecken, und - wobei die erste und die zweite Spindelreihe relativ zueinander derart verfahrbar sind, dass Werkstücke, die in den Werkstückspindeln (16, 18) eingespannt sind, mit Werkzeugen, die in den Werkzeugspindeln (12, 14) eingespannt sind, zeit- und konturgleich zueinander bearbeitet werden können, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugspindeln (12, 14) ferner dazu ausgelegt sind, stehende Werkzeuge für eine Drehbearbeitung von Werkstücken aufzunehmen, wobei sie sich mit entsprechender Genauigkeit und Stabilität arretieren lassen, dass die Werkstückspindeln (16, 18) für eine Drehbearbeitung der Werkstücke ausgebildet sind, wobei die entsprechenden Drehwerkzeuge dann in den Werkzeugspindeln (12, 14) eingespannt sind, und dass zumindest die Werkzeugspindeln (12, 14) starr miteinander gekoppelt sind.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag, der als „Hilfsantrag 2“ jedoch abweichend vom im Sitzungsprotokoll aufgenommenen Antrag der Patentinhaberin nicht am 1. März 2013 sondern am 1. März 2011 eingereicht wurde, lautet:
„Werkzeugmaschine zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken, mit - einer Vielzahl von ersten in Reihe nebeneinander angeordneten Werkzeugspindeln (12, 14), die für eine Fräsbearbeitung von Werkstücken ausgebildet sind und die starr angeordnet oder synchron miteinander bewegbar sind und eine erste Spindelreihe bilden, und - einer Vielzahl von zweiten in Reihe nebeneinander angeordneten Werkstückspindeln (16, 18), die starr angeordnet oder synchron miteinander bewegbar sind und eine zweite Spindelreihe bilden, - wobei sich die erste und die zweite Spindelreihe entlang von zwei zueinander parallelen ersten und zweiten Raumachsen (20, 37) erstrecken, und - wobei die erste und die zweite Spindelreihe relativ zueinander derart verfahrbar sind, dass Werkstücke, die in den Werkstückspindeln (16, 18) eingespannt sind, mit Werkzeugen, die in den Werkzeugspindeln (12, 14) eingespannt sind, zeit- und konturgleich zueinander bearbeitet werden können, dadurch gekennzeichnet, dass die Spindeln (12, 14) der ersten Spindelreihe an einem gemeinsamen Fahrständer (22) angeordnet sind, der in zumindest zwei orthogonalen Linearachsen (x, y, z) verfahrbar ist, dass die Werkzeugspindeln (12, 14) ferner dazu ausgelegt sind, stehende Werkzeuge für eine Drehbearbeitung von Werkstücken aufzunehmen, wobei sie sich mit entsprechender Genauigkeit und Stabilität arretieren lassen, dass die Werkstückspindeln (16, 18) für eine Drehbearbeitung der Werkstücke ausgebildet sind, wobei die entsprechenden Drehwerkzeuge dann in den Werkzeugspindeln (12, 14) eingespannt sind, dass die erste und die zweite Spindelreihe um eine parallel zu den Raumachsen (20, 37) liegende Schwenkachse (38) relativ zueinander verschwenkbar sind und dass zumindest die Werkzeugspindeln (12, 14) starr miteinander gekoppelt sind.“
Hinsichtlich des Wortlauts der jeweils abhängigen Patentansprüche 2 bis 21 gemäß Hauptantrag sowie 2 bis 19 gemäß Hilfsantrag und dem jeweils nebengeordneten Verfahrensanspruch 22 bzw. 20 gemäß Hauptantrag bzw. Hilfsantrag wird auf die Patentschrift sowie die Akten verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da der zulässige Einspruch zum Widerruf des Patents führt.
2. Der Streitpatentgegenstand betrifft nach dem erteilten Patentanspruch 1 eine Werkzeugmaschine zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken, insbesondere ein Bearbeitungszentrum, und somit eine Werkzeugmaschine, die ein Werkstück in einer Aufspannung mit verschiedenen, automatisch wechselbaren Werkzeugen bearbeitet. Sie hat eine Vielzahl von ersten in Reihe nebeneinander angeordneten Werkzeugspindeln, die für eine Fräsbearbeitung von mehreren Werkstücken ausgebildet sind und die starr angeordnet oder synchron miteinander bewegbar sind.
Nach Anspruch 22 betrifft der Streitpatentgegenstand weiterhin ein Verfahren zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken auf einer Werkzeugmaschine.
Gemäß den Ausführungen in Absatz [0011] der Streitpatentschrift verfolgen herkömmliche Maschinenkonzepte in aller Regel das gemeinsame Ziel, Werkstücke mit möglichst hoher Qualität kostengünstig und möglichst flexibel zu fertigen.
Nach den Ausführungen in Absatz [0012] der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift besteht die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe sinngemäß darin, ein alternatives Konzept für eine Werkzeugmaschine anzugeben, mit der sich verschiedene Werkstücke besonders kostengünstig, jedoch mit hoher Qualität (Fertigungsgenauigkeit) herstellen lassen und somit eine kostengünstige, flexible und/oder hochgenaue Fertigung zu ermöglichen.
Gelöst wird diese Aufgabe nach den Ausführungen in der Patentschrift durch eine Werkzeugmaschine mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, der sich wie folgt gliedern lässt:
Werkzeugmaschine zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken, mit
1.1 einer Vielzahl von ersten in Reihe nebeneinander angeordneten Werkzeugspindeln (12, 14);
1.1.1 die Werkzeugspindeln (12, 14) sind für eine Fräsbearbeitung von Werkstücken ausgebildet;
1.1.2 die Werkzeugspindeln (12, 14) sind starr angeordnet oder synchron miteinander bewegbar;
1.1.3 die Werkzeugspindeln (12, 14) bilden eine erste Spindelreihe;
1.2 einer Vielzahl von zweiten in Reihe nebeneinander angeordneten Werkstückspindeln (16, 18);
1.2.1 die Werkstückspindeln (16, 18) sind starr angeordnet oder synchron miteinander bewegbar;
1.2.2 die Werkstückspindeln (16, 18) bilden eine zweite Spindelreihe;
1.3 die erste und die zweite Spindelreihe erstrecken sich entlang von zwei zueinander parallelen ersten und zweiten Raumachsen (20, 37);
1.4 die erste und zweite Spindelreihe sind relativ zueinander derart verfahrbar, dass Werkstücke, die in den Werkstückspindeln (16, 18) eingespannt sind, mit Werkzeugen, die in den Werkzeugspindeln (12, 14) eingespannt sind, zeit- und konturgleich zueinander bearbeitet werden können;
- Oberbegriff -
1.5 die Werkzeugspindeln (12, 14) sind dazu ausgelegt, stehende Werkzeuge für eine Drehbearbeitung von Werkstücken aufzunehmen,
1.5.1 wobei sie sich mit entsprechender Genauigkeit und Stabilität arretieren lassen;
1.6 die Werkstückspindeln (16, 18) sind für eine Drehbearbeitung der Werkstücke ausgebildet,
1.6.1 wobei die entsprechenden Drehwerkzeuge dann in den Werkzeugspindeln (12, 14) eingespannt sind, und dass zumindest die Werkzeugspindeln (12, 14) starr miteinander gekoppelt sind.
Der Patentanspruch 1 gemäß dem geltenden Hilfsantrag weist neben sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich noch die folgenden Merkmale auf:
1.5.3 die Spindeln (12, 14) der ersten Spindelreihe sind an einem gemeinsamen Fahrständer (22) angeordnet;
1.5.4 der Fahrständer (22) ist in zumindest zwei orthogonalen Linearachsen (x, y, z) verfahrbar;
1.7 die erste und die zweite Spindelreihe sind um eine parallel zu den Raumachsen (20, 37) liegende Schwenkachse (38) relativ zueinander verschwenkbar.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob der ohne Zweifel gewerblich anwendbare Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik nicht neu ist, wie die Beschwerdegegnerin und Einsprechende behauptet, denn er beruht gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Firmenschrift gemäß Anlage A3 an, die nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin, im Jahre 1990 veröffentlicht worden ist, was auch mit dem Datumsvermerk auf Seite 19 übereinstimmt.
Diese Firmenschrift gemäß Anlage A3 zeigt gemäß den Ausführungen auf Seite 2 ein „Bearbeitungszentrum für alle Arten der spanenden Komplettbearbeitung“ und somit eine Werkzeugmaschine zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken (Merkmal 1). Nach der Darstellung auf Seite 4 hat sie zumindest zwei Werkzeugspindeln, die offensichtlich Fräswerkzeuge aufnehmen und die in einer (ersten) Reihe nebeneinander angeordnet sind (Merkmal 1.1), so dass die erste Spindelreihe sich entlang einer ersten Raumachse erstreckt. Die Tabelle der technischen Daten auf Seite 13 der A3 gibt auch technische Daten für das „Fräsen in Stahl“ an. Somit ist die bekannte Werkzeugmaschine zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken zweifellos auch zur Fräs-Bearbeitung von Werkstücken ausgebildet (Merkmal 1.1.1). Die beiden Werkzeugspindeln sind gemäß der Darstellung auf Seite 4 synchron miteinander bewegbar, weil sie starr miteinander gekoppelt sind (Merkmal 1.1.2). Die bekannte Werkzeugmaschine nach der Anlage A3 hat gemäß der Zeichnung auf Seite 4 Schwenkeinrichtungen, auf denen jeweils zwei Dreh-Positioniertische starr angeordnet sind. Somit hat die bekannte Werkzeugmaschine – ähnlich Merkmalkomplex 1.2 - eine Vielzahl von in einer zweiten Reihe nebeneinander angeordneten Dreh-Positioniertischen, die starr auf der jeweiligen Schwenkeinrichtung angeordnet sind und daher synchron miteinander schwenkbar sind und eine zweite Reihe bilden.
Die erste Spindelreihe und die zweite Reihe mit den Dreh-Positioniertischen erstrecken sich entlang von zwei zueinander parallelen Raumachsen (Teilmerkmal 1.3). Ersichtlich können mehrere (gleichartige) Werkstücke auf den Dreh-Positioniertischen von den Werkzeugspindeln zeit- und konturgleich bearbeitet werden („gleichzeitige Fertigung von zwei Werkstücken in einem Arbeitszyklus“), wobei dann die Reihe mit den Werkzeugspindeln relativ zu der Reihe mit den Dreh-Positioniertischen verfahrbar ist.
Diese bekannte Werkzeugmaschine hat abweichend zu den Merkmalen 1.2 bis 1.4 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auch keine Werkstückspindeln im Sinne des Streitpatents, die mit hoher Drehzahl und hohem Drehmoment rotieren, sondern lediglich Dreh-Positioniertische, die ein darauf angeordnetes Werkstück (langsam) in eine geeignete Position drehen und dort arretieren. Für eine Drehbearbeitung ist diese bekannte Werkzeugmaschine daher nicht geeignet, so dass die Merkmale 1.5 bis 1.6.2 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents insgesamt nicht verwirklicht sind.
Der Fachmann, ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Konstruktion von Werkzeugmaschinen strebt stets nach einer Weiterentwicklung seines Produkts, hier einer Werkzeugmaschine. Insbesondere will er stets auch die Verwendungsvielfalt der bekannten Werkzeugmaschine weiterentwickeln.
Aus der Druckschrift D1 ist dem Fachmann bereits eine Werkzeugmaschine mit einer (einzigen) Werkzeugspindel (13, 20) zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken bekannt, die sowohl für eine Fräsbearbeitung als auch für eine Drehbearbeitung geeignet ist. Zur Fräsbearbeitung wird das auf einem Auflagetisch (15) einer Schwenkeinrichtung (Wiege (6)) aufgespannte Werkstück mit Fräswerkzeugen bearbeitet, die in der Werkzeugspindel (13) des Werkzeugträgers (20) eingespannt sind, wobei der Auflagetisch (15) in der Art eines Dreh-Positioniertisches über den (ersten) Motor (40) in eine beliebige Position gedreht werden kann.
Für den Fall einer Drehbearbeitung kann die Werkzeugspindel (13) entsprechend den Ausführungen in Spalte 2, Zeilen 60 bis 65 in einer beliebigen Stellung festgehalten werden, so dass diese Werkzeugspindel der bekannten Werkzeugmaschine ersichtlich dazu ausgelegt ist, stehende Werkzeuge für eine Drehbearbeitung von Werkstücken aufzunehmen, die sich mit entsprechender Genauigkeit und Stabilität arretieren lassen. Weiterhin ist bei der bekannten Werkzeugmaschine der Auflagetisch (15) auf einer Spindel (14) gelagert, so dass zur Drehbearbeitung das Werkstück über einen (zweiten) Motor (32) in Rotation versetzt werden kann. Somit handelt es sich bei der Spindel (14), entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, zweifellos um eine „Werkstückspindel“ im Sinne des Streitpatents, die für eine Drehbearbeitung der Werkstücke ausgebildet ist, weil sie nicht nur eine entsprechende Benennung („Spindel (14)“) hat, sondern auch funktional das Werkstück über den Aufspanntisch aufnimmt und drehantreibt.
In der D1 wird eine Werkzeugmaschine mit nur einer (einzigen) Werkzeugspindel und nur einer (einzigen) Werkstückspindel beschrieben. Jedoch erhält der Fachmann, der die Werkzeugmaschine nach der A3 hinsichtlich ihrer Verwendungsvielfalt weiterentwickeln will, aus der D1 nicht nur die Anregung eine Fräsmaschine auch zum Drehen zu verwenden, sondern auch den Hinweis, dass diese Weiterentwicklung bei der Werkzeugmaschine nach der Anlage A3 mit wenigen Maßnahmen zu erreichen ist.
So bedarf es werkzeugspindelseitig lediglich der aus der D1 bereits als bekannt vorausgesetzten „klassischen“ Spindelbremsung (Spalte 2 Zeilen 60 bis 65) für jede Werkzeugspindel, so dass sie sich mit entsprechender Genauigkeit und Stabilität arretieren lassen, damit in die Werkzeugspindeln dann stehende Werkzeuge für eine Drehbearbeitung eingesetzt werden können.
Werkstückspindelseitig ist es lediglich erforderlich jeden vorhandenen Dreh-Positioniertisch – nach dem Vorbild der D1 – mit einer unterhalb des Dreh-Positioniertisches angeordneten Spindel und Mitteln zur Einspannung der Werkstücke zu versehen.
Auf diese Weise gelangt der Fachmann, ausgehend von der bekannten Werkzeugmaschine zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstücken mit den Merkmalen 1 bis 1.1.3 nach der Anlage A3, zu einer Werkzeugmaschine, die zusätzlich aufgrund der Ergänzung mit der an sich bekannten Spindelbremsung an jeder Werkzeugspindel und der ergänzten Spindel unterhalb der Dreh-Positioniertische entsprechend dem Vorbild nach der D1 auch sämtliche Merkmale 1.2 bis 1.6.1 aufweist.
Hierbei sind auch keine besonderen Schwierigkeiten oder sonstige Hindernisse zu erkennen. Vielmehr regen - nach Überzeugung des Senats - gerade die signifikanten baulichen Gemeinsamkeiten zwischen den bekannten Werkzeugmaschinen nach der Anlage A3 und der Druckschrift D1 mit den jeweils vertikal angeordneten Werkzeugspindeln und den darunter auf Schwenkeinrichtungen angeordneten Dreh-Positioniertischen den Fachmann dazu an, die bei der bekannten Werkzeugmaschine nach der D1 bereits vorgesehene, zweifellos vorteilhafte Möglichkeit einer zusätzlichen Drehbearbeitung im Bedarfsfall auch bei der Werkzeugmaschine nach der A3 vorzusehen.
Soweit die Patentinhaberin schließlich auf die lange Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung der Druckschrift A3 und dem Anmeldetag des Streitpatents als Indiz für das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit verweist, so ist hierzu festzustellen, dass es sich hierbei lediglich um ein Hilfskriterium handelt, das die erfinderische Tätigkeit für sich genommen weder begründen noch ersetzen kann. Zum vorliegenden Fall ist der Anspruchsgegenstand nahegelegt, wie die obigen Ausführungen zeigen. Der Zeitfaktor versagt daher als mögliches Indiz für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit (BPatG, 6. Mai 1997, 1 Ni 11/96 (EU) – Seifenschaumbildungsgerät).
Im Übrigen beträgt die Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung der Druckschrift A3 und dem Anmeldetag des Streitpatents lediglich ca. 13 Jahre. Dies ist für ein relativ teures Wirtschaftsgut wie eine Werkzeugmaschine kein Zeitraum, der ein langjähriges Bedürfnis belegen könnte.
Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat daher keinen Bestand.
4. Auch der gewerblich anwendbare Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag mag gegenüber dem Stand der Technik neu sein; er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die zusätzlich aufgenommenen Merkmale 1.5.3, 1.5.4 und 1.7. Daher ist das mangelnde Vorliegen der Patentfähigkeit hinsichtlich der im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgeführten Merkmale übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag wird verwiesen.
Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgeführt, ist es naheliegend, ausgehend von der bekannten Werkzeugmaschine nach der A3 bei Bedarf eine Spindelbremsung an den Werkzeugspindeln sowie Werkstückspindeln unterhalb des Dreh-Positioniertisches entsprechend dem Vorbild nach der D1 vorzusehen. Daher ist für diesen Fall die erste Spindelreihe der Werkzeugspindeln nach der A3 gegenüber der Reihe der dann unterhalb der Dreh-Positioniertische angeordneten Werkstückspindeln um eine parallel zu den Raumachsen liegende Schwenkachse, entsprechend Merkmal 1.7, relativ zueinander verschwenkbar.
Weiterhin sind gemäß der Darstellung in der Prinzipskizze auf Seite 4 der A3 die beiden Werkzeugspindeln der bekannten Werkzeugmaschine synchron miteinander bewegbar, weil sie – deutlich erkennbar - starr miteinander gekoppelt sind. Ebenso ist dort erkennbar, dass der Fahrständer in allen drei orthogonalen Linearachsen (X, Y, Z gemäß Pfeildarstellung) verfahrbar ist, so dass durch die bekannte Werkzeugmaschine nach der A3 auch die Merkmale 1.5.3 und 1.5.4 des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag des Streitpatents verwirklicht sind.
Somit beruht auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Er hat daher auch keinen Bestand.
5. Mit den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag fallen auch alle anderen Patentansprüche der jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob diese übrigen Patentansprüche etwas Schutzfähiges enthalten (BGH, GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Patentinhaberin und Beschwerdeführerin insgesamt zurückzuweisen.
Dr. Zehendner Kätker Rippel Dr. Dorfschmidt Pü
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
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